• Keine Ergebnisse gefunden

7. Darstellung der Ergebnisse der einzelnen INTERREG-Arbeitsgruppentreffen

7.2 Zweites Arbeitsgruppentreffen: Situations- und Stärken- / Schwächenanalyse

7.2.1 Darstellung ausgewählter Aspekte der Situations- und Stärken- / Schwächenanalysen der

7.2.2.1 Situationsanalyse der Stadt Maribor

Die Stadt Maribor ist der historische, kulturelle und regionale Mittelpunkt Nordost-Sloweniens, in deren engerem Einzugsbereich ca. 350.000 Menschen leben.273 Es ist die zweitgrößte Stadt des Landes, ausgestattet mit bedeutenden Regionalfunktionen (Univer-sitäts- und Hochschulzentrum, Regionalkrankenhaus, kulturelle Institutionen, Verwal-tungsfunktionen und Informationstätigkeiten) und gesellschaftlicher sowie technischer Inf-rastruktur.

Lage und Verkehrsanbindung

Die Stadt liegt am Knotenpunkt dreier Landschaftseinheiten, an der Kreuzung internatio-naler und regiointernatio-naler Verkehrswege. In der ökonomischen Geschichte der Stadt war die Verkehrslage schon mehrmals von herausragender Bedeutung – so z.B. in den Anfängen der Industrialisierung, im Handel mit Agrarprodukten (Wein und Obst) und bei der Ent-wicklung der technischen Infrastruktur.

Die Lage Maribors in Slowenien ist sehr spezifisch; das Hinterland der Stadt ist meistens landwirtschaftlich geprägt und weniger entwickelt. In der Vergangenheit trieben die zahl-reichen und billigen Arbeitskräfte, die aus dem überbevölkerten ländlichen Raum kamen, in hohem Maße die industrielle Entwicklung an. Heute bedeuten die vielen Arbeiter-Bauernbetriebe ein Hemmnis für schnelleren Fortschritt. Im Hinterland Maribors ist die Bedeutung der Landwirtschaft immer noch überdurchschnittlich groß und die sozioöko-nomische Struktur der Bevölkerung ist weniger städtisch geprägt. In den 90er Jahren ist für Slowenien eine Orientierung der wirtschaftlichen Entwicklung in Richtung Mittelmeer-raum charakteristisch, die Region von Ljubljana wird immer bedeutender, der östliche Teil des Landes gerät zunehmend in Rückstand, das West-Ost-Gefälle vertieft sich immer mehr. Maribor ist dabei das „Zentrum“ des minder entwickelten und zugleich agrarischen Gebietes.

Transformation

Maribor war in den 60er und 70er Jahren ein bedeutender industrieller Mittelpunkt (eine der am meisten entwickelten Industriestädte Jugoslawiens und die größte Industriestadt Sloweniens), mit einer vielseitigen Industriestruktur und zahlreichen Industriegroßbetrie-ben (Textil-, Maschinen, Auto-, elektrotechnischer und chemischer Industrie). In der Über-gangsphase zur Marktwirtschaft traf die Wirtschaftskrise in der zweiten Hälfte der 80-er

273 Die statistischen Daten wurden aus der Strukturanalyse für die Stadt Maribor im Rahmen des INTERREG-Projektes übernommen, die sich auf folgende Quellen stützt: Podatki iz registra prebivalstva mestne obéine Maribor za leto 1996, URBANISTIÈNA ZASNOVA MESTA MARIBOR (1997): Zavod za urbanizem Maribor, Seminarske vaje STUDENTOV GEOGRAFIJE (1996): Socioekonomske znaèilnosti prebivalstva obmestnih naselij Maribora.

Jahre die traditionellen Industriezweige und die großen Unternehmen am härtesten. Mari-bors Industrie geriet wegen des Verlustes der Absatzmärkte im damaligen Jugoslawien, wegen veralteter Produktion, für den Markt uninteressanter Erzeugnisse und Kapitalman-gel in eine tiefe Strukturkrise. Die einst führenden Unternehmen gingen zugrunde, die Ar-beitslosigkeit ist die höchste in Slowenien und neue Arbeitsplätze werden wegen dem Mangel an Kapital und Entwicklungsinitiativen kaum geschaffen. Ein Umbruchsjahr war 1986, als sich fast alle Indikatoren der wirtschaftlichen Entwicklung verschlechterten. Im Zeitraum 1986 bis 1993 ging die Industrieproduktion um 51 % zurück.

Maribor wurde durch die Transformationsprozesse von der sozialistischen Plan- in die ka-pitalistische Marktwirtschaft in eine massive Krise gestürzt, mit entsprechenden Folgen für die ansässige Wirtschaft. Zwar gibt es finanzielle Unterstützung aus den Mitteln der regio-nalen Entwicklungspolitik und aus sozialen Transfers seitens des Staates, um die sozialen Probleme zu überwinden. Dennoch kann die Unterstützung von Außen nicht die Suche nach Entwicklungsmöglichkeiten vor Ort und eigenes Engagement ersetzen, zumal die staatliche Entwicklungspolitik mehr auf die Stimulierung erfolgreicher Unternehmen aus-gerichtet ist als auf die Erhaltung problematischer Unternehmen.

Arbeitsmarkt

Die 90er Jahre sind von sozialen und wirtschaftlichen Krisen geprägt. Die Arbeitslosen-quote liegt 1999 bei ca. 20 % der aktiven Bevölkerung. Die absolute Zahl der Arbeitslosen stieg von ca. 1200 in den achtziger Jahren auf 18.000 Personen im Jahr 1998. Es handelt sich hauptsächlich um eine strukturelle Arbeitslosigkeit, in der der Arbeitsplatzverlust ins-besondere ältere und schlechter ausgebildete Arbeitskräfte betrifft (der Anteil der über 40-jährigen Langzeitarbeitslosen liegt bei ca. 75 %, der der Langzeitarbeitslosen mit Grund-und Berufsschulabschluss sogar bei über 80 %), andererseits ist ein Defizit an hochqualifi-zierten Arbeitskräften erkennbar. Ein Großteil der Absolventen der Universität orientiert sich nach dem Studium beruflich in Ljubljana. Wegen der sozialen Krise ist die Kaufkraft der Bevölkerung und auch die Höhe des Stadtbudgets stark gesunken. Die sozialen Dispa-ritäten innerhalb der Stadt haben sich vergrößert, manche Stadtteile sind sozial degradierte Gebiete.

Bevölkerung

Mit der Veränderung der Wirtschaftsstruktur gehen auch Veränderungen in der Bevölke-rungsbilanz einher. Die Einwohnerzahl begann Ende der 80er Jahre zu sinken, und zwar aufgrund einer negativen Wanderungsbilanz; außerdem verringerte sich auch das natürli-che Bevölkerungswachstum. Im Stadtgebiet lebten 1996 103.205 Einwohner, wobei sich die Einwohnerzahl von Stadt zuzüglich der wachsenden Stadtrandsiedlungen auf ca.

132.000 Einwohner beläuft. In den letzten 15 Jahren hat sich auch die demographische Struktur der Bevölkerung stark verändert. Das Durchschnittsalter im Stadtgebiet Maribor erhöhte sich von 42 (im Jahre 1971) auf 68 (im Jahre 1991); hier zeichnet sich ein

deutli-cher Suburbanisierungsprozess ab, denn in den Stadtrandsiedlungen liegt das Durch-schnittsalter bei 45 Jahren, wobei in den Stadtrandsiedlungen auch ein größerer Bevölke-rungsanteil Hochschulausbildung aufweist und der Anteil der Beschäftigten Bevölkerung mit 54 % ebenfalls höher liegt als im Stadtgebiet (41 %).

Wirtschaft

Vor Sloweniens Unabhängigkeit 1991 war Maribor eines der bedeutendsten Industriezent-ren des früheIndustriezent-ren Jugoslawien. Die Industriestruktur war dominiert von Großbetrieben in der Schwerindustrie bzw. Metallverarbeitung mit oft mehr als 3000 Beschäftigten. Nach dem Zusammenbruch des jugoslawischen Marktes waren die meisten dieser Betriebe nicht mehr wettbewerbsfähig.

Nach dem Jahre 1994 hat sich die Wirtschaftsstruktur in der Stadt drastisch verändert. Die Zahl der kleinen und mittelgroßen Unternehmen steigt seitdem. Zu den bedeutendsten wirtschaftlichen Tätigkeiten der Stadt gehören nun der Handel und das Finanzwesen, die 50 % des BSP erwirtschaften, die Industrie dagegen nur noch rund 30 % des BSP. Hin-sichtlich der Zahl der Beschäftigten ist die Industrie zwar noch immer führend, nach dem geschaffenen Einkommen führt jedoch der tertiäre Sektor.

Tab. 20 Beschäftigte in Industrie- und Dienstleistungsbereich in Maribor 1991 und 1996

1991 1996

Industrie 61 % 42 %

Dienstleistungen 31 % 57 %

Quelle: Struktur-, Stärken- und Schwächenanalyse für die Stadt Maribor

Die Zahl der registrierten Wirtschaftsbranchen hat sich immens vergrößert, es steigt auch der Umfang an Aktivitäten, die der Stadt neue Einkommensquellen bringen (Veranstaltun-gen, Sport und Erholung, Städtetourismus, Verkehr). Die Struktur der Industrie ist aller-dings noch immer traditionell und wenig wettbewerbsfähig auf den neuen Märkten. Kapi-tal- und technologieintensive Tätigkeiten existieren in Maribor nicht, vor allem fehlt je-doch ein wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen (als „Zugpferd“), das der Stadt eine entsprechende Entwicklungsdynamik wiederbringen würde.

Lebensqualität

Maribor hat trotz seiner früheren hohen Bedeutung als Industriestadt seinen Charakter als wertvoller Lebensraum erhalten, mit vielfältigen Möglichkeiten für ein kulturelles Leben und Freizeitmöglichkeiten (im Vergleich zu anderen slowenischen Städten). In städtebauli-cher Hinsicht gibt es in der Stadt viele freie und extensiv genutzte Grundstücke (ehemalige Produktionsbetriebe) und auch freie Baugrundstücke, die ein spezifisches Entwicklungs-potential der Stadt darstellen. Die Stadt beschäftigt sich intensiv mit der ökologischen Sa-nierung der Umgebung (Planung einer Kläranlage, Verlegung von Erdgasleitungen in der

Stadt, eine neue Müllhalde), mit dem Bau von Einkaufszentren, mit der Regelung der Ver-kehrsinfrastruktur, mit dem Bau eines Transportterminals und einer zollfreien Zone. Mari-bor gilt zwar einerseits als lebhafte, offene Stadt, die neben dem relativ großen kulturellen Angebot auch durch die umliegenden Weinberge, die Wälder des Pohorjegebirges (Ba-chern-Gebirge), das Drautal und die Kozjak- und Koban-Schluchten für Touristen attraktiv ist, andererseits haftet ihr auch das Image der alten Industriestadt an.