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7. Darstellung der Ergebnisse der einzelnen INTERREG-Arbeitsgruppentreffen

7.6 Sechstes INTERREG-Arbeitsgruppentreffen: Konkrete Umsetzung und

7.6.1 Situation des Stadtmarketings in Bratislava nach Projektabschluss

Zum Abschluss des INTERREG-Projektes sind in Bratislava wenig konkrete Umsetzungs-erfolge eines Stadtmarketings im Sinne einer ganzheitlichen kooperativen Stadtentwick-lung zu verzeichnen. Dies zeigt sich an folgenden Aspekten

• Die komplizierte Verwaltungsstruktur mit 17 Bezirken, die jeweils über ein eigenes Budget und über sehr eigenständige Ideen verfügen, erschwert ein koordiniertes, ge-meinsam auf ein Ziel gerichtetes Vorgehen, usw.,

• es gibt noch kein (informelles) Forum, das alle 17 Bürgermeister an einen Tisch bringt,

• Koordination und Zusammenarbeit innerhalb des Magistrats der Stadt findet kaum statt,

• die strenge Teilung der Kompetenzen hinsichtlich der Raumplanung in der Slowaki-schen Republik erschwert die Koordinierung der Ideen der Stadt mit den übergeord-neten Behörden,295

• im Jahr 2001 stand mit der Einrichtung einer regionalen Ebene auf eine Umstruktu-rierung der Verwaltung an; die personellen Kapazitäten für die Einführung eines funktionsfähigen Stadtmarketing wurden hierbei allerdings nicht geschaffen. Zwar wurden direkt im Büro des Bürgermeisters die Abteilung für regionale Zusammenar-beit und Auslandbeziehungen (zwei MitarZusammenar-beiter) und das Referat für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit (ein Mitarbeiter) installiert, nach Expertenmeinung haben diese eher formalen Charakter und keine wirkliches Wirkungsvermögen in der Praxis.

295 Anfang November 2000 erfolgte jedoch die Unterzeichnung einer entsprechenden Vereinbarung, die dies erleichtern soll.

Die Bereitschaft zur ‚außengerichteten‘ Kooperation und der Wille zur Zusammenarbeit ist dennoch in Ansätzen spürbar. So gibt es beispielsweise enge Kontakte zu Ungarn und Ös-terreich und relativ konkrete Überlegungen zu Gründung einer gemeinsamen Euregio. Ziel ist es, ein Abgleiten in die europäische Peripherie zu verhindern. In der Stadt gibt es natür-lich auch eine Vielzahl von Außenbeziehungen aufgrund der Funktion als Landeshaupt-stadt. Eine ‚innengerichtete‘ Kooperation der lokalen Institutionen im Hinblick auf die künftige Entwicklung der Stadt selbst ist jedoch nicht feststellbar. Die gemeinsame Teil-nahme von Universität und Stadtverwaltung am INTERREG-Projekt ist ein Novum in die-ser Hinsicht. Während der Projektbearbeitung werden sich insbesondere die Vertreter der Stadtverwaltung bewusst, dass „(...) intensive Zusammenarbeit verschiedener Beteiligter absolut notwendig [ist] und die größten Schwierigkeiten bereiten nicht Gesetze oder Lan-desgrenzen, sondern das starre Denken in den Köpfen.“296

Die Verwirklichung der seit längerem angedachten Einrichtung einer Stadtentwicklungsge-sellschaft wird innerhalb des Projektteams als eine mögliche Option gesehen, die Funkti-onsweise des Stadtmanagements so zu verändern, wie es für die Umsetzung einer Marke-tingstrategie notwendig wäre. Allerdings wird gerade die Diskussion über eine Stadtent-wicklungsgesellschaft u.a. auch von Seiten der lokalen Unternehmerschaft als wenig über-zeugend gewertet. Wichtiger erscheint hier eher die Klärung bzw. Schaffung anderer gene-reller Voraussetzungen: die Stärkung demokratischer Mechanismen, die Klärung der inne-ren Beziehungen zwischen Stadt, Stadtteilen und Staatsverwaltung, die Reduzierung des Lobbyismus und der Korruption, die Erhöhung der Transparenz der Entscheidungsmecha-nismen der Stadt und das Werben für eine Beteiligung der Bürger. Erst dann scheint ein Stadtmarketing wirklich funktionsfähig.

Die Einführung eines Stadtmarketing wird als ein sehr langwieriger Prozess gesehen; die innerhalb des INTERREG-Projektes erarbeiteten konzeptionellen Überlegungen werden als eine wertvolle Grundlage für künftig anstehende Umstrukturierungsmaßnahmen gese-hen, da die systematisch aufbereiteten strategischen Entwicklungsrichtungen in einem fachübergreifenden Gesamtzusammenhang dargestellt sind.

Mikro-Ebene

Nach einer persönlichen Einschätzung der Projektteilnehmer wurde die gemeinsame Arbeit innerhalb des INTERREG-Projektes als sehr nützlich erachtet. Der Austausch von Erfah-rungen mit Stadtmarketing in anderen Städten wurde als hilfreich bewertet und vor allem wurden die theoretischen und praktischen Kenntnisse des Instruments Stadtmarketing und der enthaltenen Methoden vertieft. Insbesondere die Vertreter der Universität sehen sich so in der Lage, das ‚Gelernte‘ einerseits in ihrer Lehrtätigkeit besser weitervermitteln zu kön-nen, andererseits aber auch die städtischen Entscheidungsträger zukünftig von der Idee Stadtmarketing besser überzeugen zu können.

296 Statement in einem Expertengespräch

Meso- und Makro-Ebene

Nachdem die Bearbeitung der einzelnen Projektschritte während des INTERREG-Projektes ‚nur‘ innerhalb des Projektteams erfolgte, konnten Lernprozesse auf der Meso-Ebene – d.h. kollektive Lernprozesse innerhalb und durch die Gründung von fach- und in-stitutionenübergreifenden Arbeitsgruppen nicht festgestellt werden.

Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit und die Orientierung auf ein gemeinsames Ziel ver-hindert gegenwärtig noch eine Koordinierung der Interessen der 17 Bezirksselbstverwal-tungen; auch innerhalb des Magistrats selbst findet eine abteilungsübergreifende Zusam-menarbeit kaum statt. Für ein Stadtmarketing im Sinne einer kooperativen Stadtentwick-lung fehlen neben den genannten organisatorischen und motivationalen Grundvorausset-zungen auch weiterhin die finanziellen und personellen Grundlagen. Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit wird in Bratislava generell als sehr niedrig eingestuft. Seitens der Stadt wird zwar eine ‚Zusammenarbeit‘ mit den örtlichen Bürgerinitiativen angestrebt; diese be-schränkt sich aber derzeit noch auf eine möglichst gute Information über städtische Vorha-ben bei der Flächenausweisung, um Bedenken von Umweltschützern vorzubeugen und „...

noch bevor aus einigen Projekten eine Affäre in den Medien gemacht wird.“297 Die Unter-nehmen in der Stadt sind zwar in vielen Verbänden organisiert, allerdings beschäftigen sich diese nicht mit regionalen oder lokalpolitischen Fragestellungen und werden daher als Kooperationspartner auch nicht für geeignet gehalten.

Dennoch werden gerade die großen Unternehmen wie z.B. Volkswagen als ganz entschei-dende Entwicklungsfaktoren für die Stadt gesehen. Das Unternehmen will seine Kapazitä-ten von derzeit 6.500 BeschäftigKapazitä-ten auf 10.000 Mitarbeiter ausbauen. Für diese Investition entsteht seitens der Stadt sehr spontan und ohne bürokratische Hürden ein Industriepark.

Deshalb wird die wirtschaftliche Stimmung in der Stadt auch als recht progressiv gewertet.

„Die Leute hier sind politisch offen und sehr aufgeschlossen. Fast alle hier in der Stadt sind für den EU-Beitritt. Es ist etwas los hier.“298 Allerdings ist diese Aufbruchstimmung nicht in allen Bereichen spürbar, denn „... dieser Raum wurde historisch durch die absolute Monarchie geprägt. Das war eine Bürokratie par excellence. Das ist geblieben.“299

Gerade die extrem hierarchische Struktur im Magistrat „... ohne Kommunikation und ohne Möglichkeiten horizontal zusammenzuarbeiten ...“ wird hier als das größte Problem gese-hen. Umstrukturierungen innerhalb der Stadtverwaltung wird mittlerweile mit großer Skepsis begegnet. So hat sich die Magistratsstruktur allein in den letzten fünf Jahren zweimal grundlegend geändert. „Es ist interessant, dass wenn eine Struktur (...) zu funkti-onieren beginnt – wenn auch noch nicht optimal – eine neue Struktur erdacht wird. (...) und alles was in der alten Struktur noch funktionierte, jetzt funktionsunfähig ist.“300 Auch

297 Statement in einem Expertengespräch 298 Statement in einem Expertengespräch 299 Statement in einem Expertengespräch 300 Statement in einem Expertengespräch

der starke Druck der Wirtschaft bzw. einzelner Investoren wird hier teilweise als bedenk-lich empfunden. Diese konterkarieren mit ihren Investitionsentscheidungen zum Teil auch die städtische Flächenpolitik „ ... und leider haben die Investoren nicht nur einen großen Einfluss auf die Kommunalpolitiker, sondern auch auf die Angestellten des Magistrats.“

Auf Grundlage dieser Situation, dass Kooperationen einerseits innerhalb der Stadtverwal-tung selbst, aber auch mit anderen Organisationen in der Stadt noch nicht üblich sind, wird die gemeinsame Arbeit im INTERREG-Projekt zwischen Stadtverwaltung und Universität als ein sehr positiver Schritt in Richtung ‚Kooperation und Zusammenarbeit in und für die Stadt‘ gewertet.