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7. Darstellung der Ergebnisse der einzelnen INTERREG-Arbeitsgruppentreffen

7.2 Zweites Arbeitsgruppentreffen: Situations- und Stärken- / Schwächenanalyse

7.2.3 Darstellung ausgewählter Aspekte der Situations- und Stärken- / Schwächenanalyse der

7.2.3.1 Situationsanalyse der Stadt Pécs

Pécs – mit 160.000 Einwohnern die fünftgrößte Stadt Ungarns – ist das kulturelle, wirt-schaftliche sowie Bildungs- und Verwaltungszentrum in der südtransdanubischen Regi-on.274 Die Stadt hat eine lange kulturelle Geschichte; die Entwicklung zur Industriestadt begann mit dem Kohlebergbau und der Uranerzförderung nach dem zweiten Weltkrieg.

Mit der Stillegung der Abbaugebiete setzte eine massive Umstrukturierung der Wirtschaft ein, die seit der politischen Wende zu großen Teilen durch ausländische Kapitalinvestitio-nen bzw. Betriebsansiedlungen vonstatten geht.

Lage und Verkehrsanbindung

Die durch die Stadt führende Hauptstraße Nr. 6 verbindet die Stadt nach Norden mit Buda-pest (198 km) und nach Süden mit Zagreb. Diese Straßenverbindung bedarf aber eines dringenden Ausbaus. Es verkehren auch 5 Intercity- und 4 Eilzugpaare, die Pécs und Bu-dapest verbinden.

Einen weiteren Entwicklungsimpuls erhofft man sich durch die Ausweisung des „Helsinki 5 C – Korridors“ des Europäischen Raumordnungskonzeptes, der von Helsinki über Pécs bis zur Adria führt. In diesem Zusammenhang ist der Ausbau der Nord-Süd-Verkehrs-verbindungen sichergestellt. Allerdings gibt es bisher keine konkreten Pläne für eine Ost-West-Verbindung. Pécs Lage in Südungarn ist südlich von Kaposvár quasi abgeschnitten von Kontakten nach Österreich und Slowenien im Westen bzw. Szeged im Osten. Die

274 Die statistischen Daten wurden aus der Strukturanalyse für die Stadt Pécs im Rahmen des INTERREG-Projektes ü-bernommen, die sich auf folgende Quellen stützt: STATISTISCHES AMT DES KOMITATS BARANYA (1998): Statistisches Jahrbuch des Komitats Baranya 1997; HORVÁTH, GY. ET AL. (1995): Pécs városfejlesztési koncepciója.

weitere Entwicklung der Stadt wird demnach vorrangig in Richtung Süden ausgerichtet sein, da mit Kaposvár nördlich der Stadt ein Konkurrenzstandort mit starken wirtschaftli-chen Funktionen vorhanden ist.

Einen regionalen Verkehrsflugplatz gibt es in Pécs derzeit nicht; es bestehen aber seit län-gerem Planungen, den Sportflugplatz mithilfe ausländischer Investoren nahe der Stadt aus-zubauen.

Bevölkerung

Die Altersstruktur der rund 160.000 Einwohner ist recht günstig, was nicht zuletzt an dem hohen Anteil von Studenten liegt, die die Pécser Universität besuchen; auch der Anteil an Einwohnern mit Hochschulabschluss (15 %) liegt über dem Landesdurchschnitt. Über-durchschnittlich hoch sind die Fremdsprachenkenntnisse der Bevölkerung – zum einen aufgrund der günstigen Bildungsstruktur, zum anderen aber auch aufgrund der vielen Nati-onalitäten, die in der Region angesiedelt sind. 19 % der Einwohner beherrschen eine Fremdsprache; meist Deutsch oder Englisch.

In den letzten Jahren konzentriert sich die Komitatsbevölkerung immer stärker auf den Komitatssitz. Lebten 1980 noch 39 % der Komitatsbevölkerung in Pécs, waren es Ende 1993 schon 41,3 %. Dennoch geht die Bevölkerung insgesamt in den letzten Jahren zurück.

Als ein Faktor neben demographischen Entwicklungen gilt die Abwanderung junger quali-fizierter Arbeitskräfte in das Wirtschaftszentrum Budapest. Die Alterung der Bevölkerung entspricht dem Landestrend.

Bildung

Das Bildungsniveau der Einwohner in Pécs ist relativ hoch; der Anteil der Bevölkerung mit Realschul- oder Gymnasialabschluss liegt über dem Landesdurchschnitt; ebenso der Anteil der aktiv Erwerbstätigen mit Hochschulabschluss (17,4 %).

Pécs gilt auch heute als eine der wichtigsten Hochschulstandorte in Ungarn. Aufgrund der wechselvollen Entwicklung der Pécser Universität mit zahlreichen Umstrukturierungen war der Stundentenanteil zwar etwas rückläufig, doch gibt es noch rund 10.000 Studenten in der Stadt. Diese Anzahl erscheint im Vergleich zu den österreichischen Hochschulstäd-ten, wie z.B. Graz, Innsbruck oder Linz eher gering. Auch wird das Forschungs- und Ent-wicklungspotential der Stadt trotz Universität nicht sonderlich hoch eingeschätzt, da z.B.

der Anteil an Erwerbstätigen im F&E-Bereich eher unterdurchschnittlich war und auch die Ausstattung mit F&E-Stellen im Industriebereich sehr gering ist.

Neben der Universität gibt es noch drei selbständige Forschungsinstitute in Pécs: Das Re-gionalforschungszentrum der Akademie der Ungarischen Wissenschaften, das For-schungsinstitut für Weinbau und Weinkunde und die Versuchsanstalt für Milchwirtschaft.

Teilweise werden einzelne Institute auch zu Fragen der Stadtentwicklung kontaktiert. Ins-besondere das Regionalforschungszentrum der Akademie oder auch das geographische In-stitut der Universität beschäftigen sich mit den lokalen und regionalen Gegebenheiten.

Infrastruktur

Eine Analyse der Infrastrukturausstattung ergibt zum Teil überdurchschnittliche Werte. So ist beispielsweise die gesundheitliche Versorgung nicht zuletzt durch den Standort der me-dizinischen Universität sehr gut. Gleiches gilt für das System an Bildungs- und Kulturein-richtungen. Ebenso ist die Versorgungssituation mit technischer Infrastruktur ausreichend.

Wohnungsmarkt

Die Wohnungssituation ist eher angespannt; gut die Hälfte der Wohnungen wurden infolge der sozialistischen Stadtentwicklung als Plattenbauwohnungen in Großwohnsiedlungen am Stadtrand errichtet. Gegenwärtig übersteigt die Nachfrage nach kleinen Wohnungen das Angebot bei weitem, nicht zuletzt deshalb, weil der kommunale Wohnungsbau in den letzten Jahren fast vollständig zum Erliegen gekommen ist. Doch auch die Nachfrage nach Einfamilienhäusern steigt. Problematisch ist der zum Teil überaus hohe Preisanstieg für Wohnungen in begehrten Lagen; bei gewerblich genutzten Flächen ist der Preisanstieg trotz erhöhter Nachfrage noch nicht so deutlich sichtbar.

Wirtschaft

Der Strukturwandel in der Stadt ist in den letzten 10 Jahren weit fortgeschritten. War bis Mitte der 80er Jahre der Bergbau das entscheidende Betätigungsfeld, so waren Ende der 90er Jahre schon rund 60 % der aktiven Erwerbstätigen im tertiären Sektor beschäftigt. Ei-ne besondere Rolle bei der Umstrukturierung und Modernisierung der Wirtschaftsstruktur kam ausländischen Kapitalinvestitionen zu. In Pécs waren dies vor allem die Ansiedlungen von fünf Einzelhandelsgroßprojekten (Metro, Praktiker, Plaza, Inter-Spar, Tesco). Im Lan-desvergleich ist die Summe der Kapitalinvestitionen aus dem Ausland aber eher unbedeu-tend. Neben dem Handelssektor hat die Nahrungs- und Genussmittelindustrie und die E-nergiewirtschaft die ausländische Kapitalinvestitionen angezogen. Folgende Firmen mit ausländischer Kapitalbeteiligung haben ihren Sitz in Pécs: Austria Beton GmbH, B.A.T.

Pécser Tabakfabrik GmbH, BIOKOM GmbH, DDGÁZ AG (Südtransdanubische Gaswer-ke), DÉDÀSZ AG (Südtransdanubische ElektrowerGaswer-ke), Raab Karcher Dél-Tüzép AG, Délhús Fleischwaren AG, Hauni Sopiana Maschinenfabrik GmbH, Nokia Monitor GmbH, OK Hungary Gloves GmbH, Pécser Bau GmbH, Pécser Brauerei AG und Wasserwerk Pécs AG.

Trotz vieler Veränderungen ist der wirtschaftliche Strukturwandel der Stadt Pécs noch nicht abgeschlossen. Z.B. hat sich noch kein mittelständischer Unternehmerkreis herausge-bildet, der ein stabilisierender Faktor der Entwicklung ist. Viele der Existenzgründungen geschahen aufgrund von Arbeitslosigkeit und aus materieller Notlage heraus und entbehren

vielfach eines zukunftsträchtigen und tragfähigen Unternehmenskonzeptes. Sehr deutlich ist aber der Bedeutungsgewinn des Tertiärsektors. Die Zahl der Beschäftigten im Dienst-leistungssektor erhöhte sich um 32 %, so dass heute fast 2/3 der aktiv Erwerbstätigen in dieser Branche beschäftigt sind.

Einzelhandel

Wie bereits erwähnt, floss ein Großteil der Investitionen in den Einzelhandelsbereich; fast alle größeren europäischen Handelsfirmen haben ein Distributionszentrum in Pécs errich-tet. Moderne Shopping Center und Passagen sowie neu gebaute Geschäfts- und Einkaufs-zentren haben einen großen Einzugsbereich und überformen die altansässigen Einzelhan-delsbetriebe völlig. Pécs möchte nun seine historische Bedeutung als das letzte große Han-delszentrum am Tor zum Balkan wieder aufbauen; der Einzugsbereich erstreckt sich auf ganz Südungarn und reicht im Norden bis zum Plattensee und im Süden bis nach Kroatien.

Neue Möglichkeiten und Chancen hierzu sieht man in der Gründung einer gemeinsamen Euroregion zwischen Pécs / Ungarn, Osijek / Kroatien, Tuzla / Bosnien und Sarajevo / Kroatien. Es gibt schon eine enge Zusammenarbeit zum Fragenkreis des Tourismus zwi-schen diesen Städten, die eventuell auch auf das Thema Stadtmarketing ausgeweitet wer-den könnte.

Fremdenverkehr

Neben dem Handels- und Dienstleistungsbereich ist auch die Tourismusbranche ein an Be-deutung gewinnender Wirtschaftspfeiler. In der Nähe gibt es ein reichhaltiges Angebot att-raktiver Erholungsgebiete und ein vielfältiges Angebot kultureller Veranstaltungen bzw.

Einrichtungen. Das Mecsek-Villány-Gebiet ist eines von sieben herausragenden Erho-lungsgebieten des Landes. Mit Harkány gibt es einen bedeutenden Kurort in schneller Er-reichbarkeit. Weiterhin ist ein reichhaltiges Angebot an Museen, Kulturveranstaltungen, Festivals und Events vorhanden. Die seit 1988 bestehende Messe Pécs EXPO zieht einen immer größer werdenden Kreis an Produzenten und Konsumenten an. Das Image der Stadt wird geprägt von den Begriffen: Weltoffen, kulturell, kreativ, multinational.

7.2.3.2 Stärken- und Schwächenanalyse der Stadt Pécs

Als Referenzstandorte für die Stärken-/Schwächenanalyse der Stadt Pécs bieten sich die ungarischen Städte Szeged, Györ und Kaposvár an. Insbesondere mit Kaposvár besteht ein intensiver und direkter Wettbewerb, allerdings ist die Stadt von den strukturellen Gege-benheiten kaum vergleichbar. Györ hat in den letzten Jahren eine sehr dynamische Ent-wicklung vollzogen und könnte hier als best-practice-Beispiel dienen; allerdings war die Entwicklung Györs in erster Linie auch von der günstigen geographischen Lage determi-niert, die in Pécs so nicht gegeben ist. Bezüglich Größenordnung und Lage wäre die Stadt Szeged am ehesten als Referenzstandort geeignet, zumal sich insbesondere mit Szeged eine eindeutige Wettbewerbssituation z.B. um die nationalen PHARE-Subventionen herausge-bildet hat.

Tab. 22 Stärken- und Schwächenanalyse der Stadt Pécs Bevölkerungsstruktur

Stärken Schwächen

Großer Anteil qualifizierter Arbeitskräfte ( U-niversitäts- und Schulstadt mit qualifizierter junger Bevölkerung,

nationale Minderheiten, die ihre Traditionen pflegen,

günstige Altersstruktur mit relativ großem Anteil der Altersklasse 18-30

bedeutende Facharbeiter in spezifischen In-dustriezweigen auf dem Arbeitsmarkt (z.B.

Bergbau, Handschuhproduktion, Porzellan-malerei)

bürgerliche Werte.

Sinkende Einwohnerzahl durch Abwanderung,

Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte,

unterentwickelte Stadtteile,

nicht ausreichend koordinierte und wenig effek-tive Aus- und Weiterbildungsangebote,

Organisationen der nationalen Minderheiten auf einen engen Kreis beschränkt.

Bildung und Wissenschaft

Stärken Schwächen

Breites Ausbildungsspektrum schon in den Grund- und Mittelschulen,

vielfältiger Fremdsprachenunterricht, schu-lenübergreifende Koordination des Sprach-unterrichts,

traditionelle Universität mit mannigfaltigem Ausbildungsangebot in international aner-kannten Fachrichtungen,

zahlreiche Forschungsinstitute,

funktionsfähige Institutionen im Bereich Ar-beitsmarkt, Umschulungen und Ausbildungs-kurse gemäß marktbedingtem Bedarf.

Wegen der schwierigen finanziellen Situation der wissenschaftlichen und Schuleinrichtungen bestehende Schranken,

wissenschaftliche Forschung nicht systematisch an den Bedürfnissen der Wirtschaft orientiert.

Arbeitsmarktsituation

Stärken Schwächen

Rückgang der Arbeitslosigkeit,

gut qualifizierte Arbeitskräfte, hoher Akade-mikeranteil.

Verdeckte Arbeitslosigkeit durch staatliche Pro-gramme für ehemalige Bergleute,

niedriges Lohnniveau,

Abhängigkeit von einigen wenigen Großunter-nehmen.

Wirtschaftliches Umfeld

Stärken Schwächen

Starke und aktive Wirtschaftsselbstverwaltun-gen,

Nähe zur Grenze (Exportmärkten),

ausgedehntes internationales Kontaktsystem,

Sitz der Komitatsselbstverwaltung.

Schlechte Erreichbarkeit und periphere Lage,

mangelndes Verantwortungsgefühl gegenüber der Stadt,

hohe Gewerbesteuer und Betriebskosten,

bürokratische, langwierige Verwaltungsprozes-se.

Fortsetzung der Tab. 22 Stärken- und Schwächenanalyse der Stadt Pécs Wirtschaftsstruktur

Stärken Schwächen

Traditionelle Industriezweige, international anerkannte Produkte,

Sitz multinationaler Firmen im High Tech-Bereich

die auf die Universitätsausbildung aufbauen-den sog. kreativen Industriezweige (z.B. Wer-beindustrie) gewinnen an Raum,

bedeutende Unternehmeraktivität.

Strukturwandel der Industrie noch nicht voll-ständig abgeschlossen,

wenige mittelständische Unternehmen,

hohe Gründungsaktivität resultiert aus der hohen Zahl von zwangsweise zu Unternehmern gewor-denen Arbeitskräfte,

geringe ausländische Investitionen,

teilweise Mangel an qualitativ hochwertigen Unternehmen.

Lebensqualität (Wohnen, Freizeit und Kultur)

Stärken Schwächen

Einzigartiger submediterraner Charakter des Mecsek-Gebirges,

geschützte Naturwerte in Stadtnähe,

gut ausgebaute Wohngebiete,

„Künstlerstadt“, reges kulturelles Leben,

anspruchsvolle medizinische Versorgung,

gute öffentliche Ordnung und Sicherheit,

funktionsfähige zivile Organisationen.

Wenige Grünanlagen in der Innenstadt, unge-pflegte Grünflächen,

problematische Luftqualität,

Kraftwerk Nähe des Stadtzentrums,

Rückgang des sozialen Wohnungsmarktes,

Segregation einzelner Stadtteile,

nicht vorhandene Polyklinik.

Einzelhandel und Dienstleistungen

Stärken Schwächen

Zunahme unternehmensnaher Dienstleistun-gen,

Standort multinational organisierter Einkaufs-zentren,

Dienstleistungen, die auf sog. kreative Indust-riezweige aufbauen (z.B. Werbeindustrie),

gut ausgebaute Infrastruktur kultureller Dienstleistungen.

Traditioneller Einzelhandel in kleinen Läden wird verdrängt,

Umwertung der Innenstadt zur Einkaufszone.

Tourismus

Stärken Schwächen

Vielfältige Naturwerte, historische und kultu-relle Attraktionen

sehr alte Tradition in der Baukunst; Ruf als Standort Moderner Architektur,

Museen und Ausstellungen von internationa-lem Rang,

reges kulturelles Leben,

Konferenzen von internationalem Rang,

mannigfaltiges und hochwertiges gastronomi-sches Angebot.

Nicht genügend ausgebaute touristische Ein-richtungen,

schwache Qualitätsmerkmale,

Mangel an kulturellen touristischen Produktpa-keten,

unkoordinierte Organisation und Propaganda,

fehlende Infrastruktur für ein Konferenz- und Messezentrum,

fehlende Hotelkapazitäten höherer Kategorie,

Mangel an internationalen Festivals.

Quelle: Eigene Darstellung nach INTERREG-Projektunterlagen

Aufbauend auf der Analyse der Stärken und Schwächen der Stadt Pécs ergeben sich fol-gende Problembereiche:

• Problembereich I Abwanderung,

• Problembereich II Wirtschaftlicher Strukturwandel,

• Problembereich III Kooperation und Koordination der Stadt Pécs mit ihrem unmittelbaren Umland, dem Komitat und der Region,

• Problembereich IV Investitionen der privaten Wirtschaft in der Stadt Pécs,

• Problembereich V Informationsdefizite in Bezug auf mögliche europäische Förderprogramme.

7.2.3.3 Fazit zur Erarbeitung der Situations-, Stärken-/Schwächenanalyse der Stadt Pécs

Das Material bzw. Studien zu diesem Arbeitsabschnitt waren in Pécs bereits vorhanden, wurden aber im Projektverlauf durch die Stadtmarketingreferentin auf den aktuellen Stand gebracht, zumal sich in den letzten fünf Jahren auch die Datenbasis der amtlichen Statistik deutlich verbessert hat. Das von der Ungarischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Pécs 1996 im Auftrag der Stadt entwickelte „Grundkonzept“ aus dem Jahr 1996 bildet neben daraus hervorgegangenen Detailstudien gegenwärtig noch immer die Basis für stadtentwicklungspolitische Entscheidungen. Im Rahmen der damaligen Studie, auf die sich auch die Ausführungen im INTERREG-Projekt stützen, wurde in einer schriftlichen Umfrage auch das Urteil der Bevölkerung bezüglich der Stärken und Schwä-chen Pécs‘ eingeholt. Neu für die INTERREG-Projektpartner in Pécs war im Vorfeld der Ausarbeitung der direkte Vergleich mit Referenzstädten; hier gab es Fragen bezüglich der Auswahl geeigneter Referenzstandorte, bezüglich der wichtigsten Kennzahlen und der Datenerfassung.

Die inhaltlichen Schwerpunkte der erarbeiteten Struktur- bzw. Stärken-/Schwächenanalyse von Pécs sind schwerpunktmäßig darauf orientiert, auch die Imagefaktoren der Stadt her-auszuarbeiten. Der Bereich Tourismus und Fremdenverkehr ist ein elementarer Bestandteil der Wirtschaft, der auch den Feldern Kultur, Einzelhandel und Stadtbild eine wachsende Bedeutung zumisst. Ebenso wird die Analyse des vorhandenen Humankapitals sehr aus-führlich dargestellt, was ebenfalls Rückschlüsse auf die herausragende Bedeutung dieses Standortfaktors zulässt.

7.2.4 Darstellung ausgewählter Aspekte der Situations- und Stärken- / Schwächen analyse der Stadt Plzen

7.2.4.1 Situationsanalyse der Stadt Plzen

Plzen ist mit derzeit 169.000 Einwohnern nach Prag die zweitgrößte Stadt Böhmens und spielt in der Tschechischen Republik schon immer eine wichtige Rolle als

Industriestand-ort.275 Nach dem 2. Weltkrieg entstand ein monostrukturiertes Umfeld mit Präferenz der Schwerindustrie, was zu einseitiger Orientierung der Wirtschaftsbasis führte. Momentan ist Plzeñ auf dem Weg, wieder eine der bedeutendsten Städte des Landes zu werden.

Verkehr

Die internationalen Straßen E 50 (Nürnberg - Mukacevo), E 49 (Leipzig – Wien) und E 53 (Plzen – München) gewährleisten eine gute Verkehrsanbindung in alle Richtungen. Be-deutende Impulse erbrachte der Bau der D5 (Rozvadov - Plzeñ - Prag), doch fehlt dringend eine Umgehungsstraße. Trotz hoher Investitionen im ÖPNV belastet das hohe Ver-kehrsaufkommen stark die Innenstadt. Obwohl momentan ein Verkehrsleitsystem in Vor-bereitung ist, ist der mitten durch die Innenstadt führende Verkehr eines der Hauptproble-me in der Stadt. Im Zugverkehr ist vor allem die Verbindung Prag-Plzen-Eger-Deutschland und Plzen – Domazlice – Deutschland sehr wichtig. Ein überdurchschnittlich hoher Anteil des Budgets der Stadt wir in den ÖPNV investiert. Die Versorgung der Stadt mit sonstiger technischer Infrastruktur entspricht dem modernen Standard.

Wohnungsmarkt

Ein Großteil der Wohnungen befindet sich in Großwohnsiedlungen am Rande der Stadt.

Die Qualität des Wohnraums konnte durch Modernisierung bestehender Gebäude verbes-sert werden. Der Master-Plan der Stadt schätzt die Neubaukapazität auf rund 19.500 Woh-nungen und weist dementsprechend Flächen aus. Zur Modernisierung bestehender Gebäu-de wurGebäu-de ein „Housing Development Fund“ gegrünGebäu-det, wo sowohl Privatpersonen als auch Firmen Geld leihen können. Im Rahmen der Privatisierung konnten über 9000 Woh-nungen verkauft werden.

Bildung

Die zwei Universitäten der Stadt stellen mit den zusammen mehr als 10.000 Studenten ei-nen wichtigen Entwicklungsfaktor der Stadt dar. Das Bildungsniveau der Einwohner ist vergleichsweise hoch; über 10 % der Einwohner haben einen Hochschulabschluss, rund 30

% einen höheren Bildungsabschluss. Bei der männlichen Bevölkerung dominieren Ausbil-dungsabschlüsse im technischen Bereich. Auf dem Arbeitsmarkt ist ein Überhang an gut ausgebildeten Arbeitskräften im nichtproduzierenden und kaufmännischen Bereich bei gleichzeitigem Facharbeitermangel zu bemerken.

Gewerbeflächen

Der Masterplan der Stadt von 1995 sieht eine proportional ausbalancierte Entwicklung der städtischen Funktionen vor. Für Handel und Dienstleistungen wurden neue Flächen aus-gewiesen; für die Industrieansiedlung gibt es einen Industriepark (Plzeñ Borská pole). Ins-gesamt sind 200 ha Fläche für Produktion und Lager vorgesehen, 145 ha Mischnutzung für Kleingewerbe, Lager, Dienstleistungen und Einzelhandel und 60 ha für großflächigen

275 Die statistischen Daten wurden aus der Strukturanalyse für die Stadt Plzen im Rahmen des INTERREG-Projektes ü-bernommen, die sich auf folgende Quellen stützt: STATISTISCHES AMT DER STADT PLZEN (1998): Statistisches Jahrbuch der Stadt Plzen; ARBEITSAMT DER STADT PLZEN: Arbeitsmarktberichte (versch. Jahre)

zelhandel. Als Agglomerationszentrum hat der Handelssektor in Plzeñ einen hohen Stel-lenwert, mit einem Handelsbesatz von gegenwärtig 0,7 qm Verkaufsfläche pro Einwohner besteht aber auch noch ein enormes Ausbaupotential. Weiterhin müssen die Aktivitäten in den Bereichen unternehmensnahe Dienstleistungen, Innovations-Center und Transferstel-len noch weiter ausgebaut werden, genauso wie ein Inkubator-Haus für Unternehmens-gründer und ein Science-Park entwickelt werden sollen.

Wirtschaft

Der Strukturwandel hin zum tertiären Sektor ist schon relativ weit fortgeschritten. Knapp 60% der Einwohner sind im tertiären Sektor beschäftigt, doch ist auch der Anteil der in der Industrie Beschäftigten mit rund 40% noch sehr hoch.

Tab. 23 Anteil der Beschäftigten nach Wirtschaftssektoren in Plzen 1991 und 1996 in %

Jahr I. Sektor II. Sektor III. Sektor

1991 1,9 % 51,9 % 46,2 %

1996 0,5 % 39,6 % 59,9 %

Quelle: Situations-, Stärken- / Schwächenanalyse der Stadt Plzen im Rahmen des INTERREG-Projekts, S.9

Dies zeigt, dass sich Plzen auch zukünftig als Industriestandort versteht, wenngleich auch der tertiäre Sektor ständig an Bedeutung gewinnt. Die wichtigsten Branchen sind Maschi-nenbau- und Fahrzeugindustrie (z.B. Škoda mit 15.000 Beschäftigten, MOVO mit 1.200 Beschäftigten), Elektroindustrie, Stahlindustrie und Stahlverarbeitung, Nahrungs- und Ge-nussmittelindustrie (z.B. Pilsener Urquell mit 2.000 Beschäftigten, Fa. Stock), Glasindust-rie, Papier- und Druckindustrie sowie Bauindustrie. Die Abhängigkeit vom größten Ar-beitgeber der Stadt (Škoda) mit einem dichten Netz von Zulieferern wird als problematisch empfunden. Einige bedeutende Unternehmen mit ausländischer Kapitalbeteiligung sind die Firmen Panasonic (650 Beschäftigte), Siemens Autotechnik (630 Beschäftigte) und MEA Meisinger (150 Beschäftigte). Sowohl in traditionellen Industriebranchen als auch im schnell wachsenden tertiären Sektor entstanden neue Arbeitsplätze. Das BIP liegt etwas ü-ber dem Landesdurchschnitt, die Arbeitslosenrate liegt mit 7,9 % etwas darunter.

Lebensqualität

Zukünftig möchte die Stadt auch im Kultur- und Tourismusbereich mehr Bedeutung erlan-gen. Schon heute gibt es eine ganze Reihe kultureller Einrichtungen (Theater, Gallerien, Museen usw.), kultureller Events („Plzener Kultursommer“) und Freizeitangebote (Zoo, Botanischer Garten, Sportvereine), doch könnten noch mehr ausländische Touristen die Stadt besuchen. Problematisch stellt sich teilweise die Umweltsituation dar; hier ist es vor allem die hohe Verkehrsbelastung, da die Hauptverkehrsachse quasi mitten durch das Stadtzentrum führt. Früher waren auch die Emissionen aus Industriebetrieben ein massives Umweltproblem, doch in letzter Zeit wurde die Luftverschmutzung durch Industriebetriebe mit strengeren Auflagen versehen und moderne Messstationen überwachen die Luftwerte.

7.2.4.2 Stärken- und Schwächenanalyse der Stadt Plzen

Um eine realistische und objektive Bewertung der Chancen und Risiken zu gewährleisten, ist ein Vergleich mit geeigneten Referenzbeispielen notwendig. Als Referenzstandort für Plzen bietet sich die Stadt Poznan (Posen) in Polen an. Poznan liegt genau auf der Ent-wicklungsachse Berlin - Warschau und entwickelt sich zu einem neuen Schwerpunkt in Europa.

Tab. 24 Stärken- und Schwächenanalyse der Stadt Plzen Bevölkerungsstruktur

Tab. 24 Stärken- und Schwächenanalyse der Stadt Plzen Bevölkerungsstruktur