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2. Der Service Public im Strombereich

2.1 Definition

Im weiteren Sinn wird unter Service Public eine bestimmte, politisch festgelegte Grund- oder Min-destausstattung mit ausgewählten Gütern und Dienstleistungen, meist aus dem Bereich der Infra-strukturen, verstanden.4 Die politische Vorgabe kann sich dabei sowohl auf den Preis (Reduktion des Preises oder von Preisunterschieden) als auch auf die Qualität und Quantität (z.B. Erhöhung der Versorgungsdichte, vielfältiges Angebot) beziehen.

Eine etwas engere Definition, die Service Public als Synonym zu gemeinwirtschaftlichen Leistungen versteht, wurde von uns in der Studie „Service Public im liberalisierten Strommarkt“ erarbeitet:

2 In der politischen Diskussion werden die Begriffe „Liberalisierung“ und „Privatisierung (Abgabe der Kontrolle oder der Aktienmehrheit der öffentlichen Hand an einem Unternehmen)“ häufig gleichgesetzt. Dies ist auch bei der Diskussion ums EMG festzustellen, obwohl das EMG keine Privatisierung von kommunalen oder kantonalen EVU verlangt, sondern ledig-lich einen freien Netzzugang und effiziente Strukturen in der Elektrizitätswirtschaft will.

3 Einige GegnerInnen des EMG wollen jegliche Liberalisierung im Strommarkt verhindern und lehnen daher auch den freien Netzzugang ab.

4 Angelehnt an: Thierstein A. und Abegg C. (2000), Angebot öffentlicher Dienstleistungen, Wettbewerbsfähigkeit und räum-liche Kohäsion, S. 7. Vgl. auch Infras/Oetterli (1999), Liberalisierung und Grundversorgung.

• Service Public ist die Gesamtheit aller kommerziell nicht rentablen Leistungen in einem Markt (welche in einem rein marktwirtschaftlichen Umfeld also nicht erbracht würden)

• die durch ein öffentliches Interesse (auf Grund von Bestimmungen und/oder Bestellungen der öffentlichen Hand) begründet sind

• und durch Private oder durch die öffentliche Hand selbst erbracht werden.

Diese Definition macht deutlich, dass „Service Public“ letztlich nur dort ein Problem ist, wo der Markt nicht ohnehin ein Angebot herbeiführt, das aus politischer Sicht als akzeptable Grundversorgung betrachtet wird. Dies kann in mehrerer Hinsicht der Fall sein:

• räumlich, indem bestimmte Teilräume, meist die dünner besiedelten Regionen, mit einer Markt-lösung preislich oder qualitativ weniger gut versorgt sind

sozial, indem bestimmte sozio-ökonomische Gruppen (z.B. einkommensschwache oder aus-ländische Haushalte oder ältere Menschen) preislich oder qualitativ weniger gut versorgt sind resp. eine schlechtere Auswahl haben

ökologisch, indem beispielsweise erneuerbare Energiequellen wegen hoher Produktionskos-ten nicht im erwünschProduktionskos-ten Ausmass genutzt werden.

2.2 Kernelemente des Service Public im Strombereich

Will man die Auswirkungen der Marktöffnung auf den Service Public im Strommarkt untersuchen, so reichen die obigen generellen Definitionen nicht aus. Es ist vielmehr im Detail festzulegen, welche Leistungen als Service Public konkret zu erbringen sind. Da der Service Public von den technischen und organisatorischen Voraussetzungen abhängt, muss diese Festlegung jeweils sektorspezifisch für Post, Schienenverkehr, Strasse oder Elektrizität vorgenommen werden.

Ob eine Leistung im öffentlichen Interesse liegt oder nicht, kann weder von der Ökonomie noch von anderen Fachdisziplinen abschliessend bestimmt werden. Es gibt auch keine generell anerkannten Normen oder Mindeststandards, weder in der Schweiz noch in der Europäischen Union.5

Daher ist es notwendig, dass die Politik die entsprechenden Entscheide fällt und klare Vorgaben festlegt. Dies gilt nicht nur für den Strombereich, sondern auch für die übrigen erwähnten Sektoren.

Die nachstehende Zusammenstellung gibt einen systematischen Überblick zu den Elementen des Service Public, wie sie zur Zeit für den Strombereich diskutiert werden. Die Zusammenstellung er-folgt an Hand eines Stufenmodells. Je höher die Stufe ist, desto grösser wird der Interventionsbedarf des Staates, um die Marktergebnisse in die gewünschte Richtung zu lenken.

5 Vgl. dazu European Commission (1996), Services of General Interests; European Commission (1999) Opening Up to Choice. The Single Electricity Market.

Grafik 2: Stufen bzw. Kernelemente des Service Public im Elektrizitätsbereich

Freier Netzzugang - Nichtdiskriminierung im Monopolbereich

• Stufe 0: Freier Netzzugang

Der freie Netzzugang gegen ein Entgelt stellt eine Grundvoraussetzung dar, damit alle Kund-Innen von der Liberalisierung des Strommarktes profitieren können. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Durchleitungsvergütung weder diskriminierend noch prohibitiv hoch ist. Eben-so dürfen mit dem Wechsel zu einem anderen Energielieferanten keine prohibitiven Gebühren verbunden sein.

Stufe 1: Gewährleistung der Grundversorgung

Zur Gewährleistung der Grundversorgung gehören die folgenden drei Komponenten:

– Sicherstellung der Netzanschlüsse: Alle KundInnen im Siedlungsgebiet sollen die Mög-lichkeit haben, sich an ein Netz anzuschliessen. Diese Anschlusspflicht soll auch für ein-zelne Höfe oder Anlagen ausserhalb des Siedlungsgebietes gelten, so dass die Netzan-schlüsse räumlich umfassend gesichert sind.

– Sicherstellung von zuverlässigen, leistungsfähigen und wirtschaftlichen Netzen: Ei-ne weitere Voraussetzung zur Gewährung der Grundversorgung ist, dass Ei-nebst dem Netzanschluss auch die Netze selbst sicher, zuverlässig und leistungsfähig sind. Dazu haben die Netzbetreiberinnen in ihrem gesamten Netzgebiet die erforderlichen Vorkehrungen hinsichtlich Netzkapazitäten und Systemdienstleistungen zu schaffen und zu unterhalten.

– Sicherstellung der wirtschaftlichen Energielieferung: Als dritte Teilkomponente zur Gewährleistung der Grundversorgung gehört eine ausreichende und regelmässige Ener-gielieferung zu angemessenen Preisen. Damit wird sichergestellt, dass nicht nur die

tech-nischen Voraussetzungen (Anschluss an ein funktionierendes Netz) gegeben sind, son-dern dass die KundInnen tatsächlich auch mit Elektrizität versorgt werden.

Mit der Grundversorgung gemäss Stufe 1 ist nur gemeint, dass die Versorgung gewährleistet wird; Preisunterschiede können aber auftreten. Deren Ausgleich ist Thema von der folgenden Stufe 2.

Stufe 2: Einhaltung einer gewissen Preissolidarität

Bezüglich der Preissolidarität kommen grundsätzlich alle drei Komponenten der Grundversor-gung (Netzanschluss, Netzbenutzung, Energielieferung) in Betracht.

– Netzbenutzung:

Innerhalb eines Netzgebietes sollen alle KundInnen der gleichen Spannungsebene die gleiche Durchleitungsvergütung entrichten müssen. Insbesondere soll damit vermieden werden, dass dezentral gelegene KundInnen mit höheren Durchleitungskosten belastet werden. Diese Vorgabe entspricht in etwa der heutigen Praxis der Netzbetreiberinnen.

Zwischen verschiedenen Netzgebieten wird zwar nicht eine vollständige Preissolidarität verlangt, die Durchleitungskosten auf der Ebene eines Kantons sollen jedoch nicht erheb-lich über dem schweizerischen Mittelwert liegen.

– Netzanschluss: Beim Netzanschluss wird im Grundsatz ebenfalls eine Preissolidarität ver-langt.6

– Bei den Energiepreisen (Preisen für die Elektrizitätslieferung) wurde bisher – mit wenigen Ausnahmen – nicht ernsthaft eine Preissolidarität gefordert. Die Liberalisierung bringt durch den Marktzutritt gerade die Chance, dass für alle Kunden die gleichen „Einkaufs-möglichkeiten“ geschaffen werden. Ein zusätzlich „verordneter Einheitspreis“ würde der Li-beralisierung fundamental widersprechen.

Stufe 3: Weitere Anforderungen

Verschiedene weitere Anforderungen vor allem bezüglich energiepolitischer Zielsetzungen werden in der politischen Diskussion mehrheitlich ebenfalls zum Service Public gezählt. Dazu gehören insbe-sondere die Förderung erneuerbarer Energien und das Anbieten von Beratungs- und weiteren Dienstleistungen (z.B. Contracting). Umstritten ist die Frage, ob auch die Sicherung von Arbeitsplät-zen (vor allem in den deArbeitsplät-zentralen Gebieten) als Aufgabe des Service Public zu betrachtet ist.