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DES RÈGLES DU JEU GARANTES DU SUCCÈS

3. Auswirkungen der Liberalisierung auf den Service Public

3.4 Weitere Anforderungen

Mit der Liberalisierung werden generell alle weitergehenden Leistungen des Service Public unter Druck geraten, die vom Markt nicht kostendeckend entschädigt werden. Konkret sind mit der Libera-lisierung folgende Effekte zu erwarten:

• Für erneuerbare Energiequellen wird die Konkurrenz durch Importe von Billigstrom aus osteu-ropäischen Ländern verschärft. Der dadurch ausgelöste Preisdruck kann zumindest kurzfristig die Rentabilität erneuerbarer Energiequellen gefährden bzw. vermindern.

• Bei sinkenden Strommarktpreisen werden die durch Energieberatung erzielbaren geldmässigen Einsparungen geringer, das Angebot wird tendenziell abgebaut.

• Der Druck zu Kosteneinsparungen bei den EVU steigt, entsprechend müssen durch Rationali-sierungen und Netzzusammenschlüsse Synergien ausgenutzt werden. Der teilweise Abbau von Arbeitsplätzen wird dabei kaum zu umgehen sein, auch wenn mit der Liberalisierung der Bedarf nach neuen Stellen entsteht, so z.B. in den Geschäftssparten Marketing, Verkauf, Messwesen und Elektrizitätshandel.

Diese Entwicklungen sind wie erwähnt eine Folge der Liberalisierung. Sie ergeben sich mit oder ohne EMG. Allerdings werden im EMG und in der EMV verschiedene Vorkehrungen getroffen, wel-che korrigierend in diese Marktprozesse eingreifen:

Bezüglich der Förderung erneuerbaren Energien sind insbesondere folgende Bestimmungen zu erwähnen:

• Die Abnahmepflicht und die Preisgarantie für elektrische Energie von unabhängigen Produzen-ten bleiben bestehen. Die Schweizerische Netzgesellschaft hat die allfälligen MehrkosProduzen-ten zu übernehmen (EMG Art. 26, Ziffer 4). Gegenüber der bisherigen Regelung werden damit insbe-sondere kleine Verteilgebiete entlastet, für welche die Abnahmeverpflichtung zu einer spürba-ren finanziellen Mehrbelastung fühspürba-ren konnte.

• Für die Lieferung von Elektrizität aus erneuerbaren Energien (ausgenommen Wasserkraft über 1 MW Leistung) gilt der sofortige freie Netzzugang. Für die Produzenten erneuerbarer Energien vergrössert sich damit das Absatzgebiet schlagartig (beispielsweise kann ökologisch hochwerti-ger Strom aus Kleinwasserkraftwerken auch im Ausland verkauft werden).

• Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energien (bis 1 MW, bzw. bis 0.5 MW Leistung bei Was-serkraftwerken), welche nicht wirtschaftlich betrieben werden können, kann der Bundesrat von der Durchleitungsvergütung befreien (EMG Art. 29).

tungsvergütung) grundsätzlich effizient ist. In anderen Infrastrukturbereichen (z.B. Wasser- und Abwasserentsorgung) werden solche Kosten- bzw. Preisunterschiede weitgehend akzeptiert.

22 Diese unterschiedliche Regelung der Preissolidarität während und nach der Übergangsphase ist etwas überraschend.

• Der Bund kann an Wasserkraftwerke während einer Übergangsphase von zehn Jahren zins-günstige Darlehen leisten, um betriebswirtschaftlich notwendige Amortisationen und Erneue-rungen zu finanzieren (EMG Art. 28, Absätze1 und 2).

• Die Art der Erzeugung und das Herkunftsland der angebotenen Elektrizität müssen angegeben werden (EMG, Art. 12; EMV Art. 25 Absatz 1). Dies verstärkt den Wettbewerb und erhöht die Transparenz für die KonsumentInnen.

Im Hinblick auf die Beratungs- und weiteren Dienstleistungen wird ausdrücklich festgehalten, dass die Kantone berechtigt sind, die Zuteilung von Netzgebieten mit einem Leistungsauftrag an die Netzbetreiberin zu verbinden (EMG Art. 11, Absatz 1). Es ist zulässig, in diesen Leistungsauftrag auch Bestimmungen zur Energieberatung, zum Anbieten von Contracting-Dienstleistungen und zu anderen Zielsetzungen aufzunehmen. Damit können auf kantonaler Ebene weitere Anforderungen an den Service Public gestellt werden.23

Bezüglich der Arbeitsplatzerhaltung sind im EMG indirekte Massnahmen vorgesehen. Der Bundes-rat kann die Unternehmen zur Erleichterung der Umstrukturierung und zur nachhaltigen Qualitätssicherung zu Umschulungsmassnahmen und zur beruflichen Grundausbildung (Minimalangebot an Lehrstellen) verpflichten (EMG Art. 7, Absatz 3, EMV Art. 28). Damit wird zwar kein explizites Beschäftigungsziel vorgegeben, aber doch ein zweckmässiger Beitrag zur Abfe-derung des ohnehin kaum abwendbaren Strukturwandels geleistet.

Zusammenfassend sind wir der Ansicht, dass mit den Bestimmungen des EMG und der EMV der Service Public im Bereich der erneuerbaren Energien und der Beratungsleistungen aufrecht erhalten und punktuell sogar ausgebaut werden kann, obwohl diese Bereiche durch die Liberalisierung grundsätzlich unter Druck geraten. Die in der politischen Diskussion umstrittene Frage der Arbeits-platzerhaltung wird im EMG nicht explizit geregelt, mit einem weiteren Abbau muss daher auch in Zukunft gerechnet werden. Diese Entwicklung ist auch zu erwarten, wenn das EMG in der Volksab-stimmung abgelehnt werden sollte.

23 Siehe dazu Konferenz Kantonaler Energiedirektoren / Bundesamt für Energie (2001), Aufgaben der Kantone gemäss Elektrizitätsmarktgesetz, S. 60ff.

4. Zusammenfassung

Die konkreten Anforderungen an den Service Public – verstanden als Grund- oder Mindestausstat-tung an bestimmten Gütern oder DienstleisMindestausstat-tungen – müssen sektorspezifisch festgelegt werden. Im Strombereich besteht der Service Public aus folgenden Kernelementen:

Freier Netzzugang: Damit alle KundInnen ihren Stromlieferanten in Zukunft frei wählen kön-nen, müssen die Netzbetreiberinnen die nichtdiskriminierende Durchleitung der Energie gegen ein Entgelt gewährleisten.

Sicherung der Grundversorgung: Die Sicherung der Grundversorgung bedingt, dass alle KundInnen einen Netzanschluss erhalten können, die Netze sicher und leistungsfähig sind und eine ausreichende und regelmässige Energielieferung zu angemessenen Preisen erfolgt.

• Einhaltung einer gewissen Preissolidarität: Innerhalb eines Netzes sollen die Durchleitungs-vergütungen für alle KundInnen einer bestimmten Spannungsebene gleich sein. Zwischen Netzgebieten sollen die maximalen Preisdifferenzen auf eine Bandbreite beschränkt bleiben.

Weitere Anforderungen: Die Förderung erneuerbarer Energien und die Aufrechterhaltung eines Grundangebots an Energieberatungs- und weiteren Dienstleistungen sind weitere Be-standteile des Service Public im Strombereich. Umstritten ist, ob auch die Sicherung von Ar-beitsplätzen zum Service Public gehört.

Die Liberalisierung des Strommarktes ist nicht aufzuhalten. Sie wird verschiedene Effizienzgewinne mit sich bringen, von welchen die KundInnen in Form einer preisgünstigeren Energieversorgung profitieren können. Ohne rechtliche Leitplanken wird die Marktöffnung aber auch dazu führen, dass verschiedene Elemente des Service Public nicht erfüllt werden oder in Zukunft gefährdet sind (vgl.

nachstehende Tabelle). Besonders zu erwähnen ist etwa der freie Netzzugang, die flächendeckende Erschliessung oder die Preissolidarität.

Im EMG und in der EMV sind detaillierte Bestimmungen vorgesehen, die den Service Public nach unserer Einschätzung – mit Ausnahme der Arbeitsplatzsicherheit - gewährleisten und in einzelnen Bereichen (Preisangleichung zwischen Netzgebieten, sofortige Marktöffnung für Energie von unab-hängigen Produzenten, Informationspflicht zur Produktionsart) gegenüber der heutigen Situation sogar noch (leicht) ausbauen.

Tabelle 1: Service Public im liberalisierten Strommarkt (ohne und mit EMG)

Service Public Situation ohne EMG Situation mit EMG Freier Netzzugang

Grundversorgung

Preissolidarität

Weitere Anforderungen Durchleitung

Anschluss Energielieferung Netzanschlüsse

Freier Netzzugang nicht gewährleistet

verwaiste Gebiete möglich

kostenorientierte Preise

Preisdifferenzierung

nur sofern rentabel

Preisgleichheit innerhalb Netzgebiet, Preisangleich zwischen Netzgebieten Preisgleichheit in der Übergangsphase Engpässe / Missbräuche

denkbar

gewährleistet

gewährleistet

weitgehend gewährleistet Sichere und leistungsfähige

Netze

Kapazitätsengpässe

denkbar weitgehend gewährleistet

Förderung erneuerbarer Energien

Energieberatung und weitere

Dienstleistungen nur rentable Leistungen über kantonale Leistungs-aufträge möglich

Abnahmepflicht, sofortiger Netzzugang und weitere Erleichterungen

Arbeitsplatzsicherheit keine

keine, jedoch Minimalanfor-derungen bezüglich Umschu-lung u. Ausbildungsplätzen

Literaturverzeichnis

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Anhang: