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Selektionsmaßnahmen gegen Katarakt und PRA

4 Populationsstruktur und Selektionsmaßnahmen gegen Katarakt und PRA

4.2 Selektionsmaßnahmen gegen Katarakt und PRA

Wirksamkeit der aktuellen Selektionsmaßnahmen des SSV

Die Zuchtbestimmungen des SSV beinhalten als Selektionsmaßnahmen den Zuchtausschluß von PRA und Katarakt betroffenen Tieren. Die jährliche Augenuntersuchung ist die Grundlage für die Verlängerung der Ankörung auf Zeit um jeweils ein Jahr. In der hier vorliegenden Untersuchung ergab sich für die Katarakt ein mittleres Manifestationsalter von 5,48 ± 2,55 Jahren und für die PRA von 5,88 ± 2,22 Jahren. Aufgrund des hohen Manifestationsalters besteht die Möglichkeit, dass ein befallenes Tier bis zu dem Auftreten der Erkrankung bereits ein oder mehrere Male in der Zucht eingesetzt wurde. Um diesen Sachverhalt zu überprüfen, wurden die Geburtsjahrgänge 1992 – 1994 hinsichtlich des Zuchteinsatzes und der Inzidenz von Katarakt und PRA betrachtet. In diesem Zeitraum wurden 15 Rüden und 54 Hündinnen geboren, die in der Zucht Verwendung fanden (Tabelle 45).

Diese Jahrgänge wurden ausgewählt, um zu gewährleisten, dass alle Zuchttiere dieser Geburtsjahrgänge das Manifestationsalter mit Abschluß des Datenerhebungszeitraumes erreicht bzw. überschritten hatten.

Tabelle 45: Entwicklung der Augenuntersuchungsergebnisse für die in den Jahren 1992 – 1994 geborenen deutschen Zuchttiere entsprechend den Lebensjahren

Anzahl der

Die Anzahl der untersuchten Hunde in dem jeweiligen Lebensjahr lag immer unter der Anzahl der insgesamt zwischen 1992 – 1994 geborenen männlichen und weiblichen Zuchttiere. Aus der wechselnden Anzahl der untersuchten Hunde pro Lebensjahr ist ersichtlich, dass die Augenuntersuchung einiger Zuchttiere nicht jährlich erfolgte. Abhängig vom Zuchteinsatz wurde ein Hund erst nach einem zeitlich längeren Abstand wieder zu einer Augenuntersuchung vorgestellt. Dies ist gängige Zuchtpraxis für solche Hunde, die zeitweise nicht in der Zucht benutzt werden.

Aus der Tabelle 45 geht hervor, dass 40 % der Rüden nach erfolgtem Zuchteinsatz eine Katarakt und 6,7 % eine PRA entwickelten. Von den bereits züchterisch eingesetzten Hündinnen erkrankten 27,8 % an Katarakt und 7,4 % an PRA.

Ein Teil der Zuchttiere wurde nicht bis zum Erreichen des mittleren Manifestationsalters an den Augen untersucht. Über den endgültigen Krankheitsstatus dieser Tiere ist deshalb keine Aussage möglich. Wurden nur die Zuchttiere berücksichtigt, die bis zu einem Alter von mindestens 6 Jahren untersucht wurden, ergab sich folgendes Bild: 15 von 36 (41,7%) Hündinnen

erkrankten an einer Katarakt und 4 von 36 (11,1 %) an PRA. 6 von 12 (50 %) Rüden erkrankten an einer Katarakt und 1 von 12 (8,3 %) an PRA.

Nachfolgend wurde den Zuchttieren der Geburtsjahrgänge 1992 – 1994 die Anzahl der betroffenen und der untersuchten Nachkommen gegenübergestellt. Diese Gegenüberstellung erfolgte auch für die aktuelle Zuchtpopulation (ZES0, n = 127).

Die Hunde der aktuellen Zuchtpopulation entstammen den Jahrgängen 1994 – 2000.

Die Zeiträume überschneiden sich für das Geburtsjahr 1994. Da die aktuelle Zuchtpopulation jedoch aus den beim SSV als zuchtfähig registrierten Entlebucher Sennenhunden besteht, wurden zwei Rüden in beiden Auswertungen berücksichtigt.

In Tabelle 46 sind Zuchtrüden der Geburtsjahre 1992 – 1994 und ihre betroffenen und untersuchten Nachkommen sowie das durchschnittliche Alter bei der letzten Untersuchung der Nachkommen dargestellt.

Tabelle 46: Anzahl der betroffenen und der untersuchten Nachkommen für Zuchtrüden der Geburtsjahre 1992 – 1994

Anzahl der

Drei Rüden der Geburtsjahrgänge 1992 – 1994 wiesen keine betroffenen Nachkommen auf. Bei 11 Rüden wurden unter den untersuchten Nachkommen zwischen 20 – 75 % betroffene Tiere festgestellt.

Dieses Ergebnis zeigt die Notwendigkeit der Nachkommenuntersuchung. Tabelle 42 zeigte, dass 6 der 15 Rüden selbst eine Augenkrankheit entwickelten.

Mindestens 5 weitere Rüden müssen jedoch als Anlageträger betrachtet werden, da sich in der direkten Nachkommenschaft betroffene Tiere befinden. Über einen Rüden können aufgrund der fehlenden Nachkommenuntersuchung keine Angaben gemacht werden. Ob möglicherweise weitere Rüden als Anlageträger identifiziert werden können, hängt davon ab, ob Nachkommen in höherem Alter nochmals zu einer Augenuntersuchung vorgestellt werden.

Für die Rüden der aktuellen Zuchtpopulation ist die Anzahl der betroffenen und der untersuchten Nachkommen in Tabelle 47 dargestellt.

Tabelle 47: Anzahl der betroffenen und der untersuchten Nachkommen der Zuchtrüden der aktuellen Zuchtpopulation (ZES0)

Anzahl der

Aus Tabelle 47 geht hervor, dass die Anzahl der Zuchtrüden der aktuellen Zuchtpopulation mit untersuchten Nachkommen bisher verhältnismäßig gering

ausfällt. 71,2 % der Rüden wiesen keine untersuchten Nachkommen im Probandenmaterial auf. Unter Berücksichtigung dieses Sachverhalts fiel die Anzahl der untersuchten Nachkommen im Vergleich zu den untersuchten Nachkommen der Zuchtrüden der Geburtsjahre 1992 – 1994 verhältnismäßig hoch aus. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass 2 Rüden (kursiv geschrieben) mit einer hohen untersuchten Nachkommenzahl 1994 geboren wurden und ebenfalls der aktuellen Zuchtpopulation angehören. Diese Rüden fanden daher in beiden Auswertungen Berücksichtigung (Tabelle 46 und 47).

Aufgrund des niedrigen durchschnittlichen Alters bei der bislang letzten Augenuntersuchung ist der Gesundtheitsstatus der meisten Nachkommen als unsicher zu bewerten. Ein eindeutiger Rückschluss auf den Genotyp der Vaters kann deshalb zum heutigen Zeitpunkt nur gezogen werden, wenn er betroffene Nachkommen aufweist. Um über die Nachkommenuntersuchung Informationen über den Genotyp der restlichen Rüden zu erhalten, bedarf es der Augenuntersuchung einer größeren Stichprobe von Nachkommen und der wiederholten Augenuntersuchung der Nachkommen bis zum Erreichen des mittleren Manifestationsalters der Erkrankungen.

Nachfolgend sind die Ergebnisse der Auswertung für die Zuchthündinnen mit ihren untersuchten und gegebenenfalls betroffenen Nachkommen dargestellt. Wie bei den Rüden erfolgte auch hier die Betrachtung der zwischen 1992 – 1994 geborenen Zuchthündinnen (Tabelle 48) und der Zuchthündinnen der aktuellen Zuchtpopulation (Tabelle 49)

Tabelle 48: Anzahl der betroffenen und der untersuchten Nachkommen der deutschen Zuchthündinnen aus den Jahren 1992 - 1994

Anzahl der Wie aus der Tabelle 48 hervorgeht, hatten 42 der 54 Zuchthündinnen (77,8 %) aus den Jahren 1992 – 1994 untersuchte Nachkommen in dem Probandenmaterial. Die Nachkommen waren zu 0,0 – 81,3 % betroffen.

Drei Hündinnen wiesen mit 5, 7 und 8 Nachkommen eine verhältnismäßig hohe Anzahl untersuchter und nicht betroffener Nachkommen auf. Bedingt durch das geringe Durchschnittsalter (1,4 Jahre) bei der letzten Augenuntersuchung kann der Gesundtheitsstatus dieser Hunde jedoch nicht mit Sicherheit beurteilt werden. Von der Tendenz her ist zu erkennen, dass mit höherem durschnittlichen Alter bei der letzten Augenuntersuchung die Frequenz der Befunde anstieg.

Wie in Tabelle 45 gezeigt, erkrankten 15 der 54 Zuchthündinnen nach erfolgtem Zuchteinsatz an Katarakt oder PRA. Durch die Ergebnisse der Nachkommenuntersuchung konnten 8 weitere Hündinnen als Anlageträger der Erkrankungen Katarakt und PRA identifiziert werden.

Tabelle 49: Anzahl der betroffenen und der untersuchten Nachkommen der Zuchthündinnen der aktuellen Zuchtpopulation (ZES0)

Anzahl der Bezogen auf die aktuelle Zuchtpopulation wiesen 7 Hündinnen untersuchte Nachkommen im Probandenmaterial auf. Aufgrund des durchschnittlich geringen Alters dieser Nachkommen sind eindeutige Rückschlüsse auf den Genotyp der Mutter nur möglich, wenn betroffene Tiere unter ihrer Nachkommenschaft sind. Um über die Nachkommenuntersuchung Informationen über den Genotyp der Mütter zu erhalten, die bisher keine untersuchten oder betroffen Nachkommen aufweisen, ist es notwendig, Nachkommen möglichst zahlreich und in höherem Alter wiederholt bei einer Augenuntersuchung vorzustellen.

Alternative Selektionsmaßnahmen

Um die Prävalenz von Katarakt und PRA in der Population deutlich zu senken, ist es erforderlich Merkmalsträger möglichst weitgehend von der Zucht auszuschließen.

Unterstellt man einen rezessiven Erbgang, liegt die Mehrheit der Defektgene in heterozygoten phänotypisch gesunden Tieren. Nach dem Gesetz von Hardy und Weinberg können die Genfrequenzen und die Häufigkeit der drei möglichen Genkombinationen berechnet werden. Dabei sei p die Frequenz des normalen Gens und q die Frequenz des Defektgens. Es gilt die Formel p + q = 1. In der Population ergeben sich Genotyphäufigkeiten aus p2, 2pq und q2 bezeichnet (p2 = homozygot normal, 2pq = heterozygot phänotypisch normal und q2 = homozygot betroffen) (PIRCHNER, 1969). Für die Katarakt ergeben sich hiernach 26,55 %

homozygote normale Tiere, 49,95 % heterozygote phänotypisch gesunde Tiere und 23,50 % homozygote Tiere mit verändertem Phänotyp. Für die PRA liegt folgende Frequenzverteilung vor: 44,53 % homozygot normal, 44,40 % heterozygot phänotypisch gesund und 11,07 % homozygot phänotypisch verändert. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Defektgene für beide Krankheiten in fast 50 % der gesunden Hunde vorliegen. Diese Genfrequenz ist mit hoher Wahrscheinlichkeit unterschätzt, da bei vielen Entlebucher Sennenhunden keine Aussage über den Augenbefund möglich ist. Werden die Genfrequenzen zugrundegelegt, wie sie sich aus den Augenuntersuchungen für die Geburtsjahrgänge 1992 – 1994 der Rüden und Hündinnen ergeben, so wäre beispielsweise für die Katarakt mit folgenden Gen- und Genotypfrequenzen zu rechnen: Bei den Rüden wären 13,5 % homozygot gesund, 46,5 % heterozygot phänotypisch normal und 40,0 % homozygot phänotypisch verändert. Bei den Hündinnen wären 22,4 % homozygot gesund, 49,9 % heterozygot phänotypisch normal und 28 % homozygot betroffen.

Die Ergebnisse der Augenuntersuchungen auf Katarakt bei den Zuchttieren und ihren untersuchten Nachkommen legen folgende Gen- und Genotypfrequenzen nahe: Von den Rüden wären 26,7 % homozygot gesund, 33,3 % heterozygot phänotypisch normal und 40,0 % betroffen. Bei den Hündinnen wären 42,8 % homozygot gesund, 14,8 % heterozygot phänotypisch normal und 28 % homozygot betroffen.

Um Merkmalsträger zu identifizieren, sind Rückschlüsse erforderlich, wenn Eltern oder Nachkommen erkrankt sind.

Sind die Eltern phänotypisch gesund, aber es befinden sich unter den Nachkommen betroffene Hunde, so können beide Elterntiere als heterozygote Elterntiere identifiziert werden.

Ist eines der Elterntiere phänotypisch erkrankt, müssen alle Nachkommen zumindest heterozygote Merkmalsträger sein.

Hunde, deren Eltern betroffen sind bzw. die betroffene Nachkommen vorweisen, sollten daher von der Zucht ausgeschlossen werden. Weiterhin wäre es sinnvoll, Hunde mit betroffenen Vollgeschwistern von der Zucht auszuschließen, da über diese die Eltern als Merkmalsträger identifiziert werden können. Die Eltern

wiederum haben mit 75 % Wahrscheinlichkeit das Defektgen auch an diesen Nachkommen vererbt, so daß er mit großer Wahrscheinlichkeit zumindest heterozygot ist. Möglicherweise manifestiert sich die Krankheit bei dem bisher freien Nachkommen erst zu einem späteren Zeitpunkt.

Selektionsmaßnahmen in Form von geregelten Zuchtausschlüssen bereiten bei kleinen Populationen wie der des Entlebucher Sennenhundes Probleme, da die verwandtschaftlichen Beziehungen in den Folgegenerationen aufgrund der noch begrenzteren Tierzahl überproportional zunehmen. Aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen der Zuchttiere gleich welcher Gruppe (wie oben gezeigt) zur Gesamtpopulation und der Häufigkeit von schätzungsweise 49,95 % heterozygoter Hunde für Katarakt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch nach entsprechenden Selektionsmaßnahmen noch heterozygote Tiere unter den Zuchttieren sind, relativ groß. Dieses gilt entsprechend auch für die PRA.

Um heterozygote Tiere aus dem Bestand der Zuchttiere zu identifizieren, könnten Testkreuzungen durchgeführt werden. Dieses wäre insbesondere für Rüden sinnvoll, da sie in der Regel weit mehr Nachkommen produzieren als Hündinnen.

Im Rahmen solcher Testkreuzungen ist es erforderlich, Rüden mit betroffenen Hündinnen anzupaaren. Die Hündin gibt dann als homozygot betroffenes Individuum das Defektgen stets weiter. Ist der Rüde Merkmals- oder Anlagenträger, gibt er zu mindestens 50 % ebenfalls das Defektgen weiter, so dass unter einer entsprechend großen Anzahl von Nachkommen betroffene Tiere auftreten müssen.

Bereits 5 (7) untersuchte Nachkommen wären in diesem Fall ausreichend, um einen Rüden oder eine Hündin mit einer Sicherheit von 95 % (99 %) als Anlageträger zu erkennen. Diese Anzahl untersuchter Nachkommen könnte bereits durch einen Wurf erreicht werden.

Bei einer Anpaarung des Rüden an zufällig ausgewählte Hündinnen ist die Augenuntersuchung von 10 (15) Nachkommen notwendig, um mit einer Sicherheit von 95 % (99 %) einen Anlageträger zu erkennen. Als Konsequenz würde dies bedeuten, dass jeder Rüde und jede Hündin maximal 2 Würfe absolvieren dürften.

Erst nach Vorlage der Nachkommenergebnisse für Katarakt und PRA im Alter von mindestens 6 Jahren aus diesen beiden Würfen sollte über einen weiteren Zuchteinsatz entschieden werden. Treten unter den Nachkommen betroffene Tiere

auf, dürfte kein weiterer Zuchteinsatz der Elterntiere erfolgen. Die Zuchtbeschränkung auf zwei Würfe hat zur Folge, dass zunächst mehr Zuchttiere in die Zucht eingebunden werden und eine Bevorzugung einzelner Zuchttiere, insbesondere Zuchtrüden, wie es bisher geschieht, ausgeschlossen ist. Folglich würden hierdurch mehr Tiere getestet werden und die Möglichkeit, potenziell anlagefreie Tiere zu ermitteln, um ein erhebliches Maß gesteigert. Um keine genetisch wertvollen Zuchtrüden zu verlieren, sollte von jedem Rüden eine Spermakonserve für ca. 20 – 30 Würfe angelegt werden.

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