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6.1 Katarakt

Die Katarakt wird beim Entlebucher Sennenhund als erbliche Augenerkrankung schon seit längerer Zeit diskutiert.

SPIESS (1994) untersuchte in den Jahren 1987 bis 1992 an der Veterinär-Chirurgischen Klinik der Universität Zürich und auf großen Hundeausstellungen 276 Entlebucher Sennenhunde. Ähnlich wie auch in dieser Untersuchung wurden die Hunde zum wesentlichen Anteil im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung vorgestellt (72%). Er wies mit 42,4 % betroffenen Hunden eine hohe Prävalenz der Katarakt in der Schweizer Population des Entlebucher Sennenhundes nach.

Der Eye-Disease-Report des ACVO (1999) bezeichnet die Katarakt beim Entlebucher Sennenhund als vermutlich erblich.

In dem vorliegenden Probandenmaterial von 515 ophthalmologisch untersuchten Entlebucher Sennenhunden wurde bei 121 Tieren (23,5 %) eine Katarakt diagnostiziert. Rüden und Hündinnen waren hierbei zu gleichen Teilen betroffen. Die Varianzanalyse zeigte den signifikanten Einfluss des Alters auf das Auftreten einer Katarakt. Je älter die Tiere bei der Untersuchung waren, desto häufiger erfolgte die Diagnose. Das durchschnittliche Alter bei der letzten Untersuchung lag mit 4,94 ± 2,40 Jahren unter dem durchschnittlichen Manifestationsalter von 5,48 ± 2,55. Es ist daher wahrscheinlich, daß die tatsächliche Prävalenz der Katarakt über der in dieser Untersuchung ermittelten liegt.

Zu einem großen Teil (42,15 %) trat die Trübung postpolar im Bereich der Nahtlinien auf. SPIESS (1994) beschrieb ausschließlich diese Lokalisation und kam zu der Feststellung, dass die Katarakt beim Entlebucher Sennenhund hiermit auffallend derjenigen anderer Rassen, wie z. B. dem Golden und Labrador Retriever, gleicht.

Auch für den Englischen Cocker Spaniel, den Deutschen Pinscher und andere Rassen wird diese Lokalisation als erblich beschrieben (LEHMANN et al. 2000;

LEPPÄNEN et al. 2001; DAVIDSON und NELMS, 1999; NARFSTRÖM et al., 2001).

Die erste Untersuchung der Probanden dieser Studie erfolgte im Alter von 2,80 ± 1,94 Jahren. SPIESS (1994) beschrieb das Auftreten postpolarer Trübungen beim

Entlebucher Sennenhund im Alter von 12 – 26 Monaten. Durchschnittlich wurden die Probanden dieser Studie also nach dem Zeitpunkt untersucht, den SPIESS (1994) als Manifestationszeitraum angibt. Es ist daher möglich, dass in dieser Untersuchung die Progression einer ursprünglich postpolaren Katarakt zu einer anderen Klassifikation der Trübung führte. CURTIS und BARNETT (1989) beobachteten beim Golden und Labrador Retriever eine große Schwankungsbreite des Manifestations-alters von wenigen Monaten bis 12 Jahren. Das älteste Tier war zehnjährig definitiv frei von Katarakt und zeigte zwölfjährig Trübungen an den typischen Lokalisationen.

Zudem hatte diese Hündin jeweils eine betroffene Tochter und eine betroffene Enkeltochter. Möglicherweise liegt eine ähnliche Schwankungsbreite des Manifestationsalters auch beim Entlebucher Sennenhund vor. Die Untersuchungen von SPIESS (1994) erfolgten von 1987 – 1992, also in einem Zeitraum von 5 Jahren.

In der hier vorliegenden Studie wurden Augenuntersuchungsergebnisse der Jahre 1981 bis 2002, d.h. aus einem Zeitraum von 21 Jahren, berücksichtigt. Die Anzahl der untersuchten Hunde war fast doppelt so hoch wie in der Untersuchung von SPIESS (1994). Eventuell konnten aufgrund des deutlich längeren Datenerhebungszeitraumes entsprechend mehr Katarakte bei älteren Tieren festgestellt werden, als es SPIESS (1994) möglich war. Eine weitere Differenz zwischen den beiden Studien besteht in der durchschnittlichen Anzahl von Untersuchungen pro Tier und daraus folgend auch für den durchschnittlichen Beobachtungszeitraum der Probanden. In der Untersuchung von SPIESS (1994) wurden die Probanden durchschnittlich 1,3 mal untersucht, während die Anzahl der Untersuchungen in der vorliegenden Studie durchschnittlich 2,4 ± 1,76 betrug. Die Ursache für die Diskrepanz des Manifestationsalters zwischen den beiden Untersuchungen kann jedoch nicht abschließend geklärt werden.

Bei der Durchsicht der Untersuchungsbögen fiel auf, dass der untersuchende Tierarzt teilweise zwar eine Verdichtung postpolar im Bereich der Nahtlinien vermerkte, die Diagnose Katarakt aber nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt stellte. Die Ergebnisse der Varianzanalyse und der Varianzkomponentenschätzung zeigten den signifikanten Einfluss der Erfahrung des Untersuchers. Tierärzte, die viele Untersuchungen im Probandenmaterial vorgenommen hatten, stellten die

Diagnose Katarakt im Verhältnis zu Tierärzten, die wenige Hunde untersuchten, deutlich häufiger.

Die Kataraktlokalisationen wurden in dieser Untersuchung in drei Gruppen ausgewertet. Unterschieden wurden die postpolaren Trübungen (42,14 %), die Trübungen im vorderen Abschnitt der Linse (anterior) (3,32 %) und die sonstigen Katarakte (54,54 %).

Die Varianzkomponentenschätzung ergab für die Katarakt allgemein im bivariaten Modell mit der REML-Methode eine Heritabilität von 15,3 %, mittels Gibbs Sampling einen Wert von 31,8 %. Der höhere Schätzwert im Schwellenmodell (Gibbs Sampling) erklärt sich aus dem Bezug auf die zugrunde liegende Erkrankungsneigung. Wurden die Kataraktlokalisationen differenziert berücksichtigt, ergab sich für die postpolaren Katarakte mittels REML ein Heritabilitätsschätzwert von 9,8 % im Vergleich zu 10,8 % für die sonstigen Katarakte und 0,007 % für die Trübungen, die im vorderen Abschnitt der Linse lokalisiert waren. Die Heritabilitätsschätzwerte für die postpolaren und die sonstigen Katarakte wichen also nur geringgradig voneinander ab. Möglicherweise ist beim Entlebucher Sennenhund daher weniger die Lokalisation der Trübung als die Katarakt an sich als erblich anzusehen.

Die Katarakt kann im Verlauf einer PRA auftreten und ist in diesem Zusammenhang in der Regel progressiv (Walde, 1980; MARTIN et al., 1995; DAVIDSON und NELMS, 1999; NARFSTRÖM et al., 2001). Die Trübung im Zusammenhang mit einer PRA wird auch als konsekutive Katarakt bezeichnet.

Ob die Katarakt durch biochemische Prozesse als Folge der PRA ausgelöst wird oder ob sie infolge einer engen genetischen Kopplung der beiden Erkrankungen auftritt, ist bis zum heutigen Zeitpunkt nicht geklärt (MARTIN et al., 1995). In der vorliegenden Untersuchung hatten 39 Hunde mit einer Katarakt auch eine PRA (32,24 %). Die Krankheiten wurden in der Mehrheit der Fälle (30 Hunde; 76,9 %) gleichzeitig diagnostiziert, so dass eine Aussage, welche Krankheit zuerst auftrat, nicht möglich war. Bei 4 Hunden erfolgte die Diagnose einer Katarakt vor der Feststellung einer PRA; 5 Hunde zeigten die Trübung im Verlauf der PRA, d.h. nach der Feststellung einer PRA. Bezieht man sich auf die PRA-positiven Hunde, beträgt

der Anteil der zweifachen Merkmalsträger, d.h. der Hunde, die gleichzeitig auch von einer Katarakt betroffen waren oder später eine Trübung entwickelten, 61,4 %.

LEHMANN et al. (2000) nennt für die Population des Englischen Cocker Spaniels in Österreich 64,3 % der Probanden sowohl von PRA als auch von Katarakt betroffen.

SPIESS (1994) stellte bei 18,6 % der Katarakt positiven Entlebucher Sennenhunde auch die Diagnose PRA. Umgekehrt hatten 34 % der von PRA betroffenen Hunde auch eine Katarakt. Unter Berücksichtigung des von ihm beobachteten Manifestationszeitraum von 12 – 26 Monaten und der Schilderung des Verlaufs der PRA mit ophthalmoskopisch ersten Symptomen im Alter von drei Jahren muss sich zumindest klinisch die Katarakt vor der PRA manifestiert haben. Dies ist ein von den sonst in der Literatur beschriebenen Verhältnissen abweichender Befund beim Entlebucher Sennenhund. Um Fälle mit gleichzeitiger PRA und Katarakt von den Heritabilitätsschätzungen auszuschließen, erfolgte in der vorliegenden Untersuchung die Berücksichtigung in einer Analyse (REML) alternativ. Kataraktbefunde wurden hierbei nur einbezogen, wenn der Proband nicht auch an einer PRA erkrankt war.

Die Heritabilitätsschätzwerte betrugen in diesem Fall 11,7 % für Katarakt und 21,1 % für die PRA. Dies zeigt somit, dass beide Augenkrankheiten, wenn sie nicht unmittelbar kombiniert miteinander auftreten, auch erblich sind und aufgrund der niedrigen genetischen Korrelation mit großer Wahrscheinlichkeit durch verschiedene Gene kontrolliert werden.

Katarakte allgemein und PRA waren in mittlerer Höhe additiv-genetisch korreliert.

Betrachtet man dagegen die Schätzwerte für die Korrelationen zwischen den einzelnen Kataraktlokalisationen und der PRA, die sich in der Varianzkomponentenschätzung mittels REML ergaben, zeigte sich eine hohe additiv genetische Korrelation zwischen der Gruppe, welche die sonstigen Katarakte beinhaltete, und der PRA. Die additiv-genetische Korrelation lag hier mit 0,83 deutlich über der residualen Korrelation von 0,24 Hingegen korrelierten die postpolaren Katarakte sowohl additiv-genetisch (0,09) als auch residual (0,09) nur geringgradig mit der PRA. Hieraus lässt sich schlussfolgern, dass postpolare und sonstige Katarakte trotz der größenordnungsmäßig vergleichbaren Heritabilitätsschätzwerte (9,8 % bzw. 10,8 %) genetisch unterschiedlich eng mit PRA koreliert sind. Auf PRA-Befunden basierende Selektionsmaßnahmen vermögen

somit eher einen positiven Effekt hinsichtlich der Katarakte in sonstigen Lokalisationen als hinsichtlich postpolarer Katarakte auszuüben.

Seit 1996 schließt der SSV von Katarakt betroffene Entlebucher Sennenhunde von der Zucht aus. Die jährlichen Augenuntersuchungen, verbunden mit der Ankörung auf Zeit, konnten die Prävalenz trotz des hohen durchschnittlichen Manifestationsalter von 5,5 Jahren deutlich senken. Jedoch besteht nach wie vor eine hohe Disposition des Entlebucher Sennenhundes für die erbliche Katarakt. Ein Grund für den limitierten Selektionserfolg ist darin zu sehen, dass die Zuchttiere mit einer positiven Diagnose häufig erst nach dem unter Umständen mehrfachen Zuchteinsatz auffallen und erst dann aus der Zucht genommen werden können. In der Population existiert somit weiterhin ein Anteil zumindest heterozygoter Anlageträger. Selektionsmaßnahmen, die auch das Auftreten einer Katarakt bei Elterntieren, Geschwistern und Nachkommen einbeziehen, scheinen geeignet, die Erkrankungsprävalenz effektiv zu reduzieren.

6.2 PRA

Die ersten Erkrankungen an PRA beim Entlebucher Sennenhund beobachtete KRÄHENMANN (1974), bereits vor mehr als 30 Jahren. In einer Reihenuntersuchung von 276 Entlebucher Sennenhunden in der Schweiz stellte SPIESS (1994) bei 24,9 % der Hunde eine PRA fest. In dem hier vorliegenden Probandenmaterial wurde die PRA bei 57 von 515 Hunden (11,1 %) diagnostiziert.

Da sich ein Manifestationsalter von 5,88 ± 2,22 Jahren ergab, die Tiere aber durchschnittlich im Alter von 4,94 ± 2,40 letztmalig untersucht wurden, liegt die wahre Prävalenz der Erkrankung mit großer Wahrscheinlichkeit über der ermittelten.

Der jüngste Hund, bei dem die Erkrankung festgestellt wurde, war in der vorliegenden Untersuchung ein Jahr alt, der älteste 14 Jahre alt. SPIESS (1994) machte in seiner Studie keine Angabe zum durchschnittlichen Manifestationsalter. Er schildert jedoch den zeitlichen Verlauf der Krankheit. Laut SPIESS (1994) stellten sich die ersten Veränderungen in Form einer deutlichen Hyperreflexion des Tapetum lucidum im Alter von drei Jahren ein. Mit vier bis fünf Jahren fiel den Besitzern

acht Jahren nicht mehr vorhanden. Die pathologischen Veränderungen betrafen relativ spät im Verlauf der Krankheit die Sehnervenscheibe (Atrophie). Aufgrund des Alters, in dem sich die Krankheit manifestiert, spricht man beim Entlebucher Sennenhund von der spätmanifesten PRA (Late-on-set PRA).

Die Veränderungen der Retina sind von Rasse zu Rasse unterschiedlich, wie auch ihre Progression rasseabhängig variiert (MILLICHAMP, 1990; NARFSTRÖM und EKESTEN, 1999; NARFSTRÖM, 2001). Der Verlauf der PRA beim Entlebucher Sennenhund gleicht dem bei Englischem und Amerikanischem Cocker Spaniel, Labrador Retriever und Pudel (SPIESS 1994). LEHMANN et al. (1999) stellte in einer Studie über das Vorkommen und die Prävalenz erblicher Augenerkrankungen beim Englischen Cockerspaniel einen Anteil von 3,2 % betroffenen Hunden und ein Manifestationsalter von durchschnittlich 6,4 ± 3,4 Jahren fest. NARFSTRÖM und WRIKSTAD (1999) führten Untersuchungen an 707 Hunden der Rasse Papillon durch. 33 Hunde (4,7 %) zeigten eine PRA. Die Krankheit manifestierte sich durchschnittlich im Alter von 5,6 Jahren.

Bei der Varianzkomponentenschätzung ergab sich in der vorliegenden Untersuchung für die PRA mit der REML-Methode ein Heritabilitätsschätzwert von 33,7 %, mittels Gibbs Sampling ein Wert von 59,2 %. Die Diskrepanz der Schätzwerte scheint hierbei methodisch begründet, da bei der Auswertung im Schwellenmodell (Gibbs Sampling) die Schätzung auf der Basis der angenommenen Erkrankungsneigung vorgenommen wird. Die resultierenden Heritabilitätsschätzwerte übersteigen daher diejenigen, die aus der beobachteten Merkmalsverteilung abgeleitet wurden (REML).

Übereinstimmend ergibt sich jedoch eine hohe Erblichkeit der Erkrankung. Der PRA ist daher bei der Wahl der Selektionsmaßnahmen innerhalb der Population des Entlebucher Sennenhundes höchste Priorität einzuräumen, auch wenn ihre Prävalenz mit 11,9 % unter der Prävalenz der Katarakt liegt.

Der SSV schließt durch seine Körbestimmungen bislang lediglich betroffene Tiere von der Zucht aus (Körordnung vom 19.04.2000). Durch das hohe Manifestationsalter der PRA werden somit Hunde, die erst in höherem Lebensalter erkranken, zunächst für die Zucht verwendet. Heterozygote Anlageträger, bei denen selbst in höherem Lebensalter keine PRA zur Ausprägung kommt, können ungeschränkt züchterisch genutzt werden. So stammten in dem vorliegenden

Probandenmaterial 9 betroffene Hunde von einem einzigen phänotypisch gesunden Rüden ab. Auf diese Weise wird die Krankheit in der Population weiter verbreitet.

SPIESS (1994) weist daraufhin, dass, wenn ein rezessiver Erbgang unterstellt wird, die Mehrzahl der mutierten Gene in den phänotypisch gesunden heterozygoten Tieren liegt. Nach dem Gesetz von Hardy und Weinberg muss in der Schweiz mit 66,7 % Trägern gerechnet werden. Genotypisch gesund wären 26 % der schweizer Population. In Deutschland muss entsprechend mit 44,4 % heterozygoten Anlageträgern gerechnet werden, während 44,5 % homozygot gesund sind.

Selektionsmaßnahmen müssen daher darauf ausgerichtet sein, heterozygote ebenso wie homozygote Anlageträger möglichst vollständig von der Zucht auszuschließen.

Bei Tibet Terriern ist die PRA seit 1974 als erbliche Augenerkrankung bekannt. Seit 1987 schließt der Klub Tibetischer Rassehunde (KTR) bekannte Genträger (betroffene Tiere und deren Eltern, sowie eventuelle Nachkommen) von der Zucht aus. In der Untersuchung von KETTERITZSCH (2002), die 849 Probanden umfasste, waren 12 Tiere (1,47 %) an PRA erkrankt. Dieser niedrige Anteil betroffener Tiere ist auf die Selektionsmaßnahmen zurückzuführen.

Die Varianzanalyse ergab einen signifikanten Einfluss des Geburtsjahres und der Erfahrung des Untersuchers. Die Signifikanz des Geburtsjahres wurde vorwiegend durch die Jahre 1995 und 1996 verursacht, in denen eine verhältnismäßig geringe Anzahl erkrankter Hunde geboren wurden. Ab dem Jahr 1998 ist die Zahl der erkrankten Hunde ebenfalls sehr gering. Dieses ist mit großer Wahrscheinlichkeit darauf zurückzuführen, dass die ab diesem Jahr geborenen Hunde mit Abschluss des Datenerhebungszeitraumes das Manifestationsalter noch nicht erreicht hatten.

Die Varianzkomponentenschätzung zeigte, dass Untersucher mit großer Erfahrung (mehr als 30 Untersuchungen) die Krankheit sechsmal häufiger erkannten als Tierärzte, die maximal 30 Untersuchungen durchführten. Um die Effektivität der Selektionsmaßnahmen zu erhöhen, ist es notwendig, die Krankheit frühstmöglich zu erkennen. In einer Studie untersuchten NARFSTRÖM und EKESTEN (1998) 45 Papillons mittels ERG, die mit Ausnahme eines Hundes ophthalmoskopisch keine Veränderungen der Retina zeigten. Die elektroretinographischen Impulse gesunder Hunde wurden hierbei mit denen betroffener Hunde derselben Altersstufe verglichen,

da bekannt ist, dass die Amplitudenhöhe des ERG mit fortschreitendem Alter des Hundes abnimmt. Eine Vergleichbarkeit zwischen den Elektroretinogrammen verschiedener Altersklassen ist daher nicht gegeben. Um die Auswertbarkeit der Ergebnisse zu verbessern und zu standardisieren, entwickelten NARFSTRÖM und EKESTEN (1998) ein Protokoll, das eine direkte Gegenüberstellung der Ergebnisse von erkrankten und gesunden Hunden ermöglichte. Hierfür sammelte die Autoren zunächst Daten gesunder Papillon-Hunde und verglichen diese mit denen gesunder Pudel gleichen Alters. Sie konnte zeigen, dass unter Einsatz des ERG-Protokolls eine Diagnosestellung ab einem Alter von 1,5 Jahren möglich ist. Möglicherweise wäre die Nutzung der ERG ein probates Mittel, um die Krankheit auch beim Entlebucher Sennenhund wesentlich früher zu erkennen.

Da beim Entlebucher Sennenhund bisher weder die verantwortlichen Gene, welche die PRA auslösen, gefunden noch auslösende Genmutationen zugeordnet werden konnten, ist es bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, einen PRA-Marker zu entwickeln, anhand dessen Anlageträger frühzeitig erkannt werden könnten.

DEKOMIEN et al. (2000a, 2000b, 2002) und RUNTE et al. (2000) konnten jedoch Mutationen auf den Genen RDS/Peripherin und ROM1, PDA6, PDE6B sowie Phosphoducin für diese Rasse als verantwortlich ausschließen.

Die Analyse der verwandtschaftlichen Beziehungen zeigte einen stetigen Anstieg des Inzuchtkoeffizienten in den letzten Jahren. Bei der Varianzanalyse konnte ermittelt werden, dass Hunde mit einem Inzuchtkoeffizienten von mehr als 7 % deutlich häufiger an einer PRA erkrankten als Hunde, deren Inzuchtkoeffizient geringer war. Bei der Realisierung PRA-bezogener Selektionsmaßnahmen ist demgemäss auch darauf Wert zu legen, eine möglichst breite genetische Basis der Population zu erhalten.