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2.5.1 Durchführung der Schlachttier- und Fleischuntersuchung

Die Schlachttier- und Fleischuntersuchung dient dem Zwecke der Sicherung der Verzehrstauglichkeit des Lebensmittels Fleisch. Gesundheitsgefährdende Krankheiten, die auf den Menschen übertragen werden können, sollen erkannt und die entsprechenden Tierkörper aus dem Verkehr gezogen werden.

Hierzu wird von einem amtlichen Tierarzt oder staatlich geprüften Fachassistenten, einem sogenannten Fleischkontrolleur, ein vorgegebener Untersuchungsgang praktiziert. Zunächst findet durch einen amtlichen Tierarzt die Untersuchung am lebenden, zu schlachtenden Tier statt. Hierbei will man sehen, ob das Tier überhaupt zur Schlachtung geeignet ist. Wenn das Tier klinisch unauffällig erscheint, wird es zur Schlachtung freigegeben, ansonsten werden weitere Untersuchungen veranlasst oder ein Schlachtverbot erteilt (BVET 2006).

Nach erfolgter Schlachtung vollziehen der amtliche Tierarzt oder der Fleischkontrolleur die Untersuchung des Schlachtkörpers und der dazugehörigen Organe (ANONYM 2004c). Die in der VO (EG) Nr. 854/2004 (ANONYM 2004c) geregelte Untersuchung kann je nach Organ aus Adspektion, Palpation oder Inzision bestehen. Wenn sich hieraus der Verdacht auf eine Erkrankung ergibt, können weitere Untersuchungen wie zum Beispiel eine bakteriologische Untersuchung durchgeführt werden. Ist es aufgrund der Fleischuntersuchung eindeutig, dass das Tier an einer Krankheit gelitten hat, werden bestimmte Teile oder der ganze Schlachtkörper und die Organe für untauglich befunden und dürfen nicht in den Verkehr gebracht werden. Im Idealfall steht jedoch am Ende der Schlachttier- und Fleischuntersuchung die Kennzeichnung des Tieres als genusstauglich.

2.5.2 Das „EU- Hygienepaket“

Mit dem „Weißbuch zur Lebensmittelsicherheit“ der Europäischen Kommission wurden im Jahr 2000 Vorschläge zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit gemacht. Es soll ein komplett neues Konzept in den Bereichen der Lebensmittelherstellung und –verarbeitung und auch den -kontrollen erarbeitet werden. Durch das Einbeziehen der gesamten Lebensmittelherstellungskette einschließlich der Futtermittelherstellung soll ein hohes Gesundheitsschutzniveau für den Verbraucher geschaffen werden. Erzeugern, Industrie und Lieferanten soll mehr Verantwortung übertragen werden. „In Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten soll ein Gemeinschaftsrahmen für den Ausbau und die Arbeitsweise der nationalen Überwachungssysteme konzipiert werden“ (KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN 2000).

Diese Forderungen wurden in dem sogenannten „EU- Hygienepaket“ anhand mehrerer Verordnungen verwirklicht. Das EU- Hygienepaket ist seit dem 19.07.2004 in Kraft und muss seit dem 01.01.2006 angewendet werden. Es beinhaltet die

„Basisverordnung“ VO (EG) Nr.178/2002 (ANONYM 2002), sowie die Verordnungen VO (EG) Nr.852/2004 (ANONYM 2004a), VO (EG) Nr.853/2004 (ANONYM 2004b) und VO (EG) Nr.854/2004 (ANONYM 2004c).

2.5.3 Die Verordnung (EG) Nr. 178/2002

Die Verordnung trat am 1. Januar 2005 in Kraft. In dieser Verordnung werden die allgemeinen Grundsätze des Lebensmittelrechtes formuliert. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit wird aufgrund dieser Verordnung errichtet und Verfahren, die zu einer hohen Lebensmittelsicherheit führen, erstellt (ANONYM 2002).

Um die in dieser Verordnung geforderten Ziele zu erreichen, wurde das EU-Hygienepaket am 30. April 2004 verabschiedet und trat am 1.Januar 2006 in Kraft.

Hierfür von Bedeutung sind die Verordnungen VO (EG) Nr. 852/2004, VO (EG) Nr.

853/2004 und VO (EG) Nr. 854/2004.

2.5.4 Die Verordnung (EG) Nr. 852/2004

Die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 bezieht sich auf die allgemeinen Hygienevorschriften für Lebensmittel (ANONYM 2004a). Wichtige Regelungen sind, dass dem Lebensmittelunternehmer die Hauptverantwortung übertragen wird; diese soll durch die Anwendung der HACCP-Grundsätze, die in Artikel 5 genauer beschrieben sind, gestärkt werden. Hierbei geht es darum, dass Gefahren minimiert werden sollen, indem kritische Kontrollpunkte sowie Verfahren zu deren Überwachung bestimmt und Grenzwerte festgelegt werden, die helfen sollen, zwischen akzeptablen und nicht akzeptablen Werten zu unterscheiden. Die Sicherheit von Lebensmitteln muss zu jeder Zeit gewährleistet sein.

2.5.5 Die Verordnung (EG) Nr. 853/2004

In der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 geht es im Speziellen um Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs (ANONYM 2004b). Diese Verordnung ist für Schlachthofbetreiber von großer Bedeutung. Laut Anhang II Abschnitt II werden sie dazu aufgefordert, die HACCP-Grundsätze anzuwenden um sicherzustellen, dass die zur Schlachtung bestimmten Tiere

1. ordnungsgemäß gekennzeichnet sind;

2. mit den erforderlichen begleitenden Informationen aus dem in Abschnitt III genannten Herkunftsbetrieb ausgestattet sind;

3. nicht aus Betrieben oder Gebieten stammen, über die aus Gründen der Tiergesundheit oder der öffentlichen Gesundheit ein Verbringungsverbot oder andere Einschränkungen verhängt worden sind, es sei denn, dass die zuständige Behörde dies gestattet;

4. sauber sind;

5. gesund sind, soweit der Lebensmittelunternehmer dies beurteilen kann, und 6. sich bei der Ankunft im Schlachthof in einem Zustand befinden, der aus Sicht

des Tierschutzes zufrieden stellend ist.

Mit ein paar Ausnahmeregelungen, die in Anhang II Abschnitt III Nr. 7 geregelt sind, müssen dem Schlachtbetrieb spätestens 24 Stunden vor Anlieferung der zu schlachtenden Partie relevante Informationen wie zum Beispiel über den Status des Herkunftsbetriebs, den Gesundheitsstatus der Tiere, die Adresse des Hoftierarztes usw. vorgelegt werden. Ist dies nicht der Fall, liegt es im Ermessen des amtlichen Tierarztes, über das weitere Vorgehen zu entscheiden.

2.5.6 Die Verordnung (EG) Nr. 854/2004

In dieser Verordnung geht es um „besondere Verfahrensvorschriften für die amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs“ (ANONYM 2004c).

Wie in Anhang I Kapitel II beschrieben, muss der amtliche Tierarzt relevante Informationen zur Lebensmittelkette überprüfen. Ebenso müssen zur Schlachtung vorgesehene Tiere einer Lebenduntersuchung innerhalb von 24 Stunden vor der Schlachtung durch den amtlichen Tierarzt unterzogen werden, um Aufschluss über eventuell vorhandene Krankheiten und das Wohlergehen der Tiere zu bekommen.

Die ebenfalls in dieser Verordnung geregelte Fleischuntersuchung im Anschluss an die Schlachtung muss durch einen amtlichen Tierarzt oder staatlich anerkannte Assistenten durchgeführt werden. Der geschlachtete Tierkörper und die dazu gehörigen Organe müssen zunächst adspektorisch untersucht und gegebenenfalls, sofern dies für nötig erachtet wird, weiteren Untersuchungen wie zum Beispiel dem Durchtasten und Anschneiden unterzogen werden. Bei Verdacht auf Rückstände von Schadstoffen, Zoonosen oder andere relevante Krankheiten ist der amtliche Tierarzt

verpflichtet, weiterführende Laboruntersuchungen anzuordnen. Für Schweine ist die Untersuchung auf Trichinen obligat.

In Abschnitt IV Kapitel 4 Buchstabe B sind die speziellen Verfahren der Fleischuntersuchung beim Schwein geregelt. Unter Nr. 2 kann die Behörde entscheiden, ob die Fleischuntersuchung wie in Nr. 1 beschrieben „traditionell“ oder

„risikoorientiert“ nur visuell durchgeführt werden muss.

2.5.7 Risikoorientierte Fleischuntersuchung

Aufgrund des „neuen Lebensmittelsicherheitskonzeptes“ mit den hierfür wichtigen Verordnungen VO (EG) Nr. 178/2002, der sogenannten „Basisverordnung“ und dem darauf aufbauenden „Hygienepaket“, bestehend aus den Verordnungen VO (EG) Nr.

852/2004, VO (EG) Nr. 853/2004 und VO (EG) Nr. 854/2004, kann die zuständige Behörde entscheiden, ob die geschlachteten Schweine anhand der „traditionellen“

Schlachttieruntersuchung, geregelt in der VO (EG) Nr. 854/2004 Abschnitt IV Kapitel 4 Buchstabe B, oder lediglich einer „visuellen“, bzw. einer „gezielt erweiterten“

Untersuchung unterzogen werden (BLAHA 2008). Als Entscheidungskriterien dienen hier laut BLAHA (2008):

- Stammen die Tiere aus einem “Integrierten System“ und aus „kontrollierter Haltung“?

- Sind der Bestand und die Region frei von tierseuchenrechtlich relevanten Krankheiten?

- Wie kann der Gesundheitszustand der zu schlachtenden Mastgruppe eingeschätzt werden?

- Wie war die medikamentelle Behandlung der Tiere kurz vor der Schlachtung?

Wurden Medikamente angewandt, die als Rückstände zum Zeitpunkt der Schlachtung nachgewiesen werden können?

- Sind Krankheiten aufgetreten oder liegen Laborbefunde vor, die Anzeichen für einen Verlust der „Sicherheit“ des Fleisches aufweisen?

- Wie sind die Schlachtbefunde vorangegangener Schlachtungen dieses Bestandes im Vergleich zur Normalverteilung?

- Gibt es abweichende Produktionsdaten, die auf Erkrankungen hinweisen könnten?

- Ist ein Hoftierarzt als Ansprechpartner von dem Mastbetrieb angegeben?

BLAHA (2008) formuliert die Ziele der risikoorientierten Schlachttieruntersuchung wie folgt: Es sollen auch Erkrankungen festgestellt werden, die klinisch kaum wahrnehmbar sind, die jedoch anhand der betriebsspezifischen Daten erkannt werden könnten. Betriebe, bei denen durch einen guten Informationsfluss ein niedriges Risiko mit guter Sicherheit vermutet werden kann, sollen lediglich einer visuellen Untersuchung unterzogen werden. Hierdurch können Zeit und Kosten gespart werden. Ebenso ist die gegenseitige Verunreinigung der Schlachtkörper bei einer visuellen Untersuchung deutlich geringer als bei der traditionellen. MEEMKEN et al. (2009) deuten darauf hin, dass nicht nur die visuelle Fleischuntersuchung, sondern das „Gesamtsystem“ der risikoorientierten Schlachttier- und Fleischuntersuchung zu einer Verbesserung der Lebensmittelsicherheit führen kann.

Hierzu gehören für die Autorin Aspekte wie z.B. das Salmonellenmonitoring. Durch die Einstufung der Betriebe in Salmonellenkategorien wird dem Schlachthof ermöglicht, Kreuzkontaminationen sowohl in den Wartebuchten als auch am Schlachtband so gering wie möglich zu halten, indem z.B. Tiere eines Betriebes mit der Salmonellenkategorie III (erhöhtes Risiko eines Salmonelleneintrags) zuletzt geschlachtet werden. Ebenso bekommen die Landwirte durch die Rückmeldung des Salmonellenaufkommens in ihren Beständen die Möglichkeit, darauf zu reagieren und durch die Beseitigung der Salmonellenursache sowohl die Tiergesundheit zu optimieren als auch einen positiven Beitrag zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit zu leisten (MEEMKEN et al. 2009).

Es ist generell nicht nur für die Schlachthofbetreiber von großem Interesse, gesunde Tiere zu schlachten und zu vermarkten. Für die Landwirte sollte es ebenso von Bedeutung sein, einen gesunden Bestand zu halten. Kosten können bei den

weniger Tierarztkosten und bei der Schlachttieruntersuchung durch die geringeren Gebühren der visuellen Untersuchung gespart werden. Durch die Rückmeldung der Schlachtbefunde an die Landwirte und ggf. die Einführung eines Benchmarking-Systems können ebenfalls Vorteile für diese entstehen.