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2.5 Geomechanik veränderlich fester Ton- und Schlufftonsteine

2.5.3 Scherfestigkeit

Die Scherfestigkeit ist die maximale Schubspannung, die ein Festkörper tangentialen Scherkräften entgegensetzen kann. Sie setzt sich aus dem spannungsunabhängigen Ko-häsionsanteil und dem spannungsabhängigen Reibungsanteil zusammen. Zur Ermitt-lung der Kohäsion c und des Reibungswinkelsφ können triaxiale Druckversuche und direkte Scherversuche durchgeführt werden. Des Weiteren können mit In-situ-Versu-chen die Scherparameter abgeleitet werden. Bei direkten ScherversuIn-situ-Versu-chen nach DIN EN ISO 17892-10 [46] wird die Probe in zwei Rahmen eingebaut. Die beiden Rahmen wer-den in eine Richtung relativ zueinander bewegt und eine Scherfuge wird erzeugt. Die Probe wird dabei durch eine vertikale konstante Auflast und eine sich erhöhende hori-zontale Scherkraft belastet. Die Scherfläche wird durch die Geräteanordnung erzwun-gen, es handelt sich demnach nicht um eine Schwächezone in der eingebauten Probe.

Beim triaxialen Druckversuch nach DIN EN ISO 17892-9 [52] werden die zylindrischen Probekörper durch einen konstanten seitlichen Druckσ3und einen sich erhöhenden ver-tikalen Druckσ1belastet. Die Bruchfläche kann sich während des Abschervorgangs frei ausbilden. Wird kein seitlicher Druck angesetzt, handelt es sich um einen einaxialen Druckversuch.

Bruchkriterien für Locker-und Festgesteine

In der Bodenmechanik wird zur Beschreibung der Scherfestigkeit in der Regel das Mohr-Coulomb-Kriterium verwendet [70]. Bei Materialien, die nach dem Mohr-Coulomb-Kri-terium versagen, kommt es zum Bruch, wenn die Schubspannung aus der äußeren Be-lastung größer als die Festigkeitsgrenze des inneren Scherwiderstandes ist. Die lineare Bruchbedingung lautet:

τ =σ·tanφ+c (2.4)

wobei φ den Winkel der inneren Reibung und c die Kohäsion bezeichnet. Die Scher-festigkeit kohäsiver Böden kann ausreichend genau mit dem Mohr-Coulomb-Kriterium beschrieben werden. Als Funktion der Parameterσ1 und σ3 aus dem triaxialen Druck-versuch gilt:

1−σ3) = σu+ 2·sinφ

·σ3 (2.5)

2.5 Geomechanik veränderlich fester Ton- und Schlufftonsteine

mit

σu = 2·c·cosφ

1−sinφ (2.6)

In der Felsmechanik werden bei großen Spannungsbereichen teilweise nicht-linerare Kriterien verwendet, die das nicht-lineare Bruchverhalten von Gesteinen besser beschrei-ben. Ursache für die Nichtlinearität sind unterschiedliche Bruchmechanismen bei unter-schiedlichen Beanspruchungen. Wenn kein Seitendruck vorhanden ist, verhält sich ein Festgestein eher spröde. Zu Beginn des Versagens öffnen sich im Gestein vorhandene Mikrorisse, wodurch das Volumen des Gesteins zum Zeitpunkt des Versagens zunimmt.

Dies führt zu einem hohen Reibungswinkel bei niedrigen Seitendrücken. Bei höheren Seitendrücken wird die Neigung zum Öffnen von Mikrorissen und damit die Dilatation unterdrückt. Das Verhalten verschiebt sich von spröde zu duktil. Bei ausreichend hohem Seitendruck wird das Gestein vollständig duktil. Bei weiterem Anstieg des Grenzdrucks tritt das Gestein in den kritischen Zustand ein. Die Grenzbedingung von Festgestein ist daher nicht-linear und konkav nach unten gekrümmt. Der tangentiale Gradient der Umhüllenden ist bei kleinen Seitendrücken zunächst steil und wird bei ausreichend ho-hem Seitendruck zu einer horizontalen Linie. Diese Bruchbedingung wird als kritischer Zustand bezeichnet [5] und repräsentiert die maximal mögliche Scherfestigkeit des Ge-steins. Für jedes Gestein gibt es einen kritischen effektiven Grenzdruck, oberhalb dessen der Scherwiderstand nicht zunimmt. Das Mohr-Coulomb-Kriterium zur Beschreibung der Nichtlinearität kann wie folgt modifiziert werden [152] (siehe auch Abbildung 2.11):

1−σ3) = σu+ 2·sinφ0

wobeiφ0undc0die Scherparameter fürσ3= 0 beschreiben. Über Tangenten an die Grenz-bedingung beim gewünschten Seitendruck, können die Scherparameter in Abhängigkeit des Seitendrucks ermittelt werden.

Oftmals wird auch das Hoek-Brown-Kriterium zur Beschreibung der Krümmung ver-wendet. Hier wird ein parabolischer Ansatz vorgeschlagen:

1−σ3) =p

m·σu·σ3u2 (2.10) m ist ein Materialkennwert für das intakte Gestein.

Teilgesättigte Proben

Die Scherfestigkeit teilgesättigter Böden wird durch folgenden Zusammenhang beschrie-ben [63]:

τ =c0+ (σ−ua)·tanφ0+ (ua−uw)·tanφb (2.11)

Kapitel 2 Grundlagen zu veränderlich festen Ton- und Schlufftonsteinen

Abbildung 2.11: Modifiziertes Mohr-Coulomb-Kriterium (aus [152])

wobei c’ der effektiven Kohäsion und φ’ dem effektiven Reibungswinkel eines gesät-tigten Bodens entspricht.φb entspricht dem auf Saugspannungen basiertem Anteil des Reibungswinkels. (σ- ua) beschreibt die Normalspannung auf der Scherfläche beim Ab-scheren und (ua - uw) die kapillare Saugspannung auf der Scherfläche. Der Saugspan-nungseinfluss führt zu einer Zunahme des Scherwiderstandes (Abbildung 2.12). Ist der Boden vollgesättigt entspricht der Porenluftdruck dem Porenwasserdruck und Gl. 2.11 geht in Gl. 2.4 über.

Untersuchungen [122] ergaben aber eine Nichtlinearität der Beziehung. An einem schluf-figen Boden wurde festgestellt, dass die Scherfestigkeit mit zunehmender Saugspan-nung zunimmt. Die Beziehung zwischen der Scherfestigkeit und der SaugspanSaugspan-nung ist zunächst bis zum Lufteintrittspunkt linear und im weiteren Verlauf gekrümmt. Da-bei steigt die Scherfestigkeit bis zu einer Saugspannung, die dem Lufteintrittswert ent-spricht, mit tanφ’ und darüber mit tanφban. Bei hohen Saugspannungen (in den publi-zierten Untersuchungen bei 400 kPa) nähert sich die Scherfestigkeit einer horizontalen Gerade an. Ein weiterer Anstieg der Saugspannungen führt zu keiner weiteren Zunah-me der Scherfestigkeit.

Scherfestigkeit veränderlich fester Gesteine

Untersuchungen an verschieden stark verwitterten Gesteinen zeigten, dass mit zuneh-mender Verwitterung die Scherfestigkeit abnimmt [3, 76, 78]. Die Abnahme der Festig-keit mit der Verwitterung kommt durch die Zerstörung der diagenetischen Bindungen, durch die Auflösung vorhandener Bindemittel und durch eine erhöhte Wasseraufnahme und einer damit einhergehenden Gefügezerstörung zustande [3].

Untersuchungen an verwitterten Bunten Mergeln (V3) der Steigerwald-Formation des Mittleren Keupers [181] ergaben, dass die Umhüllende der Bruchspannungskreise im unteren Druckbereich bis 200 kN/m2 eine starke Krümmung aufweist, da sich bei nied-rigen Seitendrücken die Kohäsion reduzierte und der Reibungswinkel erhöhte. Auch an einem englischen Keuperton – der in etwa dem Bunten Mergel der

Steigerwald-For-2.5 Geomechanik veränderlich fester Ton- und Schlufftonsteine

Abbildung 2.12: Erweiterte Mohr-Coloumb-Bedingung für teilgesättigte Böden (aus [64])

mation entspricht [103] – wurden Scherversuche durchgeführt [25]. Auch hier zeigten die verwitterten Proben (etwa V3) eine starke Krümmung der Fließfläche, die mit zu-nehmender Verwitterung abnimmt. Die Krümmung der Versagenskurve wird mit dem Zerbrechen schluffkorngroßer Aggregate bei hohen Drücken in Verbindung gebracht.

Es stellt sich weiterhin die Frage, inwieweit die Krümmung der Grenzbedingung in Be-ziehung zum Verwitterungsgrad gebracht werden kann. Mit zunehmendem Verwitte-rungsgrad sollte die Krümmung abflachen, bis die Grenzbedingung bei den völlig ver-witterten Gesteinen (V5) in eine lineare Beziehung übergeht. Eine ausführliche Messrei-he hierzu gibt es bislang nicht.