• Keine Ergebnisse gefunden

Gesteine, erweichbare Gesteine und verwitterungsempfindliche Gesteine werden in der Literatur oftmals synonym verwendet (z.B. in [137]).

Im Rahmen dieser Arbeit werden die Gesteine, bezogen auf die Verwitterungsgrade nach Wallrauch (siehe Absatz 3.5), abgegrenzt. Gesteine mit Verwitterungsgraden V0 bis V1 sind Festgesteine, V2 - V4 Halbfestgesteine und V4 - V5 Lockergesteine. Als ver-änderlich feste Gesteine werden verwitterungsemfpfindliche Gesteine bezeichnet, die Verwitterungsgrade von V0 bis V5 haben können.

2.2 Mikro- und makrostruktureller Aufbau

In diesem Absatz wird auf die wirkenden Bindungskräfte und Strukturelemente in Ton-und Schlufftonsteinen näher eingegangen. Insbesondere sollen die Begriffe Tonmineral, Partikel und Aggregat, die in der Literatur nicht einheitlich verwendet werden, vonein-ander abgegrenzt werden. Des Weiteren werden der Porenraum und die bei Teilsätti-gung vorhandenen Saugspannungen näher beschrieben.

2.2.1 Bindungskräfte

In Gesteinen tragen verschiedene Mechanismen zum Zusammenhalt der Struktur bei.

In Ton- und Schlufftonsteinen wird zwischen Koagulationskontakten, atomaren Kontak-ten, Phasenkontakten [128, 138] und Zementationsbindungen [76] unterschieden (Abbil-dung 2.3).

Koagulationskontaktesind auf das Vorhandensein einer dünnen Wasserschicht zurückzu-führen. Die Tonteilchen sind von einer Hydrathülle umgeben und werden durch elek-trische Anziehungskräfte zusammengehalten [16]. Bei den Koagulationskontakten be-steht die geringste Festigkeit. Gesteine mit vorwiegend Koagulationskontakten zeigen ein sehr plastisches Verhalten [76, 131].

Atomare Kontaktesind Punktkontakte zwischen einigen Atomen oder Zellen des Kristall-gitters. Im Kontaktbereich ist die Hydrathülle unterbrochen [16]. Zwischen den Kontak-ten bleiben offene Poren zurück. Diese Kontaktart wird auch als Kondensationsbindung bezeichnet [76]. Gesteine mit vorwiegend atomaren Kontakten zeigen ein eher sprödes Materialverhalten.

Phasenkontakteoder Kristallisationskontakteentstehen entweder durch Sinterung bei Ein-wirkung hoher Temperaturen oder durch kaltes Zusammenschweißen bei EinEin-wirkung von hohem Druck [131].

Bei Zementationsbindungenerfolgt die Bindung durch eine verkittende Phase. Karbonat als Zement spielt im Tonstein nur eine untergeordnete Rolle. Wichtiger sind silikatische, Fe-Mn-oxidische oder organische Phasen. Gesteine mit vorwiegend Zementationsbin-dungen zeigen auch ein eher sprödes Materialverhalten [76].

Die Partikelkontakte in Lockergesteinen sind vorwiegend Koagulationsbindungen. Durch erhöhten Druck dünnen die Hydrathüllen während der Diagenese aus und brechen an

Kapitel 2 Grundlagen zu veränderlich festen Ton- und Schlufftonsteinen

Abbildung 2.3: Bindungsarten in Ton- und Schlufftonsteinen (nach [16])

den Kontaktstellen der Tonteilchen zusammen. An diesen Punkten entstehen atomare Bindungen, die auch nach Abtrag der geologischen Vorbelastung stabil bleiben. Zusätz-lich entwickeln sich zementative Bindungen [76]. Festgesteine bestehen hauptsächZusätz-lich aus Phasenkontakten, die bei hohen Temperaturen und Drücken entstehen.

2.2.2 Strukturelemente

Die Struktur eines englischen Keuper Marls wurde als eine Aggregatstruktur beschrie-ben [31], auf die im Folgenden näher eingegangen wird. Diese Strukturbeschreibung wurde später oftmals übernommen – auch für die Süddeutschen Keupergesteine [153] – allerdings von den Autoren meist anders bezeichnet. In Abbildung 2.4 sind die Struktu-reinheiten, die im Rahmen dieser Arbeit verwendeten Bezeichnungen sowie die in der Vergangenheit in der Literatur verwendeten, dargestellt.

Die bei der Sedimentation abgelagerten Tonteilchen des Keupers wurden von den Se-dimenten des Juras und jüngeren Schichten überlagert. Durch die dabei entstehenden großen Drücke wurde die primäre Struktur des sedimentierten Tons zu wasserarmen Partikeln in Schluffkorngröße komprimiert (Diagenese). Diese Partikel besitzen im

In-2.2 Mikro- und makrostruktureller Aufbau

Abbildung 2.4: Struktureinheiten der Keupertonsteine sowie zusammenfassende Dar-stellung der in der Literatur [16, 29, 31, 69, 153] verwendeten Bezeich-nungen.

Kapitel 2 Grundlagen zu veränderlich festen Ton- und Schlufftonsteinen

Abbildung 2.5: Porengrößen

neren eine hohe Ionendichte und es bestehen stabile Bindungen zwischen den Kristall-gruppen, so dass die Partikel bei späteren mechanischen Beanspruchungen intakt blei-ben. Die Partikel wiederum bilden Aggregate mit einem geringen Porenanteil.

Vermutet wurde, dass zur Aggregatbildung ausreichend Karbonat vorhanden sein muss [153]. Dies wurde allerdings zwischenzeitlich für die Gesteine der Grabfeld-Formation wie folgt widerlegt [103]: die Aggregationszahl (siehe Absatz 2.6.1) – die das Verhältnis des tatsächlichen mineralogisch ermittelten Tonmineralgehalts zum Tonanteil, der bei der Sedimentationsanalyse ermittelt wurde, angibt – stand bei untersuchten Keuperge-steinen in keiner Abhängigkeit zum Karbonatgehalt. Daraus lässt sich folgern, dass das Karbonat keinen Einfluss auf die Aggregatbildung hat.

Die in Abbildung 2.4 farblich markierten Porenräume werden im folgenden Absatz nä-her beschrieben.

2.2.3 Porenraum und Porenwasser

Zwischen den zuvor beschriebenen Strukturelementen existieren Poren im Gestein, die sich in ihrer Größe, Form und Vernetzung unterscheiden. Poren können entweder mit Wasser oder mit Luft gefüllt sein. Im Folgenden werden der Porenraum und das vor-handene Porenwasser näher beschrieben. Dabei wird zunächst auf die Porengrößen ein-gegangen, bevor die verschiedenen Formen der Porosität näher erläutert werden. Im Anschluss wird beschrieben, in welchen Formen Porenwasser auftreten kann.

Porengrößen

Die Grenzen zwischen den Porengrößen werden oft unterschiedlich definiert. Im Rah-men dieser Arbeit werden die kleinsten Poren als Nanoporen bezeichnet. Die Durch-messer betragen kleiner 0,05µm (Abbildung 2.5). Nanoporen enthalten nur adsorbiertes Wasser ohne Bezug zur Luftfeuchtigkeit, da selbst bei geringen Luftfeuchten diese Poren mit adsorbiertem Wasser gefüllt sind [127].

Poren mit Durchmessern zwischen 0,05 und 100µm werden als Mikroporen oder Mikro-kapillaren bezeichnet. Diese Poren sind in Abhängigkeit der relativen Luftfeuchtigkeit

2.2 Mikro- und makrostruktureller Aufbau

mit adsorbiertem Wasser gefüllt. Bei hohen relativen Luftfeuchtigkeiten sind die meis-ten Mikroporen gefüllt [127].

Poren mit Durchmessern von 100 - 1000µm werdenMakroporen oder Makrokapillaren ge-nannt. Diese Poren sind niemals vollständig mit adsorbiertem Wasser gefüllt. Die Ma-kroporen können geschlossene Luftkapillaren sein und daher nicht vollständig mit Was-ser gesättigt werden [127].

Des Weiteren sindGrobporen(>1000µm) enthalten, die freies Wasser enthalten [127].

Neben dieser Größenunterteilung existieren noch weitere Bezeichnungen für Poren, die wie folgt definiert sind: Poren innerhalb von Tonmineralen werden als intrakristalline Porenbezeichnet und haben eine Größe von 0,02 - 2 nm [29]. Poren zwischen den Tonmi-neralen – also innerhalb der Partikel – werden als interkristalline Poren bezeichnet und haben Durchmesser von 2 - 50 nm [29]. Zudem wird zwischen Inter- und Intraaggre-gatporen unterschieden (u.a. [10]). Interaggregatporen sind größere Poren zwischen den Aggregaten und Intraaggregatporen kleinere Poren innerhalb der Aggregate. Eine klare Größenunterteilung existiert hier nicht.

Porosität

Die Porosität, bzw. der Porenanteil bezeichnet den prozentualen Anteil der mit Flüs-sigkeiten (z.B. Wasser) oder Gasen (z.B. Luft) gefüllten Hohlräume in einem Gestein.

Unterschieden wird zwischen der physikalischen Porosität, der Diffusionsporosität und der Fließporosität [115].

Die physikalische Porosität ist der Anteil des Porenvolumens am Gesamtvolumen einer Probe.

DieDiffusionsporositätist der für gelöste Stoffe diffusiv zugängliche Anteil des Porenvo-lumens am Gesamtvolumen einer Probe. Der Wert der Diffusionsporosität ist von der Art des gelösten Stoffs abhängig [115].

Als Fließporosität wird das bei Anlegen eines hydraulischen Gradienten mobile Poren-wasser bezeichnet. In Tonsteinen ist die Fließporosität kleiner als die physikalische Po-rosität. Die Fließporosität ist abhängig vom Anteil des freien Porenwassers, der Vernet-zung der Porenbereiche und den hydraulischen Bedingungen [115].

Die physikalische Porosität nimmt bei tonhaltigen Gesteinen und Böden mit dem Anteil an Tonmineralen zu, da die plättchenförmigen Tonminerale eine weniger dichte Lage-rung als z.B. Sandkörner einnehmen können. Dabei nimmt insbesondere der Anteil an Intraaggregatporen, die sehr fein sind und im Mikroporenbereich liegen, mit dem Ton-mineralgehalt zu [86].

Porenoberfläche und Porenform

Die Porenoberfläche ist definiert durch die spezifische Oberfläche, welche von der Korn-größenverteilung der Minerale bestimmt wird. Die spezifische Oberfläche ist die Sum-me aus der inneren und äußeren Oberfläche und wird pro Gewichtseinheit definiert und wird in der Regel in [m2/g] angegeben. Feinkörnige Gesteine besitzen eine deutlich grö-ßere spezifische Oberfläche als grobkörnige Gesteine.

Kapitel 2 Grundlagen zu veränderlich festen Ton- und Schlufftonsteinen

Da sich die meisten Poren zwischen zwei Mineralen bilden, bestimmt die Form der Mi-nerale mehrheitlich die Form der Poren. Poren zwischen TonmiMi-neralen sind zum Bei-spiel meist flach mit einer kurzen und einer langen Richtung [82]. Zur Porenform wird meist auch die Konnektivität gezählt. Durch verbundene Poren können Fluide ins Ge-stein eindringen und sich fortbewegen. Im Fluid enthaltene Ionen können dabei an den Porenoberflächen adsorbiert werden. Dadurch ändert sich die Konzentration und so-mit das osmotische Potential. Die Mehrheit der gesteinsbildenden Mineralien hat eine negative Oberflächenladung, weshalb positiv geladene Ionen angelagert werden. Auch Wassermoleküle (Dipol) können an den Porenoberflächen adsorbiert werden.

Porenwasser

Es kann zwischen verschiedenen Arten von Porenwasser unterschieden werden:

Mobiles (freies) Porenwasserkann sich den Gesetzen des hydrostatischen Drucks folgend frei im Porenraum bewegen und wird nicht von der elektrischen Ladung der Mineral-oberfläche beeinflusst.

Immobiles Porenwasser (Kapillarwasser) bzw. absorbiertes Wasser ist Teil des Haftwassers und wird durch Kapillarkräfte unter Bildung von Menisken zwischen den Partikeln an-gelagert. Die Kapillarkräfte beruhen auf Bindungskräften zwischen den Wassermolekü-len (Kohäsion) und zwischen der Feststoffphase und der Wasserphase (Adhäsion). Die zwischen den Wassermolekülen wirkenden Bindungskräfte im Inneren der Wasserpha-se stehen im Gleichgewicht. An der GrenzphaWasserpha-se zwischen WasWasserpha-serphaWasserpha-se und Luft entste-hen Zugspannungen, die unter dem BenetzungswinkelΘwirken (siehe Abbildung 2.6).

Der Benetzungswinkel ist abhängig von der Rauigkeit der Feststoffoberfläche (benetzen-de FlüssigkeitenΘ< 90, nicht benetzende FlüssigkeitenΘ≥90). Zwischen Wasser und Boden wird in der RegelΘ= 0 angenommen. Wie stark das Wasser an den Boden ge-bunden ist, ist insbesondere abhängig von der Größe und Form der Poren. Umso kleiner die Poren, desto größer sind die Bindungskräfte [10].

Gebundenes Wasser bzw. adsorbiertes Wasser: Es wird durch Adsorptionskräfte und osmo-tische Kräfte an der Oberfläche der Feststoffteilchen gehalten und lagert sich als diffuse Hülle an, ohne dabei Menisken zu bilden [143].

Intrakristallines Wasser: Durch Ladungsdefizite innerhalb der Tonpartikel werden Was-serdipole angelagert. Als Bindungskräfte wirken sowohl elektrische als auch van-der-Waalsche Kräfte. Es entsteht eine gerichtete, kompakte und unbewegliche Schicht, die sich wie ein Festkörper verhält [131].

2.2.4 Saugspannungen in teilgesättigten Gesteinen

Um die Wasserbindung innerhalb eines Gesteins zu beschreiben, wird das Potentialkon-zept verwendet. Das Gesamtpotentialψ ist definiert als die Arbeit, die notwendig ist, um eine Einheitsmenge (Volumen, Masse oder Gewicht) Wasser von einem gegebenen Punkt des Kraftfeldes auf ein Bezugsniveau zu transportieren. Das Gesamtpotentialψ wird unterteilt in vier Teilpotentiale [143]:

ψ =ψ +ψ +ψ +ψ (2.1)

2.2 Mikro- und makrostruktureller Aufbau

Abbildung 2.6: Kapillarer Aufstieg von Wasser in einem Rohr nach [10]

Das Gravitationspotential ψg entspricht der Arbeit, die verrichtet werden muss, um ei-ne Einheitsmenge Porenwasser in eiei-ne bestimmt Höhe z zu transportieren [143]. Das osmotische Potentialψsentspricht der Arbeit, die nötig ist, um eine Einheitsmenge Poren-wasser in Höhe z durch eine semipermeable Membran aus der Bodenlösung zu entzie-hen [143]. DasDruckpotentialψpentspricht der Druckdifferenz zwischen Bodenluftdruck und einem Referenzluftdruck (meist Atmosphärendruck) [147]. Das Matrixpotentialψm entspricht der Arbeit, die notwendig ist, um einem ungesättigten Boden in Höhe z ei-ne Einheitsmenge Porenwasser bei bestimmten Druck- und Temperaturbedingungen zu entziehen [143] und wird auch als Saugspannung bezeichnet. Die Drücke im Bodenwas-ser sind geringer als die Drücke in der gasförmigen Phase, daher ist die Saugspannung definiert als die Differenz zwischen Luftdruck uaund Wasserdruck uw[10, 147]:

ψm=ua−uw (2.2)

Die kapillare Steighöhe in einem Kapillarrohr hängt vom Durchmesser des Rohres ab (siehe Abbildung 2.6). Die Saugspannungen werden also umso größer, je stärker der Boden entwässert ist, weil die Poren, die entwässert werden, mit abnehmendem Was-sergehalt kleiner werden.

Die Saugspannungen erhöhen die Festigkeit. Bei einer sehr geringen Sättigung sind sie am höchsten. Die Beziehung zwischen den Saugspannungen ψm und dem volumenbe-zogenen Wassergehaltθist die Kapillardruckkurve und charakterisiert teilgesättigte Bö-den [147] (siehe Abbildung 2.7). Ein charakteristischer Punkt der Beziehung ist der soge-nannte Lufteintrittspunkt LE. Er gibt den Kapillardruckψban, der erforderlich ist, damit Luft in den Porenraum der wassergesättigten Probe eindringen kann. Die Restwassersät-tigungθR bezeichnet die Sättigung, die allein durch Erhöhung des Kapillardrucks nicht unterschritten werden kann. θS gibt den Wert der maximalen Wassersättigung an [54].

Die Hysterese der Saugspannungsbeziehungen zeigt, dass der Wassergehalt während eines Entwässerungsvorganges größer ist als während des Bewässerungsvorganges. Ur-sache hierfür sind die unterschiedlichen Porendurchmesser. Zunächst entwässern die groben Poren, dann die feinen. Bei der Bewässerung hingegen füllen sich zuerst die fei-nen Poren durch Kapillarkräfte und erst anschließend die gröberen [54].

Kapitel 2 Grundlagen zu veränderlich festen Ton- und Schlufftonsteinen

Abbildung 2.7: Typische Saugspannungskurve (aus [54])