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6.4 Einfluss der Verwitterung auf die Zerfallsneigung

7.1.6 Pressiometerversuch

Auch mit Hilfe von Feldversuchen kann auf die Steifigkeit und Festigkeit des Baugrunds rückgeschlossen werden. Oftmals kommen dazu sogenannte Pressiometerversuche zum Einsatz. Im Folgenden wird auf die Durchführung und Auswertung der Versuche näher

7.1 Allgemeine Beschreibung der verwendeten Versuchstechniken

eingegangen. Da im Rahmen dieser Arbeit der Pressiometerversuch nach Menard ver-wendet wurde, wird sich hier auf die Erläuterung dieses Typs beschränkt.

Durchführung und Auswertung von Pressiometerversuchen nach Menard

Der Pressiometerversuch nach Menard (DIN EN ISO 22476-4 [53]) gehört zu den Pres-siometerversuchen, die in vorgebohrten Bohrlöchern durchgeführt werden. Eine Mess-sonde aus drei Zellen wird dabei in den Baugrund eingebracht. Während des Einpres-sens des Flüssigkeitsvolumens in die Messsonde werden die drei Zellen ausgedehnt.

Zunächst bewirkt die Ausdehnung, dass der Außenmantel der Messsonde die Verboh-rungswandung berührt und im weiteren Verlauf des Versuchs dann einen Druck auf die-se ausübt, wodurch der Boden verdrängt wird. Gemesdie-sen werden der ausgeübte Druck und die Volumenzunahme der Messsonde. Der Druck wird stufenweise aufgebracht und in jeder Druckstufe für 60 Sekunden gehalten. Aufgezeichnet werden in jeder Last-stufe jeweils der Druck und das eingepresste Volumen nach 30 Sekunden V30und nach 60 Sekunden V60. Hieraus werden dann je Laststufe die Volumendifferenzen∆V60/30und

∆V60/60 ermittelt. Nach Abschluss des Versuchs können dann anhand der Druck-Volu-men-Zusammenhänge auf verschiedene Bodenkenngrößen geschlossen werden.

Darstellung und Auswertung der Ergebnisse nach DIN 22476-4

Die Pressiometerkurve ist eine graphische Darstellung des Volumens V60 in Abhängig-keit des Drucks p (siehe Abbildung 7.4). Des Weiteren wird die Menard-Kriechkurve dargestellt. Hierbei handelt es sich um eine graphische Darstellung des Menard-Krie-chens V60/30in Abhängigkeit des auf jeder Druckstufe aufgebrachten Drucks p.

Die Pressiometerkurve kann nach DIN EN ISO 22476-4 in drei Bereiche unterteilt wer-den. Der erste Datenbereich stellt die Ausdehnung der Messsonde bis zur Berührung mit der Bohrlochwandung dar. Es folgt ein pseudoelastischer Bereich mit geringem Anstieg der Volumina in Abhängigkeit des Drucks. Der dritte Bereich kennzeichnet die plas-tische Phase mit hohen Anstiegen und hohen Menard-Kriechwerten (siehe Abbildung 7.4).

Nach DIN 22476-4 werden drei Kenngrößen anhand der Versuchsdaten ermittelt: der Kriechdruck pf, der Menard-Modul EM und der Grenzdruck pL.

Der Kriechdruck pfwird am Übergang vom linearen zum nicht linearen Teil der Druck-Volumen-Kurve oder an der geänderten Neigung der Kriechkurve bestimmt [111].

Der Menard-Modul EMwird nach DIN EN ISO 22476-4 für einen elastischen Mantel mit Hilfe der Gl. 7.3 im pseudo-elastischen Abschnitt der korrigierten Pressiometerkurve ermittelt.

EM = 2·(1 +ν)·(VC+V1+V2

2 )· p2−p1

V2−V1 (7.3)

Die Querdehnzahl ν wird nach DIN EN ISO 22476-4 üblicherweise mit 0,33 festgelegt.

VC entspricht dem Volumen der zentralen Messzelle nach Kalibrierung.

Kapitel 7 Geomechanisches Verhalten veränderlich fester Ton- und Tonschluffsteine

Abbildung 7.4: Auswertung von Pressiometerversuchen nach [111]. Pressiometerkurve (oben) und Menard-Kriechkurve (unten).

Der Menard-Modul EM kann mit einem bodenspezifischen Faktor, der der Tabelle E.3 der DIN EN 1997-2 [43] bzw. [99] entnommen werde kann, in den Steifemodul ES umge-rechnet werden:

ES = EM

α (7.4)

Der Grenzdruck pL ist der Druck, bei dem sich das ursprüngliche Volumen der Pressio-meter-Versuchsverbohrung in Höhe der Messzelle verdoppelt hat. In der Regel muss der Druck für dieses Volumen über ein Extrapolationsverfahren ermittelt werden. Die DIN EN ISO 22476-4 gibt in Anlage D.4.3 zwei Verfahren vor, die beide anzuwenden sind.

Für beide Verfahren ist zudem die Summe der Fehler nach Anlage D.4.4 zu ermitteln.

Der Grenzdruck ist dann der nach dem Verfahren mit dem geringsten mittleren Fehler ermittelte.

Da der Menard-Modul im Anfangsbereich der Druck-Volumenkurve ermittelt wird, ist dieser stark abhängig von der Qualität der Bohrlochwandung und möglicher Störung des Bodens durch den Bohrvorgang. Der Pressiometergrenzdruck hingegen gilt als we-niger anfällig durch Störungen der Bohrlochwandung. Da der Grenzdruck aber über Extrapolationen ermittelt werden muss, sind für eine genaue Ermittlung Versuchsdaten notwendig, deren höchster gemessener Druck nahe des Grenzdrucks liegen muss. Es ist also wichtig, dass die Versuche nicht zu früh abgebrochen werden.

In Abbildung 7.5 sind beispielhaft verschiedene Pressiometerkurven dargestellt. Der Kurvenverlauf A beschreibt einen korrekt durchgeführten Versuch. In einem Versuch

7.1 Allgemeine Beschreibung der verwendeten Versuchstechniken

Abbildung 7.5: Qualität der Volumen-Druck-Kurven von Pressiometerversuchen [27]

mit einem Kurvenverlauf ähnlich dem Verlauf B wurde der Versuch zu früh unterbro-chen, z.B. weil die Membran geplatzt ist. Bei Verlauf C reichte der maximal mögliche Druck der Sonde nicht aus, den Boden zu komprimieren. Dies tritt insbesondere auf, wenn Fels getestet wird. Bei Verlauf D wurde das maximal mögliche Volumen der Sonde aufgrund von ungleichmäßigen Verformungen erreicht. Der Verlauf E beschreibt einen Versuch, bei dem das Bohrloch zu groß war [27].

Auswertung nach der Hohlraumaufweitungstheorie

In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Ansätze zur Modellierung von Hohl-raumaufweitungen in Böden vorgestellt. Oftmals wird hierbei angenommen, dass der Boden als elastisch-idealplatisch modelliert werden kann (u.a. [23, 24, 77, 172, 104, 185]).

Für undrainierte Bedingungen wird bei idealplastischen kohäsiven Böden das Tresca-Fließkriterium, bei drainierten Bedingungen das Mohr-Coulomb-Kriterium verwendet.

Ein zur Auswertung von Pressiometerversuchen gängiges Modell ist das von Yu und Houlsby [185].

Elastischer Bereich Yu und Houlsby publizierten einen geschlossenen Ansatz für zy-lindrische und kugelförmige Hohlraumausdehnungen in isotropen elastisch-idealplasti-schen Materialien mit Mohr-Coulombscher Fließbedingung und nicht-assoziierter Fließ-regel. Nach der Theorie von Yu und Houlsby [185] verhält sich das Material bis zum Erreichen der Fließbedingung, welche durch das Mohr-Coulomb-Kriterium beschrieben wird, elastisch und es gilt das Hooksche Gesetz. Im elastischen Bereich gilt für kleine

Kapitel 7 Geomechanisches Verhalten veränderlich fester Ton- und Tonschluffsteine

Dehnungen:

r−r0

r0 = p−p0

2·m·G (7.5)

Für zylindrische Probleme wirdm = 1 gesetzt. r gibt den aktuellen Radius und r0 den Radius im Ausgangszustand an. p0 ist der Druck zu Beginn der elastischen Phase, ent-spricht also dem Druck p1nach DIN EN ISO 22476-4 und Abbildung 7.4. Für G gilt:

G= E

2(1 +ν) (7.6)

Mit Einsetzen der Gl. 7.6 in Gl. 7.5 kann der Elastizitätsmodul E nach Gl. 7.7 ermittelt werden:

E = (p−p0)·(1 +ν)·r0

r−r0 (7.7)

Über den allgemein bekannten Zusammenhang ES = 1−ν

1−ν−2ν2 E (7.8)

kann mit Annahme der Querdehnzahlνder Steifemodul ES ermittelt werden.

Plastischer Bereich - Undrainierte Bedingungen Da der Druck bei Pressiometerver-suchen nach DIN EN ISO 22476-4 in jeder Stufe lediglich 60 Sekunden gehalten wird, wird oft näherungsweise von undrainierten Verhältnissen ausgegangen [156]. Es gilt al-so φ = 0, ψ = 0 und ν = 0,5und das Mohr-Coulomb-Fließkriterium wird auf das Tresca-Kriterium reduziert. Die Annahme undrainierter Bedingungen setzt aber eigent-lich eine Vollsättigung voraus. Im Falle einer Teilsättigung und undrainierten Bedingun-gen würde auch die Porenluft komprimiert werden, wofür höherwertige Modellansätze notwendig sind. Es sollte vor dem Ansetzen undrainierter Bedingungen zunächst ge-klärt werden, wie hoch der Sättigungsgrad des untersuchten Materials ist und ob eine Vollsättigung angenommen werden kann.

Im plastischen Bereich gilt nach Yu und Houlsby [185] für reibungsfreie Böden der Zu-sammenhang:

Mittels Kurvenanpassungen an Gl. 7.10 kann so die undrainierte Kohäsion cu und der Grenzdruck pl, der sich für r0/r = 0 ergibt, ermittelt werden.

Über die allgemein gültige Abschätzung:

cu= σu

2 (7.11)

7.1 Allgemeine Beschreibung der verwendeten Versuchstechniken

kann so die einaxiale Druckfestigkeit abgeschätzt werden.

Es existieren weitere Ansätze für undrainiertes Verhalten (siehe [26, 30, 104]), die zu ähnlichen Ergebnissen wie das Verfahren nach Yu und Houlsby führen und hier nicht detaillierter beschrieben werden.

Plastischer Bereich - Drainierte Bedingungen Bei Tonen (Lockergesteine) können Pres-siometerversuche mit dem zuvor beschriebenen undrainierten Modell für homogene, isotrope Materialien ausreichend genau beschrieben werden [73]. Bei Halbfestgesteinen ist aber eine relativ schnelle Entwässerung möglich. Zudem weisen sie oftmals eine er-hebliche Dilatation auf und werden durch die Bildung von Radialrissen während des Pressiometerversuchs beeinflusst. Zur Beschreibung des Materialverhaltens unter drai-nierten Bedingungen sind die sechs Parameter G,ν’, p0’, c’,φ’ undψ’ notwendig. Wer-den noch radiale Risse berücksichtigt, wird die Modellierung nochmals aufwändiger (siehe hierzu [73]). Da die Voraussetzung der Kenntnis dieser Parameter eine Auswer-tung oftmals unmöglich macht, werden in der Praxis häufig dennoch auch für Halbfest-gesteine undrainierte Bedingungen angesetzt.

Aufgrund der relativ kurzen Versuchszeit von 60 Sekunden je Laststufe, wird sicher-lich keine vollständige Drainage stattfinden. Von undrainierten Bedingungen ist aber bei teilgesättigten Halbfestgesteinen auch nicht auszugehen. Die Ergebnisse der Pres-siometerversuche sind also im Bezug auf abgeleitete Bodenkennwerte mit Vorsicht zu betrachten.

Einfluss des Längen-Durchmesser-Verhältnisses der Sonde Die Aufweitung des Hohl-raums wird unter der Annahme von ebenen Bedingungen, für ein Längen-Durchmesser-Verhältnis der Sonde von L/D→ ∞, betrachtet. Houlsby und Carter [80] untersuchten den Einfluss des Längen-Durchmesser-Verhältnisses auf den Grenzdruck und die un-drainierte Scherfestigkeit und stellten fest, dass beide überschätzt werden. So wurde zum Beispiel festgestellt, dass bei einem Verhältnis L/D = 6 und einem Steifigkeitsindex IR zwischen 200 und 500 die mit dem Pressiometer ermittelten undrainierten Scherfes-tigkeiten 24-43% höher waren als wirklich vorhanden. In der Publikation [80] werden Korrekturfaktoren in Abhängigkeit des Steifigkeitsindex IRangegeben.

Zusammenfassende Darstellung der ermittelbaren Kenngrößen

In Tabelle 7.2 ist dargestellt, welche Kenngrößen sich mit Hilfe des Pressiometerversuchs mit Hilfe verschiedener Modelle ableiten lassen. In der Literatur wird teilweise auch eine Bestimmung von Horizontalspannungen mit Pressiometerversuchen beschrieben (z.B.

[27]). Es wird allerdings darauf hingewiesen, dass bei vorgebohrten Pressiometerver-suchen – wie z.B. dem Menard-Pressiometerversuch – die Horizontalspannungen auf-grund einer Entlastung der Bohrlochwandung unterschätzt werden können.

Kapitel 7 Geomechanisches Verhalten veränderlich fester Ton- und Tonschluffsteine

Bereich E-Modul Hohlraumauf- ES=

E = f(p,V,ν) weitungstheorie ((1 -ν)/(1-ν-2ν2))E ν

Tabelle 7.2: Zusammenfassende Darstellung der im Pressiometerversuch ermittelbaren Kenngrößen