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7.5 Steifigkeitsverhalten - Versuchsergebnisse

7.5.4 Ermittlung der Steifigkeit mit Pressiometerversuchen

Im Rahmen der Erkundungsphase des Großprojektes Stuttgart 21 (S21) wurden Pres-siometerversuche im Bereich des neuen Hauptbahnhofs (Planfeststellungsabschnitt 1.1, Talquerung mit Hauptbahnhof) durchgeführt und von der Deutschen Bahn zur weite-ren wissenschaftlichen Auswertung zur Verfügung gestellt. Im Folgenden werden die Daten zusammenfassend im Hinblick auf Erkenntnisse zum verwitterungsabhängigen Steifigkeitsverhalten ausgewertet. Das Ziel dieser Auswertung ist, weitere Kenntnisse über das Steifigkeitsverhalten der Gesteine der Grabfeld-Formation zu erhalten und die Ergebnisse der Feldversuche mit den Ergebnissen aus den Laborergebnissen zu verglei-chen. Die prinzipielle Durchführung und Auswertung von Pressiometerversuchen wird im Absatz 7.1.6 erläutert.

Datengrundlage

Durchgeführt wurden im Rahmen der Baugrunderkundung für das Projekt S21 11 Pres-siometerversuche (P1 - P4, P6 - P12) mit dem Ziel, Kenntnisse über die Steifigkeit des Baugrunds zu erhalten. Zudem wurden Versuche in zwei Testfeldern durchgeführt (sie-he Abbildung 7.28). Im als Testfeld Süd 2 bezeichneten Bereich wurden 11 Pressiometer-versuche durchgeführt. Der Ausgangszustand des Baugrunds wurde in 4 Ansatzpunk-ten (PV1 - PV4) untersucht. Die anderen 7 Ansatzpunkte (PN1/PN2/PN5/PN7 - PN10) waren zwischen Testpfählen angeordnet. Die Pressiometerversuche wurden hier nach der Pfahlherstellung mit dem Ziel durchgeführt, den Einfluss der Pfahlherstellung auf die Steifigkeit des Baugrunds zu untersuchen. Das Testfeld Süd 1 liegt im Bereich des Tunnels Südkopf. Hier war der Neubau eines Dükers als Ersatz für den bestehenden Nesenbachkanal geplant. Um die Baugrundverhältnisse und genauere Bodenkennwerte zu erhalten, wurden seitlich und unterhalb des bestehenden Nesenbachkanals 4 Pressio-meterversuche (PB3 - PB6) durchgeführt.

Kapitel 7 Geomechanisches Verhalten veränderlich fester Ton- und Tonschluffsteine

(a) Lastbereich 100-200 kN/m2 (b) Lastbereich 200-400 kN/m2

(c) Lastbereich 400-800 kN/m2

Abbildung 7.27: Vergleich der Sekantenmodule (Erstbelastung) aus K0-Triaxial- und Standard-Oedometer-Versuchen. Steifemodule in Abhängigkeit des na-türlichen Wassergehalts der Gesteine. Es wurde kein signifikanter Un-terschied festgestellt.

7.5 Steifigkeitsverhalten - Versuchsergebnisse

Abbildung 7.28: Lageplan der Pressiometerbohrungen im Planfeststellungsabschnitt 1.1, Talquerung mit Hauptbahnhof, Stuttgart 21

Die Pressiometerversuche wurden in Versuchsabständen von 1,0 - 1,5 m durchgeführt und es lagen somit zahlreiche Pressiometerversuchskurven zur Auswertung vor.

Der Baugrund im Bereich des Planfeststellungsabschnitt 1.1 besteht aus Auffüllungen, Talablagerungen, Wanderschutt und den Schichten der Grabfeld-Formation (Mittlerer Gipshorizont MGH, Bleiglanzbank BB, Dunkelroter Mergel DRM, Bochinger Horizont BH und Grundgips GG). Ausgewertet wurden die Pressiometerversuche im Folgenden nur in den Tiefenlagen, in denen die Schichten der Grabfeld-Formation anstehen.

Im Testfeld Süd 2 wurden nur die Pressiometerversuche PV1 - PV4 ausgewertet, da die Versuche PNi durch die Herstellung der Pfähle beeinflusst waren.

Im Testfeld Süd 1 standen nur in den Pressiometerbohrungen PB3, PB4 und PB5 die Schichten der Grabfeld-Formation an. Die Bohrung PB4 wurde allerdings nicht mit aus-gewertet, da hier womöglich eine Störzone erkundet wurde. Die Steifemodule waren auffallend gering.

Die Pressiometerversuche P11 und P12 konnten nicht ausgewertet werden, da keine An-satzpunkte vorlagen.

Ausgewertet wurden somit 15 Pressiometerversuche (P1 - P4, P6 - P10, PV1 - PV4, PB3, PB5).

Da – mit Ausnahme der Versuche PB3 und PB5 im Testfeld Süd 1, hier wurden neben den Pressiometerversuchen Rammkernsondierungen durchgeführt – das Bohrgut der Pressiometerbohrungen nicht näher untersucht und dokumentiert wurde, konnten die Verwitterunsggrade bzw. Wassergehalte des Untergrundes in Höhe des Pressiometer-versuchs jeweils nur über Interpolationen aus nahegelegenen Erkundungsbohrungen gewonnen werden.

Annahme der Querdehnzahl

Zur Ermittlung des Menard-Moduls (Gl. 7.3) und auch zur Ermittlung des Steifemoduls nach der Hohlraumaufweitungstheorie ist jeweils die Annahme einer Querdehnzahl ν notwendig. Die Querdehnungszahl ν ist das negative Verhältnis eines Inkrements der Querdehnung∆qzu dem zugehörigen Inkrement der Längsdehnung∆l:

ν =−∆q

l (7.16)

Kapitel 7 Geomechanisches Verhalten veränderlich fester Ton- und Tonschluffsteine

Abbildung 7.29: Einfluss der Querdehnzahl auf den Menard-Modul. Nach DIN 22467-4 ist für die Querdehnzahl ein Wert von 0,33 anzunehmen. Wird die Querdehnzahl auf 0 reduziert, ist der Menard-Modul 25% geringer.

Für die Querdehnzahl elastischer Stoffe gilt 0 <ν< 0,5. Bei einer Querdehnzahl νvon 0,5 ist der Boden nicht komprimierbar. Als Anhaltswerte für die Querdehnzahl giltν= 0,15 bis 0,25 für Fels,ν= 0,25 bis 0,35 für Sand undν = 0,35 bis 0,45 für Ton [144]. Bei voll gesättigten, undrainierten Zuständen giltν= 0,5.

Nach DIN 22467-4 ist bei der Auswertung von Menard-Pressiometerversuchen für die Querdehnzahl ein Wert von 0,33 anzunehmen.

Der Menard-Modul steigt mit zunehmender Querdehnzahlνlinear an. Bei einer Annah-me vonν= 0 beträgt der Menard-Modul nur 75% des Moduls beiν= 0,33 (Abbildung 7.29). Eine Reduzierung der Querdehnzahl auf z.B. 0,25, also an die obere Grenze für Fels, würde eine Reduzierung der Menard-Module von etwa 6% bedeuten. Aufgrund dieser nur geringen Abweichung wurden für die weiteren Auswertungen für die Quer-dehnzahl 0,33 nach DIN 22467-4 angesetzt.

Annahme des Verhältnisses zwischen Menard- und Steifemodul

Das Verhältnis zwischen dem im Versuch ermittelten Menard-Modul (Gl. 7.3) und dem Steifemodul wird nach DIN 22467-4 mitαbezeichnet. Wird ein Wert fürαnach Tabelle E.3, DIN EN 1997-2 angenommen, kann der Steifemodul aus dem Menard-Modul be-rechnet werden (Gl. 7.4). Für verwitterten Fels wird in DIN EN 1997-2 für α 0,67, für unveränderten Fels 0,5 und für stark geklüfteten Fels 0,33 vorgegeben.

Wird der im Versuch ermittelte Menard-Modul mit dem nach der Hohlraumaufwei-tungstheorie ermittelten Steifemodul ins Verhältnis gesetzt, kann der Wert α auch er-mittelt werden. In Abbildung 7.30 sind die so erer-mittelten Werte fürα in Abhängigkeit des Verwitterungszustandes des Untergrunds in der jeweiligen Tiefenlage des Pressio-meterversuchs dargestellt. Die Werte für α liegen relativ konstant bei 0,69. Der in der

7.5 Steifigkeitsverhalten - Versuchsergebnisse

Abbildung 7.30: Werte fürαin Abhängigkeit des Verwitterungsgrades des Untergrunds in Höhe des Pressiometerversuchs. Die Werte für α entsprechen dem Verhältnis zwischen dem Menard-Modul und dem nach der Hohlraum-aufweitungstheorie ermittelten Steifemodul. Der mittlere Wert liegt bei etwa 0,69 und ist vergleichbar mit dem in DIN EN 1997-2 für verwitter-ten Fels angegebenen Wert von 0,67.

DIN angegebene Wert von 0,67 für verwitterten Fels ist demnach gut anwendbar. Die im Folgenden angegeben Steifemodule wurden mit einem Wert αnach DIN EN 1997-2 von 0,67 von der Auswertungs-Software automatisch ermittelt. Da der zurückgerech-nete Wert fürαnahezu mit diesem Wert übereinstimmt, wurden die Steifemodule nicht erneut ermittelt und der Wert fürαsomit auf 0,67 festgelegt.

Tiefenabhängigkeit des Steifemoduls

Mit Hilfe der Pressiometerversuchsdaten kann die Tiefenabhängigkeit des Steifemoduls näher betrachtet werden.

In Abbildung 7.31a sind beispielhaft der tiefenabhängige Verlauf des Steifemoduls der Pressiometerbohrung P1 und der tiefenabhängige Verlauf des natürlichen Wassergehalts der zugehörigen Referenzbohrung dargestellt. Zu sehen ist, dass der Verlauf des Was-sergehalts und des Steifemoduls tendenziell übereinstimmen – ein hoher Wassergehalt führt zu einem niedrigen Steifemodul und umgekehrt. Es fällt aber auf, dass sowohl Wassergehalt als auch Steifemodul keine eindeutige Abhängigkeit von der Tiefe haben, wie das beispielsweise bei Juragesteinen bekanntermaßen oftmals der Fall ist (siehe hier-zu u.a. [57, 103, 174]).

In Abbdildung 7.31b sind die tiefenabhängigen Verläufe der Steifemodule der Pressio-meterbohrungen P1-4 und P6-P10 dargestellt. Pressiometerversuche, die nahe beieinan-der liegen (P1 und P2, P3 und P4, P7 und P8, P9 und P10), zeigen dabei ähnliche Verläufe

Kapitel 7 Geomechanisches Verhalten veränderlich fester Ton- und Tonschluffsteine

(a) (b)

Abbildung 7.31: a) Tiefenabhängiger Verlauf des Steifemoduls der Pressiometerbohrung P1 sowie des natürlichen Wassergehalts der zugehörigen Referenzboh-rung. Tendenziell passen die Verläufe überein – ein hoher Wasserge-halt führt zu einem niedrigen Steifemodul und umgekehrt. Beide zei-gen aber keine eindeutige Abhängigkeit von der Tiefe. b) Tiefenabhän-gige Verläufe der Steifemodule der Pressiometerbohrungen P1-4 und P6-P10. Versuche, die nahe beieinander liegen (P1 und P2, P3 und P4, P7 und P8, P9 und P10), haben vergleichbare Verläufe. Auch hier ist kein tiefenabhängiger Verlauf erkennbar.

der Steifemodule. Erneut wurde kein tiefenabhängiger Verlauf des Steifemoduls festge-stellt.

Ursache hierfür ist die Abhängigkeit des Entfestigungszustandes vom Sulfatgehalt des Ausgangsgesteins bei den Gesteinen der Grabeld-Formation. Bei Anwesenheit von Was-ser kann Anhydrit in Gips umgewandelt werden und im nächsten Schritt kann das Ge-stein vollständig auslaugen. Die Sulfatauslaugung ist der wesentliche Einfluss, der ein Gestein vom unverwitterten (V0) in den verwitterten (V2/V3) Zustand überführt (siehe hierzu Kapitel 5, insbesondere Absatz 5.10). Die darauf folgende Entfestigung bis zum Lockergestein (V5) erfolgt dann durch mechanische Prozesse. Der Grad der Entfesti-gung ist also stark vom Sulfatgehalt des Ausgangsgesteins in den jeweiligen Bereichen und Tiefen abhängig.

Steifemodul in Abhängigkeit des Verwitterungsgrades

In Abbildung 7.32 sind die über Pressiometerversuche ermittelten Steifemodule in Ab-hängigkeit des Verwitterungsgrades des Untergrunds in der jeweiligen Tiefe des Pres-siometerversuchs dargestellt. Die Informationen über den Verwitterungsgrad wurden – wie bereits erwähnt – aus naheliegenden Bohrungen interpoliert und somit geschätzt.

7.5 Steifigkeitsverhalten - Versuchsergebnisse

Abbildung 7.32: Über Pressiometerversuche ermittelte Steifemodule in Abhängigkeit des Verwitterungsgrades des Untergrundes in der jeweiligen Tiefe des Pressiometerversuchs. Die Steifemodule variieren je Verwitterungsgrad sehr stark. Mit zunehmendem Verwitterungsgrad nimmt der Steifemo-dul tendenziell ab.

In Abbildung 7.32 ist zu sehen, dass auch mit dem Pressiometerversuch ein mit dem Grad der Verwitterung abnehmender Steifemodul festgestellt wurde. Die Streuungen in-nerhalb der Verwitterungsgrade sind aber auch bei dieser Versuchsdurchführung recht hoch.

Auch bei früheren Bau- und Forschungsprojekten ([79, 84, 148] sowie bei einem hier anonymisierten Bauvorhaben im Stuttgarter Innenstadtbereich und frühere Daten aus dem PFA 1.1 [154]) wurden im Stuttgarter Raum Feldversuche zur Erkundung des Un-tergrundes eingesetzt. Die Ergebnisse werden im Folgenden mit den hier neu ermittelten Daten in Abbildung 7.33a in Zusammenhang gebracht. In den genannten Literaturstel-len wurden allerdings keine Hinweise auf die Verwitterungsgrade gegeben, so dass die-se hier anhand der Beschreibungen geschätzt werden mussten. Zu die-sehen ist eine gute Übereinstimmung der Daten aus der Literatur und den neu ermittelten Ergebnissen.