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Im 19. und 20. Jahrhundert hat das Schaf den einst hohen ökonomischen Stellenwert verloren.

Trotz der stetig anwachsenden Textilindustrie sanken durch verstärkte Wollimporte aus

Tabelle 6: Aufteilung der Schafrassen auf die Bundesländer

Übersee sowie die steigende Verwendung von Kunstfasern und Baumwolle die Schafwollpreise. In Folge dessen waren viele Schäfereibetriebe (besonders die kleinen) gezwungen, die Arbeit niederzulegen. Die Anzahl der Schafe, die bis dato in Deutschland gehalten wurden, sank stark ab. Im Jahr 1864 konnten noch ca. 28,017 Millionen Schafe in Deutschland verzeichnet werden; bis zur Jahrhundertwende waren die Zahlen auf 9,683 Millionen gesunken. Im Jahre 1965 wurde die bisher niedrigste Anzahl an Schafen in den alten Bundesländern mit 0,8 Millionen festgestellt. In den Folgejahren konnte wieder ein geringer, aber stetiger Zuwachs der Anzahl an Schafen und Schafhaltern verbucht werden (vgl. WOIKE M. & ZIMMERMANN P. 1994: 4). Durch die sinkende Nachfrage nach Wolle aus Deutschland wurde der Fokus zunehmend auf Schafrassen gelenkt, die deutlich mehr Fleisch ansetzen und darüber hinaus auch robuster und anspruchsloser (das Futter und die klimatischen Bedingungen betreffend) sind.

„Von dem Gesamtproduktionswert von 174 Millionen DM (1990, alte Bundesländer) entfielen 97,2% auf Fleischerzeugung und nur ein Anteil von 2,8% auf Wolle. Um 1900 waren die Produktionswerte von Fleisch und Wolle etwa gleich (51 : 49). In den letzten 20 Jahren hat sich das Produktionsziel von „Hammelmast“ über „Jährlinge“ zu immer jüngeren Lämmern (4-8 Monate alt) verschoben.“ (WOIKE M. & ZIMMERMANN P. 1994: 4)

Die Züchtung von edlen oder wertvollen Rassen kam noch hinzu. In Folge dessen wurden die Besitzverhältnisse stark verändert; der Schäfer war nun mehr der Angestellte großer Gutsherren, denen meist die Schafe gehörten (vgl. ADAM P. & HÖFNER J. 2011:161).

Die Weidesysteme Trift-, Stand- und Umtriebsweide

Für die Trift- oder Huteweiden ist es typisch, dass die meist großen Weidegründe kaum oder gar nicht durch Zäune eingefriedet sind. Auf diesen Weiden sind nicht selten Stellen zu sehen, die von den Tieren komplett gemieden werden. Meistens sind dort stachelige Pflanzen wie Disteln, Dorniger Hauhechel oder verschiedene Sträucher mit Dornen vorzufinden. Die Selektion findet daher nur teilweise statt. Die Folge ist, dass die ungewollten Pflanzen in ihrer Ausbreitung begünstigt und die gern gefressenen Arten zurück gedrängt werden.

„Auf derartig extensiv genutzten Triften führt also die U n t e r b e w e i d u n g, das Mißverhältnis zwischen Fläche und Auftriebsgewicht, zur Auslese schlechter Futterpflanzen …“ (ELLENBERG H. 1952:87)

Die Standweide zeichnet sich dadurch aus, dass das Vieh über eine lange Zeit hinweg (z.B.

180 Tage) auf derselben eingezäunten Fläche bleibt. Diese Praxis bringt jedoch einige Probleme mit sich:

„Auf eingezäunten Koppelweiden … ergeben sich Unterschiede je nach der Stärke, dem Zeitpunkt und der Dauer der Besetzung mit Vieh. Bei der früher … allgemeinen üblichen Standweide bleibt das Vieh während der ganzen Weidezeit … auf derselben Koppel. Im Laufe eines Weidejahres nimmt aber die Wuchskraft und der Eiweißgehalt der Weidepflanzen derart ab, … daß das Futter von 1 ha guter Weidefläche ausreicht:

von Ende April bis Anfang Juli für 3-5 Großvieheinheiten, von Anfang Juli bis Ende August für 2-3 Großvieheinheiten,

von Ende August bis Ende der Weidezeit für 1,5-2 Großvieheinheiten.

Die Größe der Dauerweide muß daher so bemessen sein, daß anfangs mehr Futter nachwächst, als das Vieh bewältigen kann. Es selektiert infolgedessen durch Unterbeweidung und schont namentlich die Geilstellen, viele „Weideunkräuter“ und schlechte Gräser … Etwa im Juni tritt vorübergehend ein Gleichgewicht zwischen Massenerzeugung und Abweidung ein, doch bleiben die bisher gemiedenen Stellen unberührt ... Später wird die Weide überanstrengt. Durch zu scharfen Verbiß und häufigen Tritt bilden sich Kahlstellen, auf denen nur noch Trittpflanzen und an den Boden angedrückte Rosettenpflanzen halten können.“ (EBENDA:87f)

Die Dauerweide ist daher, mehr als andere Weidesysteme, von Unter- und Überbeweidung betroffen.

Eine Umtriebsweide wird typischerweise in mehrere Koppeln unterteilt, um die eben angesprochene Unter- und Überbeweidung zu verhindern. Die parzellierten Bereiche werden nacheinander mit dem gesamten Viehbesatz beschickt, der unter bestimmten Umständen noch in zwei Leistungsgruppen unterteilt ist. Der positive Effekt wird dadurch erzeugt, dass die erst stark beanspruchten Flächen, auf denen nach kurzer Zeit alles kurz gefressen und niedergetrampelt ist, anschließend ausreichend Zeit haben um sich zu regenerieren.

„Selektive Unterbeweidung kann man mithin bei der Umtriebsweide nahezu gänzlich verhüten.

Nach KÖNIG (1948) gelingt das besonders dort, wo die Zahl der Koppeln eine regelmäßige Zwischennutzung durch Mahd gestattet, also die Umtriebsweide zur M ä h w e i d e als der intensivsten Form des Dauergrünlandes weiterentwickelt wurde. Bei zu starkem Viehbesatz und zu kurz bemessenen Ruhepausen hingegen kommt es auf der ganzen Fläche zur selektiven Überbeweidung und Schädigung durch Tritt. Auf normal besetzten Koppeln beobachten wir diese Entwicklung nur in einem gewissen Umkreis um die völlig kahlgetretenen Eingänge.“

(EBENDA:88)

Besatzstärke und -dichte

Die Besatzstärke und -dichte sind Parameter, die grundsätzlich unterschieden werden und für die es unterschiedliche Faustzahlen gibt. Die Besatzdichte wird in “Großvieheinheiten“

(GVE) bemessen und wird allgemein mit 500kg/GVE definiert (eine mittelgroße Kuh = 1 GVE, 10 Schafe = 1 GVE). Zum Teil wird auch die Bezeichnung „Rauhfutter verzehrende Großvieheinheit“ (RGVE) verwendet. Die Besatzdichte gibt demnach an, welche Anzahl von Tieren pro Flächeneinheit auf der Weide ist (z.B. 5 GVE/ha). Bei der Besatzstärke gibt es verschiedene Angaben. Hier eine Zahl festzulegen, ist aufgrund der unterschiedlichen Parameter wie Produktivität der Fläche, Art und Zeitraum der Beweidung und Auswahl der Weideviehart an sich, nur schwer möglich. Aus diesem Grund werden an dieser Stelle Angaben aufgeführt, die zur Orientierung dienen sollen (nach OPERMANN & LUICK 1999).

0,3 - 0,5 GVE / ha auf produktionsschwachen Flächen 0,5 - 0,8 GVE / ha in montanen Lagen

0,8 - 1,5 GVE / ha in produktiveren Niederungen

Im Endeffekt aber zählt, dass die Flächen individuell und je nach Bedarf mit den entsprechenden Tieren beschickt werden. Ein guter Bauer wird durch die gesammelten Erfahrungen und das über die Jahre gesammelte Wissen die Entscheidungen treffen, die ein gutes Ergebnis/einen guten Ertrag bringen. (vgl. ADAM P. & HÖFNER J. 2011:59)

Die verschiedenen Betriebsformen in der Schafhaltung

Die unterschiedlichen Formen der Bewirtschaftung sind von verschiedenen Faktoren abhängig. Neben der Produktivität der Flächen spielen Wirtschaftlichkeit, Herdengröße, Viehart und -rasse und die angestrebten Ziele eine wichtige Rolle. Eine sehr alte und aktuell nur noch selten betriebene Form der Schafhaltung ist die Wanderschäferei. Im Jahr 1990 wurden ca. 13% der in Deutschland gelisteten Schafe nach dieser Betriebsform gehalten.

Hierbei werden die Schafe im jahreszeitlichen Wechsel an unterschiedlichen Standorten gehalten, die meist viele Kilometer voneinander entfernt liegen. Im Frühjahr und Sommer weiden die Tiere meist in höheren Lagen und auf Standorten, die im Verhältnis weniger ertragreich sind. Als Vorsommer- und Sommerweiden werden häufig bereits aufgegebene landwirtschaftliche Flächen aller Art genutzt. Zum Ende des Sommers ziehen die Schäfer zu den Herbst- und Winterweiden, die auf den ertragreichsten Standorten angesiedelt sind.

Problematisch ist, dass es kaum noch Herbst- und Winterweiden gibt, da diese oft in eine intensive Ackerwirtschaft übergingen. Hinzu kommen die meist weiten Wege, die aufgrund der heutigen Verkehrssituation für Schäfer und Herde nur mit großer Anstrengung zu bewältigen sind. Letztendlich ist es aber die Unwirtschaftlichkeit dieser Betriebsform, die auch den letzten Wanderschäfereien zu schaffen macht. (vgl. BEINLICH B. 2001:26ff, WOIKE & ZIMMERMANN P. 1994:14)

Die standortgebundene Hutung

„..ist dem Prinzip nach eine nicht eingezäunte und u.a. des fehlenden Zaunes wegen, eine ganztägig bewachte, eben behütete Weide. … Der Aufwand der zu investierenden Arbeit ist im Gegensatz zur Weide, namentlich Stand- und Umtriebsweide, bedeutend höher. … Die Produktionsweisen und die darin enthaltene Bewirtschaftung/Arbeit als herstellendes und stabilisierendes Moment … sind heute weitestgehend entaktualisiert und aufgegeben.“ (ADAM P. & HÖFNER J. 2011:56)

Kennzeichnend für die standortgebundene Hutehaltung ist ein fest installierter Winterstall, der im Idealfall von Stoppelfeldern, Brachen, Mähweiden und Rübenfeldern umgeben ist. Diese können dann je nach Produktivität im Umtrieb beweidet und als Winterfutter genutzt werden.

Häufig ist es aber so, dass nicht genügend Winterweiden (z.B. Äcker) im näheren Umfeld vorhanden sind. Die Beschaffung des mangelnden Winterfutters ist daher oft kostenaufwändig.

„1990 wurden etwa 49% des Schafbestandes in dieser Form gehalten; in den alten Bundesländern vor allem als Bezirks- und Deichschäferei, in den fünf neuen Bundesländern verstärkt als Guts-, Genossenschafts– und Gemeindeschäferei … Die standortgebundene Hütehaltung ermöglicht dem Betreiber ein seßhaftes Leben und intensive Produktion. Allerdings sind hohe Anfangsinvestitionen

… aufzubringen.“ (WOIKE M. & ZIMMERMANN P. 1994: 14)

Bei der Koppelhaltung handelt es sich um Weideflächen, die dauerhaft umzäunt und daher nicht ständig zu beaufsichtigen sind. Hier kann die Steuerung der Herdengröße sowie das Hinzustellen anderer Weidetierarten variiert werden. Die letztendlich gewählte Besatzstärke und -dichte hängt maßgeblich von der Produktivität der eingezäunten Fläche sowie von der Art des praktizierten Weidesystems ab. Der Arbeitseinsatz der Schäfer ist bei der Koppelhaltung wesentlich geringer als bei den eben beschriebenen Betriebsformen. Aus diesem Grund sind viele Schäfereien auf diese Art der Schafhaltung umgestiegen. (vgl.

EBENDA:14, KIMMEL M. 2014:16)

Die Koppelhaltung mit Umtrieb ist demnach bei angemessener Bewirtschaftung sehr vorteilhaft für den allgemeinen Zustand der Weide (vgl. ELLENBERG H. 1952: 88).