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5 Zur Geschichte

5.2 Pflege und Nutzung seit der Unterschutzstellung im Jahr 1941

auch heute noch der Fall ist. Das Gatschower Os ist eindeutig parzelliert; die Parzellengrenzen sind mit dem Verlauf der Steinmauern identisch.

Es ist deutlich zu erkennen, dass die Ummauerung in westlicher Richtung teilweise unterbrochen ist. Hier befinden sich sehr wahrscheinlich die Zugänge der einzelnen Grundstücke zu den Flächen auf dem Os. Einige der Grenzen sind mit schwarzen Linien bis zu den Grundstücken weitergeführt und stellen somit die Wirtschaftsparzellen der unterschiedlichen Eigentümer dar. Die Grundstücke sind dunkelgrün eingezeichnet und die Gebäude darauf schwarz. Es ist davon auszugehen, dass neben dem Wohnhaus auch Wirtschaftsgebäude bestehen, da immer mehrere Gebäude auf den Grundstücken verzeichnet sind. Die Anordnung dieser auf den Hofstellen ist unterschiedlich. Des Weiteren ist erkennbar, dass dort, wo sich heute noch die ehemaligen Abgrabungsstellen befinden, im Messtischblatt 1888 Böschungen eingezeichnet sind.

Die Flächen in den Grenzen des heutigen NSG sind im Gegensatz zur Umgebung in einem zarten Grünton und einer eigenen Signatur dargestellt, was sicherlich mit der Bewirtschaftung zusammenhängt. Des Weiteren ist auffällig, dass lediglich eine kleine Gruppe von Bäumen in Parzelle V eingezeichnet ist; heute besteht an dieser Stelle das große Weidengebüsch. Dies bedeutet, dass der Oszug im 19. Jahrhundert fast vollständig frei von Gehölzen war.

In den Folgejahren wuchs das Interesse seitens des Naturschutzes, die Wallberge als eine besondere geologische Formation mit seltenen Tier- und Pflanzenarten unter Schutz zu stellen. Das damals 10,1497 ha große Gebiet wurde am 14.02.1941 unter Schutz gestellt.

5.2 Pflege und Nutzung seit der Unterschutzstellung im Jahr 1941

Ohne Zweifel hat die vorangegangene Nutzung in Form der Huteweide eine für den Naturschutz als schützenswert angesehene Landschaft über die Jahre stabilisiert. Zehn Jahre später, im Jahr 1951, wurde über den Zustand des NSG festgestellt:

„Das Naturschutzgebiet selbst ist … unberührt und zeigt noch den Charakter, um dessentwillen es den besonderen Schutz verdient.“ (Lothar Diemer, mdl. am 19.05.1951, In: EBENDA:39)

Dass die Wallberge alles andere als unberührt waren, zeigt ein Bild, aufgenommen um 1950, welches im selben Artikel aufgeführt wird (Abb. 25). Das Foto bildet gleichmäßig kurze Vegetationsbestände auf dem Oszug ab, der kaum von Sträuchern oder größeren Gehölzen bestanden ist. Die Nutzung und Pflege unmittelbar vor und nach der Unterschutzstellung beschreibt EICHSTÄDT wie folgt:

„Neben einer regelmäßigen Beweidung … sind … Eingriffe in den Gehölzbestand vorgenommen worden.“ (EBENDA:40)

Allerdings sind

„[i]n den letzten 30 Jahren … diese Eingriffe, bis auf relativ begrenzte Aktionen von Naturschutzhelfern des Kreises Demmin, unterblieben.“ (EBENDA:40)

Da die Arbeit von EICHSTÄDT im Jahr 1993 erschienen ist, gehen wir davon aus, dass die Pflegemaßnahmen demzufolge in den 1960er Jahren deutlich abnahmen.

Im Jahr 1975 erscheint ein Artikel von JESCHKE „Zur Orchideenflora des Naturschutzgebietes „Wallberge bei Alt-Gatschow“ – ein Beitrag zum Problem der Pflege von Naturschutzgebieten“, in dem er auf die Zunahme der Sträucher und Gebüsche hinweist, die dringend entfernt werden müssten. Zudem erwähnt JESCHKE, dass die Zweigstelle Greifswald des ILN (Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz Halle) im Rahmen eines Teilberichts der Forschungsleitung „Heiden und Hutungen als Naturschutzgebiete in

Abb. 25: Blick auf Teufelsstein Richtung Süden (um 1950, Fotograph unbekannt)

Mecklenburg“ (1972), ein neues Pflegekonzept für die Wallberge bei Alt-Gatschow entwickelt hat, in dem es heißt:

„1. Auftrieb von für die Zucht untauglichen Jungrindern im Frühsommer, die im Herbst zur Schlachtung abgegeben werden.

Bei einer Besatzstärke von 1 RGV/ha ergibt sich eine Kopfzahl von etwa 20 Jungrindern.

2. Die in den letzten Jahren fortgeschrittene Ausbreitung der Weidegesträuche (Prunus spinosa, Crataegus spec., Rosa canina), die den Bereich der Trockenweiden bereits stärker einengen, ist zurückzudrängen. Dazu ist ein periodisches Abschlagen im Abstand von 5 bis 10 Jahren erforderlich.“ (JESCHKE L. 1975:21)

Nötig wurde dieses neue Pflegekonzept, da die Beweidung bereits zu dieser Zeit nicht genügte, um den ursprünglichen Zustand des Gebiets aufrecht zu erhalten. Über Durchführungen und Ergebnisse dieser Planungen ist in der Literatur nichts weiter genannt.

Eine Dokumentation setzt erst im Jahr 1991 in einer Arbeit von EICHSTÄDT und BRIESEMEISTER wieder ein. Anhand einer Karte (siehe Kap. 4.3) wird darin der drastische Zuwachs von Sträuchern und Gebüschen dargestellt und eine anschließende Pflegeaktion im NSG beschrieben:

„Im Herbst 1992 begann nach Vorbereitung durch das damalige Staatliche Amt für Umwelt und Natur Greifswald eine Pflegemaßnahme, um die inzwischen stark zugenommene Verbuschung zu begrenzen. Der Totalabtrieb des vorhandenen Bewuchses mit Schlehe, Hundsrose und Weißdorn in Verbindung mit Auflichtung des Gehölzbestandes war Gegenstand dieser AB-Maßnahme. Diese Arbeiten sollten durch eine ziel- und schutzgebietsgerechte Beweidung unterstützt werden.“

(EICHSTÄDT W. & BRIESEMEISTER W. 1997:33)

Im Jahr 1994 wurde das Naturschutzgebiet in Richtung Süden bis zur Ganschendorfer Straße erweitert (s. Kap. 2.5:Abb. 11). Somit verdoppelte sich die Gesamtfläche auf etwa 20 ha.

Auch auf diesen Flächen, über dessen damalige Nutzung nichts bekannt ist, waren mittlerweile Tendenzen der Verbuschung zu erkennen. Die andauernden Pflegemaßnahmen schlossen nun dieses Gebiet mit ein.

„Der Gehölzabtrieb 1993/94 wurde auf den Südteil, insbesondere die Erweiterungsfläche des Naturschutzgebietes[,] ausgedehnt. Die Osgräben, besonders im östlichen Bereich, wurden mit einbezogen.

Die bisher mehr sporadische Beweidung mit einer Schafherde konnte nicht fortgesetzt werden, da der Bewirtschafter die Schafzucht einstellte. Es kam nur kurzfristig zu einer Beweidung mit Jungrindern.“ (EBENDA:33)

Die Schafherde, die wegen Unwirtschaftlichkeit aufgegeben wurde, gehörte zu der Landgut-GmbH Beggerow. Weiterhin führt EICHSTÄDT auf, dass die „Rinder die auf den Halm vertrocknete Vegetation nur ungenügend“ aufnahmen. Dieser Umstand bedeutet, dass im Vornherein eine falsche Pflege- bzw. Weidepraxis durchgeführt wurde, da das Entfernen der abständigen Halme (durch Mahd oder vorheriges Abweiden) diese Ausgangssituation verhindert hätte. Im Jahr 1993 wurden die Rinder von den Flächen genommen und der behördliche Naturschutz vereinbarte mit einem Gotlandschafhalter die zukünftige Beweidung (aus Erzählungen seitens der Schäfer wissen wir, dass die Gotlandschafe einem Hobbytierhalter gehörten). DUKS führt in seiner Arbeit „Vegetationskundliche Untersuchungen im NSG ,Wallberge bei Alt-Gatschow`“ weitere Informationen bezüglich der Beweidung auf:

„Auf dem Wallberg bei Alt-Gatschow weideten von Herbst 1993 bis Frühjahr 1998 ganzjährig ohne Zufütterung zwischen 30 und 80 Gotlandschafe (Muttern), zzgl. etwa in der gleichen Anzahl Lämmer. Seit Frühjahr 1998 wird die Schafherde (120 Muttern) in der Umtriebsweide mit einer benachbarten Fläche (ca. 26 ha) gehalten. … Die Schafe beweiden im Untersuchungsgebiet z.B. die Flutrasen der Weidetümpel, dabei oft bis zum Bauch im Wasser stehend, die im Spätsommer trockengefallenen Gewässerböden, die Seggenriede, aber auch die Callunabestände und die kärglichen Magerrasen. Innerhalb eines Jahreszyklus nutzen die Tiere die verfügbare Fläche bis in jeden Winkel. Im Winter werden bevorzugt nährstoffspeichernde Organe der Pflanzen gefressen. Im Frühjahr und Herbst besteht eine große Vorliebe für Gehölze.“ (DUKS P. 2000:9)

„Das auf den Wallbergen praktizierte System der Weideführung ist in Anlehnung an WICHMANN et al. (2000) mit dem Begriff der ,Trift-Standweide` zu beschreiben. Er ist bestimmt durch Großflächigkeit, wechselnden, insbesondere im Winter extrem niedrigen Viehbesatz, zeitweilige Weideruhe und gelegentliche partielle Mahd.“ (EBENDA:17)

Die detaillierten Angaben zur Beweidung, die DUKS hier liefert, basieren höchstwahrscheinlich auf den Angaben durch den Schafhalter und den eigenen Beobachtungen. Leider ist hier keine Quelle angegeben. Es sei kurz erwähnt, dass die Arbeit von DUKS die einzige der uns vorliegenden ist, die sich näher mit der Schafbeweidung und den Auswirkungen auf die Vegetation beschäftigt. Dieser Aspekt ist deshalb so wichtig, da die Einbeziehung der Nutzung eines Stücks Landschaft in unseren Augen unumgänglich für das Verständnis eines aktuellen Vegetationsbestandes ist. Da aus der Zeit von 1993-1998 kaum weitere Informationen zur Nutzung oder Pflege und insbesondere zur Vegetation vorliegen, ist es nur schwer nachvollziehbar, wie der Zustand der Weiden in diesem Zeitraum war. Die Angaben von DUKS führen uns trotzdem zu der Annahme, dass die Größe der Herde nicht ausreichte, um den Oszug angemessen zu beweiden. Unterstrichen wird unsere Vermutung durch die Aussage von EICHSTÄDT & BRIESEMEISTER, die nach einer weiteren Begehung des Naturschutzgebietes Mängel in der Weidenutzung feststellten:

„Da die gefährdeten und seltenen Pflanzengesellschaften und –arten vor allem auf dem unmittelbaren Oszug vorkommen und die Weideintensität in der Hauptvegetationsperiode nicht voll ausreicht (WOLLERT [H.] 1995) wird empfohlen, die Anzahl der Weidetiere auf der Gesamtfläche zu erhöhen oder die Tiere in der Hauptvegetationsperiode auf dem eigentlichen Oszug zu halten. … Der Schafbestand weicht insbesondere in der Hauptvegetationsperiode auf die frischeren Weideflächen in den Osgräben aus.“ (EICHSTÄDT & BRIESEMEISTER 1997:34f)

Abb. 26: Gotlandschafe auf dem Os (Frühjahr 1995); Foto von EICHSTÄDT W.

Wir können festhalten, dass die Beweidung mit Gotlandschafen, durch einen Hobbytierhalter, nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht hat. Im Laufe der Jahre wurden verschiedene Vorschläge zur Verbesserung der Weidenutzung ausgeführt, die zum Großteil nicht in die Praxis umgesetzt wurden. Ab dem Jahr 1999 gibt es keinerlei Aufzeichnungen mehr über das Naturschutzgebiet. Daher werden wir im Folgenden die Informationen wiedergeben, die wir in mehreren Gesprächen mit den Schäfern, die aktuell das NSG bewirtschaften, gesammelt haben.

Das Gatschower Os ist bis zum Jahr 2000 weiterhin mit Gotlandschafen beweidet worden. In diesem Jahr begann auch eine Verdrängungskreuzung mit dem Schwarzköpfigen Fleischschaf, da der Fleischansatz des Gotlandschafes zu gering für eine rentable Vermarktung ist. Die Beweidung mit den gekreuzten Schafen wurde bis 2012 fortgesetzt.

Dann erfolgte die Übergabe der Herde an einen der jetzigen Schäfer. Dieser berichtet, dass sowohl die Flächen des Oszuges, als auch die Tiere in einem sehr schlechten Zustand waren.

Viele der Tiere waren kaum überlebensfähig und völlig verwahrlost. Die Flächen waren zu diesem Zeitpunkt von Unter- und Überweidung gekennzeichnet.

Rohstoffgewinnung im NSG

Neben der bäuerlichen Grünlandnutzung wurde der Oszug auch zur Rohstoffgewinnung genutzt. Es sind erhebliche Abtragungen der Sande und Kiese durchgeführt worden, dessen Spuren unübersehbar sind. Aus einem unveröffentlichten Textmanuskript auf der Internetseite des Törpiner Forums e.V. geht hervor, dass Ende der 1920er Jahre umfangreiche Abtragungen erfolgten:

„1927 plante die damalige Gemeindevertretung den Bau einer Straße von Ganschendorf nach Gatschow. Der Landweg von einem Ort zum anderen war zu bestimmten Jahreszeiten eine Katastrophe. … Der Straßenbau sah eine neue Brücke über den Augraben vor, auch musste die Trassenführung zum Augraben eine bessere werden.… Die neue Brücke erbaute man einige Meter höher über das Flussbett, dadurch musste viel Kies zum Auffüllen angefahren werden. … Aus dem Raum Gatschow Wallberge ist sehr viel Material gewonnen worden, das zum größten Teil mit Feldbahnen transportiert wurde.“ (PRATZEL H. G. (Hrsg.) 2010:53)

Ob der hierfür benötigte Sand und Kies aus unserem Untersuchungsgebiet entnommen wurde, ist nicht bekannt. Im südlichen Teil befindet sich jedoch eine relativ junge Abgrabungsstelle, die eindeutig von der östlichen Seite erschlossen wurde (sie liegt damit genau in Richtung Ganschendorf und zu der Brücke).

In einem gesammelten Werk über die Naturschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern wird in einem Satz zum NSG Wallberge erwähnt, dass vor der Unterschutzstellung an mehreren Stellen des Oses sowie auf der Kreidescholle Kies und Kreide entnommen wurden (vgl.

UMWELTMINISTERIUM MECKLENBURG-VORPOMMERN 2003:332). Auch in den 1970ern wurde im jüngeren Teil des heutigen NSG noch Sand und Kies gewonnen (vgl.

JESCHKE L. et al (Hrsg.) 1972:202).

In einer Karte (Abb. 27), die 1980 erstellt wurde, ist zu erkennen, dass der südliche Teil des heutigen NSG, mit der Beschriftung Kies versehen ist. Ob dies nur ein Verweis für eine

6 Nutzung und Pflege 2016