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Risikoabschätzung der Fusarientoxine

Für die Risikoabschätzung der Fusarientoxine (hier DON und ZEA) müssen die vorliegenden Belastungsdaten der einzelnen Lebensmittel in Verbindung mit den bekannten toxikologi-schen Wirkungen dieser Toxine bewertet werden. Dabei sind unter anderem regional unter-schiedliche Verzehrsverhalten als auch Personengruppen mit einer besonderen Ernährungs-situation (z. B. diätetische Lebensmittel für die Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern oder sogenannten Extremverzehrer) zu berücksichtigen.

Das internationale Lebensmittel-Monitoring-Program Global Environment Monitoring System (GEMS) wurde von dem United Nation Environment Programme (UNEP), der FAO (Food and Agriculture Organization) und der World Health Organization (WHO) ins Leben gerufen.

Ziel des Programms ist es, auf internationaler Ebene Daten zur Verunreinigung von Le-bensmitteln mit bestimmten chemischen Stoffen zu sammeln, diese zu bewerten, mögliche Risiken für den Verbraucher zu erkennen und den beteiligten Ländern und internationalen Organisationen eine Basis für Maßnahmen zur Risikobewertung zur Verfügung zu stellen.

Dieses Programm stellt neben den SCOOP-Projekten innerhalb der europäischen Union die Grundlage zur Risikobewertung dar. Die SCOOP-Projekte haben das Ziel, die nahrungsbe-dingte Aufnahme einzelner Mykotoxine in der EU-Bevölkerung abzuschätzen. Für die Fusa-rientoxine resultierte daraus der SCOOP Task Report 3.2.10 aus dem Jahr 2003. Diese SCOOP-Daten werden unter anderem vom SCF, der europäischen Kommission für die

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luierung einer Risikoabschätzung der öffentlichen Gesundheit, aufgrund der nahrungsbe-dingten Aufnahme verschiedener Toxine herangezogen.

4.6.1 Risikoabschätzung für die Trichothecene

Die ernährungsbedingte Aufnahme von DON, T-2 Toxin und HT-2 Toxin wurde unter ande-rem entsprechend der Empfehlung des 56. Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Ad-ditives (JECFA) Report (Safety evaluation of certain mycotoxins in food) aus dem Jahr 2001 beurteilt.

4.6.2 Risikoabschätzung für die Summe der Typ A und Typ B Trichothecene

Aufgrund eines einheitlichen strukturellen Grundgerüstes der Trichothecene und möglicher Analogien in den toxikologischen Wirkungsmechanismen wurde zunächst für die Gesamtex-position bestimmter Trichothecene (DON, NIV, T-2 Toxin und HT-2 Toxin) eine kombinierte temporäre Tolerierbare Tägliche Aufnahme (tTDI) diskutiert.

In einer Stellungnahme aus dem Jahr 2002 bewertet das SCF die vorliegende toxikologische Datenlage bezüglich der einzelnen Trichothecene und hinsichtlich der Einführung eines Gruppen-TDI’s für die Summe der Typ A und Typ B Trichothecene. Die verfügbaren Daten wurden als nicht ausreichend konsistent bewertet, um einen solchen Gruppen-TDI abzulei-ten. Der toxikologisch diskutierte synergistische Wirkungsmechanismus der Typ A und Typ B Trichothecene, welcher einen erhöhten Sicherheitsfaktor zur Folge hätte, konnte zu diesem Zeitpunkt nicht belegt werden.

4.6.3 Risikoabschätzung einzelner Trichothecene

PRONK ET AL. (2002) erstellten eine Übersicht über toxikologische Endpunkte und das Vor-kommen von NIV, FusX, DAS, NEO und 3- und 15-AcDON. Darin Vor-kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die Ableitung eines TDI’s aufgrund der unzureichenden toxikologischen Datenlage und der ungenügenden Datenlage bezüglich der Belastung der Lebensmittel mit FusX, DAS, 3-AcDON, 15-AcDON und NEO zu diesem Zeitpunkt nicht möglich ist. Für NIV wurde ein tTDI von 0,7 µg/kg KG ermittelt. Dieser beruht auf der Grundlage der signifikant auftretenden toxischen Effekte für NIV wie der allgemeinen Toxizität und der Immunotoxizität bei Mäusen (OHTSUBO ET AL. (1989); RYUET AL. (1988)). Schlussfolglich wurde ein Monito-ring für diese Toxine mit entsprechender analytischer Methodenentwicklung im unteren Be-lastungsbereich empfohlen.

Unter Anwendung eines LOAEL von 0,7 mg/kg KG aus Langzeitstudien mit Mäusen (O HT-SUBO ET AL. (1989); RYUET AL. (1988)) wurde ein tTDI von 0,7 µg/kg KG/Tag festgelegt. Da-bei wurde ein Sicherheitsfaktor von 1.000 aufgrund der Verwendung des LOAEL und einer nicht ausreichenden Datenbasis festgesetzt (SCF, 2000b; SCF, 2002). Aus dem SCOOP Task 3.2.10 geht hervor, dass die nahrungsbedingte NIV-Aufnahme weit unterhalb des TDI’s liegt.

32 Bundesinstitut für Risikobewertung 4.6.4 Risikoabschätzung für T-2 Toxin und HT-2 Toxin

Zur Risikoabschätzung von T-2 Toxin und HT-2 Toxin legten sowohl das SCF (2001) als auch die JECFA (2000) die Studie von RAFAI ET AL. (1995) zur subakuten Toxizität dieser Verbindungen in Schweinen zugrunde. Daraus resultierte ein LOAEL von 0,03 mg/kg KG.

Mit einem Sicherheitsfaktor von 500 berechnete das SCF, 2001, einen temporären TDI (tTDI) von 0,06 µg T-2 Toxin/kg KG/Tag. Da die akute Toxizität von T-2 Toxin und HT-2 To-xin als nahezu gleich angesehen werden kann und T-2 ToTo-xin in vivo schnell zu HT-2 Toxin biotransformiert, wird ein kombinierter tTDI für die Summe dieser Toxine als sinnvoll erach-tet.

Die JECFA ermittelte für T-2 Toxin und HT-2 Toxin einen TDI von 0,017 µg/kg KG auf Basis einer kritischen Beurteilung der in Lebensmitteln gefundenen Konzentrationen und den GEMS- (Food European regional diet) Daten. Die JECFA, 2000, berechnete unter Berück-sichtigung der GEMS-Verzehrsdaten für T-2 Toxin eine Gesamtaufnahme von 7,6 ng/kg KG/Tag, wobei Weizen und Gerste die Hauptaufnahmequelle darstellten. Die Gesamtauf-nahme von HT-2 Toxin wurde zu 8,7 µg/kg KG/Tag ermittelt, wobei der höchste Eintrag über Weizen, Gerste und Hafer zu verzeichnen war.

Einer Risikoabschätzung von ERIKSEN ET AL. (2004) zufolge wurde für die skandinavischen Länder ein durchschnittlicher Summen-TDI von T-2 Toxin und HT-2 Toxin von 0,13 µg/kg KG abgeleitet.

Der SCOOP Task 3.2.10 berichtet über die Summe der beiden Toxine (T -2 Toxin und HT-2 Toxin) für einen kombinierten TDI von 0,06 µg/kg KG in den meisten Fällen eine Überschrei-tung. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass die Anzahl positiver Proben für T-2 Toxin bei 20 % und für HT-2 Toxin bei 14 % liegt. Aufgrund dieser Tatsache wird die mittlere Toxinauf-nahme stark von den Nachweisgrenzen der analytischen Methoden beeinflusst.

4.6.5 Risikoabschätzung für Deoxynivalenol

Die Langzeit-Fütterungsstudien von IVERSON ET AL. (1995) mit männlichen und weiblichen B6C3F1-Mäusen stellt zur Zeit den zentralen Ansatzpunkt für eine Risikoabschätzung und somit zur Berechnung eines TDI’s von DON innerhalb der europäischen Union dar. Diese, auf einer chronisch toxikologisch basierenden Wirkung beruhende Studie führte zur Berech-nung eines NOAEL’s von 0,1 mg/kg KG/Tag. Dabei wurde keine erhöhte Tumorbildung oder ein anderes Anzeichen einer kanzerogenen Wirkung festgestellt.

Diese Studie wurde vom SCF, 1999, der JECFA, 2000, dem RIVM und dem Nordic Council of Ministers (ERIKSENET AL. (2004)) zur Risikoabschätzung von DON zugrunde gelegt. Unter Verwendung eines Sicherheitsfaktors von 100 wurde ein tTDI von 1 µg/kg KG berechnet.

Dieser tTDI wurde zunächst als vorläufig festgelegt, da die genannte Studie nur an einer Tierspezies durchgeführt wurde, und da Unsicherheiten bezüglich des genauen Wirkungs-mechanismus bestehen. Dieser tTDI umfasst außerdem auch weitere subchronische und reproduktionsbedingte Effekte und akut auftretende Brechreize von DON.

PIETERSET AL.(1999) diskutieren ebenfalls auf dieser Grundlage eine erhöhte Exposition an DON für Kleinkinder zwischen ein bis vier Jahren. Dabei überschreiten 80 % der Einjährigen den einfachen tTDI und 20 % davon den zweifachen TDI. Die Aufnahme des 95sten Perzen-tils der Einjährigen beträgt dabei 3 µg/kg KG. In dieser Abschätzung stellt Brot sowohl für diese Gruppe als auch für Erwachsene den größten Beitrag der täglichen Aufnahme dar. In den skandinavischen Ländern (ERIKSEN ET AL. (2004)) wurde die Aufnahme von DON durch Getreide in einem Bereich von 0,3 - 0,5 µg/kg KG/Tag abgeschätzt. Für Verbraucher mit

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nem erhöhten Bedarf wurde der doppelte Bereich eingeräumt. Für die mittlere Bieraufnahme wurde ein Bereich von 0,1 - 0,2 µg/kg KG/Tag geschätzt. Aufgrund dieser Beurteilung ist eine Überschreitung des vorgeschlagenen tTDI durch Konsumenten mit einem erhöhten Verbrauch an Getreide, Getreideprodukte und Bier möglich.

Die JECFA berechnete unter Berücksichtigung der GEMS/European Food regional diets-Daten für DON eine Gesamtaufnahme von 1,4 µg/kg KG/Tag. Die wichtigste Aufnahmequel-le für DON stellte dabei Weizen dar. In dem bereits genannten Report (Safety evaluation of certain mycotoxins in food) wurden weitere Risikoabschätzungen zur nahrungsbedingten Aufnahme von DON aus Argentinien, Schweden, Norwegen, Großbritannien und den USA dargelegt. Aus diesen Daten wurde deutlich, dass Säuglinge und Kleinkinder (1,5 - 12 Jahre) die Personengruppe mit der höchsten DON-Belastung darstellt.

Aus dem SCOOP Task 3.2.10 geht in Bezug auf einen TDI von 1 µg/kg KG für DON folgen-de Risikoabschätzung hervor:

mittlere DON-Aufnahme:

Hier lag die nahrungsbedingte Aufnahme von DON in den unterschiedlichsten Bevölke-rungsgruppen weit unterhalb des TDI’s. Die Gruppe der Säuglinge und Kleinkinder stellte eine Ausnahme dar, da hier der TDI nahezu ausgeschöpft wurde.

DON-Hochverzehrer:

Hier wurde innerhalb der Gruppe der Kleinkinder der TDI überschritten. Für die Gruppe der 13 bis 18 Jahre alten Jugendlichen lag die Aufnahme im Bereich des TDI’s.

4.6.6 Risikoabschätzung für Zearalenon und dessen Derivaten

ERIKSEN ET AL. (2004) schätzten die hormonellen und kanzerogenen Wirkungsmechanismen von Zearalenon als die kritisch zu bewertenden Risiken ein. Wie Untersuchungen des US National Toxicology Program (NTP, 1982) zeigten, besitzt ZEA ein kanzerogenes Potenzial.

Eine mathematische Annäherung zur Risikoabschätzung von ZEA wurde von KUIPER -GOODMANNETAL. (1987) durchgeführt. ERIKSEN ET AL. (2004) stuften diese Risikoabschät-zung als zuverlässig ein. Bei einem geschätzten Risiko von 1 zu 106 führt diese Extrapolation zu einer sicheren Aufnahmemenge von 0,05 µg ZEA/kg KG/Tag. Die zu Grunde liegenden Daten stammen aus der NTP-Studie.

Der Nachweis von DNS-Addukten in Mäusen (GROSSE ET AL. (1997)) lässt die Annahme zu, dass ZEA möglicherweise genotoxische Effekte hervorruft. Dieser genotoxische Effekt deutet an, dass keine Schwellenwertkonzentration für Zearalenon existiert. GRIFFIN ET AL. (1984) untersuchten die hormonellen Wirkungen von α-Zearalenol während einer 90-tägigen oralen Fütterungsstudie bei weiblichen Affen und bestimmten ein NHEL von < 50 µg/kg KG. Da die-ses Versuchsmodell keine vollständige Bewertung zuließ, setzte das Nordic Council of Minis-ters einen Sicherheitsfaktor von 500 fest. Der ermittelte TDI beträgt 0,1 µg/kg KG/Tag.

Das α-Isomer ist das Hauptbiotransformationsprodukt von ZEA in Schweinen und Menschen.

Daraus wurde abgeleitet, dass Ergebnisse aus Untersuchungen mit Schweinen – als emp-findlichste Spezies – zur Risikoabschätzung für den Fortpflanzungseffekt von ZEA herange-zogen werden. Auswirkungen auf die Fortpflanzung in Schweinen konnten bei einer Dosis von 0,06 mg/kg KG beobachtet werden. Unter Verwendung eines Sicherheitsfaktors von 500 konnte eine Aufnahme von 0,1 µg/kg KG/Tag bestimmt werden.

Die Berechnungen, die auf Grundlage von kanzerogenen, fortpflanzungsbedingten und hor-monellen Wirkungen durchgeführt wurden, führen alle zu einem einheitlichen TDI-Bereich.

ERIKSEN ET AL. (2004) und KUIPER-GOODMANN ET AL. (1987) gelangen dabei zu einem tTDI für ZEA von 0,1 µg/kg KG/Tag.

34 Bundesinstitut für Risikobewertung Die EU-Kommission beschloss, die Risikoabschätzung von ZEA auf Grundlage der Konzent-ration durchzuführen, die keine hormonelle Wirkung bei Schweinen mehr hervorruft, und stellte einen tTDI für ZEA von 0,2 µg/kg KG/Tag auf. Dies basiert auf einem NOEL von 40 mg/kg KG und einem LOEL von 200 mg/kg KG. Für die Berechnung des tTDI’s wurde ein Sicherheitsfaktor von 200 zugrundegelegt.

Aus dem SCOOP Task 3.2.10 geht hervor, dass für die erwachsene Bevölkerung der Euro-päischen Union bei einer mittleren täglichen Aufnahme von ZEA der TDI nicht erreicht wird.