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Bei antimikrobiellen Wirkstoffen handelt es sich um niedermolekulare Stoffwechselprodukte von Mikroorganismen, die zur Hemmung der Vermehrung oder zur Abtötung anderer Mikroorganismen führen und somit einen Wirkstoffproduzenten im Kampf um Nahrung oder die Besiedlung neuer Areale bevorteilen (SCHWARZ et al. 2000). Dementsprechend wurden Bakterien bereits lange vor der klinischen Anwendung antimikrobieller Wirkstoffe in Human- oder Veterinärmedizin gezwungen, Mittel und Wege zu eruieren, um der inhibitorischen Wirkung antimikrobieller Wirkstoffe zu entgehen.

Die Ursprünge der bakteriellen Resistenzentwicklung liegen somit zwar in grauer Vorzeit, die massive Anwendung antimikrobieller Wirkstoffe in Human-, Veterinär-und Phytomedizin seit den 50er Jahren des vergangenen JahrhVeterinär-underts hat jedoch zum einen die Entstehung neuer Resistenzgene und zum anderen die Ausbreitung bereits vorhandener Resistenzgene gefördert (SCHWARZ et al. 2000).

Erweist sich ein Bakterium gegenüber einem antimikrobiellen Wirkstoff als resistent, so kann dieses grundsätzlich zwei verschiedene Ursachen haben. Einerseits kann eine sogenannte "intrinsische“ oder "primäre“ Resistenz vorliegen, andererseits kann eine entsprechende Resistenz auch erworben worden sein (CHOPRA 1984). Bei der intrinsischen Resistenz ist eine Wirkung des antimikrobiellen Wirkstoffes bei bestimmten Bakteriengattungen oder –arten nicht möglich, da die Wirkungsorte für die antimikrobiellen Wirkstoffe bei diesen Bakterien fehlen oder nicht zugänglich sind. Die erworbene Resistenz stellt dahingegen eine spezifische Eigenschaft einzelner Bakterienstämme dar, die entweder auf den Erwerb von Resistenzgenen, auf resistenzvermittelnde Mutationen chromosomaler Gene oder auf Modifikation bereits bestehender Resistenzgene zurückzuführen ist (KEHRENBERG 2000).

Solche Resistenzgene sind häufig auf mobilen DNA-Elementen, wie Transposons oder Plasmiden, zu finden und können über Mechanismen des Gentransfers horizontal zwischen Bakterien übertragen werden (SCHWARZ et al. 2000).

2.7.2 Resistenzmechanismen

Grundsätzlich werden drei verschiedene Resistenzmechanismen (SCHWARZ u.

CHASLUS-DANCLA 2001) unterschieden:

• Enzymatische Inaktivierung antimikrobieller Wirkstoffe

• Herabgesetzte intrazelluläre Akkumulation antimikrobieller Wirkstoffe

• Veränderungen des zellulären Angriffspunktes der antimikrobiellen Wirkstoffe

Eine enzymatische Inaktivierung tritt entweder durch eine chemische Veränderung oder durch eine hydrolytische Spaltung (Makrolide, β-Laktamantibiotika) antimikrobieller Wirkstoffe ein. Bei der chemischen Veränderung kommt es zu einem Transfer von Adenyl-, Acetyl- oder Phosphorgruppen an die Wirkstoffmoleküle (Chloramphenicol, Aminoglykoside), wodurch diese ihre antimikrobielle Wirkung verlieren.

Ein gesteigerter Export von antimikrobiellen Wirkstoffen aus der Bakterienzelle oder eine herabgesetzte Aufnahme der Substanzen in die Bakterienzelle liefert die Basis der verminderten intrazellulären Akkumulation der Wirkstoffe. Ein vermehrter Transport aus der Bakterienzelle wird meist durch energiefordernde Ausschleusungssysteme (Effluxsysteme) vermittelt. Hierbei unterscheidet man zwischen substratspezifischen Effluxsystemen, wie sie für Tetracycline, Chloramphenicol und Makrolide bekannt sind, und sogenannten "Multidrug-Transportern“, die ein relativ breites Spektrum an funktionell und strukturell unterschiedlichen Substanzen aus der Zelle befördern können. Aufgrund eines Verlustes oder einer verminderten Bildung gewisser Porine, die als Eintrittspforte für bestimmte antimikrobielle Wirkstoffe dienen, kann es außerdem zu einer herabgesetzten Aufnahme der Wirkstoffe in die Bakterienzelle kommen.

Zu Veränderungen des zellulären Angriffspunktes der antimikrobiellen Wirkstoffe kann es durch unterschiedliche Methoden kommen. So wird zum einen bei der Resistenz gegenüber Makroliden, Lincosamiden und Streptogramin B-Antibiotika das Anheften der Wirkstoffe an ihre Zielstrukturen durch eine chemische Veränderung (Methylierung) des zellulären Angriffspunktes verhindert. Zum anderen treten bei der

Tetracyclinresistenz spezifische Schutzproteine in Erscheinung, die die Ribosomen vor den inhibitorischen Effekten der Tetracycline bewahren. Weiterhin verfügen Bakterien über die Möglichkeit empfindliche Zielstrukturen durch solche mit verminderter Empfindlichkeit für spezielle antimikrobielle Wirkstoffe zu ersetzen.

Dieses ist für Sulfonamid- und Trimethoprimresistenz bekannt. Mutationen in den Genen, die für die Zielstrukturen kodieren, können die entsprechenden Genprodukte – wie von der Fluorchinolonresistenz bekannt – unempfindlich gegenüber den jeweiligen Wirkstoffen machen.

Weiterhin können die Bindungsorte, bspw. in der 23S rRNA, für bestimmte Wirkstoffe durch Mutationen derart verändert werden, dass ein effizientes Anheften der Wirkstoffe nicht mehr möglich ist (SCHWARZ u. CHASLUS-DANCLA 2001).

2.7.3 Resistenzlage von Pasteurella-, Mannheimia-, Bordetella-, Actinobacillus und Streptococcus-Isolaten

Allgemeine Aussagen zur Lage der antimikrobiellen Resistenz von Pasteurella-, Mannheimia-, Bordetella-, Actinobacillus- und Streptococcus-Isolaten sind trotz großer Anzahl an Untersuchungen nur schwer zu tätigen. Diese Schwierigkeit basiert sowohl auf der Abhängigkeit des Resistenzverhaltens der Bakterien von geographischer Herkunft, der Wirtstierart und der bisherigen antimikrobiellen Therapie als auch von den jeweilig vorhandenen Resistenzgenen der Bakterien und den verfügbaren Mechanismen des Gentransfers. Außerdem haben die Methodik der Empfindlichkeitsprüfung und die Interpretation der Ergebnisse anhand unterschiedlicher Standards (DIN, NCCLS, etc.) einen erheblichen Einfluss auf allgemeine Aussagen hinsichtlich der Resistenz. Aussagekräftige Untersuchungen an einer ausreichend großen Zahl von Pasteurella- und Mannheimia-Isolaten liegen von HÖRMANSDORFER und BAUER (1996, 1998), KLARMANN (1997) sowie von SCHWARZ et al. (2000) vor. Die Vergleichbarkeit der Ergebnisse ist jedoch aufgrund der Unterschiede in (1) der Auswahl der getesteten Wirkstoffe, (2) der verwendeten Methodik der Empfindlichkeitsprüfung und (3) den zur Bewertung der Ergebnisse herangezogenen Grenzwerten kaum möglich.

Neben den Unterschieden in der Methodik kommen gravierende Differenzen in den Anzahlen der untersuchten Isolate und fehlende Aussagen über die Epidemiologie der Isolate zum Vorschein, die einen Vergleich mehrerer Studien erschweren.

Weiterhin stellt sich besonders bei der Resistenzbestimmung von Pasteurella- und Mannheimia-Isolaten eine – oftmals in älteren Studien festzustellende – unzureichende Speziesdifferenzierung als problematisch dar.

Im Jahr 1992 startete TROLLDENIER eine Dokumentation zur Resistenzlage der veterinärmedizinisch relevanten Bakterien. Daran waren 29 veterinärmedizinisch-diagnostisch tätige Einrichtungen aus Deutschland beteiligt. Diese Einrichtungen folgten einheitlich der Arbeitsempfehlung "Resistenzbestimmung schnell wachsender Bakterien“ (AVID 1994). Die Empfindlichkeitsprüfung erfolgte mittels Agardiffusions-und Bouillondilutionstests, Agardiffusions-und die Auswertung folgte den Vorschriften gemäß DIN 58940. Bei dieser Erhebung handelt es sich um das bislang einzige flächendeckende Informationsmaterial über die Resistenzsituation veterinärmedizinisch relevanter Bakterien in Deutschland. Nachteilig an dieser Erhebung war jedoch, dass die teilnehmenden Institute (1) die Ergebnisse nur als "empfindlich", "intermediär" oder

"resistent" mitteilten, (2) die untersuchten Isolate nicht für eine spätere Überprüfung archivierten und (3) die Speziesdifferenzierung nicht gemäß einheitlich vorgegebener Kriterien durchführten.

Anfang 2001 wurde von Dr. J. Wallmann aus dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) (ehemals Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin) ein neues nationales Resistenz-monitoringprogramm initiiert. Hierbei versuchte man die Fehler des alten Program-mes zu umgehen. Die Veterinäruntersuchungsämter der Länder senden nun nach einem statistisch berechneten Schlüssel Isolate der zu testenden Spezies an das BVL. Im BVL erfolgt eine erneute Überprüfung der Spezieszugehörigkeit und zentral eine Empfindlichkeitsprüfung aller Isolate mittels Mikrodilution gemäß den Richtlinien der NCCLS. Zudem werden alle Isolate als Dauerkulturen im BVL gelagert. Nach einer vielversprechenden Vorlaufphase im Jahr 2001 werden erste Ergebnisse des neuen Programmes Mitte 2003 zu erwarten sein.