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Die religiöse Grenze

Im Dokument Die Serbisch-Orthodoxen in (Seite 97-200)

2. Religiöser Alltag

2.3 Die religiöse Grenze

131 Igumen (deutsch auch Hegumen(os)/serb. Iguman/russ. Igumen) ist der Titel eines Mönchsgeistlichen, der einem Kloster geistlich und administrativ vorsteht.

132 Hristifor Mihajlović (1854–1920) war von 1873–1891 Mönch und Igumen des Klos-ters Zavala, danach diente er in Mostar. Wegen politischer Betätigung (offiziell wegen einer sog. Fälschungsaffäre)  wurde er zu einer mehrjährigen Haftstrafe in Zenica verurteilt.

Nach Petitionen der orthodoxen und katholischen Bevölkerung Mostars und des Popovo Poljes sowie Bischof Serafims begnadigte ihn die Landesregierung im Jahre 1898. Von da an diente er als Archimandrit erneut in Zavala. 1901 wurde er ins Kloster Žitomislić ver-setzt, in dem er 1920 starb. Vgl. Popović, P. J.: O umrlim sveštenicima Hercegovine. In: Ves-nik Srpske crkve 26 (1921), 190–192, hier 191. Auch der Kreisvorsteher von Mostar, Karlo Baron von Pitner, betonte 1901 die religionsübergreifende Verehrung Mihajlovićs in der

Religiöse Feiern 97 Die zwischen Katholiken und Orthodoxen umstrittene Zugehörigkeit der Kirche behinderte am Petrustag weder Wallfahrten von Katholiken und Or-thodoxen noch gemeinsame religiöse Feiern.133 Zeitpunkt und Ort des reli-giösen Festes waren deutlich wichtiger als die Frage, in welcher Form der Kult durchgeführt wurde. Entscheidend blieb dennoch, welche religiösen Experten die Feier leiteten und damit eindeutig konfessionell festlegten. Menschen der jeweils anderen Glaubensgemeinschaften nahmen den Unterschied zwar klar als solchen wahr, duldeten aber auch religiöse Experten der anderen Kirchen-organisation, wenn der religiöse Bezug des Tages und des Ortes wichtig und die konkreten liturgischen Unterschiede der religiösen Verehrung eher unklar waren.

Čajniče

Die kleine Handelsstadt Čajniče ganz im Nordosten der Eparchie Zahumlje-Herzegowina war mit ihrer orthodoxen Kirche ein weiteres wichtiges Ziel von christlichen und muslimischen Pilgern aus ganz Bosnien-Herzegowina und den angrenzenden Ländern. Wohl seit dem 16. Jahrhundert befand sich hier die als wundertätig verehrte Ikone der Muttergottes, über die man sich erzählte, der Evangelist Lukas habe sie noch zu Lebzeiten Marias gemalt. Auf der Rückseite zeigte die Ikone den hl. Johannes. Angeblich hatte ein Bauer die Ikone vor der Zerstörung des Klosters Banja am Lim im Jahre 1594 gerettet und in die Stadt gebracht. Das Heiligenbild war das mit Abstand wichtigste und berühmteste der ganzen Eparchie.134 Zahlreiche Menschen unterschiedlichen Glaubens aus Bos-nien, der Herzegowina und Montenegro pilgerten zu dieser Ikone, um Heilung

Bevölkerung: »Als der Metropolit noch vor der Begnadigung [im Jahre 1898] des Christi-for [Mihajlović] einmal nach Zavala kam, erschienen bei ihm mehrere Deputationen von Landleuten aus dem Popovopolje um eben seine Fürsprache zugunsten dieser Begnadi-gung zu erbitten. Darunter befand sich auch eine zahlreiche Deputation römisch-katho-lischer Bauern und ein wohlhabender dalmatinischer Grundbesitzer, ebenfalls ein Ka-tholik, versprach dem Metropoliten sogar eine Glocke für die Kirche in Zavala zu stiften, wenn Mihajlovic begnadigt würde.« Pitner an Kállay, 16.10.1901; ABH, ZMF Privat-Regis-tratur, Kabinettbriefe (fortan PrReg) 170/1901. Über die Internierung Mihajlovićs vgl. auch Ziviladlatus Isidor von Benko an Landeschef Johann von Appel, 15.12.1895; ABH, ZMF PrBH 1545/1895.

133 Der Bezirksleiter von Ljubinje sprach 1902 von über Zweitausend Gläubigen am Tag des hl. Petrus um das Kloster Zavala. BA Ljubinje an KB Mostar, 14.7.1902; ABH, ZMFPrBH 1062/1902.

134 Ebd. 406–408. Vgl. auch das Gedicht des Seminaristen und späteren Priesters von Foča: Kočović, Josif L.: Pred čudotvornom ikonom presvete Bogorodice u Čajniču. In:

Istočnik 4–5/5 (1891), 161 sowie die Beschreibungen der Stadt und ihrer Ikone vom eng-lischen Reisenden: Holbach, Maude M.: Bosnia and Herzegovina. Some wayside wanderings.

London 1910, 213–223.

von Krankheiten und Errettung vor allerlei Unbill zu erbitten.135 Die meisten Pilger kamen im Sommer nach Čajniče.

Die Pilger hatten der Gemeinde nicht erst seit dem 19. Jahrhundert reichlich Einnahmen beschert. Mit dem wirtschaftlichen Aufstieg orthodoxer Händler-familien seit dem zweiten Drittel des Jahrhunderts nahmen sie jedoch deutlich zu. Für die Stadt und ihre orthodoxe Gemeinde spielte die Nähe zu Sarajevo eine wichtige Rolle. Reiche Sarajevoer Familien spendeten große Summen für die Gemeinde, wohlhabende Förderer stammten aber auch aus Wien und Triest.

In den Jahren 1857–1863 hatte die Gemeinde unter den neuen Möglichkei-ten der tanzimat-Zeit neben die alte eine neue große Kirche im byzantinischen Stil gebaut. Der Ikone der Gottesmutter errichtete man darin einen steinernen Thron und ließ sie in Sarajevo in Silber fassen und vergolden.136 Die neue Kir-che wurde wie die alte dem Patronat von Mariä Himmelfahrt geweiht. Was den mobilen und immobilen Besitz sowie die Einnahmen betraf, war die Gemeinde neben Mostar bereits in den 1880er Jahren die vermögendste der Eparchie. Spä-testens seit Beginn des 20. Jahrhunderts übertraf sie alle anderen Gemeinden deutlich.137 Von den zahlreichen Spenden errichtete die Gemeinde bis 1892 zwei Häuser mit insgesamt 30 Zimmern für Pilger. Gegenüber anderen Gemeinden der Eparchie zeichnete sich Čajniče auch durch einen umfangreichen Bestand an religiöser Literatur, an Kirchengewändern und liturgischen Geräten aus. Un-ter den 98 Büchern der Gemeinde waren Evangelien sowie Gebets- und Litur-gieschriften138 – entweder in Form von losen Blättern oder in Hasen leder wie auch Samt gebunden. In verschiedenen Sprachen gedruckt oder

135 Darüber schrieb der örtliche Priester: »Nicht nur viele Orthodoxe, sondern auch Römisch-Katholische und Mohammedaner ohne Unterschied des Geschlechts, die hierher kamen und an Krankheiten litten, wurden in wenigen Tagen gesund und kehrten in ihre Häuser zurück.« Komadanović, Patrikije: Srpska pravoslavna stara i nova crkva u Čajniču.

In: Bosanska vila 26/7 (1892), 406–408, hier 408; vgl. auch Đorđević: Preislamski ostatci 64.

Es gab Volkslieder über die Heilung von Muslimen durch die dortige Ikone der Muttergottes.

Beispielsweise: Vukanović, Dušan P.: Zlatija đevojka i zidanje crkve u Čajniču. In: Bosanska vila 15–16/27 (1912), 223–225.

136 Komadanović, Patrikije: Srpska pravoslavna stara i nova crkva u Čajniču. In: Bo-sanska vila 26/7 (1892), 406–408, hier 407. Zur Gemeinde und ihren Gotteshäusern vgl.

Čajniče u narodnom predanju. In: Bosanska vila 11–12/16 (1901), 202–205.

137 Das mobile, immobile und bare Vermögen der serbisch-orthodoxen Kirchen- und Schulgemeinde Čajniče betrug 1906 über 370.000 Kronen, jenes (fast) aller Gemeinden der Eparchie zusammen nur knapp 950.000 Kronen. Terzić, Dimitrije V.: Izvještaj o radu šireg i užeg Eparhijskog Upravnog i Prosvjetnog Savjeta, kao i zajedničkih sjednica šireg -Eparhijskog Savjeta sa Eparhijskim Crkvenim Sudom, eparhije zahumsko-hercegovačke od.

13. decembra 1905. do 26. januara 1908. Izd. EUPS. Mostar 1908, Prilog Ž, E.

138 Die Gemeinde besaß zahlreiche Liturgiebücher wie Triod, Srbljak, Trebnik und Oktoih.

Als Triod werden meist zwei Liturgiebücher mit Gebeten und Gesängen bezeichnet. Der Srbljak stellt ein kirchenslawisches Liturgiebuch serbischer Redaktion dar, das vor allem Ha-giographien von Heiligen der Serbisch-Orthodoxen Kirche umfasst. Trebnik oder auch

Eucho-Religiöse Feiern 99

ben, stammten139 sie aus dem 15. bis 18. Jahrhundert, aus Venedig und Wien, Rim-nik in der Walachei, Moskau und Kiew.140

Bis 1914 vergrößerte sich der Besitz der Gemeinde durch die Ströme von Pil-gern weiter: Die Kirchgemeinde der kleinen Stadt an der montenegrinischen Grenze besaß mindestens ein Gasthaus für Wallfahrer (crkveni han), sechs wei-tere Häuser, eine Mühle, zwei Schulen, zahlreiche Gärten und mehrere

Fried-logion heißt eines der grundlegendsten orthodoxen Liturgiebücher für den häuslichen und parochialen Gebrauch. Der Oktoih/Oktoechos/Osmoglasnik bezeichnet eine Sammlung von Hymnen für die Stundengebete der Wochentage. Er besteht aus acht Zyklen von Wochen. Vgl.

Mirković, Lazar: Pravoslavna liturgika ili nauka o bogosluženju pravoslavne istočne crkve.

Prvi, opći deo. Za srpske pravoslavne bogoslovije. Sremski Karlovci 1918, 142–161; Novaković:

Pravoslavni pojmovnik; Getcha, Job (Archimandrite): The Typikon decoded. An explanation of Byzantine liturgical practice. Yonkers, New York 2012.

139 Heinrich Renner schrieb Ende des 19. Jahrhunderts über die kleine alte Kirche: »ein nur wenige Fuss über dem Erdboden erhabener kellerartiger Bau von ganz schmucklosem Aeusseren und eigentlich beispiellos verwahrlostem Innern.« Renner: Durch Bosnien kreuz und quer 162.

140 Zudem stammte auch das Antimension, das geweihte Altartuch der Kirche, von 1770 und war vom Metropoliten von Sremski Karlovci Stevan Stratimirović (1757–1836) geweiht – ein weiterer Beleg der weitverzweigten Verbindungen und überregionalen Bedeutung der Kirchgemeinde Čajniče. Komadanović, Patrikije: Srpska pravoslavna stara i nova crkva u Čajniču. In: Bosanska vila 26/7 (1892), 406–408; zur Kirchgemeinde von Čajniče vgl. auch Vukičević, Milenko M.: Iz starih Srbulja. In: GZMBH 13 (1901), 289–349; Momirović, Petar:

Stari rukopisi i štampane knjige u Čajniču. In: Naše starine 3 (1956), 173–177.

Abb. 2: Čajniče zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Rechts unterhalb der serbisch-orthodoxen Kirche ist ihr schlichter, winziger Vorgängerbau zu erkennen.139

Achtung: verdeckte

Fußnote!

höfe.141 Über alle Kriege und Aufstände hinweg zeigte sich an der Kirch-gemeinde von Čajniče und ihrer Ikone die enorme und religionsübergreifende Bedeutung eines materiellen religiösen Artefaktes – gerade in einer Region, die an solchen Dingen relativ arm war.

Zusammenfassung

Wallfahrten, Kloster- und Kirchfeiern hatten breitgefächerte Funktionen. So stimmte etwa der Historiker Emanuel Turczynski Leopold Ranke in seiner Ein-schätzung zu, solche Feiern wären »nicht nur dem Beichthören und der Kom-munion gewidmet, sondern auch Markt, Volksfest, Brautschau und Beratung der Dorf- und Kreisältesten« gewesen.142 In der ländlichen Herzegowina mach-ten Beichte und Kommunion, wenn überhaupt, nur einen ganz geringen Teil der Kirchen- und Klosterfeiern aus. Vor allem bei Kirchfeiern, aber auch bei Klos-terfeiern, beteiligten sich Laien in hohem Maße an der Organisation der Feiern.

Oft feierten dann Orthodoxe mit Muslimen und Katholiken nach dam alten, ju-lianischen Kalender um orthodoxe Gotteshäuser. Die Kirchfeiern waren dabei die wichtigste Form religiöser Kulte, die den familiären, lokalen und glaubens-gemeinschaftlichen Rahmen überschritten.

Kirch- und Klosterfeiern gewannen im Verlauf des 19. Jahrhunderts an Be-deutung. Nicht sicher zu belegen ist, ob auch die Zahl ihrer Teilnehmer wuchs.

Die religiösen Zusammenkünfte wurden jedoch im Zuge der romantischen Na-tionsbildung diskursiv aufgewertet. Vor allem Vuk Karadžić prägte in dem Zu-sammenhang den Erinnerungsort des Guslespielers auf dem dörflichen Kirch-fest als »serbischem Homer«, was sich als Topos bald auch unter städtischen Orthodoxen verbreitete. So schrieben Intellektuelle in romantischer Manier, die dörflichen Kirchfeiern hätten die selbe Bedeutung wie die olympischen Spiele bei den Griechen.143 Wiederholt betonte man die Rolle der Kirchversammlun-gen für den Ausbruch der Serbischen Aufstände zu Beginn des 19. Jahrhunderts.

Im Sinne romantischer Ideen verschmolzen im Bild der Kirchfeier die Ideale von Gemeinschaft, Abstammung, Freiheit, Widerstand und gemeinsamer Kul-tur zu einem nationalen Narrativ. So entstanden seit der Mitte des 19. Jahrhun-derts Gemälde des »Guslespielers auf der Kirchenversammlung«, wodurch die Einheit von Volk und Glauben symbolisiert und popularisiert wurde.144

141 Kriegsschadensbericht des Pfarramtes Čajniče, Priester Jovanović, 23.9.1919; AJ 69–

65–108. Über den großen Besitz der Gemeinde Čajniče siehe auch Davidović: Srpska Pra-voslavna Crkva 77.

142 Turczynski: Konfession und Nation 23.

143 Kaluđerčić, Stevan: Značaj i postanak svetosavske besjede u nas Srba. In: Istočnik 2/1 (1886), 26 f., hier 26.

144 Eine Abbildung eines solchen Bildes findet sich etwa im Einband von: Denton, Wil-liam: Serbien und die Serben. Nach anderen Quellen und eigenen Erfahrungen frei bearbeitet

Religiöse Feiern 101 Kirchenpatronate

Die Patronate der ländlichen Kirchen standen in enger Verbindung mit der tra-ditionellen Religiosität der Orthodoxen und damit auch mit der Freqentierung der Kirchen. Orthodoxe Familienverbände betrachteten Dorfkirchen häufig als Teil ihres kollektiven Eigentums. Hier waren ihre Vorfahren beerdigt und hier kamen sie mit rituellen Speisen und Getränken zu Totenfeiern an die Grä-ber.145 Oftmals trugen die alten Dorfkirchen dieselben Patronate wie die altein-gesessenen Familienverbände. Sie waren damit denjenigen Heiligen geweiht, die für die jahreszeitliche religiöse Alltagspraxis der Bevölkerung in der Her-zegowina zentrale Bedeutung besaßen.146 Die Gotteshäuser standen gerade im ländlichen Raum meist entweder unter Patronaten von wehrhaften Heiligen wie Georg, Dimitrios oder dem Erzengel Michael; oder sie waren sogenannten Feu-erheiligen der Sommermonate geweiht, die mit Wetterextremen in Verbindung gebracht wurden – Elias, Pantaleon, Marina, Paraskeva Petka oder Mariä Him-melfahrt. Im Gegensatz dazu besaßen die Klosterkirchen der Eparchie Patro-nate, die deutlich stärker auf einen gelehrten religiösen Kanon verwiesen.147 Das Patronat einer einfachen, meist äußerst spärlich eingerichteten Kirche war auf dem Land für Außenstehende kaum erkennbar. Bis zur Jahrhundertwende

be-von D. v. Cölln. Berlin 1865. Besonders bekannt wurde das Bild be-von Atanas Bocarić »Gusle-spieler auf der Kirchversammlung [Guslar na zboru]« mit dem verheißungsvollen Unteritel

»Auf den Ruinen des Serbischen Reiches [Na razvalinama srpskoga carstva]«. Timotijević, Miroslav: Guslar kao simbolična figura srpskog nacionalnog pevača. In: Zbornik narodnog muzeja 2/17 (2004), 253–285, hier 270 f. Ab 1905 hing eine Kopie dieses Bildes auch im Epar-chialrat von Mostar. Terzić: Izvještaj o radu EUPS Prilog Đ.

145 Als Valtazar Bogišićs in den 1870er Jahren nach dem Besitz der einzelnen Stämme (plemena)  fragte, antworte der Informant aus Montenegro: »Kirchen, Bergweiden, wenn es welche gibt, starke Wasserquellen und natürliche Seen, in neuerer Zeit Schulen [Saborne crkve, planine ako ich ima, žive vode jake i bogomdana jezera, u novije vrijeme škole.]« Der Informant aus der Herzegowina gab dieselbe Antwort, meinte jedoch bezeichnender Weise, dass es hier nur sehr wenige Schulen gäbe. Damit wird klar, dass in ländlichen Gebirgsregio-nen kaum ein Unterschied zwischen patrilinearen Großfamilien und lokalen Glaubens-gemeinschaften gemacht wurde. Bogišić: Izabrana djela (4) 87 f. Der katholische Geistliche Mato Puljić beschrieb Ähnliches auch für Katholiken in der östlichen Herzegowina. Puljić:

Pučka religioznost 206.

146 Schneeweis: Grundriß des Volksglaubens 211. Beispielsweise schrieb der Priester von Sutorina, Špiro Lučić, in seiner Chronik, seine Familie habe Ende des 18. Jahrhunderts die Kirche des hl. Nikolaus in der Gemeinde errichtet, ihres slava-Heiligen. Lučić: Ljetopis poro-dice Lučića 7–9.

147 Kloster Duži war Mariä Entschlafung, jene in Zavala, Dobrićevo und Kosijerevo (in Montenegro) Mariä Einführung in den Tempel, Žitomislić Mariä Verkündigung, Piva (öst-lich von Gacko in Montenegro) der hl. Trinität geweiht. Vgl. u. a. Vrčević, Vuk: Red, običaji i uprave manastira i crkava u Hercegovini (Fortsetzungsartikel). In: Letopis Matice Srpske 269 (1910), 1–31, hier 2.

saßen die allerwenigsten orthodoxen Dorfkirchen eine nach kanonischen Re-geln geordnete Ikonostase, in der etwa die vom Chorraum aus links hängende Ikone das Patronat der Kirche kenntlich gemacht hätte.148 Ab dem Ende des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts wurde dabei auch die ikonographische Ordnung serbisch-orthodoxer Kirchen stärker vereinheitlicht, da sich von da an verstärkt die Eparchialen Kirchengerichte darum kümmerten.149

Die südöstliche Herzegowina – das Popovo Polje, Površ, Šuma und Zupci einschließlich der Region um Trebinje – verfügte bereits zu Beginn der öster-reichisch-ungarischen Verwaltung über das dichteste Netz an serbisch-ortho-doxen Kirchen in ganz Bosnien-Herzegowina.150 Dies lag an der Nähe zu Dal-matien, der vergleichsweise alten Christianisierung der Region, aber auch am konfessionellen Gegensatz in der Region. Die Gotteshäuser standen traditio-nell an naturräumlich exponierten Orten – auf Bergen und Hängen – und sa-kralisierten Orten wie Friedhöfen, seltener jedoch an einem zentralen Platz in-nerhalb der Dörfer.151 Die lokale Bevölkerung kannte und achtete die Patronate ihrer jeweiligen Kirchen. Dennoch waren die Patronate eher informell. So er-wähnte selbst die Kirchenzeitschrift Istočnik in Berichten über neu geweihte Dorfkirchen oft nicht einmal das Patronat der Kirche.152

Patronate für religiöse Artefakte sind stark abhängig vom jeweiligen gesell-schaftlichen Kontext, in dem sie vergeben werden, also auch von der Struktu-riertheit und den Intentionen der religiösen Organisation. Die Jahrzehnte zwi-schen 1880 und 1910 stellten in Bosnien-Herzegowina eine intensive Bauphase von orthodoxen Kirchen dar. Die zu dieser Zeit verliehenen Kirchenpatronate wiesen nur wenige Neuerungen zur vorhergehenden spätosmanischen Zeit auf.

148 Über die Gliederung orthodoxer Kirchenräume: Tamcke: Das orthodoxe Christen-tum, 69–71. vgl. auch Denton: Serbien 73–77. Selbst in reichen und vergleichsweise gut aus-gestatteten Kirchen wie in Čajniče kritisierten Geistliche die schlechte Ausführung der Ikonostasen und die Anordnung ihrer Ikonen. Komadanović, Patrikije: Srpska pravoslavna stara i nova crkva u Čajniču. In: Bosanska vila 26/7 (1892), 406–408, hier 407. Die meisten Kirchen besaßen auch kein Taufbecken. Acht Priester des PP Trebinje beschlossen auf ihrer Priestersitzung am 30.10.1895, alle Kirchgemeinden sollten sich endlich ein solches anschaf-fen. AHNKŽ, SPPUT 219/1895 k. 1888–1896.

149 Beispielsweise schickte der Prota von Trebinje im Juli 1907 erstmals Ikonen der neuen Ikonostase der Kirche in Pridvorci nach Mostar zur Prüfung durch das Kirchengericht.

AHNKŽ, SPPUT 140/1907 k. 1907–1909.

150 Vgl. Ševo, Ljiljana: Pravoslavne crkve i manastiri u Bosni i Hercegovini do 1878. go-dine. Banja Luka 2002. Die darin erstellte Karte der schon vor 1878 existierenden serbisch-orthodoxen Kirchen zeigt eine übergroße Konzentration in der südöstlichen Herzegowina:

im Popovo-Polje, um Trebinje und südlich von Bileća.

151 Vrčević: Red, običaji 39.

152 Vgl. beispielsweise den Bericht über die Weihe der wiedererrichteten Kirche in Za-gora in der Pfarrgemeinde Mesari im Popovo Polje im Jahre 1910. In: Istočnik 21/24 (1910), 324 f.

Religiöse Feiern 103 Seit den 1880er Jahren bauten Kirchgemeinden mit großer finanzieller Unter-stützung der Landesregierung im ganzen Land weit über 200 Kirchen neu oder renovierten verfallene.153 Häufig baten auch die neuen Bischöfe die Landesregie-rung um finanzielle Unterstützung der Bauvorhaben. Dabei veränderten we-der die zunehmende politische Mobilisierung we-der städtischen Kirchgemeinden noch die gestärkten Strukturen der Kirchenhierarchie grundlegend die Wahl der Kirchenpatronate. Neue Kirchen weihten die herzegowinischen Bischöfe in den allermeisten Fällen weiterhin den traditionell von der Bevölkerung verehr-ten Heiligen. Ein Grund lag darin, dass neue Kirchen meist auf die Ruinen von verfallenen oder zerstörten Kirchen gebaut wurden und daher die Patronate der Ruinen und gleichzeitig der alteingesessenen Familien fortführten. So mel-dete beispielsweise der Gemeindepriester von Korjeniće, Đorđe Popović, seinem Prota in Trebinje im Jahre 1900, die Bauern des zu seiner Gemeinde gehörenden Dorfes Jasen hätten »einstimmig festgelegt«, dass die Segnung der Fundamente der neuen Kapelle ihres Ortes am 26. September/9. Oktober stattfinde, einem der Feiertage des Apostels Johannes.154 Prota Stevan Pravica führte die Grund-steinweihe der Kapelle aus und widmete das künftige Gotteshaus dem Prophe-ten Elias.155 Sowohl Johannes als auch Elias waren überaus wichtige volkstüm-liche Feiertage und Hauspatrone in der Region.

In einigen wenigen Patronaten wurden jedoch die Intentionen der hohen Geistlichkeit lesbar. Die bischöfliche Verwaltung war klar bemüht, den religiö-sen Kernbestand des serbisch-orthodoxen Christentums zu entwickeln. Hier-für eigneten sich Kirchenpatrozinien, da sie mit großer Beteiligung der Gläubi-gen volksfestartig gefeiert wurden. Ein Großteil der rund vierzig in den Jahren 1880 bis 1912 in der Herzegowina neugebauten Kirchen weihten die Bischöfe den regional üblichen traditionellen Patronaten – den Heiligen Peter und Paul, Georg, Johannes, Elias oder Mariä Himmelfahrt. Mindestens sechs neugebaute Kirchen weihten herzegowinische Bischöfe zwischen 1890 und 1912 dem

153 Nach offiziellen Angaben der österreichisch-ungarischen Verwaltung existierten im Jahre 1878 in Bosnien-Herzegowina 235 serbisch-orthodoxe Kirchen und Klöster. In der Zeit von 1878 bis 1906 wurden mit finanzieller Unterstützung der Landesregierung für rund 500.000–700.000 serbisch-orthodoxe Gläubige im Lande 201 Kirchen und Klös-ter neu gebaut und 83 renoviert. Bericht über die Verwaltung von Bosnien und der Her-cegovina. 1/1906. Hg. v. K. u. K. Gemeinsamen Finanzministerium. Wien 1906, 135 f. Mit leicht abweichenden Zahlen für das Jahr 1878: Kraljačić: Kalajev režim 341. Vgl. auch Schmid, Ferdi nand: Bosnien und die Herzegovina unter der Verwaltung Österreich- Ungarns.

Leipzig 1914, 669; Džaja, Srećko M.: Bosnien-Herzegowina in der österreichisch-ungari-schen Epoche (1878–1918). Die Intelligentsia zwiösterreichisch-ungari-schen Tradition und Ideologie. München 1994, 54.

154 Gemeindeamt Korjeniće, Đorđe Popović, an PP Trebinje, 15.9.1900; AHNKŽ, SPPUT 237/1900 k. 1900–1903.

155 Prota von Trebinje, Stevan Pravica, an das Konsistorium der Metropolie in Mostar, 1.10.1900; AHNKŽ, SPPUT 237/1900 k. 1900–1903.

ligen Vasilije von Ostrog und zwei dem heiligen Sava.156 Hinzu kam eine wie-deraufgebaute Kirche auf dem Veitsberg (Vidov Vrh) bei Svrčuga, ganz im Süd-osten der Eparchie, die zu Mariä Geburt (Mala Gospojina), am 8. September/20.

Juni 1890, dem heiligen Lazar geweiht wurde.157 Solche Kirchenpatronate gab es

Juni 1890, dem heiligen Lazar geweiht wurde.157 Solche Kirchenpatronate gab es

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