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„Neue Regelungen zum Arbeitsschutz im Gerüstbau für den Aufbau und die Benutzung“ – Fachtagung für mehr Sicherheit

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Dipl.-Ing.ULRIKE KALFA,

Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Gewerbeaufsicht Ost, Dessau

Das Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, führte mit dem Bildungswerk des VDGAB Sachsen-Anhalt eine Fachtagung zum Thema Gerüstbau am 9. März 2006 in der Fachhochschule Sachsen-Anhalt in Dessau durch. Unterstützt wurde diese Veranstaltung durch die Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft, den Bundesverband Gerüstbau sowie die Landesinnung für das Gerüstbauhandwerk.

Abb. 9.1 Aufmerksame Zuhörer im Saal der FH Anhalt

Es nahmen Mitarbeiter und Arbeitgeber von 15 Gerüst-bauunternehmen, 4 Dachdeckerfirmen, 10 Ingenieurbüros und 6 anderen Wirtschaftsunternehmen sowie Mitarbeiter der Arbeitschutz- und Bauverwaltung aus Sachsen-Anhalt teil.

Auf Grund der neuen staatlichen und berufgenossen-schaftlichen Vorschriften sowie der Änderungen im Nor-menwerk ergaben sich Veränderungen im Verantwor-tungsbereich sowohl bei den Herstellern, Erstellern als auch bei den Nutzern von Gerüsten. Um diese Verände-rungen bekannt zu machen, ErfahVerände-rungen auszutauschen und zu diskutieren, führten wir diese Veranstaltung durch.

Abb. 9.2 Herr LAUX, Fachbereichsleiter Arbeitsschutz im LAV eröffnet die Tagung

Sie diente auch dazu, Problembereiche darzulegen, mit denen der Arbeitgeber beim Umgang mit Gerüsten als Ersteller oder als Nutzer in Konflikt geraten kann und die in der Regel kaum Beachtung finden. So sind neben der Darstellung von staatlichen und berufgenossenschaftlichen Vorschriften sowie Normen auch mögliche nicht zu unterschätzende straf- und verwaltungsrechtliche Folgen benannt worden.

Zu klären war auch, weil bisher weitestgehend unbeachtet, inwieweit neben dem Arbeitsschutzgesetz und der Betriebssicherheitsverordnung auch das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz rechtliche Auswirkungen bei der Bereitstellung von Gerüsten durch den Gerüstbauer hat.

Herr Laux (LAV, Fachbereichsleiter Arbeitsschutz) eröffnete die Fachtagung und Frau Kalfa (LAV, Dezernat Gewerbeaufsicht Ost) hielt den Einführungsvortrag.

Herr Dr. Räbel (LAV, Dezernat Gewerbeaufsicht Süd) referierte im ersten Fachvortrag über die arbeitsschutz-rechtlichen Aspekte beim Aufbau und der Benutzung von Gerüsten auf der Grundlage des Arbeitsschutzgeset-zes, der Betriebssicherheitsverordnung und dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz.

Er ging nach einem geschichtlichen Rückblick vom Turmbau zu Babel zur heutigen Industrialisierung am Bau über. Neben aktuellen Unfallzahlen sprach er viele Problembereiche des Gerüstbaus an, so beispielsweise

• häufig fehlende Absturzsicherung nach Innen,

• geringer Einsatz von Treppentürmen,

• Praktikabilität des vorlaufenden Seitenschutzes,

• Qualität der befähigten Person,

• Nichtprüfung von Dübelauszugskräften,

• mangelnde Hinzuziehung eines Prüfstatikers und

• mögliche Überforderung des Arbeitgebers durch die Umsetzung der europäischen Vorschriften in nationales Recht.

Er warf unter anderem die Frage auf, ob das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz auch nach dem ersten In-verkehrbringen weiter wirkt und ob nicht durch entsprechende Arbeitsschutzmanagementsysteme der Arbeitge-ber befähigt werden kann, Qualitätssicherung nach innen und außen vorzunehmen. Herr Dr. RÄBEL legte mit seinem Vortrag den Finger auf die Wunde und provozierte somit eine Fachauseinandersetzung.

Den 2. Fachvortrag hielt Herr Altenburger (Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft). In seinem Vor-trag standen die Änderungen der Gerüstbaunormen im Vordergrund. Er stellte die neuen Regelungen für den Gerüstbau vor, zunächst die Europäischen Normen, dann die Auswirkungen auf die Praxis und die neue BGI 663 “Handlungsanleitung für den Umgang mit Arbeits- und Schutzgerüsten“.

Im Anschluss daran referierte Oberamtsanwältin Frau Fuchs (Staatsanwaltschaft Dessau) über die strafrechtli-chen Folgen bei der Gefährdung von Leben und Gesundheit durch die Nichteinhaltung der Vorschriften. Sie unterstrich die Bedeutung des rechtskonformen Handelns und zeigte auf, welches Strafmaß bei Nichteinhaltung sich daraus ergeben könnte und gab eine Übersicht der möglich zutreffenden Strafvorschriften.

Über das Verwaltungshandeln der Arbeitsschutzbehörde berichtete an praktischen Beispielen Frau Müller (LAV, Dezernat Gewerbeaufsicht Mitte). Sie zeigte anhand von Bildmaterial sehr anschaulich, was die Behörde veran-lasst hat, verwaltungsrechtlich wirksam zu werden. Neben den rechtlichen Grundlagen ging sie auch darauf ein, welche Möglichkeiten die Arbeitsschutzbehörde hat, um den Gesundheits- und Arbeitsschutz durchzusetzen.

Den 5. Fachvortrag hielt Herr Hofmann (LAV, Dezernat Gewerbeaufsicht Süd). Er wertete die Schwerpunktkon-trolle des Sachgebietes Bau „Zeitweilig hochgelegene Arbeitsplätze“ aus. Er stellte die auf einer gut vorbereite-ten Checkliste basierenden Ergebnisse vor und belegte diese durch eine umfangreiche, interessante fotografi-sche Dokumentation.

In einen zweigeteilten Vortrag referierten die Herren Schmolke (Altrad plettac GmbH) und Lepschi (Wil-helm Layher GmbH & Co. KG) als Vertreter der Gerüsthersteller über die Änderungen bei der Zulassung von Gerüsten, insbesondere die sich durch das Montage-Sicherungs-Geländer (vorlaufen-der Seitenschutz) sowie beim Aufbau und bei (vorlaufen-der Verwendung der Gerüste durch die Betriebs-sicherheitsverordnung (Aufbau- und Verwendungs-anleitung) ergeben.

Abb. 9.3 Fachgespräche in der Mittagspause

Nach der Mittagspause, die mit einem regen Erfahrungsaustausch ausgefüllt war, setzte als Vertreter der

Ge-rüstersteller Herr Malinowski (GF Industriegerüstbau Dessau GmbH) mit seinem Vortrag zu den Erfahrungen beim Aufbau, der Prüfung und bei der Nutzung der Gerüste in der Praxis fort.

Er bemängelte als Unternehmer, dass die neuen rechtlichen Vorgaben auf Grund der Anpassung an EU-Recht nur noch Ziele und keine konkreten technischen Vorgaben und Verhaltensanforderungen mehr beinhalten. Der entstandene persönliche Freiraum sei zwar größer geworden, birgt aber auch unkalkulierbare Risiken für den Unternehmer.

Nach seiner Meinung zieht sich der Staat immer mehr aus seiner Verantwortung zurück und hinterlässt in den Firmen, insbesondere bei den kleineren und Ich-AGs, ein gefährliches Vakuum. Der Mehraufwand des Unter-nehmens für den Arbeitsschutz, kritisierte er weiter, würde von den öffentlichen und privaten Auftraggebern nicht honoriert und es würde zu einer Wettbewerbsverzerrung zugunsten so genannter „Billiganbieter“ kommen.

Herr Fiß (Landesinnung für das Gerüstbau-Handwerk) unterstützte in einem kurzen Statement die Aussagen des Herrn Malinowski bezüglich der vom Unternehmer zu bewältigendem Gesetzesfülle, sprach sich aber für eine Vereinfachung der Vorschriften aus.

Den letzten Vortrag hielt Herr Assessor Bünder (Bundesverband Gerüstbau, Bundesinnung für das Gerüstbau-er-Handwerk). Er referierte über die neuen Regelungen für den Gerüstbau und deren Auswirkungen für die Gerüstbaufirmen aus der Sicht der Bundesinnung. Nach seinen Aussagen müssen sich die Gerüstbaufirmen den neuen Vorschriften stellen und in Zusammenarbeit mit den Arbeitsschutzbehörden und den Berufsgenos-senschaften würde dies dann auch zum Erfolg führen.

Frau Kalfa schloss die Veranstaltung, indem sie die wichtigsten Problemfelder nochmals benannte und der Hoffnung Ausdruck verlieh, dass diese Tagung den Teilnehmern als Bereicherung für Ihre Arbeit dienen würde.

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