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Explosionsschutzdokument in Betrieben mit Lackierräumen und -einrichtungen für feste und flüssige Beschichtungsstoffe

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Dipl.-Ing. (FH)JENS BEHRENS,

Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Gewerbeaufsicht Mitte, Magdeburg

Grund und Methodik der Kontrollen

Mit der Umsetzung der Richtlinie 1999/92/EG in nationales Recht wurden in Deutschland eine Reihe neuer Bestimmungen zum Explosionsschutz in die BetrSichV aufgenommen. Eine dieser Bestimmungen betrifft die Erstellung eines Explosionsschutzdokumentes auf Basis der Anforderungen der §§ 3, 5 und 6 der BetrSichV, wenn die Bildung einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre nicht sicher verhindert werden kann.

Für bestehende Betriebe wurde in der BetrSichV für die Erstellung des Explosionsschutzdokumentes ein Über-gangszeitraum bis zum 31. Dezember 2005 vorgesehen. Mit dem Ablauf dieser Frist sollte im Aufsichtsbereich des Dezernates Gewerbeaufsicht Mitte eine Übersicht gewonnen werden, inwieweit in kleineren und mittleren Unternehmen die Anforderung im Bereich der Lackieranlagen umgesetzt wurde. Für die Auswahl dieser Anla-gen sprach die relativ häufige Anwendung im metallverarbeitenden Gewerbe und den zugehöriAnla-gen Dienstleis-tungsbereichen.

Der Schwerpunkt der Kontrolle lag in der Beratung zur Umsetzung dieser Anforderung. In diesem Zusammen-hang sollte natürlich auch festestellt werden, in welcher Qualität die vorhandenen Explosionsschutzdokumente vorliegen und welche praktischen Auswirkungen für die Erkennung und Beseitigung von Mängeln feststellbar sind. Es war nicht Bestandteil der Aktion, für alle Arbeitsmittel in den explosionsgefährdeten Bereichen einen lückenlosen Soll-Ist-Vergleich durchzuführen. Das kann nur Bestandteil einer Wiederkehrenden Prüfung nach § 15 BetrSichV sein und verlangt auch für bestimmte Geräte und Anlagen die Außerbetriebnahme.

Es ergaben sich im Einzelnen folgende Fragen bei der Aufgabenstellung:

• Wurde in der Gefährdungsbeurteilung ermittelt, ob unter den Bedingungen der eingesetzten Farben und Lacke sowie der Auftragsverfahren, einschließlich der Lagerbedingungen eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre vorliegt?

• Ist ein Explosionsschutzdokument vorhanden bzw. in der Phase der Erarbeitung?

• Ist das Explosionsschutzdokument vollständig bzw. fehlerfrei, soweit das bei einer orientierenden Besichti-gung der Betriebstätte erkennbar ist?

• Sind technische Mängel an den explosionsgeschützten Arbeitsmitteln (überwachungsbedürftigen Anlagen) erkennbar oder

• werden im Sinne des § 7 Abs. 4 der BetrSichV nicht bestimmungsgemäß eingesetzte Arbeitsmittel (nicht explosionsgeschützt) im Betrieb in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt?

• Welche Beratungen und Informationen können dem Betrieb zu den Erfordernissen des Explosionsschutzes und der Dokumentation angeboten werden?

Die Aktion wurde im Zeitraum von März bis November 2006 durchgeführt unter zusätzlicher Beteiligung von Fachleuten für Explosionsschutz, die sich bei allen Beratungen und Besichtigungen und bei der Anfertigung der erforderlichen Revisionsschreiben in der Praxis als erforderlich erwies.

Ergebnisse

Die untersuchten Betriebe setzten sich aus 10 Autolackierbetrieben, 7 Industrie-Lackierbetrieben und einer Pul-verbeschichtungsanlage zusammen. Von den 18 Unternehmen konnten 8 zum Zeitpunkt der Besichtigung kein Explosionsschutzdokument vorweisen. Ein Unternehmen benötigt kein Ex-Dokument. Hier fand bereits eine vollständige Umstellung auf Wasserlacke und lösemittelfreie Verdünner einschließlich Reiniger statt.

Von neun vorhandenen Explosionsschutzdokumenten waren sechs Dokumente unvollständig, d.h. es wurden nicht alle explosionsgefährdeten Bereiche im Dokument aufgenommen. Von den anderen drei vollständigen Dokumenten war bei einem Dokument die festgeschriebene dreijährige Prüfung der elektrischen Anlagen im explosionsgefährdeten Bereich durch eine befähigte Person seit mehreren Jahren nicht durchgeführt worden.

Inhaltliche Probleme der vorhandenen Explosionsschutzdokumente

Schwerpunkt der inhaltlichen Probleme bei den vorhandenen Explosionsschutzdokumenten bildete die Erfas-sung aller Bereiche und Räumlichkeiten, in denen eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre auftreten kann.

Die vorgefundenen Defizite bei der Erfassung solcher Bereiche beschränkten sich ausschließlich auf Hilfsberei-che wie Lagereinrichtungen für Lacke, FarbanmischbereiHilfsberei-che, RaumbereiHilfsberei-che mit Pistolenwaschanlagen und Füllerspritzplätze in der Pkw-Vorbereitung.

Im Sektor der Industrielackierungen in größeren Werkhallen ist häufig die Problematik der Bereitstellung und Lagerung von Beschichtungsstoffen und Farbabfallresten im Bereich der Arbeitsplätze anzutreffen, die men-genmäßig über den Tagesbedarf hinausgehen. Dieses eher brandschutzrechtliche Problem wird durch die geltende TRbF 20 Anhang L untersetzt, indem die Aufbewahrung von lösemittelhaltigen Arbeitsstoffen nur in volumenbegrenzten Sicherheitsschränken in Arbeitsräumen zulässig ist. Diese Ausnahme der Lagerung von brennbaren Flüssigkeiten in Werkhallen (Arbeitsräumen) mit Hilfe von Sicherheitsschränken, die 1.000 Liter Raumvolumen nicht überschreiten dürfen, ist für Großverbraucher unakzeptabel.

Die in der gesamten Aktion untersuchten Spritzstände oder -kabinen wiesen nur in einem Fall Wartungsmängel auf.

In drei Fällen betrafen inhaltliche Fehler eine Nichtübereinstimmung von Zonenbereichen und die dafür zulässi-gen Arbeitsmittel (2 Steckdosen, ein Lichtschalter normaler Bauart in Zone 2 und ein Industriesauger für brenn-bare Pulverlacke).

Die vorgefundenen Explosionsschutzdokumente wurden überwiegend von externen Fachkräften für Arbeitsi-cherheit erstellt, die auch gleichzeitig vertraglich für die Betreuung des Betriebes nach dem ASiG gebunden waren. Es zeigte sich bei diesen Dokumenten die Tendenz einer mustergebunden und schematischen Erarbei-tung, die eine Berücksichtigung der anlagenbezogenen Zustände und Besonderheiten zu wenig beachtet. Das begründet sich vor allem im ungenügenden Informationsfluss zwischen externen Dokumentenersteller, Betrei-ber und ebenfalls externen Anlagenwartungspersonal. Schwerwiegende Gefährdungen wurden durch diese Sachverhalte aber nicht hervorgerufen.

Bewertung der Fälle, in denen keine Explosionsschutzdokumente vorlagen

In fünf Autolackierereien und drei Industrielackieranlagen waren keine Dokumente verfügbar bzw. erst in Vorbe-reitung. Fast alle hiervon betroffenen Betreiber hatten aber von der Pflicht der Erstellung dieser Dokumente gehört, kannten aber den genauen Termin der Umsetzung (Übergangszeit) nicht. Oftmals erfolgte eine Informa-tion zu dieser Pflicht von den Lieferanten/Beratern der Farbhersteller.

Den Betreibern wurden durch das LAV alle Informationen einschließlich der Musterdokumente übergeben, die zum Erstellen des Explosionsschutzdokumentes erforderlich sind. Die Erarbeitung ist in sechs Fällen abge-schlossen.

Lediglich in einer Autolackiererei wurde eine nichtexplosionsgeschützte Deckenlampe in einem

Pistolenwasch-raum sowie in einer Industrielackierung eine unsachgemäße Lagerung von offenen Behältern mit Farbresten in einem Raum mit elektrischen Schalt- und Verteilerkästen vorgefunden. Somit kann im Rahmen der durchge-führten Untersuchung nicht von einer Häufung von technischen Mängeln bei Betreibern ohne Explosions-schutzdokument gegenüber Betreibern mit einem ExplosionsExplosions-schutzdokument ausgegangen werden.

Schlussfolgerungen und Maßnahmen

Wird nur der Umstand betrachtet, dass 50 % der untersuchten Lackierbetriebe kein Explosionsschutzdokument nach dem Verstreichen der Übergangsfrist vorweisen konnten, scheint hier ein höheres sicherheitstechnisches Defizit vorhanden zu sein. Bei näherer Betrachtung kann diese Vermutung nicht bestätigt werden. Die techni-schen Defizite oder Mängel sind in den Betrieben ohne Explosionsschutzdokument zumindest im Bereich der Lackierbetriebe nicht häufiger oder brisanter als in Betrieben mit einem Explosionsschutzdokument.

Wagt man einen Vergleich der Umsetzungsraten zwischen den geforderten Ex-Dokumenten und den Gefähr-dungsbeurteilungen im ersten Jahr deren rechtlicher Verbindlichkeit für bestehende Betriebe, so muss eher von einem positiven Ergebnis ausgegangen werden.

Bei der Betrachtung der vorgefundenen Mängel ist festzustellen, dass diese kaum in den direkten Farbspritzbe-reichen anzutreffen sind, sondern vorwiegend im Bereich der Lager und Hilfsprozesse. Die Begründung hierfür liegt zum einen in dem Erwerb sicherheitstechnisch fertig ausgestatteter Spritzstände und Lackierkabinen im Vergleich zu den oftmals nach eigenem Ermessen des Betreibers hergerichteten Lagerräumen, Anmischberei-chen und Waschplätzen. Zum anderen wird die Gefahr von ausgasenden Lösemitteln aus offenen Behältern oder Pistolenwaschanlagen oftmals viel geringer eingeschätzt, als das bei Spritzprozessen der Fall ist.

Hinsichtlich der Gefahr der Entstehung eines explosionsfähigen Gas-Luft-Gemisches kommt für die meisten Lackieranlagen jedoch eine deutliche Entschärfung durch die permanente Verringerung der Lösemittelbestand-teile in den Farben und Reinigungsmitteln zum Tragen. So wurden beispielsweise in einem Farbsystem für Kfz-Lackierung die Lösemittelanteile in allen Farben und Lacken einschließlich der Verdünnungs- und Reinigungs-mittel bis auf 2 bzw. 3 % reduziert. Diese geringen LöseReinigungs-mittelanteile im gesamten Farbanwendungssystem ist aber noch die Ausnahme.

Die meisten Farbhersteller haben in einem ersten Schritt die Lösemittelanteile in den Basislacken auf einstellige Prozentwerte reduziert, bei gleichzeitiger Anhebung der Feststoffmenge. In vielen Farbsystemen werden die Feststoffe zudem durch eine Reaktionsaushärtung in Ein- oder Zweikomponenten-Reaktionen unterstützt. Die Deck- oder Klarlacke hingegen beinhalten bei den meisten Farbsystemen noch höherprozentige Lösemittelan-teile, die jedoch in den nächsten ein bis zwei Jahren ebenfalls auf unter 5 % gesenkt werden. Dieses Vorgehen zur Lösemittelreduzierung wurde den Anwendern bereits durch die Hersteller angekündigt. Lediglich einige Betriebe für Industrielackierungen können wegen der Forderungen der Großkunden zur Zeit noch nicht auf lösemittelarme Farben oder Wasserlacke umstellen. Beispielsweise wurde mehrfach die noch nicht ausreichen-de Wiausreichen-derstandfähigkeit ausgehärteter Wasserlacke gegen meeresklimatische Einflüsse genannt.

Es kann davon ausgegangen werden, dass in den nächsten zwei Jahren eine Vielzahl von Lackiereinrichtungen aus dem Status einer möglichen Explosionsgefährdung herausfallen. Als Kriterium für das Erreichen zonenfreier Räume kann die neue Entscheidungshilfe (Formel zur Berechnung, ob ein Wasserlack entzündbar ist) in der BGI 740 herangezogen werden. Hierbei ist darauf zu achten, ob auch in den Hilfsprozessen die Lösemittelfrei-heit bzw. -reduzierung gegeben ist. Z.B. dürfen Waschmittel für die Spritzpistolen, gemäß der Angaben im Si-cherheitsdatenblatt, diesbezüglich keine Gefährdung mehr aufweisen und die Lagereinrichtungen keine relevan-ten Restmengen lösemittelhaltiger Farben mehr beinhalrelevan-ten.

Unabhängig von dieser beschriebenen Entwicklung zu lösemittelarmen bzw. -freien Beschichtungsstoffen sind zukünftig die Explosionsschutzdokumente nach § 6 BetrSichV bzw. die Festlegungen aufgrund einer Beurtei-lung zur Zonenfreiheit nach § 5 ArbSchG, § 8 GefStoffV oder § 3 BetrSichV weiterhin bei den Kontrollen in die-sem Branchenbereich einzusehen bzw. deren Erstellung einzufordern. Nach Möglichkeit sollte die Plausibilität der Dokumente vor Ort geprüft werden. Das Ausleihen, Kopieren oder Übersenden des Dokumentes zur

Be-wertung im Amt (z.B. durch den Fachlastinhaber) ist im Regelfall zu vermeiden, da nur eine Betrachtung vor Ort entsprechende Aussagen liefern kann. Alle Korrekturen, Hinweise und Hilfestellungen, die in konkreter Weise zu den Explosionsschutzdokumenten gegeben wurden, enthielten den schriftlichen Hinweis darauf, dass diese Angaben nicht mit einer gutachterlichen Stellungnahme gleichzusetzen sind und demzufolge nicht die Vollstän-digkeit aller notwendigen Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Bränden und Explosionen garantieren kön-nen.

Sicherungsmaßnahmen bei Erdbauarbeiten (Baugruben und Gräben),

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