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Rechtsverhältnisse des Insolvenzverwalters zum Steuerberater des Schuldners

Im Dokument Insolvenzsteuerrecht Jan Roth (Seite 183-191)

Literatur

Biegelsack, Zulässigkeit der Zahlung von Erfolgschancen durch Verwalter an Steu-erberater, NZI 2008, 153;Fahlbusch, Steuerberater, Insolvenzverwalter, SStR 2008, 893;Grürmann, „Erfolg durch Qualität“ aus der Sicht des Steuerberaters, DStR 2006, 2331;Hölzle, Steuerberater, Insolvenz, Zurückbehaltungsrecht, DStR 2003, 2075;Kamps/Wollweber, Formen der Berufsausübung für Steuerberater – Steuerbe-ratungs-GmbH und Partnerschaftsgesellschaft, DStR 2009, 1870;Olbing, Das Zu-rückbehaltungsrecht des Steuerberaters, DStR 2009, 2700; Sundermeier/Gruber, Die Haftung des Steuerberaters in der wirtschaftlichen Krise des Mandanten, DStR 2000, 929;Zugehör, Haftung des Steuerberaters für Insolvenzverschleppungsschä-den, NZI 2008, 652.

I. Verschwiegenheitspflicht des Steuerberaters Literatur

Bamberg, Steuerberatung, EDV und Verschwiegenheit, DStR 2006, 2052; Beck, Mediation und Vertraulichkeit, Dissertation, Monographie 2009;Christ, Zeugnis-verweigerungsrechte und Schweigepflicht der steuerberatenden Berufe, StWK Gruppe 24, 21 (3/2003); Cremer, Das Berufsrecht des Steuerberaters, SteuerStud 2009, 219;Diversy, der Steuerberater im Spannungsfeld zwischen Schweigepflicht und Zeugenpflicht im Insolvenzstrafverfahren, ZInsO 2004, 960;Gräfe, Zur Abtre-tung von Gebührenforderungen des Steuerberaters, EWiR 2006, 731;Kiethe, Pro-zessuale Zeugnisverweigerungsrechte in der Insolvenz, NZI 2006, 267;Mutschler, Betriebsprüfung bei Berufsgeheimnisträgern – Vorlagepflicht, DStR 2010, 951; Be-triebsprüfungen bei Steuerberatern und die Pflicht zur Verschwiegenheit, DStR 2008, 2087;Späth, Neues zur Verschwiegenheitspflicht der Steuerberater und Steu-erbevollmächtigter, DStZ 1994, 78.

In der Insolvenz des Schuldners sieht sich der Insolvenzverwalter häufig mit der Situation konfrontiert, dass er vom Schuldner nur völlig unzurei-chende Informationen über dessen Vermögensverhältnisse erlangt. Zwar trifft den Schuldner gem. §§ 20, 97, 98, 101 InsO eine umfassende Aus-kunftspflicht. Diese führt jedoch in der Praxis oft nicht sehr weit, weil der Schuldner nur über unvollständige Unterlagen verfügt und viele Zu-sammenhänge seiner geschäftlichen und insbesondere steuerlichen Ver-hältnisse gar nicht kennt.1Daher ist es für den Insolvenzverwalter von gesteigertem Interesse, auf die Fachkunde des Steuerberaters des Insol-venzschuldners und die bei diesem vorhandenen Unterlagen des Insol-venzschuldners zugreifen zu können. Der Steuerberater des Schuldners gehört aber nicht zu dem von §§ 20, 97, 98, 101 InsO umfassten Personen-kreis,2 so dass er ihn nicht nach insolvenzrechtlichen Regeln zur Aus-kunftserteilung oder Mitwirkung heranziehen kann. Auskunftspflichten 1 Leibner, INF 2003, 718.

2 Kind in Braun, § 20 InsO Rz. 10; Kirchhof in HeidelbergerKomm/InsO, § 20 Rz. 7.

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gegenüber dem Steuerberater können sich daher nur aus den allgemeinen Regeln ergeben. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Steuerberater ge-genüber dem Schuldner faktisch „das Sagen“ hat und damit zu einem fak-tischen Geschäftsführer des Schuldners geworden ist.1Im Regelfall geht der Einfluss des Steuerberaters aber nicht so weit, so dass auf die allgemei-nen Regeln zurückgegriffen werden muss. Der Vertrag, durch den einem steuerlichen Berater allgemein die Wahrnehmung aller steuerlichen Inte-ressen des Auftraggebers übertragen wird, ist regelmäßig ein Dienstver-trag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat.2Worin diese Ge-schäftsbesorgung liegt, ist gesetzlich nicht geregelt, sondern richtet sich nach dem Inhalt des Mandats.3 Aus dem Beratervertrag ergibt sich schließlich auch die Auskunftspflicht des Steuerberaters gegenüber sei-nem Mandanten. Sie resultiert folglich aus §§ 666, 675 BGB.

Dadurch, dass sich die Auskunftsverpflichtung des Steuerberaters aus-schließlich nach allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Regeln richtet, ent-steht ein Konflikt. Das Auskunftsbegehren des Insolvenzverwalters kolli-diert vordergründig betrachtet mit der Verschwiegenheitspflicht des Steu-erberaters, die sich aus § 57 Abs. 1 StBerG, § 9 BOStB ergibt. Sie umfasst alles, was dem Steuerberater in Ausübung des Berufs oder bei Gelegenheit der Berufstätigkeit anvertraut worden oder bekannt geworden ist. Eine Auskunftspflicht des Steuerberaters kann sich folglich nur ergeben, wenn er von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden wird. Eine Befugnis da-hingehend steht grundsätzlich dem Mandanten des Steuerberaters zu. Mit der Insolvenzeröffnung geht diese Befugnis auf den Insolvenzverwalter über; dem Insolvenzverwalter gegenüber kommt daher keine Verschwie-genheitsverpflichtung zur Anwendung. Im Insolvenzeröffnungsverfahren ist dies nur der Fall, wenn ein starker vorläufiger Verwalter bestellt wird, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bezüglich des schuldne-rischen Vermögens übergeht. Anders ist dies, soweit lediglich ein vorläu-figer schwacher Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt wird; diesem gegenüber besteht zwar die Verschwiegenheitsverpflichtung des Steuerberaters, der Schuldner muss den Steuerberater aber im Rah-men seiner Mitwirkungspflichten von der Verschwiegenheitsverpflich-tung gegenüber dem vorläufigen schwachen Insolvenzverwalter befreien.4

1 Leibner, INF 2003, 718.

2 Olbig/Wollweber, DStR 2009, 2700 (2700); BGH v. 4.6.1970 – VII ZR 187/68, NJW 1970, 1596 (1597); v. 1.7.1971 – VII ZR 295/69, WM 1971, 1206ff.; v.

17.2.1988 – IVa ZR 262/86, NJW 1988, 2608 (2608);Thomasin Palandt/BGB, Vor-bemerkung zu § 631 Rz. 18;Heermannin MünchKomm/BGB, § 675 Rz. 41.

3 BGH v. 6.12.1979 – VII ZR 19/79, WM 1980, 308 (309).

4 Mönning in Nerlich/Römermann, § 20 InsO Rz. 34; Hölzle, DStR 2003, 2075 (2078).

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II. Honoraransprüche des Steuerberaters Literatur

Arens, Das Steuerberatungsmandat in der Insolvenz, sj 2006, 42;Best/Ende, Fall-strick: § 46 Abs. 4 AO – Abtretung von Steuererstattungsansprüchen an Steuerbe-rater, DStR 2007, 595; Ehlers Notwendige Haftungsprävention für Steuerberater (Teil II), DStR 208, 636;Goetz, Die Neuregelung des Steuerberatungsrechts durch das 8. StBerÄnd, DB 2008, 971;Hässel/Hengsberger, Katalog von Rechtsdienstleis-tungen für Steuerberater, BB 2009, 135;Juretzek, Zur Frage des Gerichtsstands für Honorarklagen von Steuerberatern, DStR 2007, 1100;Klaeren, Möglichkeiten zur Absicherung des Steuerberaterhonorars, StW 2003, 877; Lange, Schadensersatz-pflicht des Steuerberaters wegen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung eines GmbH-Geschäftsführers, DStR 2007, 954;Look, Offenlegung nach EHUG – Auftragsüber-nahme durch den Steuerberater, DStR 2007, 2231;Lotz, Die Vergütung von Steuer-beratern – Praktische Hinweise zur Gestaltung von Vergütungsvereinbarungen, DStR 2009, 1716;Michels/Laufenberg, Private Vermögensplanung als neues Tätig-keitsfeld des Steuerberaters, DStR 2000, 929;Müller, Der Pflichtenkatalog für Steu-erberater und andere Freiberufler nach dem Geldwäschebekämpfungsgesetz, DStR 2004, 1313; Olbing/Wollweber, Das Zurückbehaltungsrecht des Steuerberaters, DStR 2009, 2700;Späth, Beratungspflicht des Steuerberaters ohne sicheren adäqua-ten Gebührenanspruch?, DStR 2003, 1590; Voraussetzungen eines wirksamen Ho-noraranspruchs eines Steuerberaters – Beweislast, DStR 1990, 286;Sundermeier/

Gruber, Die Haftung des Steuerberaters in der wirtschaftlichen Krise des Mandan-ten, DStR 2000, 929; Wolf, Steuerberatung und Erfolgshonorar – zur zulässigen Vereinbarung im Ausnahmefall, DStR 2008, 1257.

Mit dem Eröffnungsantrag erlöschen gem. §§ 115, 116 und 117 InsO alle Aufträge, Geschäftsbesorgungsverträge und Vollmachten, die einen Bezug zur Insolvenzmasse aufweisen. Der Beratervertrag ist als Geschäftsbesor-gungsvertrag einzuordnen. Somit endet das Mandatsverhältnis kraft Ge-setz mit Verfahrenseröffnung;1einer Kündigung bedarf es nicht.2Im Wege der Notgeschäftsführung nach § 115 Abs. 1 Satz 1 InsO kann der Steuer-berater jedoch angehalten sein, die Geschäftsbesorgung so lange fort-zuführen, bis der Insolvenzverwalter entsprechende Maßnahmen ergriffen hat, um Gefahren von der Masse abzuwenden.3In diesem Fall gilt der Ver-trag ausnahmsweise gem. § 115 Abs. 2 Satz 2 InsO als fortbestehend. An-sprüche des Beraters aus Notgeschäftsführung sind gem. § 115 Abs. 2 Satz 3 InsO Masseforderungen.

Honoraransprüche, die aus der Zeit vor der Eröffnung des Verfahrens stammen, sind einfacheInsolvenzforderungenim Rang von § 38 InsO. Et-was anderes ergibt sich nur in den seltenen Fällen, in denen eine starke vorläufige Verwaltung angeordnet wurde und der Steuerberater im Auf-trag des vorläufigen Insolvenzverwalters tätig wurde.4 Die im Auftrage 1 BGH v. 30.11.1989 – III ZR 112/88, NJW 1990, 510 (510).

2 Olbig, DStR 2009, 2700 (2704);Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, Rz. 617; LG Cottbus v. 2.5.2001 – 1 S 42/01, DStRE 2002, 63 (63).

3 BGH v. 6.7.2006 – IX ZR 121/05, NZI 2006, 637 (637).

4 Schmittmann in Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, Rz. 3022.

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des vorläufigen starken Insolvenzverwalters erbrachten Leistungen be-gründen Masseverbindlichkeiten.

Schließt der Insolvenzverwalter nach Eröffnung einenneuen Steuerbera-tervertragmit dem Steuerberater ab, so entstehen hieraus Masseverbind-lichkeiten i.S.d. § 55 InsO, welche vorrangig zu befriedigen sind. In der Regel überträgt der Insolvenzverwalter die Geschäftsbesorgung auf einen in insolvenzrechtlichen Angelegenheiten erfahrenen Steuerberater seines Vertrauens.

III. Anfechtung von Steuerberaterhonoraren Literatur

Grönwoldt, Abtretung von Steuererstattungsansprüchen – Alternativen insbeson-dere im Licht des Insolvenzrechts, DStR 2007, 1058;Heidbrink, Beraterhonorare in der Insolvenz des Auftraggebers – aktuelle Entwicklungen, BB 2008, 958;Kröll, Die schiedsrechtliche Rechtsprechung 2007 (Teil 2), SchiedsVZ 2008, 112;Meyer, Zur Anfechtbarkeit von Beraterhonoraren und der Reichweite der Barausnahme des

§ 142 InsO bei Geschäftsbesorgungen, DZWIR 2003, 6.

Nicht selten hat der Insolvenzschuldner an seinen Steuerberater Honorare in anfechtbarer Weise gezahlt. Da der Steuerberater nicht nur die Jahres-abschlüsse seiner Mandanten erstellt, sondern üblicherweise auch mit der laufenden Buchhaltung beauftragt ist, hat er einen permanenten Ein-blick in die Geschäftsentwicklung seiner Mandanten. Dies gilt insbeson-dere, wenn er monatliche betriebswirtschaftliche Auswertungen erstellt.1 Dann hat er regelmäßig einen tiefgreifenden Einblick in die Finanzen und wird somit zwingend Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit bzw. Über-schuldung seines Mandanten haben oder zumindest Kenntnis von Um-ständen, die auf dessen Zahlungsunfähigkeit schließen lassen.2Bezüglich der Kenntnis des Steuerberaters von der Zahlungsunfähigkeit kommt es somit nicht darauf an, ob er vom Schuldner über seine wirtschaftliche Schieflage unterrichtet wurde.3

Anfechtbar sind gem. § 130 Abs. 1 InsO auch Zahlungen des Schuldners auf Honorarforderungen des Steuerberaters, die in dieser Höhe und zu die-sem Zeitpunkt tatsächlich bestanden, wenn diese Zahlungen in den letz-ten drei Monaletz-ten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens geleistet wurden und der Steuerberater zu dieser Zeit wusste, dass der Schuldner zahlungsunfähig war. Zwar ist der Steuerberater nach Recht-1 Siehe: LG Essen v. 8.3.2006 – Recht-13 S 2Recht-13/05, DStRE 2007, 935 (936); AG Hattingen v. 25.11.2005 – 7 C 147/05, DStRE 2006, 192 (192);Heidbrink, BB 2008, 958 (960);

Bauer, Die GmbH in der Krise, Rz. 397.

2 LG Essen v. 8.3.2006 – 13 S 213/05, DStRE 2007, 935 (936); LG Stuttgart v.

18.5.2005 – 13 S 34/05, BeckRS 2005, 05882; AG Osnabrück v. 21.6.2001 – 42 C 49/01, ZInsO 2001, 1021ff. bezüglich der Kenntnis eines Steuerberaters, der auf Grund eines geplatzten Wechsels selbst zur Stellung eines Insolvenzantrags rät.

3 LG Essen v. 8.3.2006 – 13 S 213/05, DStRE 2007, 935 (936).

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sprechung des BGH1keine nahestehende Person i.S.v. § 138 Abs. 2 Ziff. 2 InsO, so dass die Vermutungsregel des § 130 Abs. 3 InsO zu seinen Lasten nicht gilt. Wegen der üblicherweise gegebenen Einblicke des Steuerbera-ters in die Vermögensverhältnisse des Schuldners ist jedoch gleichfalls in aller Regel von einer Kenntnis des Steuerberaters von der Zahlungsunfä-higkeit auszugehen. Das gilt vor allem dann, wenn der Steuerberater – wie es zunehmend üblich ist –Lesezugriff auf die Bankkonten des Insol-venzschuldnershat, weil er die Buchungen auf diesen Bankkonten im au-tomatisierten Verfahren in die Finanzbuchhaltung des Schuldners – etwa per DATEV – einliest. Gepaart mit der Kenntnis des Steuerberaters von Ein- und Ausgangsrechnungen des Mandanten, die der Steuerberater je-denfalls bei Mandanten, die nach vereinbarten Entgelten besteuert wer-den, in aller Regel zeitnah vorliegen hat, ergibt sich ein ausgezeichneter Überblick über die Liquiditätslage des Mandanten. Somit sind Honorar-zahlungen, die der Insolvenzschuldner in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzantrag geleistet hat, in der Praxis nahezu durchgehend an-fechtbar. Gleiches gilt auch für Sicherheiten, die der Steuerberater in die-sem Zeitraum für seine offenen Honorarforderungen erhalten hat.

Allerdings kommt in Ansehung der Steuerberaterhonorare oft auch über den Dreimonats-Zeitraum hinaus die Anfechtung nach § 133 InsO in Be-tracht. Der Anfechtungszeitraum beträgt hier 10 Jahre und kann den Steuerberater daher sehr empfindlich treffen. Tatbestandlich muss hier zwar hinzu kommen, dass der Insolvenzschuldner bei der Honorarzah-lung an den Steuerberater mit dem Vorsatz gehandelt hat, seine übrigen Gläubiger zu benachteiligen und dass der Steuerberater diesen Vorsatz im Zeitpunkt des Empfangs der Zahlung bereits kannte. Nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO wird diese Kenntnis jedoch vermutet, wenn der Steuerberater wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte oder gar be-reits eingetreten war. Diese Kenntnis wird sich auf Grund der eben darge-legten tiefen Einblicke des Steuerberaters in aller Regel darlegen lassen.2 Eine Einschränkung erfährt die Insolvenzanfechtung jedoch durch § 142 InsO. Damit der Schuldner in der Krise noch in gewissem Umfang am Wirtschaftsleben teilnehmen kann, ist ein sog.Bargeschäftnicht anfecht-bar. Aus der Formulierung „unmittelbar“ ergibt sich, dass ein Bargeschäft nur vorliegen kann, wenn ein gewisser zeitlicher Zusammenhang vor-liegt. Ein solcher wird üblicherweise nach Ablauf von drei Wochen ver-neint.3 Leistung und Gegenleistung müssen durch Parteivereinbarung miteinander verknüpft sein.4Gewährt der Schuldner eine andere Leistung

1 BGH v. 11.12.1997 – IX ZR 278/96, VIZ 1998, 164 (165).

2 BGH v. 17.7.2003 – IX ZR 272/02, NZI 2003, 597 (598);Schmittmannin Waza/

Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, Rz. 2992.

3 BGH v. 25.1.2001 – IX ZR 6/00, ZIP 2001, 524 (526).

4 BT-Drucks. 12/2443, 167 zu § 161.

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als die geschuldete, so ist diese inkongruent und fällt nicht mehr unter

§ 142 InsO.1

Das Honorar des Steuerberaters im Rahmen eines Sanierungsversuchs, das in angemessener Höhe zeitnah gezahlt wird, ist Bargeschäft, wenn der Sanierungsversuch nicht von Anfang an objektiv ungeeignet ist, sondern davon auszugehen ist, dass ausreichende Chancen für einen erfolgreichen Abschluss bestehen.2

IV. Herausgabeansprüche des Insolvenzverwalters 1. Grundlagen

Gemäß §§ 115, 116 und 117 InsO erlöschen mit der Insolvenzeröffnung alle Aufträge und somit auch der Beratervertrag zwischen Steuerberater und seinem Mandanten. Trotz Beendigung des Vertragsverhältnisses be-steht der Herausgabeanspruch des Mandanten nach §§ 675 Abs. 1, 667 BGB fort. Hiernach muss der Beauftragte dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält oder was er aus der Geschäftsbesor-gung erlangt hat, herausgeben. Zur Ausführung seines Auftrags erhält der Steuerberater regelmäßig umfangreiche Unterlagen und Informationen, aus welchen er ein Arbeitsergebnis erstellt.3Zu diesen gehören sämtliche Unterlagen, alle vom Schuldner oder einem Dritten zur Verfügung gestell-ten Belege aber auch alle in schriftlicher, elektronisch oder sonstiger Form erbrachten Erzeugnisse der geschuldeten Vertragsleistung. Aus der Geschäftsbesorgung erlangt ist alles, was der Beauftragte auf Grund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft erhalten hat. So-mit sind auch die von Beauftragten erstellten Akten, sonstigen Unterla-gen und Dateien von diesem Anspruch erfasst, solange sie nicht als pri-vate Aufzeichnungen einzustufen sind.4Dieser Herausgabeanspruch wird mit Erledigung des einzelnen Auftrags oder mit Beendigung des Auftrags-verhältnisses, also durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens, fällig.5Der Herausgabeanspruch ist Holschuld; der Steuerberater muss die Unterla-gen lediglich zur Abholung in seinen Örtlichkeiten bereitstellen.6Der He-rausgabeanspruch steht im Insolvenzverfahren dem Insolvenzverwalter zu, nicht dem Insolvenzschuldner.7

1 Hölzle, DStR 2003, 2075 (2077); BGH v. 21.12.1977 – VIII ZR 255/76, NJW 1978, 758 (759); zum ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der kongruenten Deckung bei § 142 InsO zuletzt: BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, ZIP 2006, 1261 (1264).

2 Leibner, GmbHR 2004, 405 (406).

3 LG Hannover v. 4.3.2009 – 44 StL 19/06, NZI 2010, 119 (120).

4 BGH v. 11.3.2004 – IX ZR 178/03, DStR 2004, 1397 (1398).

5 LG Cottbus v. 2.5.2001 – 1 S 42/01, DStRE 2002, 63 (63).

6 Olbig/Wollweber, DStR 2009, 2700 (2700).

7 LG Hannover v. 4.3.2009 – 44 StL 19/06, NZI 2010, 119 (119).

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2. Zurückbehaltungsrecht des Steuerberaters

Dem Steuerberater steht gem. § 66 Abs. 2 StBerG ein Zurückbehaltungs-recht an derHandakte des Mandantenzu, wenn dieser seine Honorarfor-derungen nicht begleicht. Zudem kann er sich auf das allgemeine Zurück-behaltungsrecht nach § 273 BGB sowie die Einrede des nicht erfüllten Vertrags nach § 320 BGB berufen. Das Zurückbehaltungsrecht aus § 66 Abs. 2 StBerG geht als lex specialis dem des § 273 BGB vor. Es ist als Son-derrecht weiter gefasst und soll dem Steuerberater ermöglichen, seine An-sprüche privilegiert außergerichtlich durchzusetzen.1Damit soll ihm ein wirkungsvolles Druckmittel an die Hand gegeben werden.2 Zulässig ist die Berufung auf das Zurückbehaltungsrecht jedoch nur, wenn der Steuer-berater damit nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt.

Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Honoraranspruch unverhältnis-mäßig niedrig ist3oder in einer Art und Weise streitig ist, dass dessen Klä-rung einen hohen Zeitaufwand bedeuten würde.4Umfasst ist von diesem Recht jedoch nur die Handakte, § 66 Abs. 2 Satz 1 StBerG. Aus Zwecken der Rechtsklarheit ist die Handakte in § 66 Abs. 3 StBerG legaldefiniert:

Handakten sind demnach nur die Schriftstücke, die der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte aus Anlass seiner beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder für ihn erhalten hat. Dazu gehören insbesondere Kon-toauszüge, Rechnungen und sonstige Buchführungsunterlagen, Bescheini-gungen, Belege und auch alle Schriftstücke, die er für den Mandanten er-halten hat wie beispielsweise Steuerbescheide oder Urteile.5Mit umfasst sind auch Vermerke und Notizen des Steuerberaters sowie ein vom Steu-erberater bereits gefertigtes Arbeitsergebnis, soweit es noch nicht an den Mandanten übersandt ist und damit unter § 66 Abs. 1 Satz 2 StBerG fällt.6

Im Insolvenzverfahren ist das Zurückbehaltungsrecht des Steuerberaters aus § 66 Abs. 2 StBerG jedocheingeschränkt(wie auch alle anderen auße-rinsolvenzrechtlichen Zurückbehaltungsrechte). § 51 Ziff. 2 InsO regelt ab-schließend, welche Arten des Zurückbehaltungsrechts insolvenzfest gegen-über dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden können. Die Rege-lung ist dahin zu verstehen, dass der Gesetzgeber regeln wollte, welche Rechte der Insolvenzverwalter sich entgegenhalten lassen muss und dass bei allen anderen Rechten der Gläubiger auf die Quote zu verweisen sei.7 1 BGH v. 3.7.1997 – IX ZR 244/96, NJW 1997, 2944 (2945) zum vergleichbaren § 50

BRAO.

2 BGH v. 3.7.1997 – IX ZR 244/96, NJW 1997, 2944 (2945).

3 BGH v. 17.2.1988 – IVa ZR 262/86, NJW 1988, 2607 (2808); v. 13.7.1970 – VII ZR 176/68, NJW 1970, 2019 (2012); OLG Düsseldorf v. 21.12.2004 – 23 U 36/04, NJW 2005, 1131 (1131).

4 BGH v. 11.4.1984 – VIII ZR 302/82, NJW 1984, 2151 (2154).

5 OLG Düsseldorf v. 21.12.2004 – 23 U 36/04, NJW 2005, 1131 (1131);Olbing/

Wollweber, DStR 2009, 2700 (2700); LG Heidelberg v. 29.9.1997 – 4 O 53 – 97, NJW-RR 1998, 1072 (1072).

6 LG Heidelberg v. 29.9.1997 – 4 O 53/97, NJW-RR 1998, 1072 (1072).

7 LG Cottbus v. 2.5.2001 – 1 S 42/01, DStRE 2002, 63 (64).

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Das allgemeine schuldrechtliche Zurückbehaltungsrecht ist daher auf Grund der Spezialregelung des § 51 InsO gegenüber dem Insolvenzverwal-ter ausgeschlossen.1Der Ausschluss gilt auch für das dem § 273 BGB nach-empfundene Zurückbehaltungsrecht aus § 66 Abs. 2 StBerG.2Auch das auf

§ 66 Abs. 4 StBerG gestützte Zurückbehaltungsrecht kann daher gegenüber dem Insolvenzverwalter nicht durchgreifen, wenn die geltend zu machen-den Honorarforderungen nicht machen-den Rang von Masseverbindlichkeiten, son-dern nur den von Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) einnehmen, weil die geltend gemachten Honorarforderungen dann nicht (mehr) im Gegenseitig-keitsverhältnis zum Herausgabeanspruch des Insolvenzverwalters stehen.3

3. Sonderproblem: DATEV-Daten

Oft entbrennt der eigentliche Streit über die Herausgabe der Steuerunter-lagen des Insolvenzschuldners vom Steuerberater an den Insolvenzverwal-ter an den gespeicherten DATEV-Daten. Grundsätzlich umfasst der in

§ 66 Abs. 3 StBerG legaldefinierte Begriff der Handakte gem. § 66 Abs. 4 Satz 1 StBerG auch die bei einem Rechenzentrum gespeicherten DATEV-Stammdaten.4 Bezüglich des Herausgabeanspruchs besteht kein Unter-schied dahingehend, ob die Unterlagen körperlich übergeben werden oder elektronisch abgespeichert werden.5Somit bestehen auch keine Bedenken dagegen, die Zustimmung zur Datenübertragung auf den Insolvenzver-walter als Inhalt der Verpflichtung zur Herausgabe der vom Steuerberater bei einem Dritten abgespeicherten Daten anzusehen.6

Eine Herausgabepflicht des Steuerberaters ist also zu bejahen. Kommt er seiner Verpflichtung nicht nach, so kann der Insolvenzverwalter den An-spruch auf Herausgabe der Steuerdaten im Wege der einstweiligen Ver-fügung gem. § 935 ZPO durchsetzen. Der VerVer-fügungsgrund i.S.d. § 935 ZPO ergibt sich daraus, dass der Insolvenzverwalter ohne diese Daten sei-nen Verwalterpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen kann.7

1 Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl., § 49 Rz. 24, m.w.N.

2 Olbing/Wollweber, DStR 2009, 2700 (2704).

3 LG Cottbus v. 2.5.2001 – 1 S 42/01, DStRE 2002, 63 (64); so i.E. auch Schmitt-mannin Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, Rz. 3035ff.;

LG Hannover v. 4.3.2009 – 44 StL 19/06, NZI 2010, 119 (119).

4 LG Hannover v. 4.3.2009 – 44 StL 19/06, NZI 2010, 119 (119).

5 LG Hannover v. 4.3.2009 – 44 StL 19/06, NZI 2010, 119 (120).

6 BGH v. 11.3.2004 – IX ZR 178/03, DStR 2004, 1397 (1398).

7 LG Berlin v. 3.3.2006 – 28 O 92/06, ZIP 2006, 962ff.

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