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5. Untersuchung zwei- und dreidimensionaler DNA Strukturen

5.4. Rasterkraftmikroskopische Untersuchungen

Um die strukturelle Beschaffenheit der gebildeten DNA-Netzwerke zu charakterisieren, wurden die Proben DNA75-76-77 (drei Chromophore), DNA75-79-80, DNA76-78-DNA75-79-80, DNA77-78-79 (jeweils ein Chromophor) und DNA78-79-80 (Kontrollkonstrukt ohne Chromophor) mittels Rasterkraftmikroskopie untersucht.

Nach den bis jetzt über die spektroskopischen Untersuchungen erhaltenen Erkenntnissen müsste sich für DNA75-76-77 eine größere, verzweigte Überstruktur aus einzelnen Ypsilonbausteinen ergeben, da pro Grundbaustein drei Chromophore, die jeweils aggregieren können, vorhanden sind. Bei DNA75-79-80, DNA76-78-80 und DNA77-78-79, die nur einen Perylenbisimidbaustein besitzen, sollten nur Dimere auftreten. Dies würde verdeutlichen, dass sich die einzelnen Ypsilons nicht zufällig sondern perylenbisimidvermittelt aneinanderlagern. DNA78-79-80 sollte zwar die Ypsilonstruktur bilden, enthält jedoch keinen Chromophor zur Aggregation. Hier dürften sich nur einzelne, räumlich separierte DNA-Punkte zeigen.

Abb. 137: AFM Höhenprofil von DNA75-76-77 nach Immobilisierung auf einer Mica-Oberfläche.

Die Höhenskala z beträgt in allen Abbildungen 5 nm. (a) Übersichtsbild der gemessenen Probe;

(b-d) Vergrößerungen einzelner Bereiche von (a) mit den gebildeten DNA75-76-77 Aggregaten (gelb markiert). (e) Illustration der gefundenen Strukturelemente.

Untersuchung zwei- und dreidimensionaler DNA Strukturen

Abb. 137 zeigt das ermittelte AFM Höhenprofil von DNA75-76-77 auf einer Mica-Oberfläche im Überblick und daraus drei stark vergrößerte Bereiche. Der Überblick (a) zeigt eine Oberfläche, die mit Partikeln übersät ist. Alle einzelnen Punkte besitzen einen Durchmesser von ca. 5 nm und stehen für jeweils ein „DNA-Ypsilon“. Würden zwei Arme der Dreiarmkreuzung eine lineare, ungebogene Helix bilden, so wäre der zu erwartende Durchmesser ca. 8 nm. Da der gefundene Durchmesser deutlich kleiner ist, spricht dies für keine lineare, sondern für eine gebogene Ausrichtung der Doppelhelix und unterstützt die Idee einer ypsilonartigen Gestalt. In den Vergrößerungen (b – d) erkennt man zahlreiche Aggregate der „DNA-Partikel“. Es sind Dimere, Trimer bis hin zu fünf aggregierten Monomeren zu sehen. Auch die Verbindungswinkel von ca. 120°, die die übergeordneten Strukturen ausbilden, deuten zweifelsfrei auf eine Ypsilon-Grundstruktur hin. Leider konnte jedoch kein weiträumig ausgedehntes Netzwerk detektiert werden. Einen Grund hierfür liefern möglicherweise die deutlichen CD Signale der gemessenen DNA-Proben. Da bei allen Messungen klare Cotton-Effekte im Bereich zwischen 477 nm und 620 nm zu detektieren waren, kann nicht von einer planaren, sondern einer dreidimensionalen Struktur ausgegangen werden. Dieses filigrane Geflecht wird nur durch π-π-Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Chromophoren und nicht kovalent zusammengehalten. Nach drop-casting der DNA-Proben auf Mica wird dieses dreidimensionale Konstrukt auf eine zweidimensionale Oberfläche gezwungen, wobei die Wechselwirkungen zwischen DNA und Mica extrem stark sind. Durch die Reduzierung um eine Dimension ist die helikale Verdrehung der Chromophore nicht mehr möglich und das gebildete Gerüst bricht in einzelne, kleinere Teilestücke auf.

Die AFM Bilder von DNA75-79-80, DNA76-78-80 und DNA77-78-79 besitzen eine Fülle von Partikeln, deren Durchmesser analog zu DNA75-76-77 5 nm aufweist. Es handelt sich somit um die gebildeten DNA-Dreiarmkreuzungen. Auf allen Höhenprofilen existieren durchwegs nur Dimere. Es konnten keine höher verzweigten Strukturen entdeckt werden. Dies beweist, dass sich die gebildeten Aggregate nur aufgrund der Wechselwirkungen der Perylenbisimidbausteine und sich nicht durch eine statistische Verteilung bilden. Die dunklen Stellen in den AFM Höhenprofilen ergeben sich durch die Oberflächenbeschaffenheit (leichte

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Höhenfehler) der Mica-Oberfläche und haben keinen Einfluss auf die Genauigkeit der Messergebnisse.

Abb. 138: AFM Höhenprofil von DNA75-79-80 (links), DNA76-78-80 (mitte) und DNA77-78-79 (rechts) nach Immobilisierung auf einer Mica-Oberfläche. Die Höhenskala z beträgt in allen Abbildungen 3 nm. Die gebildeten Dimere wurden exemplarisch gelb markiert.

Als letzter Hinweis, dass sich die gefundenen Strukturen einzig auf Chromophor-Wechselwirkungen stützen, dient die AFM Aufnahme von DNA78-79-80. Dieses Konstrukt besteht nur aus unmodifizierter DNA. Diese kann zwar die ypsilonartige Struktur ausbilden, sollte jedoch nur als Monomer vorliegen. Abb. 139 bestätigt diese These.

Abb. 139: AFM Höhenprofil von DNA78-79-80 nach Immobilisierung auf einer Mica-Oberfläche.

Die Höhenskala z beträgt 2 nm.

Es finden sich auf dem gesamten Höhenprofil nur isolierte Partikel. Die Höhe der gemessenen Strukturen ist mit 2 nm deutlich geringer als die der zuvor detektierten und entspricht der Höhe eines DNA-Doppelstrangs. Dieser Höhenunterschied lässt

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sich mit der Tatsache erklären, dass monomere Strukturen plan auf der Oberfläche aufliegen. Sobald jedoch Aggregate vorliegen, sind die einzelnen Bausteine leicht gegeneinander verdreht, wodurch sich ein größeres Höhenprofil ergibt.

5.5. Zusammenfassung der Ergebnisse

Der synthetisierte (vgl. Kapitel 3) Perylenbisimidbaustein 8 konnte erfolgreich am 5’-Ende von drei Oligonukleotidsträngen über die automatisierte DNA-Festphasensynthese eingeführt werden. Die so entstandenen DNA-Sequenzen waren zueinander teilkomplenentär und bildeten über die Watson-Crick-Basenpaarungen eine ypsilonartige Struktur aus. Diese entstandenen Dreiarmkreuzungen besitzen am Ende eines jeden Arms einen Perylenbisimid-Chromophor, der als eine Art Deckel auf der Doppelhelix einen Abschluss bildet.

Aufgrund ihrer stark hydrophoben Eigenschaft und des großen konjugierten π-Systems bilden Perylenbisimidmoleküle untereinander starke π-π-Wechselwirkungen aus. Es war erstaunlich, festzustellen, dass die drei modifizierten DNA-Stränge DNA75, DNA76 und DNA77 sofort nach der Probenvorbereitung spontan, ohne das übliche Annealing die richtigen Basenpaarungen ausbilden und die gewünschte ypsilonartige Monomerstruktur DNA75-76-77 formen. Nach der Bildung der Dreiarmkreuzungen kam es ebenfalls sofort zur spontanen Aggregation der Monomere über die Chromophor-Chromophor-Wechselwirkungen und es entstanden größere, übergeordnete Netzwerkstrukturen. Dies konnte durch zahlreiche Experimente und Messungen wie UV/Vis-Absorptionsspektroskopie, Emissionsspektroskopie, CD-Spektroskopie und AFM Messungen belegt werden. Als Kontrollexperimente und zur Bildung weniger verzweigter Strukturen wurden Oligonukleotide synthetisiert, die in ihrer Basenabfolge absolut identisch zu DNA75, DNA76 und DNA77 sind, jedoch keinen künstlichen Baustein am terminalen 5’-Ende besitzen. Somit war es möglich, nicht nur dreifach, sondern auch zweifach und einfach perylenbisimidmodifizierte Ypsilonstrukturen zu bilden und deren Überstruktur zu untersuchen. Auch diese neuen Monomerbausteine aggregieren sofort nach der Probenvorbereitung spontan und formen entsprechende Netzwerke.

Thermische Untersuchungen zeigten, dass sich bei höheren Temperaturen die

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gebildete Tertiärstruktur aufgrund der Dehybridisierung des DNA-Doppelstrangs auflöst, sich jedoch nach Abkühlen unter die DNA-Schmelztemperatur wieder bildet.

Grund hierfür ist die Eigenschaft des Perylenbisimids, nur am Ende eines DNA-Doppelstrangs, jedoch nicht eines Einzelstrangs, Dimere auszubilden. Durch eine Erhöhung der DNA-Konzentration fielen die gebildeten Aggregate aus und wurden so optisch sichtbar gemacht. Leider beträgt die Quantenausbeute des Perylenbisimids in DNA75-76-77 nur 1.4 %. Die Quantenausbeute des freien Farbstoffes in Dichlormethan ist mit 72.7 % deutlich höher. Der Abfall der Quantenausbeute ist bedingt durch Löschprozesse in der DNA, die jedoch nicht vollständig sind.[173]

Perylenbisimid ist als schwach fluoreszierender „Klebstoff“ für DNA und folglich zur Ausbildung größerer Netzwerkstrukturen geeignet - nicht sehr hell leuchtend, aber immerhin noch detektierbar. Wirft man jedoch den Blick über den Tellerrand dieser Ergebnisse, so tritt ganz deutlich hervor, dass es sehr gut gelungen ist, Farbstoffmoleküle so an einem DNA-Gerüst auszurichten, dass sie die Selbstassoziation der DNA kontrollieren. In Anbetracht der in der Einleitung bereits genannten Vorteile von DNA-Architektur und unter dem Aspekt, dass Perylenbisimid stabile Radikalanionen formen kann, können diese Ergebnisse auch als Grundlage für zukünftige DNA-basierte, molekularelektronische Bauteile, die z. B. in Solarzellen oder Feldtransistoren zum Einsatz kommen könnten,[362] verwendet werden.

Materialien und Methoden