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2. Theoretischer Hintergrund

2.5. Detektion von Punktmutationen (SNP)

Eine Punktmutation oder auch SNP (Single Nucleotide Polymorphism) bezeichnet eine Stelle im Genom, die sich vom Wildtyp um nur ein einzelnes Basenpaar unterscheidet.[19, 102-105] Durch den Austausch eines einzigen Watson-Crick Basenpaares durch eines der anderen drei Basenpaare, wird aus der ursprünglichen Wildtyp-DNA eine Mutante-DNA.

Abb. 20: Beispiel für SNP; Wildtyp-DNA (oben) und Mutante (unten).

Theoretischer Hintergrund

Liegt die Punktmutation in einer proteincodierten Region der DNA und wird sie vom körpereigenen Reparaturmechanismus nicht beseitigt, kann dies zu einer veränderten Aminosäuresequenz des exprimierten Proteins führen. Dieser kleine Unterschied in der Sequenz kann ihrerseits eine große Veränderung des Phänotyps nach sich ziehen, was die Funktionalität des Proteins drastisch (negativ wie positiv) beeinflussen kann. Liegt die Mutation in einer Promotorregion der DNA, kann die Effektivität der Transkription des codierten Proteins verändert werden. Diese gesteigerte oder unterdrückte Genexpression ist oft Auslöser für Krankheiten oder Krebs und kann somit sogar den Tod des Individuums herbeiführen. Deshalb ist die Detektion von SNPs, die für etwa 90 % der Genvariationen verantwortlich sind, für die Medikamentenentwicklung, die biomedizinische Forschung, die medizinische und pharmazeutische Diagnostik und für die Therapie von Krankheiten von großer Bedeutung.[102, 106-111] Allgemein lassen sich die verwendeten Methoden zur SNP-Detektion in zwei Gruppen einteilen; enzymatische Assays und nicht-enzymatische Assays.

Die meisten SNP-Assays verwenden enzymatische Reaktionen als Schlüsselschritt.

Grund hierfür ist die sehr hohe Genauigkeit, mit der Enzyme zwischen Wildtyp und Mutante unterscheiden können.[102] Dies induziert automatisch, dass nicht-enzymgestützte Assays Punktmutationen mit gleicher Präzision erkennen müssen, um konkurrenzfähig zu sein. Im Folgenden werden 3 bedeutende Beispiele dieser Assay-Klasse näher erläutert.

2.5.1. Allelspezifische Hybridisierung

Diese Methode ist unter den nicht-enzymatischen Assays ein Standardverfahren. Bei der allelspezifischen Hybridisierung werden allelspezifische Oligonukleotide (ASO) mit DNA einer Probenlösung hybridisiert. Wildtyp-DNA bildet hierbei mit den ASO einen stabilen, fehlerfrei gepaarten Duplex aus, während Mutanten Doppelstränge mit Fehlpaarungen ausbilden. Die allelspezifischen Oligonukleotide sind ihrerseits auf einer Trägerschicht immobilisiert und die zu untersuchende Probe mit einer Fluoreszenzsonde markiert. Die Mutante – ASO Duplexe weisen im Vergleich zu den Wildtyp-Duplexen eine geringere thermodynamische Stabilität und somit auch einen

Theoretischer Hintergrund

niedrigeren Schmelzpunkt auf. Daher ist es möglich, diese fehlgepaarten Duplexe leicht zu dehybridisieren und durch einen Waschvorgang von den stabileren Duplexen abzutrennen. Die Wildtyp-Duplexe können so durch ihr Fluoreszenzverhalten detektiert werden. Jedoch ist die Diskriminierung zwischen falsch und richtig gepaarten Doppelsträngen aufgrund der nur geringen Stabilitätsunterschiede problematisch.[102, 112] Außerdem ist es notwendig, die zu untersuchende DNA vor dem eigentlichen Testverfahren mit einer Fluoreszenzsonde zu markieren. Da dies meist über PCR mit speziellen dNTPs oder markierten Primer geschieht, erhöht dies den Arbeitsaufwand und die Gesamtkosten.

2.5.2. Strang-Austausch-Methode

Diese Methode zur SNP-Detektion basiert im Gegensatz zur allelspezifischen Hybridisierung, nicht auf thermodynamische, sondern auf kinetische Unterschiede der Duplexbildung. Die Strang-Austausch-Methode beruht auf der Feststellung, dass kammartig ausgebildete kationische Copolymere (CCTC cationic comb-type copolymer) die Hybridisierung von zwei komplementären Strängen beschleunigen, die von fehlgepaarten Strängen jedoch nicht. Als Sonde verwendet man einen Doppelstrang, der am 3’-Ende des einen Oligonukleotids und am 5’-Ende des anderen Oligonukleotids mit Fluorophoren markiert ist. Diese beiden Fluorophore (oft FITC und TAMRA) stellen ein FRET-Paar dar. Werden nun komplementäre und nicht-komplementäre Stränge in Verbindung mit CCTC zugegeben, kommt es zum Austausch der komplementären Stränge. Hierbei wird das FRET-Paar voneinander getrennt, wodurch ein Fluoreszenzsignal generiert wird. Der Austausch des komplementären Gegenstrangs erfolgt hierbei deutlich schneller als der Austausch des „falschen“ Strangs. Hierdurch steigt die Emissionsintensität bei der Wildtyp-Probe schneller an als dies bei der Mutante der Fall ist.[102]

Theoretischer Hintergrund

Abb. 21: Schematische Darstellung der Strang-Austausch-Methode.

2.5.3. Base-discriminating Fluorescent Probes

Als weitere Alternative zu den bereits genannten Methoden werden fluoreszente Basen entwickelt, deren Emissionsverhalten sich je nach vorhandener Gegenbase verändert. Diese artifiziellen Basenanaloga werden in einem Sondenstrang anstelle eines natürlichen Nukleosids eingebaut. Nach Hybridisierung mit der zu untersuchenden DNA-Probe zeigt sich durch die Veränderung der Fluoreszenzintensität, ob ein Wildtyp oder eine Mutante vorliegt. Zwei Parameter sind für die zuverlässige und ausreichend sensitive Detektion entscheidend:

F / F0: Verhältnis der Fluoreszenzintensitäten von ds-DNA (F) zu ss-DNA (F0) F / F’: Verhältnis der Fluoreszenzintensitäten von richtig (F) und fehlgepaarter

(F’) DNA

Saito et al. modifizierten sowohl Adenin,[113] Cytidin, als auch Uridin[114-116] mit Pyren.

Diese „Base-Discriminating Fluoreszent Probes” (BDF) weisen richtig gepaart eine hohe Fluoreszenzintensität (F / F0 = 4–5) auf. Bei einer falschen Gegenbase sinkt dagegen die Emission stark ab (F / F’ ≈ 6). Befindet sich die richtige Gegenbase gegenüber dem modifizierten Nukleosids, hält sich der große Pyrenrest vermutlich außerhalb der Helix in der großen Furche auf. Bei einer falschen Gegenbase dreht sich der Pyrenrest in den Doppelstrang und interkaliert mit den benachbarten Basen.

Durch diese Wechselwirkungen wird die Fluoreszenz des Pyrens gelöscht. Der Vorteil an diesem Assay ist die enorm große Toleranz gegenüber pH-Wert,

Theoretischer Hintergrund

Salzkonzentration und Lösungsmittel, solange diese Parameter die Bildung der Helix nicht verhindern. Der Nachteil ist jedoch die teilweise Löschung der Emission durch C und G als Nachbarbasen.

Abb. 22: Schematische Darstellung eines BDF-Assays.[114]

Da die von PyU emittierte Wellenlänge zu kurzwellig für die gängige DNA-Chip Auslesetechnik ist, entwickelten Saito et al. ihr System weiter. Hierzu wurde Fluorescein als FRET-Akzeptor in einer Entfernung von fünf Basenpaaren zu einem Naphthodeazaadenin in die DNA-Sequenz eingebaut.[117] Die hohe Fluoreszenzintensität des NDA wurde von Fluorescein gelöscht, das seinerseits bei einer Wellenlänge von etwa 520 nm emittiert. Die Abhängigkeit der Fluoreszenzintensität von NDA von seinen Gegenbasen konnte auch hier klar bestätigt werden. Bei der richtigen Basenpaarung steigt die Intensität der Fluoresceinemission deutlich an, während sie bei Fehlpaarungen stark zurückgeht.

Hudson et al. verwenden 5-Alkynyl-Uridin-Derivate als gegenbasendiskriminierende Fluoreszenzsonden, die eine Emission bei 400 nm – 450 nm aufweisen.[118] Diese BDFs besitzen, im DNA-Einzelstrang, nur eine geringe Fluoreszenzintensität.

Gepaart mit Adenin als Gegenbase steigt die Fluoreszenz je nach Substituent um das Zwei-, bis Sechsfache an. Tritt an die Stelle des Adenin ein Guanin, befindet sich die Fluoreszenzintensität circa auf dem Niveau der Einzelstrangfluoreszenz. Bei Thymin oder Cytosin als „falsche“ Gegenbase gibt es keinen so klaren Fluoreszenzabfall.

Seitz et al. entwickelten mit dem Chromophor Thiazol Orange die sogenannten

„Forced Intercalation of Thiazol Orange Probes“ (FIT). Hierzu wurde Thiazol Orange

Theoretischer Hintergrund

als artifizielle Base in einen PNA-Strang (Peptide Nucleic Acid) inkorporiert. Bei Hybridisierungsversuchen mit DNA wurde festgestellt, dass die gemessene Fluoreszenzintensität signifikant ansteigt, wenn ein passender Gegenstrang (T als Gegenbase zu TO) vorliegt (F / F0 ≈ 20). Sobald sich eine der drei verbliebenen Gegenbasen gegenüber des Thiazol Oranges befindet, oder eine Basenfehlpaarung in direkter Nachbarschaft zum Fluorophor existiert, sinkt die Emissionsintensität dagegen stark ab (F / F’ ≈ 5). In einer Fehlgepaarten Umgebung steht dem TO größere konformationelle Freiheit zu Verfügung und es gibt die Anregungsenergie über die Rotation der Methinbrücke ab. Liegt der Farbstoff dagegen interkaliert vor ist eine Energieabgabe nur durch einen strahlenden Relaxationsprozess möglich.[119-125]

Abb. 23: Von Seitz et al. entwickelte FIT Sonde.