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R EAKTION VON I MIDOMETALLATEN MIT Ü BERGANGSMETALL - -E LEKTROPHILEN

W OLFRAMS

4.3 R EAKTION VON I MIDOMETALLATEN MIT Ü BERGANGSMETALL - -E LEKTROPHILEN

Aus den W-C(13) bis W-C(17)-Abständen geht eine Abweichung von der idealen η5-Koordination des Liganden hervor, wie sie in vielen Cp*-substituierten Verbindungen angetroffen wird.[63] Diese Asymmetrie beruht auf dem trans-Einfluß des Imidoliganden.

Da bei den Silylmetallkomplexen lediglich die Wolframverbindung zugänglich war, sich die stannylierten Vertreter jedoch problemlos für M = Mo, W darstellen ließen, lag das Interesse in der Zugänglichkeit der germylsubstituierten Komplexe, um die Reihe der Me3 E-Elektrophile der 4. Gruppe zu vervollständigen.

Bei der Umsetzung von [Cp*W(NMes)2Li(py’ )2] und [Cp*Mo(NMes)2Li(py)2] mit Me3GeOSO2C4F9 ist ein sofortiger Farbumschlag nach Orange (M = W) bzw. Dunkelrot (M

= Mo) zu beobachten. Den dabei gebildeten Produkten kann aufgrund von NMR-Daten die in Gleichung 11 wiedergegebene Strukturformel zugeordnet werden.

Weiterhin ist die Bildung der Produkte durch IR- und Massenspektroskopie sowie durch CHN-Analyse dokumentiert. Die Verbindungen 9 und 10 sind sehr gut in gängigen Lösungsmitteln wie Hexan, Toluol oder THF löslich. Der Me3Ge-substituierte Wolframkomplex ist aus einer Hexanlösung bei -30°C kristallisierbar.

4.3 R

EAKTION VON

I

MIDOMETALLATEN MIT

Ü

BERGANGSMETALL

neuen M-M’ -Verbindungen war der Anstoß, die Reaktivität der dargestellten Imido-metallate 1 - 4 mit verschiedenen Übergangsmetall-Elektrophilen zu untersuchen. Bei der Wahl der Edukte wurde das Isolobalkonzept[4] als theoretische Grundlage für die Syntheseplanung genutzt.

Werden [Cp*W(NMes)2Li(py’ )2] 1 und [Cp*Mo(NMes)2Li(py)2] 3 mit [Au(PPh3)Cl][64] bei RT in Toluol umgesetzt, wird eine spontane Farbänderung von Grün nach Orange für die Wolframverbindung bzw. nach Dunkelrot im Fall der Molybdänspezies beobachtet. Die Gold(I)-substituierten Komplexe bilden sich nahezu quantitativ und können aus Hexan ausgefällt werden.

Beide Verbindungen sind durch 1H-, 13C- und 31P-NMR- sowie IR-Spektroskopie belegt.

Massenspektroskopisch gelang der Nachweis des Molekülions mit dem APCI-Verfahren.

Für Verbindung 11 konnte eine CHN-Analyse erhalten werden. Sämtliche NMR- und IR-spektroskopischen Befunde stimmen für 11 und 12 überein, so daß das Vorliegen analoger Verbindungen angenommen wird.

In der Hoffnung, Einkristalle einer Au(PR3)-substituierten Verbindung zu erhalten, wurde der Rest R am Phosphansubstituenten variiert. Hierzu wurde die Darstellung[65] von [Au(PMe3)Cl] und [Au(PiPrMe2)Cl] sowie deren weitere Umsetzung mit den lithiierten Verbindungen in Betracht gezogen.

Im Falle von [Au(PiPrMe2)Cl] konnte das bei der Synthese gebildete Phosphanoxid nicht abgetrennt werden, so daß keine Umsetzung mit diesem Goldelektrophil durchgeführt werden konnte.

Wird [Cp*W(NMes)2Li(py’ )2] 1 mit [Au(PMe3)Cl] in Toluol bei RT umgesetzt, kann in analoger Weise zu den Komplexen 11 und 12 die Zweikernverbindung [Cp*W(NMes)2Au(PMe3)] 13 erhalten werden.

Wie 11 und 12 fällt auch dieser Komplex aus Hexan als orange-gelber Niederschlag aus. Die Verbindung ist durch 1H-, 13C- sowie 31P-NMR-Spektroskopie charakterisiert. Weiterhin sprechen massenspektroskopische Befunde sowie die CHN-Analyse für das Vorliegen des pseudotetraedrisch koordinierten Halbsandwichkomplexes 13.

Für die drei Verbindungen 11, 12 und 13 wurden verschiedene Kristallisationsversuche aus Benzol, Toluol/Hexan, THF oder Acetonitril durchgeführt. Nur im Fall der Wolfram-Gold-Zweikernverbindung 11 gelang es, röntgenfähige Einkristalle zu erhalten.

4.3.1.1 MOLEKÜLSTRUKTUR VON [(η5-C5Me5)W(NMes)2Au(PPh3)] 11 IM KRISTALL

Aus einer gesättigten benzolischen Lösung können bei RT innerhalb von drei Monaten Einkristalle erhalten werden, von denen eine Kristallstrukturanalyse angefertigt wurde.

11 kristallisiert triklin in der Raumgruppe P1 (Nr.: 2) mit zwei Molekülen in der Elemen-tarzelle.

Das Wolframatom befindet sich im Zentrum eines verzerrten Pseudotetraeders, dessen Ecken von den beiden Stickstoffatomen der Mesitylimidoliganden, dem Goldatom sowie dem Zentroid einer [η5-C5Me5]-Einheit besetzt sind.

Abbildung 8: Molekülstruktur von [Cp*W(NMes)2AuPPh3] 11.

Tabelle 11: Ausgewählte Bindungslängen [pm] von 11.

W-N(1) 176.9(7) Au-P 232.3(2)

W-N(2) 176.7(7) P-C(29) 180.4(9)

W-Au 264.6(1) P-C(35) 182.1(8)

N(1)-C(11) 140.1(10) P-C(41) 180.6(9)

N(2)-C(20) 139.1(10)

Tabelle 12: Ausgewählte Bindungslängen [pm] der [η5-C5Me5]-Einheit von 11.

W-C(1) 235.1(8) C(1)-C(2) 143.5(14)

W-C(2) 243.2(8) C(2)-C(3) 141.4(12)

W-C(3) 244.6(8) C(3)-C(4) 140.9(14)

W-C(4) 247.9(8) C(4)-C(5) 140.8(13)

W-C(5) 241.6(8) C(5)-C(1) 143.5(14)

Tabelle 13: Ausgewählte Bindungswinkel [°] von 11.

N(1)-W-Au 95.7(2) W-Au-P 175.35(6)

N(2)-W-Au 91.5(2) C(29)-P-C(35) 104.5(4)

N(1)-W-N(2) 110.1(3) C(35)-P-C(41) 104.4(3)

W-N(1)-C(11) 172.3(6) C(41)-P-C(29) 105.1(4)

W-N(2)-C(20) 176.4(6)

Wie von d0-Imidokomplexen der Metalle Wolfram und Molybdän bekannt ist, deuten auch hier die Bindungslängen W-N(1) mit 176.9(7) pm und W-N(2) mit 176.7(7) pm sowie die zugehörigen Bindungswinkel von W-N(1)-C(11) mit 172.3(6)° und W-N(2)-C(20) mit 176.4(6)° auf einen Dreifachbindungsanteil der Wolfram-Imidoeinheiten hin.[10] Der Wolfram-Gold-Abstand ist mit 264.6(1) pm dem der isolobalen Verbindung [CpW(CO)3AuPPh3][66] mit 269.8(3) pm ähnlich. Unterschiede ergeben sich aus der Elektronenkonfiguration des d1-Wolfram-Metallzentrums in 11 im Vergleich zur niedervalenten d5-konfigurierten Halbsandwich-Carbonylverbindung.

Die Linearität der Wolfram-Gold-Phosphor-Achse ist mit 175.35(6)° stark ausgeprägt. Der W-Au-P-Winkel ist mit dem entsprechenden Winkel von 173.8(3)° in Komplex [CpW(CO)3Au(PPh3)][66] durchaus vergleichbar. Das Phosphoratom ist verzerrt tetraedrisch von den drei Phenylgruppen umgeben, was auf den sterischen Anspruch der beiden Mesitylimidoliganden zurückzuführen ist.

In der Literatur gibt es zahlreiche Au(PPh3)-substituierte Komplexverbindungen des Wolframs, deren W-Au-Bindung jedoch ligandverbrückt (meist CR2-verbrückt)[67] ist. Somit können sie nicht zur Diskussion der Bindungslängen und Bindungswinkel herangezogen werden.

Werden die Reaktionen von 1 und 3 mit dem leichteren Homologen der Gold(I)phosphanaddukte, dem [Cu(PMe3)Cl], durchgeführt, so sind nur Redoxprozesse zu beobachten. Es scheidet sich an der Schlenkrohrwandung ein Cu0-Spiegel ab. Das einzige identifizierte Produkt der Reaktion ist [Cp*W(NMes)2Cl]. Diese Umsetzung führt die hohe Reduktionskraft der lithierten Verbindungen 1 und 3 erneut vor Augen.

4.3.2 REAKTIONEN MIT QUECKSILBER(II)-ELEKTROPHILEN

Bei der Reduktion von [Re(NDip)3Cl] mit einem Äquivalent Na/Hg wurde vonSCHROCK -MITARBEITERN der Komplex [{(DipN)3Re}2Hg] isoliert.[47] Zur Erklärung der hetero-trinuclearen Verbindung wird vermutet, daß intermediär ein [Re(NDip)3]-Radikal entsteht.

Unser Interesse lag in der Umsetzung der Imidometallate 1 und 3 mit Hg-Elektrophilen, die zur σ-Bindung befähigt sind. Als Edukte wurden PhHgCl und HgCl2 mit dem Ziel der Darstellung von Heterozwei- und Heterodreikernverbindungen wie [Cp*W(NMes)2HgPh]

und [{Cp*W(NMes)2}2Hg] eingesetzt.

Wird [Cp*W(NMes)2Li(py’ )2] äquimolar mit PhHgCl in Toluol bei -78°C umgesetzt, läßt sich ein sofortiger Farbumschlag nach Orange beobachten. 1H- und 13C-NMR-Spektren sprechen gegen die Bildung der gewünschten dinuclearen Verbindung [Cp*W(NMes)2HgPh], da keine Ph-Signalgruppen detektiert werden können. Statt dessen wird dem aus Pentan ausfallenden, orangefarbenen Niederschlag die Formel [{Cp*W(NMes)2}2Hg] 14 zugeschrieben. Selbiges Produkt wird auch bei der Reaktion von 1 mit PhHgOC(O)CF3 erhalten.

Die Verbindung ist weiterhin durch IR- und Massenspektroskopie sowie durch CHN- und Hg-Analyse dokumentiert und bestätigt. 14 ist in Toluol und Benzol sehr gut löslich, in Pentan und Hexan hingegen nahezu unlöslich. Aufgrund dieses Löslichkeitsverhaltens ist die Abtrennung vom entstandenen Reaktionsgemisch möglich. Bei der Umsetzung von [Cp*Mo(NMes)2Li(py)2] 3 mit PhHgCl gelang dies nicht. Somit konnte weder der zu 14 analoge Molybdänkomplex noch ein anderes Produkt isoliert werden. Die für die Molybdänspezies formulierten Produkte A, B und C werden durch die Formulierung der beiden konkurrierenden Reaktionspfade, Nucleophile Substitution versus SET-Reaktion, plausibel. Schema 11 zeigt einen Vorschlag zum allgemeinen Mechanismus des

SET-PhHgCl. Die in der folgenden Gleichung aufgeführten Produkte können auf der Grundlage des 1H-NMR-Spektrums formuliert werden.

Um dennoch die Heterodreikernverbindung [{Cp*Mo(NMes)2}2Hg] darzustellen, wurde 3 mit HgCl2 im molaren Verhältnis 2:1 bei -78°C in Hexan umgesetzt. Es wird ein sofortiger Farbumschlag nach Dunkelrot beobachtet. Bei dieser Reaktion bildet sich nahezu quantitativ [Cp*Mo(NMes)2Cl], und elementares Quecksilber fällt als grauer Niederschlag aus.

Schema 11: Vorschlag zum Mechanismus der SET-Reaktion von [Cp*M(NMes)2Li(L)2] (M = Mo, W; L = py, py’) mit PhHgCl.

4.3.3 REAKTIONEN MIT IMIDOMETALL-ELEKTROPHILEN

Durch die Synthese von [Cp*M(NMes)2Li(L)2] (M = Mo, W; L = py, py’ ; 2L = tmeda) konnte erstmals die Darstellung von Heterobi- und Heterotrimetall-Imidokomplexen anvisiert werden.

Schema 12: Denkbare Synthesen für heterodinucleare d1-d1-Imidometallkomplexe.

Bisher waren nur die d1-d1-homodinuclearen Verbindungen der Metalle der Gruppen 5, 6 und 7 via Reduktion der Chlorokomplexe [Cp2M(NR)Cl] und [CpM(NR)Cl2] (M = Nb, Ta), [Cp(*)M(NR)2Cl] (M = Mo, W) und [M(NR)3Cl] (M = Tc, Re) mit den Imidoresten R = Alkyl, Aryl bekannt.[44,45,46,50,68,69]

Wird [Re(NtBu)3Cl] mit 3 in Benzol bei RT oder in Hexan bei -78°C zur Reaktion gebracht, ist eine sofortige Dunkelfärbung der Lösung zu beobachten.

Beide Verbindungen konnten 1H- und 13C-NMR-spektroskopisch in dem Reaktionsgemisch identifiziert, jedoch nicht durch fraktionierte Kristallisation bei -30°C aus Hexan voneinander getrennt werden. Die lithiierte Spezies 3 geht keine Nucleophile Substitution am Metallzentrum ein, sondern fungiert als starkes Reduktionsmittel und neigt zur Halogenabstraktion. Da beide Edukte exakt äquimolar miteinander umgesetzt wurden, bleibt die Frage nach anderen Nebenprodukten, die die Elektronenbilanz der Reaktion ausgleichen, offen. Vermutlich werden paramagnetische Verbindungen, die durch NMR-Spektroskopie nicht nachgewiesen werden können, gebildet.

Die Halogen-Substituenten sind Abgangsgruppen, die die Bildung von Radikal-zwischenstufen begünstigen. Deshalb wurde 1 mit dem Imidokomplex [Re(NMes)3OSiMe3] in Toluol bei -78°C zur Reaktion gebracht. Erneut wurden nur SET-Reaktionsprodukte detektiert. Weiterhin wurde die Bildung von [Cp*W(NMes)2H] beobachtet. Dieses Protonierungsprodukt ist nicht auf Restfeuchtigkeit im Lösungsmittel zurückzuführen, sondern wird vermutlich durch H-Radikalabstraktion gebildet.

Die Umsetzungen von 1 mit den Halbsandwich-Imidokomplexen der Metalle der 5. und 6.

Gruppe, wie z.B. [Cp*Mo(NtBu)2Cl] oder [Cp2Nb(NtBu)Cl], verliefen ebenfalls ohne Erfolg. Die entstandenen Reaktionsgemische ließen sich nicht durch fraktionierte Kristallisation auftrennen. Die Zuordnung von Produkten anhand des 1H-NMR-Spektrums ist schwierig und kann nur für [Cp*W(NMes)2H] eindeutig getroffen werden, so daß über die Bildung weiterer Komplexe keinerlei Aussagen gemacht werden können.

Durch die Neigung der Imidometallate, als starkes Reduktionsmittel anstatt als selektives Nucleophil zu fungieren, wurde die Strategie zur Synthese von heterodinuclearen Imidometall-Komplexen in Frage gestellt.

4.3.4 REAKTIONEN MIT CARBONYLMETALL-ELEKTROPHILEN

D. RUNGE untersuchte in ihrer Dissertation die Bindungsfähigkeit von Carbonylfragmenten gegenüber Imidometallfragmenten, die sich zueinander isolobal verhalten (s. Schema 1).[58]

Es gelang via Alkalisalzeliminierung nicht-ligandverbrückte Heterozwei- und Heterodrei-kernkomplexe zu synthetisieren. Carbonylmetallate wie [CpFe(CO)2]-, [Mn(CO)5]- oder [CpM(CO)3]- (M = Mo, W) erwiesen sich als selektive Nucleophile gegenüber den Imidometallsäuren [Re(NR)3]+, [CpM(NR)2]+ (M = Mo, W) oder [Cp2Nb(NR)]+ (R = tBu, Mes).[31]

Es galt nun, die Bindungsfähigkeit weiterer Carbonylkomplex-Fragmente mit den Halbsandwich-Imidometall-Fragmenten zu untersuchen. Die gewünschten Zweikern-komplexe sollten durch die Umsetzung von Edukten umgekehrter Reaktivität, d.h. der Reaktion von Carbonylmetallhalogeniden mit Imidometallaten zugänglich sein.

Bei der Umsetzung von 1 mit [CpFe(CO)(PPh3)I] in Toluol tritt schon bei tiefen Temperaturen eine sofortige Dunkelfärbung ein. Der gewünschte Zweikernkomplex [Cp*(MesN)2WFeCp(CO)(PPh3)] konnte nicht isoliert werden. Statt dessen war nur die Bildung von [Cp*W(NMes)2I] 15 zu beobachten. Die Charakterisierung weiterer Nebenprodukte, etwa des plausiblen Carbonylmetallats Li[CpFeCO(PPh3)], war nicht möglich.

Die Bildung der dunkelroten Iodoverbindung ist durch SET-Prozesse erklärbar. Sie ist

1H- und 13C-NMR-spektroskopisch belegt. IR- und Massenspektroskopie sowie CHN-Analyse dokumentieren die Darstellung von 15. Die Verbindung ist sehr gut in Hexan, Toluol oder THF löslich.

[Cp*W(NMes)2Li(py’ )2] 1 erwies sich bei Umsetzungen mit chlorosubstituierten Carbonylkomplexen wie [Ir(PPh3)2(CO)Cl] (Vaska-Komplex) oder mit [CpFe(CO)2SnCl3] ebenfalls als starkes Reduktionsmittel. Neben der Bildung von paramagnetischen Verbindungen konnte 1H-NMR-spektroskopisch nur [Cp*W(NMes)2Cl] identifiziert werden.

Der denkbare synthetische Zugang zu Heterozwei- und Heterodreikernkomplexen über die Imidometallate in Reaktion mit Carbonylmetall-Elektrophilen ist durch die starke reduktive Wirkung der d2-Imidospezies verhindert.