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6. Diskussion der Ergebnisse

6.2. Rückkopplung zu den Ergebnissen der systematischen Literaturanalyse

trägt einerseits die Entlohnungspolitik im Untersuchungsunternehmen bei, die den abteilungs-internen Erfolg als Ausgangspunkt hat. Andererseits fehlt eine zentrale Koordinationsstelle, die einen Austausch zwischen den Experten ermöglicht, indem sie den entsprechenden Erst-kontakt herstellt. Die Suche nach Personen, die mit einem gewissen Thema bereits Erfahrun-gen gemacht haben, gestaltet sich oft mühsam und unübersichtlich. Die unabhängige Fach-abteilung der analysierten Organisation würde diese Funktion zwar informell übernehmen, nichtsdestotrotz fehlen formelle Strukturen, die hier förderlich mitwirken.

Die Erfüllung der diskutierten Eigenschaften kann folglich differenziert betrachtet werden. Die Kriterien der Werthaltigkeit, Einzigartigkeit und mangelhaften Imitierbarkeit können weitge-hend als gegeben angesehen werden. Die organisationale Einbettung weist jedoch im be-trachteten Unternehmen noch Verbesserungspotentiale auf. Aufgrund des Bewusstseins für die bestehenden Defizite kann das Beziehungskapital jedoch trotzdem als Kernkompetenz der wissensintensiven Organisation eingestuft werden. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, das Management der intellektuellen Kapitalbasis als Kernfunktion in die Unternehmensführung zu integrieren. Im Zuge der Strategieentwicklung sollte die intellektuelle Ressourcenbasis konkret miteinbezogen werden. Durch die starke Abhängigkeit der einzelnen Teilbereiche des intellek-tuellen Kapitals kann diese Schlussfolgerung nicht nur für das Beziehungskapital resümiert werden. Speziell die vorangegangenen Ausführungen zeigen, dass hinsichtlich des Struktur-kapitals noch Verbesserungspotentiale identifiziert wurden. Die Nutzung dieser Potentiale ist für den gewinnbringenden Einsatz des Beziehungskapitals von substanzieller Bedeutung.

6.2. Rückkopplung zu den Ergebnissen der systematischen Literaturanalyse

unter besonderer Berücksichtigung des Beziehungskapitals

Kosten durch die Reduktion von Fehlern eingespart werden können.427 Die Befragung ergab ein ähnliches Bild in Bezug auf die Vorteile aus der Nutzung des bestehenden Beziehungska-pitals. Vor allem die Verbesserung der Arbeitsabläufe und der eintretende Lernprozess auf individueller Ebene standen beim gegenseitigen Erfahrungsaustausch im Mittelpunkt der Aus-führungen.

Überdies befassten sich die Publikationen mehrfach mit der Thematik des Wissensaustau-sches innerhalb einer Organisation. Die eigene empirische Studie beschränkte die Untersu-chung dieses Faktors nicht auf die interne Perspektive, wie es im Fall der analysierten Studien der Fall war, sondern erweiterte die Betrachtung um externe Stakeholdergruppen, die wesent-liche Akteure des unternehmerischen Beziehungskapitals darstellen. WATSON/HEWETT (2006) erwähnten beispielsweise, dass Mitarbeiter ihr Wissen entweder aufgrund eines Pflichtgefühls oder echtem Engagement gegenüber der jeweiligen Organisation teilen. Auch der Einbezug der Bereitschaft zum Wissensaustausch in die individuelle Leistungsbewertung ist oft ein Mit-grund, die persönlichen Erfahrungen weiterzugeben.428 SWART ET AL.(2014) ergänzten, dass Wissen eher von jüngeren Mitarbeitern vorenthalten wird. Langjährige Angestellte neigen ver-mehrt dazu, ihre Erlebnisse zu teilen.429 Im Zuge der empirischen Untersuchung wurden keine Gründe für den Vorenthalt von Teilen der eigenen Wissensbasis genannt. Die Gesprächs-partner vertraten durchwegs eine positive Einstellung in Bezug auf den fachlichen Erfahrungs-austausch. Die befragten Persönlichkeiten sind überdies langjährige Angestellte des Untersu-chungsunternehmens, wodurch die Erkenntnis von SWART ET AL.(2014), dass jüngere Mitar-beiter eher dazu neigen, Wissen vorzuenthalten, nicht untersucht werden konnte. Die gegen-läufige Darstellung, dass langjährige Angestellte diese Einstellung nicht vertreten, kann jedoch als Schlussfolgerung der eigenen Untersuchung festgehalten werden.

Darüber hinaus ergaben die analysierten Studien einen Einfluss der Beziehung zum direkten Vorgesetzten auf die Bereitschaft zum Wissensaustausch. Ein schlechtes Verhältnis zu dieser Instanz führt in der Folge häufig zu einem Vorenthalt vorhandener Informationen. Obendrein wird dadurch nicht nur der Wissensaustausch mit dem Vorgesetzten eingeschränkt, sondern dieser Faktor hat ebenfalls innerhalb der eigenen Abteilung eine hemmende Auswirkung auf die stattfindende Interaktion. Die Interviewergebnisse zeigten, dass die Beziehung zum Vor-gesetzten in dem meisten Fällen eher schwach ausgeprägt ist und keinen entscheidenden Einfluss auf den Austausch mit den Kollegen hat. Der direkte Einfluss dieser Komponente auf den Wissensaustausch konnte somit nicht konkret bestätigt oder widerlegt werden.

427 Vgl. Ambos, T. C./Schlegelmilch, B. B. (2009), S. 504.

428 Vgl. Watson, S./Hewett, K. (2006), S. 167.

429 Vgl. Swart, J. et al. (2014), S. 282.

Die Literaturanalyse ergab des Weiteren, dass Mitarbeiter nur ihr Basiswissen mit Kollegen teilen, das vorhandene Spezialwissen wird hingegen in den meisten Fällen vorenthalten. Auch diese Erkenntnis konnte durch die Aussagen der Gesprächspartner nicht untermauert werden.

Die befragten Personen äußerten sich eher gegensätzlich und hielten fest, dass das unter-suchte Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen einer Expertenorganisation gleicht.

Alle Abteilungen haben sonach eine individuelle Spezialisierung, weshalb durch die abtei-lungsübergreifende Interaktion primär Spezial- bzw. Expertenwissen geteilt wird.

Wissenschaftliche Studien wiesen darauf hin, dass es eine schmale Gratwanderung für Un-ternehmen ist, die optimale Balance zwischen dem Commitment der Mitarbeiter gegenüber der eigenen Organisation und dem Kunden zu finden. Ein zu starkes Commitment gegenüber dem Kunden kann vor allem bei Unternehmensberatungsgesellschaften zur Abwanderung der Mitarbeiter zum jeweiligen Kunden führen. Die Expertengespräche zeigten, dass die unter-suchte Organisation von diesem Phänomen betroffen ist. Mehrfach wurde auf die starke Bin-dung zum Kunden hingewiesen und die hohe Fluktuation im Untersuchungsunternehmen wurde ebenso vermerkt. Die Gesellschaft ist folglich durch ein hohes Commitment gegenüber dem Kunden gezeichnet. Die befragten Personen sahen diesen Sachverhalt aber vielfach nicht als Problem, sondern als Möglichkeit, durch die Aufrechterhaltung des Kontakts zu den ehemaligen Kollegen neue Projekte anzustoßen.

Im Bereich externer Unternehmensbeziehungen wurden der Ruf und Transparenzbestrebun-gen als wesentliche Komponenten für eine funktionsfähige Beziehung untersucht. Es wurde erläutert, dass der Ruf einer Organisation hauptsächlich durch die Leistungsqualität der Mitar-beiter gegenüber dem Kunden geprägt ist. Eine konstante Leistungsqualität ist unumgänglich, um langfristige Beziehungsnetzwerke aufzubauen. Auch die Interviewpartner bestätigten diese Erkenntnisse. Die Transparenz im Umgang mit dem Kunden und die Stetigkeit der statt-findenden Interaktion wurden in den Vordergrund gestellt. Überdies wurde erläutert, dass diese Faktoren vor allem beim Aufbau neuer Kundenbeziehungen zentral sind. Demzufolge ist es wichtig, zu Beginn neuer Projekte direkt beim Kunden vor Ort zu arbeiten, um ihm ein Gefühl für die erbrachte Leistungsqualität zu geben. Langjährige Beziehungen erfordern die örtliche Nähe nicht mehr derart intensiv, wie dies im Fall von neuen Kunden zutrifft.

Ergänzend diskutierten die analysierten Publikationen den Einsatz von IT-Systemen zum un-ternehmensinternen Wissensaustausch. Es wurde etwa darauf hingewiesen, dass IT-Systeme alleine nicht dazu in der Lage sind, einen Mehrwert für die Organisation zu erbringen. Erst die aktive Systemnutzung könnte diesen herbeiführen. Die Befragung ergab eine untergeordnete Nutzung von IT-Systemen zur Interaktion mit den diversen Personengruppen innerhalb des

unter besonderer Berücksichtigung des Beziehungskapitals

betrachteten Beziehungsnetzwerks. Online- bzw. soziale Netzwerke werden nur selten ge-nutzt. Zum Erfahrungsaustausch wird hingegen in erster Linie das informelle Beziehungsnetz-werk, das sich im Laufe der Zeit entwickelt hat, herangezogen. Auch die externe Betrachtungs-weise zeigte, dass der persönliche Kontakt dem Austausch mittels verschriftlichten Wissen vorgezogen wird.

CHATTERJEE (2017)erläuterte die verschiedenen Arten des organisationalen Lernens.430 Im Mittelpunkt der Betrachtung standen formale Anweisungen, das Lernen aus gemachten Erfah-rungen sowie experimentelles Lernen aus dem Arbeitsprozess heraus. Zusätzlich unterschied der Autor in seiner Studie zwischen dem Erlernen technologischer Fähigkeiten und dem Auf-bau von Geschäftsbereichs-Know-how. Die Expertengespräche ergaben, dass vorrangig das Lernen durch die Interaktion mit diversen Akteuren des unternehmerischen Beziehungsnetz-werks zum Aufbau von Geschäftsbereichs-Know-how genutzt wird. Der informelle Erfahrungs-austausch findet sowohl unternehmensintern als auch mit externen Stakeholdergruppen statt und trägt in der Folge zur Verbreiterung der Wissensbasis bei. Experimentelles Lernen aus dem Arbeitsprozess heraus wurde von den Befragten eher als zeitlich ineffizient eingestuft.

Durch den gegenseitigen Austausch wären schnellere Lösungen möglich, wodurch in der Folge Ressourcen für weitere Tätigkeiten frei werden. Die Erweiterung des Geschäftsbereichs-Know-hows wird durch die Interaktion mit externen Personengruppen vorangetrieben, wie bei-spielsweise Banken, Behörden, Universitäten/Fachhochschulen oder den Kunden.

SWART/KINNIE (2013) schrieben über den Zusammenhang von firmeninternen Trainingspro-grammen und die Entwicklung einer breiten Wissensbasis.431 Die Autoren fanden heraus, dass eine direkte Beziehung zwischen Fortbildungspraktiken und dem Aufbau von internem Bezie-hungskapital besteht. Verpflichtende Weiterbildungsprogramme führen zum Abbau unterneh-mensinterner Grenzen und in der Folge zur Entwicklung von organisationsweiten Beziehungs-netzwerken. Die durchgeführte Befragung bestätigte diese Erkenntnis durchwegs. Es ergab sich, dass vermehrt interne Ausbildungsaktivitäten zum Aufbau von internen Beziehungen ge-nutzt werden. Des Weiteren stellten die Gesprächspartner fest, dass externe Ausbildungsver-anstaltungen zum Ausbau des Beziehungskapitals geeignet sind, jedoch vor allem, um externe Personengruppen kennenzulernen.

KHVATOVA/BLOCK (2017) stellten darüber hinaus klar, dass Gesellschaften ihre Strukturen häu-fig zu stark formalisieren, weshalb in der Folge Barrieren für den Wissensaustausch entstehen – auch wenn Mitarbeiter grundsätzlich dazu bereit sind, ihr Know-how mit Kollegen zu teilen.432

430 Vgl. Chatterjee, J. (2017), S. 604.

431 Vgl. Swart, J./Kinnie, N., (2013), S. 167.

432 Vgl. Khvatova, T./Block, M. (2017), S. 347.

Dieses Ergebnis konnte durch die eigene empirische Untersuchung bestätigt werden. Die be-fragten Personen gaben an, dass die Bindung der Entlohnungssysteme an die abteilungsin-terne Performance einen Austausch außerhalb des eigenen Teams erschwert. Der Mehrwert dieser Beziehungsstränge wird zwar umfassend anerkannt und dessen Notwendigkeit ist den Gesprächspartnern bewusst, die Interaktion findet nichtsdestotrotz meist auf informeller Basis und in informelle Netzwerke eingebettet statt. Der Grund dafür ist eben jener, dass es einer-seits keine zentrale Koordinationsstelle gibt, die offiziell zur Herstellung von Beziehungen zwi-schen den einzelnen Expertenteams zuständig ist und andererseits, dass die Entlohnungspo-litik den Austausch hemmt.

Schließlich zeigen sowohl die Literaturanalyse, als auch die empirische Untersuchung, dass der Wissensaustausch innerhalb der Organisation von zentraler Bedeutung für die Steigerung der Leistungsqualität und die Effizienzsteigerung der Arbeitsprozesse ist. Die strukturelle Aus-gestaltung von Organisationen ist an dieses Bedürfnis aber noch nicht ausreichend angepasst.

Formelle Strukturen mindern die Entwicklung des Beziehungskapitals innerhalb der Organisa-tionen. Daraus abgeleitet zeigt sich die Notwendigkeit, das Management der intellektuellen Ressourcenbasis aktiv in das strategische Management einer Unternehmung einzubinden, um diese Barrieren in Zukunft abzubauen und einen strategischen Wettbewerbsvorteil zu erzielen.