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Im ersten Versuchsansatz wurden die Mausfibroblasten mit einem nanopartikelhaltigen Inkubationsmedium kultiviert, anschließend fixiert und mit DAPI und Rhodamin-Phalloidin gegengefärbt. Konfokalmikroskopische Aufnahmen analysierten die Verteilung der Nanopartikel in der Zellkultur und die Aufnahme in die einzelnen Zellkompartimemte. Die Auswertung dieser Aufnahmen ergab bei den mit Hyperverzweigten Polylysinen und Lipidnanokapseln inkubierten Fibroblasten einen deutlichen Nachweis von FITC im Zytoplasma aller Kulturzellen. Die Fluoreszenz konnte gehäuft um den Nucleus visualisiert werden, nicht aber in dessen Inneren, was über die sequenzielle Anregung der einzelnen Kanäle und Verschiebung der z-Achse genau verifiziert werden konnte.

Da das Fluorophor bei beiden Vektorentypen über eine Thioamid-Bindung kovalent an die Grundstruktur gebunden ist, kann man die FITC-Detektion mit dem Nanopartikelnachweis gleichsetzen. Der Fluoreszenzfarbstoff ist also nicht nur in der Vektorenstruktur eingekapselt oder auf andere nicht-kovalente Art gebunden, was von entscheidender Bedeutung für das Experiment ist. Denn hier besteht die einzige Möglichkeit der Lokalisation der Vehikel in den Zellen und Geweben in dem Fluoreszenznachweis. Da die kovalente Bindung die stabilste Form darstellt, mit der ein Fluorophor an die Nanopartikel gebunden werden kann (BANKS u. PAQUETTE 1995; SEIB et al. 2007), erlaubt sie eine qualitative Bildgebung und quantitative Messungen über eine gewisse Zeitspanne. Bevor Hyperverzweigte Polylysine und Lipidnanokapseln in vitro und in vivo getestet wurden, haben die Nanopartikelhersteller bereits Untersuchungen bezüglich der Stabilität der Partikel durchgeführt, um eine frühzeitige Dissoziation der Fluorophore von der Grundstruktur ausschließen zu können. Hierzu wurden die Partikel in unterschiedlichen Elektrolytlösungen, bei unterschiedlichen Konzentrationen und pH-Werten bis zu drei Monate gelagert und anschließend das zeta-Potenzial und der hydrodynamische Radius bestimmt, sowie spektroskopische Untersuchungen vorgenommen.

Die Ergebnisse bewiesen eine gute Stabilität der Verbindungen und auch makroskopisch war keine Trübung, Sedimentierung oder andere Zeichen des Strukturverlusts ersichtlich.

Somit kann man also davon ausgehen, dass die Fluoreszenz in den Fibroblasten ausschließlich von den FITC-markierten Nanopartikeln stammt, die sich zu Clustern zusammengelagert um den Kern herum im Zytoplasma detektieren lassen und nicht von dissoziiertem FITC. Als Inkorporationsprozess für nonvirale Partikel in verschiedenste Zelltypen kann Endozytose in

Form von Phagozytose oder Pinozytose angenommen werden. Bei der Phagozytose handelt es sich um einen Vorgang, zu dem nur spezialisierte Zellen fähig sind, wie beispielsweise Makrophagen, Lymphozyten oder dendritische Zellen. Diese erkennen Pathogene oder andere fremde Strukturen anhand ihrer Oberfläche oder über spezifische Rezeptoren und Antikörper und schnüren sie dann über Phagosomen in ihr Zellinneres ein.

Die Pinozytose verläuft ähnlich, bezieht sich aber auf wesentlich kleinere und flüssige Stoffe, die eingeschnürt werden, und tritt entweder als Clathrin-vermittelte Endozytose auf, als Mikropinozytose, über Caveolae oder als clathrin- und caveolae-unabhängige Endozytose (KHALIL et al. 2006). Dabei ist Clathrin ein Protein, das an der Einstülpung von Zellmembranen und der Bildung von Vesikeln beteiligt ist (v.a. bei der rezeptorabhängigen Endozytose), wobei es nach dem Abschnüren der Stachelsaumbläschen (Clathrin coated vesicles) ATP-abhängig entfernt wird („uncoating“ durch die uncoating-ATPase). Bei Caveolae handelt es sich um 50 - 100 nm große sackförmige Einbuchtungen der Plasma-membran, die man unter dem Elektronenmikroskop auf der Oberfläche von unterschiedlichen Zelltypen erkennen kann, besonders zahlreich zum Beispiel auf Endothelien. Caveolae besitzen eine typische Zusammensetzung an Proteinen und Lipiden, wobei das Protein Caveolin das wichtigste Strukturelement darstellt. Im Gefäßendothel schnüren sich Caveolae ab und dienen vermutlich der Transzytose von Plasmaproteinen (transendothelialer Stoff-austausch), was auch für Nanopartikel eine Internalisierungsmöglichkeit darstellt.

Auch nicht-endozytotische Aufnahmewege in die Zelle können eine Rolle spielen. Lipophile und kleine, ungeladene aber polare Moleküle können per Diffusion ihrem Konzentrationsgefälle und dem Membranpotenzial folgend durch die Membran gelangen.

Weitere passive Mechanismen stellen diverse Kanäle in der Zellmembran dar, die liganden- oder spannungsgesteuert geöffnet werden können oder verschiedene Carrier, die in Form eines Uniports, Symports oder Antiports Stoffe ins Zellinnere befördern können. Schließlich bestehen auch Möglichkeiten aktiv über ATP-Verbrauch Substanzen einzuschleusen.

Bisher wird ein endozytotischer Aufnahmeweg für Nanopartikel angenommen, was aber noch nicht abschließend geklärt werden konnte. Es fehlen noch tiefgreifende Untersuchungen mit speziellen Membranfärbungen und elektro- und rasterkraftmikroskopischen Aufnahmen, insbesondere für die verschiedenen Nanopartikeltypen, die durchaus unterschiedliche Wege ins Zytoplasma finden können. Doch die Aufklärung dieses Mechanismus ist wichtig in

Hinblick auf die Wahl eines passenden Liganden, der mittels nonviraler Vektoren an seinen Bestimmungsort gebracht werden soll. Diese Untersuchungen sind Gegenstand zukünftiger Projekte, die dann bereits auf einen Wirkstofftransport ausgerichtet sind, während in dieser Arbeit zunächst die grundlegende Biokompatibilität und Verfolgbarkeit untersucht wurde.

Die verschiedenen potenziell zur Anwendung kommenden Medikamente, Wachstums-faktoren, Plasmide, Gene oder siRNAs setzen an verschiedenen Punkten des Zellstoffwechsels an und müssen meist zunächst in die Zelle oder sogar in den Nucleus integriert werden, bevor sie die Zellfunktionen kontrollieren oder die Zellen transfizieren und so ihre Wirkung entfalten können. Neurotrophe Faktoren wirken über die Aktivierung spezifischer Rezeptoren an der Oberfläche ihrer Zielzellen (QUN et al. 1999), so wie beispielsweise BDNF an den Rezeptor Trk-B der Spiralganglienzellen bindet, um einen protektiven Effekt auszuüben (WEFSTAEDT et al. 2006). Das bedeutet, dass Vektoren für Wachstumsfaktoren zwar die gewünschten Zielzellen erreichen, aber nicht unbedingt in sie eindringen müssen. Dahingegen ist es bei vielen anderen Medikamenten notwendig, dass sie in das Zytoplasma eindringen und auch siRNAs können nur dort von den Ribosomen zur Proteinsynthese translatiert werden. Wenn allerdings ein komplettes Gen oder eine Gensequenz von der Zielzelle exprimiert werden soll, so muss dieses in den Nucleus eindringen, um in das Ursprungsgenom eingebaut zu werden. Dabei stellt die Kernhülle ein hochgradig spezialisiertes Membransystem dar, welches den Zellkern eukaryontischer Zellen in der Interphase umgibt. Kernporenkomplexe bilden Kanäle durch die Kernhülle und vermitteln den Transport von Molekülen zwischen Zellkerninnerem und Zytoplasma, sowohl in Form von passiver Diffusion als auch als aktiver Transport. Während Partikel mit einem Durchmesser bis zu 10 nm frei durch diese Kanäle diffundieren können, erfolgt für die meisten Makromoleküle ein signalabhängiger Transportmechanismus durch die Kernporen.

Insgesamt können aber nur Moleküle bis zu einem maximalen Durchmesser von 30 nm in den Zellkern eindringen (MELCHIOR u. GERACE 1995).

Zusammenfassend kann man also sagen, dass der Ligand, der durch die nonviralen Vektoren an seinen Wirkort gebracht werden soll, die zu erreichende Zielzelle, also Zelltyp und Kompartiment der Zelle festlegt. Die Nanopartikelstruktur, Größe, Oberflächenladung und zusätzliche Modifikationen über Rezeptoren oder Antikörper bestimmen schließlich den Weg, den das Vehikel zur finalen Lokalisation nimmt.