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Qualitätsmanagement für die Verkehrssteuerung in Zürich

11 Hinweise zur Weiterentwicklung und Umsetzung des Konzepts

4.3 Umgesetzte Qualitätsmanagement-Ansätze in Verkehrsverwaltungen

4.3.3 Qualitätsmanagement für die Verkehrssteuerung in Zürich

In Bezug auf die Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen ist festzuhalten, dass, trotz dokumentierter Notwendigkeit, andere Aspekte wesentlichen Einfluss haben, insbesondere die Finanzierung in Abwägung mit anderen Investitionsbedarfen. Insofern kann das Qualitäts-management selbst nur Entscheidungsgrundlagen einschließlich der erforderlichen Maßnahmen systematisch erarbeiten. Qualitätsmanagement selbst kann jedoch eine bestimmte Qualität nicht sicher stellen.

Bei dem Aufbau des Qualitätsmanagements in der HSVV wurde deutlich, dass die Politik im Verkehrswesen einen im Vergleich zu anderen Anwendungsgebieten sehr großen Einfluss hat. Diese Einflüsse können die Definition und Durchführung standardisierter Abläufe oft erheblich erschweren.

Das Qualitätsmanagementsystem wird in der HSVV konsequent weiter entwickelt, auch wenn das laufende Konjunkturprogramm des Bundes die Prioritätensetzung bei der Ressourcenplanung beeinflusst. Erklärte Zielsetzung ist das Erreichen der Zertifizierungsfähigkeit der HSVV im Jahr 2010. Als nächster wichtiger Schritt ist die Einführung einer Qualitätsmanagement-Software vorgesehen. Diese verbessert zum einen die Verfügbarkeit und den systematischen Zugriff auf das Qualitätsmanagementsystem und fixiert zum zweiten den Rahmen für das Qualitätsmanagements innerhalb der HSVV. Weiterhin wird damit die Reproduzierbarkeit gesichert und ein Wissensmanagement eingerichtet.

In einem Prozess von über zwei Jahren wurden im gesamten Bereich die Voraussetzungen für eine Zertifizierung geschaffen. Als großes Problem stellte sich dabei die Überzeugung vieler Mitarbeiter heraus. Häufig wurde der Nutzen der Zertifizierung nicht erkannt. Weiterhin bestanden Ängste wegen einer möglichen Ersetzbarkeit sowie Veränderungen der Stellenbeschreibung. Es war eine – letztlich erfolgreiche – Überzeugungsarbeit über die gesamte Vorbereitungszeit erforderlich. Wichtig war dabei die Einbindung der Mitarbeiter bei der Erstellung der erforderlichen Dokumente wie dem Qualitätsmanagement-Handbuch. Mit erfolgreichem Audit erfolgte die Zertifizierung nach SN EN ISO 900127 im Jahr 1999. Die externen Kosten stellten dabei kein Hemmnis dar. Sie betrugen für die Erstzertifizierung etwa 8.000 Euro. Seit der Erstzertifizierung wird der Bereich in regelmäßigen externen Audits überprüft.

Bereits der Zertifizierungsprozess erwies sich als nützlich, da Mängel in bestehenden Prozessen aufgedeckt werden konnten. Darüber hinaus haben sich Anforderungen an die fachlichen Abläufe erhöht. Vor allem die Frage nach der Wirksamkeit von Prozessen gewann eine grundlegende Bedeutung, Vorher-Nachher-Untersuchungen sind somit zum Standard geworden. Weiterhin wurden mit der der Qualitätsmanagement-Einführung Jahreszielvereinbarungen zur Führungsaufgabe. Diese enthalten Kriterien zur Überprüfung der Zielerreichung und schließen auch Projektziele ein. Die Zielvereinbarungen werden zunächst für die Bereichsebene formuliert und für die Fachgruppen weiter konkretisiert. Die Ziele werden mit der Dienstabteilungsleitung abgestimmt.

Eine Zwischenkontrolle der Zielerreichung erfolgt jeweils zum Halbjahr, gegebenenfalls werden Ziele angepasst.

4.3.3.2. Aufbau und Inhalte

Das Qualitätsmanagement umfasst das gesamte Aufgabenfeld des Bereichs, also alle Umsetzungs-phasen der Systeme. Grundlage des Qualitätsmanagements sind die in Bild 15 dargestellten Handlungsbereiche und Beteiligten bei der Beurteilung von Lichtsignalanlagen.

Der Kundenbegriff ist dabei unumstritten und im Konsens mit dem externen Auditor formuliert.

Danach arbeitet die Verwaltung für die Bevölkerung. Kunden sind damit alle Verkehrsteilnehmer, die Bevölkerung insgesamt und Besucher der Stadt, z. B. Touristen oder Geschäftsreisende.

Befragungen zu konkreten Kundenanforderungen werden jedoch nicht durchgeführt, da das Nutzen-Kosten-Verhältnis als zu gering eingeschätzt wird. Vielmehr zeigen die Erfahrungen, dass entsprechende Befragungen schwächeorientiert verlaufen und keinen adäquaten Gesamteindruck verschaffen. Es finden jedoch regelmäßige Befragungen der Bevölkerung durch das statistische Amt statt, aus denen die Kundenzufriedenheit in Bezug auf das Verkehrssystem abgeleitet werden kann.

Diese Befragungen beinhalten zum einen die Frage nach aktuell wichtigen Themen für die Bürger, außerdem können gegebenenfalls gezielt Fragen aus dem Verkehrsbereich in Befragungen aufgenommen werden.

Grundlage sowohl für die Prozesse als auch für Produktbeurteilung in der Verkehrssteuerung sind verkehrspolitische Entscheidungen. In der Stadt Zürich wurde dazu folgende Prioritätenreihung festgelegt, die sich jedoch mit veränderten politischen Bedingungen wandeln kann:

1) ÖPNV

2) „Langsamer Verkehr“ (Fußgänger, Radverkehr) 3) MIV

Alle erforderlichen Prozesse einschließlich der Prüfprozesse sind in entsprechenden Anweisungen dokumentiert. Interne und externe Schnittstellen sind in den Prozessbeschreibungen enthalten.

Diese Formulierung der Schnittstellen wird auch als hilfreich in Bezug auf die Aufgabenabgrenzung gesehen. Das Qualitätsmanagementsystem ist einer Qualitätsmanagement-Software umgesetzt, die auch die Dokumentation und Archivierung sicher stellt.

27 Die Norm ist als ISO-Norm inhaltsgleich mit der entsprechenden deutschen DIN EN ISO 2001.

Bild 15: Beurteilung von Qualität an Lichtsignalanlagen (OCA, 2007)

Ein wichtiger Baustein für die Abwicklung der internen Prozesse ist das Ticketsystem. In dieser Software wird jede neu entstehende Aufgabe als personenbezogenes Ticket abgelegt. Der Verlauf der Aufgabenbearbeitung wird im System verfolgt und dokumentiert. Auch die Auditergebnisse gehen in das System ein.

Die Beurteilung der Produktqualität erfolgt anhand von Checklisten, die auch dem entsprechenden OCA-Leitfaden (2007) zugrunde liegen. Die Produktqualität wird als Netzdiagramm dargestellt. In dieser Darstellungsform sind alle Zielfelder für die Lichtsignalsteuerung gegenübergestellt, es erfolgt jedoch keine Aggregation dieser Bewertungen. Die gestrichelte Linie im Diagramm zeigt beispielhaft die Bewertung einer fiktiven Lichtsignalanlage. Für eine Gesamtübersicht werden diese Bewertungsergebnisse mit einem Gewichtungsfaktor zu einer Gesamtbewertung der Anlage zusammen gefasst.

Die laufende Überwachung der verkehrlichen Produktqualität verläuft weitgehend automatisiert.

Dafür werden die Wartezeiten an Lichtsignalanlagen auf Basis von Schleifendaten mit einer entsprechenden Software laufend ermittelt und überwacht. Trotzdem erfolgt ergänzend mindestens einmal jährlich eine Verifizierung vor Ort. Dabei werden auch physische Qualitätsmerkmale wie Erkennbarkeit und Begreifbarkeit überprüft. Für die Bewertung der Verkehrssicherheit auf Basis von Unfallauswertungen ist die Polizei zuständig.

Bild 16: Bewertung von Lichtsignalanlagen im Netzdiagramm (BERNHARD/GRAHL, 2009)

Ein wichtiger Baustein im Qualitätsmanagement ist das Beschwerdemanagement. Es liefert zum einen konkrete Hinweise auf Mängel, zum anderen stellt die Beschwerdehäufigkeit einen wichtigen Indikator für die Kundenzufriedenheit dar.

4.3.3.3. Erfahrungen und Ausblick

Eine Diskussionsplattform zum Thema Qualität der Lichtsignalsteuerung bietet der OCA28 -Arbeitskreis „Qualitäts- und Sicherheitsstandards“, der vom Leiter des Bereichs Regelung + Entwicklung geleitet wird. Als grundlegendes Diskussionsthema hat sich die Frage herausgestellt, welche Aspekte für die Qualität von Lichtsignalanlagen maßgebend sind. Teilweise wird hier von Betreiberseite die Ansicht vertreten, dass die technische Funktionsfähigkeit im Vordergrund steht.

Der Bereich Regelung + Verkehr der Stadt Zürich vertritt die Position, dass für den Verkehrsteilnehmer letztlich der Verkehrsablauf und die Verkehrssicherheit von Interesse sind, wobei für die Bewertung des Verkehrsablaufs die Wartezeit, die Reisezeit und die Zuverlässigkeit maßgebend sind. Die Technik liefert dafür nur die Grundlage. Diese Haltung findet innerhalb der Verwaltung zunehmend Konsens, da von diesen Kriterien die Anzahl der Beschwerden abhängt, die wiederum für Vorgesetzten und auch Interessenvertreter entscheidend ist.

Als sehr nützliches Kommunikationsmedium gerade gegenüber der Politik hat sich das Netzdiagramm erwiesen. Diese Darstellungsform ist nicht nur leicht verständlich, sondern auch gut geeignet, um Zielkonflikte zu verdeutlichen, die bei der Diskussion um Qualität eine wesentliche

28 Die "Open Traffic Systems City Association e. V. (OCA)“ als Verband von Städten und Landesverwaltungen verfolgt das Ziel „in Bezug auf Anlagen, Systeme und Komponenten der Straßenverkehrstechnik, Verkehrstelematik und des Verkehrsmanagements den Wettbewerb zu fördern, die Wirtschaftlichkeit und Qualitätssicherung bei Beschaffung und im Betrieb zu fördern, Ausschreibungsverfahren zu vereinfachen und zu verkürzen, den direkten Informationsaustausch zwischen den betroffenen Verwaltungsabteilungen auf nationaler und internationaler Ebene zu fördern, die Anforderungsprofile zu bündeln, und so die Position der Baulastträger gegenüber der Industrie zu stärken“ (OCA, 2009).

Rolle spielen. Mit den Netzdiagrammen kann in Szenarien verdeutlicht werden, wie sich bei Veränderung eines Qualitätsmerkmals andere Qualitätsmerkmale voraussichtlich ändern. Damit kann auch das Nutzen-Kosten-Verhältnis von Maßnahmen verdeutlicht werden. Diese Darstellung kann als Grundlage verkehrspolitischer Entscheidungen verwendet werden. Darauf aufbauend können Maßnahmen umgesetzt und in ihrer Wirksamkeit überprüft werden.

Positive Erfahrungen wurden in Bezug auf den Aufwand im Rahmen der externen Audits gemacht.

Bereits der Zertifizierungsaufwand wird als wesentlich geringer als zu Anfangszeiten des Qualitäts-managements eingeschätzt, weil die Dokumentationsanforderungen nicht mehr so umfassend und starr sind, sondern von den spezifischen Anforderungen der jeweiligen Organisation ausgegangen wird. Bei den Folgeaudits im Bereich Regelung + Entwicklung entsteht inzwischen nur noch geringer Aufwand. Während nach der Erstzertifizierung umfangreiche Audit-Vorbereitungen getroffen wurden, werden die Audits von den Mitarbeitern inzwischen „aus dem Tagesgeschäft“

bestritten.

Eine Ausweitung des Qualitätsmanagementsystems auf die Dienstabteilung ist grundsätzlich angedacht. Es wird jedoch kein Handlungsdruck gesehen, deshalb sind hierzu keine zeitlichen Aussagen möglich.