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Prozesse der Kompetenzentwicklung

Stufe III: Handlungskompetenz als eigeninitiatives vorgreifendes Gestalten der Lebens- und Arbeitsbedingungen

Kernelement 7: Proaktive Funktion

8 Prozesse und struktureller Rahmen der Kompe- Kompe-tenzentwicklung

8.1 Prozesse der Kompetenzentwicklung

Die Kompetenzmatrizes sind ein analytisches Instrumentarium zur systematischen Ermittlung und Deskription der Kompetenzen mit ihren einzelnen Komponenten.

Prinzipiell ist es erstrebenswert, dass entsprechend dem entwickelten Kompetenz-modell und der Beschreibung in den Kompetenzmatrizes alle Aspekte der Hand-lungsfähigkeit und -bereitschaft entwickelt werden.

Die Entwicklung von Handlungskompetenzen zu Sicherheit und Gesundheit verläuft in anderen Dimensionen als die Beschreibung der Kompetenzen und ist als Prozess zu verstehen. Die Entwicklung vollzieht sich über die individuelle Biographie hinweg, verläuft nicht linear, sondern ist oft von Brüchen und „mäandrierenden“ Verläufen ge-kennzeichnet.8

Persönlichkeits-bildung zu Sicherheit und Gesundheit

Schlüssel-kompetenzen

zu Sicherheit und Gesundheit

Handlungsfeld-bezogene Kompetenzen

zu Sicherheit und Gesundheit

Abb. 8.1 Kompetenzentwicklung zu Sicherheit und Gesundheit

Die Entwicklung von Handlungskompetenzen zu Sicherheit und Gesundheit (Abb. 8.1) kann erfolgen als

l Teil der Persönlichkeitsbildung,

l Entwicklung von spezifischen, aber möglichst universell anwendbaren Schlüssel-kompetenzen,

l eng auf ein konkretes Handlungsfeld bezogene Kompetenzentwicklung.

In jedem dieser drei Bereiche der Kompetenzentwicklung sind aber jeweils alle Kom-ponenten der Handlungskompetenz gemäß dem Kompetenzmodell enthalten.

8 Solche Brüche und nichtlineare Verläufe treten oft auf im Zusammenhang mit der Persönlich-keitsentwicklung im Jugendalter oder nach einschneidenden Ereignissen (Unfälle, Erkrankungen) und Lebenskrisen.

Persönlichkeitsbildung und -entwicklung zu Sicherheit und Gesundheit

Bei der Kompetenzentwicklung als Teil der Persönlichkeitsbildung stehen der Aufbau von personalen Ressourcen für Sicherheit und Gesundheit und die Entwicklung von Werten und normativen Einstellungen im Mittelpunkt. Die Persönlichkeitsbildung zu Sicherheit und Gesundheit ist das Fundament für die Entwicklung von weiteren gene-rellen Schlüsselkompetenzen für Sicherheit und Gesundheit sowie spezifischen handlungsfeldbezogenen Kompetenzen. Sie erfolgt grundlegend im Kindes- und Ju-gendalter und entwickelt sich in allen Lebensphasen weiter.

Persönlichkeitsbildend und -entwickelnd sind insbesondere folgende Kompetenzen:

l Werteentwicklung und Entwicklung normativer Einstellungen zu Sicherheit und Gesundheit

l Entwicklung von positiven Emotionen zu Sicherheit und Gesundheit

l Entwicklung eines Grundverständnisses von salutogenen Faktoren und gesund-heitsförderlichen Ressourcen im Bereich der eigenen Person

l Entwicklung eines Grundverständnisses über die eigenen Leistungsvorausset-zungen und ihr Wandel über die verschiedenen Lebensphasen

l Aufbau von salutogenen Ressourcen, die insbesondere geeignet sind, Anforde-rungen aus den stattfindenden Wandlungsprozessen zu bewältigen wie insbe-sondere:

Selbstsicherheit und Selbstvertrauen; Selbstwertschätzung, positive Selbstbe-urteilung, positives Selbsterleben

Selbstwirksamkeit; Überzeugung, die Anforderungen aus der Umwelt lösen zu können; Überzeugung, mit dem eigenen Handeln im Sinn der Ziele etwas zu bewirken (sich z. B. gesund zu verhalten)

Selbstorganisationsfähigkeit

Soziale Kompetenzen (Kommunikation, Kooperation, Konfliktfähigkeit)

l Aufbau von Kontrollüberzeugung im Hinblick auf sicherheits- und gesundheitsge-rechtes Handeln

l Entwicklung eines umfassenden Gesundheits- und Präventionsverständnisses

Handlungsfeldübergreifende Schlüsselkompetenzen für Sicherheit und Ge-sundheit

Handlungsfeldübergreifende Schlüsselkompetenzen sind solche Kompetenzen, die unabhängig vom konkreten Handlungsfeld und den damit verbundenen Rollen ge-nutzt werden können. Sie entstehen in der Regel in einem konkreten Handlungsfeld, bleiben aber in ihrer Verwendung nicht darauf beschränkt.

Über eine handlungsfeldübergreifende Schlüsselkompetenz verfügt derjenige, der nicht nur im Straßenverkehr Unfallrisiken angemessen einschätzen kann, sondern über generelle Handlungsstrategien verfügt, Unfallrisiken angemessen einzuschät-zen, z B. beim Bergsteigen, beim Heimwerken, bei der Verrichtung von

Alltagsrouti-nen im Haushalt, bei der Bedienung einer Lackieranlage oder einer Kreissäge in sei-ner beruflichen Tätigkeit und natürlich auch im Straßenverkehr.

Es lassen sich ausgehend vom Leitbild und von den allgemeinen Kompetenzmatri-zes nachstehende zentrale Schlüsselkompetenzen ableiten.

Schlüsselkompetenz:

Aufrechterhalten und Aktivieren von Werten zu Sicherheit und Gesundheit in den verschiedenen Lebensphasen

Wertereflexion im sozialen Umfeld, Wertestabilität gegenüber dem sozialen Umfeld, Verfestigung von normativen Einstellungen sind Ausprägungen dieser Schlüssel-kompetenz.

Schlüsselkompetenz:

Verantwortungsübernahme für die eigene Sicherheit und Gesundheit und die anderer

Grundlage der Entwicklung dieser Schlüsselkompetenz ist die Erkenntnis, dass jedes Individuum für seine eigene Sicherheit und Gesundheit durch eigeninitiatives und vorausschauenden Handeln („Man muss etwas für sich tun.“) und für die Sicherheit und Gesundheit anderer im jeweiligen sozialen Umwelt („Ich habe Verantwortung für andere.“) in der Pflicht ist zu handeln, und dass der Wille vorhanden sein muss, dies auch umzusetzen.

Schlüsselkompetenz:

Handlungsstrategien zum Herstellen und Aufrecht erhalten von Work-Life-Balance

Diese Schlüsselkompetenz zielt auf das Schaffen eines ausgewogenen Verhältnis-ses von Anforderungen und Bewältigungskompetenzen. Kompetenzen zur Work-Life-Balance bedeuten, über hinreichende personale und organisationale gesund-heitliche Ressourcen als „Puffer“ zu verfügen, um Über- und Unterforderungen von selbstgestellten oder Anforderungen aus der Umwelt zu vermeiden. Die Schlüssel-kompetenz basiert auf einem Grundverständnis der Wirkungsweisen von Belastun-gen (AnforderunBelastun-gen) und BeanspruchunBelastun-gen und ihren möglichen positiven und ne-gativen Folgen (Belastungs-Beanspruchungsmodell).

Schlüsselkompetenz:

Handlungsstrategien zum verantwortungsbewussten Umgang mit Risiken Die Erkenntnis und der Wille, keine unverhältnismäßigen Risiken einzugehen, bilden die Basis für diese Schlüsselkompetenz. Neben einem entsprechenden Risikomodell (Risikoverständnis) gibt es prinzipielle Methodenkompetenzen zum Abschätzen und Bewerten von Risiken.

Schlüsselkompetenz:

Handlungsstrategien zur sicherheits- und gesundheitsgerechten Gestaltung der eigenen Lebens- und Arbeitsbedingungen als Verhältnis- und Verhaltens-prävention

Grundlage für diese Schlüsselkompetenz sind Denkmodelle (Erklärungsschemata), die sich in Einstellungen, Handlungsstrategien und Fertigkeiten verfestigt haben. We-sentlich sind folgende Denkmodelle:

l Grundverständnis der Ansätze der Gesundheitsförderung und des Entstehens von gesundheitsfördernden Ressourcen speziell, die aus der Lebens- und Ar-beitsumgebung stammen (organisationale Ressourcen)

l Grundverständnis der Entstehungszusammenhänge von Gefährdungen

l Unfallursachenverständnis, Grundverständnis der Entstehungen von (arbeitsbe-dingten) Erkrankungen

l Grundverständnis von vorausschauender Verhaltens- und Verhältnisprävention

Schlüsselkompetenz:

Methodenkompetenzen zu Sicherheit und Gesundheit

Es sind solche Methodenkompetenzen gemeint, die unabhängig von konkreten Handlungsfeldern und Rollen nutzbar sind, wie z. B.:

l Analytische Methoden zur Ermittlung von Gefährdungen

l Strategische und organisationale Kompetenzen zur Gewährleistung von Sicher-heit und GesundSicher-heit

l Entwicklung von Verhaltensregeln

Schlüsselkompetenz:

Soziale Kompetenzen zu Sicherheit und Gesundheit

Soziale Kompetenzen zu Sicherheit und Gesundheit als Schlüsselkompetenzen be-stehen vor allem in folgenden Punkten:

l Rollenbezogene Übernahme von Verantwortung für die eigene Sicherheit und Gesundheit und die anderer sowie Fähigkeiten und Bereitschaft diese Rolle ge-genüber anderen Akteuren überzeugend zu vermitteln

l Kooperationskompetenzen innerhalb des sozialen Umfeldes im Hinblick auf Si-cherheits- und Gesundheitsfragen

l Kompetenzen zum Umgang mit Konflikten zwischen den eigenen Werten und Normen zu Sicherheit und Gesundheit mit Interessen, Werten oder Zielen ande-rer innerhalb des sozialen Umfeldes

l Grundlegende Dialogfähigkeit und -bereitschaft mit verschiedenen Akteuren zu Sicherheits- und Gesundheitsfragen

l Kompetenz einer überzeugenden Vermittlung des Sicherheits- und Gesundheits-anliegens und seines Nutzens

Handlungsfeldbezogene Kompetenzen zu Sicherheit und Gesundheit

Handlungsfeldbezogene Kompetenzen sind geknüpft an das jeweilige Handlungsfeld und die Rolle des Individuums, die es in dem Handlungsfeld einnimmt. Beispiele für handlungsfeldbezogene Kompetenzen sind:

l Aktivierung von Normen, Einstellungen in der konkreten Situation des