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Problemstellung und Forschungsfrage

Im Dokument Brand Content und Brand Image (Seite 22-26)

Einleitung

1.1 Problemstellung und Forschungsfrage

«Content is King» tönt es aus allen Ecken der Kommunikations-, Marketing- und Werbebranche. Doch worüber sollen Marken in all den digitalen Kanälen berich-ten? Über Katzen, weil es den Internetnutzerinnen und -nutzern ausserordentlich gefällt? Über aktuelle Ereignisse, weil diese relevant sind und die Kommunikation anschlussfähig ist? Oder doch primär über die eigenen Produkte und Leistungen – auf die Gefahr hin, Kundinnen und Kunden zu langweilen und im Wettbewerb um Aufmerksamkeit den Kürzeren zu ziehen?

Bekannte underfolgreiche Marken zeichnen sich dadurch aus, dass sie über den Lauf der Zeit ein starkes Vorstellungsbild (Markenimage) in den Köpfen der Zielgruppen etablieren konnten. So steht Nespresso für ein sinnliches Kaf-feeerlebnis, Rolex für die Luxusuhr oder Lindt und Sprüngli für den «Maître Chocolatier». Ein starkes Markenimage – d. h. wenn eine Grosszahl an Kundin-nen und Kunden die Marke mit denselben positiven, differenzierenden Themen verbindet – schützt die Marke in Krisen, hilft einem Unternehmen gute Mit-arbeitende zu bekommen und wirkt sich positiv auf den Verkauf der Produkte und Dienstleistungen aus (Esch, Schaarschmidt & Baumgartl, 2019; Keller, 2013, S. 6).1 Das Erarbeiten eines starken Markenbildes ist ein langwieriger Prozess.

Neben überzeugenden Produkten und Dienstleistungen, engagierten und über-zeugten Mitarbeitenden und einer konsequenten Kundenorientierung erfordert er einefokussierte, konsequente und konsistente Kommunikation(Esch, 2012, S. 279;

Hellmann, 2003, S. 88–90).

1Die Arbeit ist nach den Vorgaben der American Psychological Association (APA 6th edition) bzw. deren Übersetzungen ins Deutsche durch die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs 5. Auflage) formatiert.

© Der/die Autor(en) 2022

M. Albisser,Brand Content und Brand Image, https://doi.org/10.1007/978-3-658-35711-5_1

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Mit dem Aspekt der Markenkommunikation beschäftigt sich diese Arbeit: In einer digitalen Kommunikationslandschaft werden die zugleich attraktive und konsistente Markenkommunikation und damit die Bildung eines starken, kon-sistenten Markenimages zur Herausforderung. Fünf Entwicklungen haben dazu geführt:

Erstens mehr Kanäle: Technologische Neuerungen und insbesondere das Internet haben zu einer Zunahme an Kommunikationsmöglichkeiten geführt. Mar-kenbotschaften können heute über eine Vielzahl an Kanälen verbreitet werden.

Neben Webseiten und Blogs spielen dabei insbesondere die sozialen Medien eine bedeutende Rolle. In der Schweiz, Europa und in weiten Teilen der westli-chen Welt sind WhatsApp, Facebook, Instagram, YouTube oder Twitter etablierte Plattformen. Im asiatischen Raum nehmen auch WeChat (China), Sina Weibo (China), VK (Russland) oder KakaoTalk (Südkorea) eine wichtige Stellung ein (siehe z. B. Q. Gao & Feng, 2016). Von den 50 wertvollsten Schweizer Marken (Interbrand, 2016) verfügten im Sommer 2017 alle Marken über mindestens einen Twitter- und YouTube-Account, 47 Marken über eine Facebook Brand Page und 44 Marken über einen Instagram-Account. Dabei erreichten sie über den jeweili-gen Hauptaccount im Schnitt 2 Millionen Facebook-, 360’000 Instagram-, 77’000 Twitter- und 13’000 YouTube-Follower.2 Je nach Aufstellung der Kommuni-kation werden pro Marke auch mehrere Kanäle bewirtschaftet, z. B. aufgeteilt nach Regionen, Interessen oder Produkten. Der deutsche Internethändler Zalando bespielte beispielsweise bis zu 50 Social-Media-Kanäle (Kömedia, 2015, S. 28).

Diese Zahlen belegen die Relevanz digitaler Kanäle für die Markenkommunika-tion: einerseits vor dem Hintergrund, dass jeder Kontakt mit einer Marke «Spuren in unseren Köpfen» hinterlässt und «nachhaltig das ganzheitliche Image einer Marke» (S. 330) beeinflusst (Esch, Klein, Knörle & Schmitt, 2016), anderer-seits aber auch – getreu dem Motto «the medium is the message» (McLuhan, 1964) – vor dem Hintergrund, dass sich verschiedene digitale Kanäle in ihrer Art unterscheiden und damit einen unterschiedlichen Effekt auf die Wirkung von Markenbotschaften haben.

Zweitens mehr Kommunikationsteilnehmende: Digitale Kanäle und insbeson-dere soziale Medien haben durch ihren interaktiven Charakter (Boyd & Ellison, 2008, S. 211; Correa, Hinsley & Zúñiga, 2010, S. 248) zu einer Demokrati-sierung der Kommunikation geführt. Userinnen und User können eigene Inhalte über soziale Medien veröffentlichen und damit einem potenziellen Millionenpu-blikum zugänglich machen. Solche usergenerierten Inhalte haben oft auch Bezug zu Marken: z. B. bei Produktbewertungen, Inszenierungen des Produktekonsums

2Erhebung durch den Autor im Sommer 2017.

oder Reklamationen. Zielgruppen arbeiten heute aktiv bei der Ausgestaltung einer Marke mit. Baumgarth und Kristal (2015) meinen entsprechend: «Die Marke wird nicht vom rechtlichen Markeninhaber, dem Unternehmen, entworfen und gesteuert, sondern die Bedeutung entsteht aus einem sozialen Austauschprozess zwischen den verschiedenen Beteiligten» (S. 14). Für Schögel und Mrkwicka (2011) gehen diese Entwicklungen mit einem Kontrollverlust aus Organisations-sicht einher: Unternehmen haben nicht mehr länger die «Deutungshoheit über Marke und Kommunikation» (S. 7) und müssen ihre Rolle vom Sender zum

«Netzwerker» anpassen. An die Stelle einer einseitigen Informationsvermittlung von der Marke hin zu den Kunden sind vielfältige Kommunikationsbeziehun-gen unter Usern getreten (Heun, 2014b, S. 2). User interagieren nicht nur auf Augenhöhe mit Unternehmen und Marken, sondern tauschen sich auch unter-einander aktiv über das Markengeschehen aus. Dabei ändert sich nicht nur die Richtung, sondern auch das Muster der Beziehungen. Kunden und Bezugsgrup-pen stehen heute langfristig – auch nach dem Kauf – mit verschiedenen Marken im Austausch (Edelman, 2010).

Drittens mehr Inhalte: Mehr Kanäle und mehr aktive Kommunikations-teilnehmer führen zu einem grösseren Angebot an verfügbaren Inhalten und Informationen. Bereits im 1981 erstmals erschienenen Klassiker der Markenfüh-rung «Positioning» sprechen die Autoren von den unzähligen kommunikativen Reizen, mit denen Menschen täglich konfrontiert werden (Ries & Trout, 2001).

Dank des einfachen, orts- und zeitunabhängigen Zugriffs auf persönliche, regio-nale und auch weltweite Informationen ist dieser Umfang weiter gestiegen.

Entsprechend wird heute von Informationsüberflutung (Ingenhoff & Meys, 2015, S. 391) oder Reizüberflutung (Tropp, 2014b, S. 144) gesprochen.

Viertens mehr Selektion:Die Masse an Inhalten hat Auswirkungen auf das Ver-halten der Userinnen und User. Selektion wird zum zentralen Prinzip der digitalen Kommunikation. Die User können, dürfen oder müssen sich entscheiden, wel-che Inhalte sie von welwel-cher Marke über welwel-che Kanäle konsumieren (Puhlmann, 2016, S. 312). In diesem Zusammenhang findet sich auch die Beschreibung des Internet als Pull-Medium (im Gegensatz zu einem Push-Medium): Die User werden nicht mit definierten Inhalten konfrontiert, sondern wählen, z. B. über Suchbegriffe oder Webseiten, ihre Inhalte selbst aus (Kilian & Langner, 2010, S. 24). Tropp (2014b, S. 144) schreibt den Kundinnen und Kunden mehr Selbst-bewusstsein in Bezug auf Kommunikation, aber weniger Loyalität in Bezug auf Marken zu. Dank des einfachen Zugangs und des grossen Angebots steigen die Anforderungen der Kunden an Markeninhalte. Sie konsumieren nur das für sie Relevanteste, Nützlichste oder am meisten Unterhaltende (siehe von Matt, 2008).

Fünftens mehr Relevanz:Die Markeninhaber hingegen befinden sich dadurch nicht nur in einem Produkte-, sondern zunehmend in einem kommunikativen Wettbewerb (W. Fuchs & Unger, 2014, S. 3). Um sich in einem gesättigten Kommunikationsmarkt Gehör zu verschaffen, werden Inhalte auf Kanäle und Zielgruppen angepasst. Personalisierung ist ein zentrales Schlagwort (Naab &

Schlütz, 2016, S. 234). Neben der Personalisierung kommt insbesondere auch der Relevanz der Inhalte grosse Bedeutung zu. Um die Informationsflut zu durch-brechen und mit ihren Botschaften ein Publikum zu finden, müssen Marken attraktive Inhalte produzieren. Dazu investieren sie in eigene «Informations- und Unterhaltungsangebote» (Tropp & Baetzgen, 2013, S. 4) und orientieren sie sich an den traditionellen Nutzen (Gratifikationen) «Information» und «Unterhaltung»

der Massenmedien (Weiss, 1971) bzw. sie werden selbst zum Medium (Tropp &

Baetzgen, 2013).

Mit diesem fünften Punkt beschäftigt sich diese Arbeit. Eingangs dieses Kapitels wurde erwähnt, dass der Aufbau eines starken Markenimages eine konsistente, langfristige Kommunikation benötigt. Dabei müssen immer wieder dieselben, einem definierten Marken-Sollbild (Markenidentität) entsprungenen Themen in den Vordergrund gerückt werden (Esch, 2019; Kapferer, 2012, S. 174;

Madhavaram, Badrinarayanan & McDonald, 2005). Diese Konsequenz ermög-lichte es, dass Marken wie BMW (Freude am Fahren), Marlboro (Cowboy, Freiheit) oder Coca-Cola (taste the feeling) ein starkes Markenimage unter den relevanten Ziel- und Anspruchsgruppen aufbauen konnten. Wenn sich Marken-kommunikation heute allerdings nicht mehr rein an einem durch das Unternehmen definierten Sollbild orientiert, sondern sich zunehmend auch an den Wünschen der Zielgruppen ausrichtet, widerspricht das einer fokussierten, konsequenten und konsistenten Kommunikation, wie sie für die Etablierung eines starken Marken-bildes vorausgesetzt wird. Tropp und Baetzgen (2013) schreiben diesbezüglich:

«Viele Marketer gieren so sehr nach Sensation und Aufmerksamkeit, dass sie dabei die Markenpersönlichkeit vergessen» (S. 9).

Diesem Widerspruch will sich diese Arbeit annehmen und untersuchen, wel-chen Einfluss Markenkommunikation, die sich auch an den Bedürfnissen der User ausrichtet, auf das Markenimage hat. Diese Art der Markenkommunikation wird unter Begriffen wie «Brand Content» oder «Content Marketing» (Holle-beek & Macky, 2019) diskutiert. Diese Zielformulierung geht mit folgender Forschungsfrageeinher:

Welchen Einfluss hat Brand Content – Markenkommunikation, die sowohl eine Unternehmensperspektive (Imageaufbau aus Unternehmenssicht) als auch eine User-perspektive (Mehrwert für User) einnimmt – auf das Markenimage?

Im Dokument Brand Content und Brand Image (Seite 22-26)