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Das praktische Beispiel als Ganzes

Im Dokument Daten Visualisierung & Storytelling (Seite 76-84)

Wir haben nun alle drei Komponenten des Storytellings mit Daten durchlaufen. Wir kennen das WER, WAS und nun auch das WIE, wobei wir für das WIE noch die geeigneten Visualisierungen für unser fiktives praktisches Beispiel hinzufügen müssen.

Erläuterung: Alle Visualisierungen in diesem Leitfaden habe ich mit Excel erstellt.

Die Zielgruppe (WER):

Der Vorstand

Die zentrale Botschaft:

Durch unseren fehlerhaften Online Shop steigen die Kundenreklamationen massiv, wir verlieren langjährige Kunden, unser Image sinkt und wir können nicht mehr mit dem Trend zum Online Business sinnvoll mithalten; wir werden unser Jahresbudget um 180.000,-- (-15%) verfehlen - wenn wir nicht den Fehler bis Jahresende unter permanenter Kontrolle haben; wir empfehlen weiters die Investition in eine neue

„state of the art“ Online Shop Plattform mit Beginn des nächsten Jahres.

Nun folgt noch einmal die gesamte Datengeschichte (WAS) ergänzt mit den geeigneten Visualisierungen (WIE).

Der Einstieg:

Bobby: Unser durchschnittlicher Monatsumsatz liegt bei 100.000,--. In diesem Monat erreichen wir nur knapp 70.000,--, das bedeutet einen durchschnittlichen Rückgang von 30% im Vergleich zu den Vormonaten.

Ø Monatsumsatz liegt bei 100.000, --. In diesem Monat erreichen wir nur 70.000, --. Das bedeutet einen Ø Rückgang von 30%

74 / 93 Erläuterung: Wie komme ich auf diese Grafik.

In einem ersten Schritt überlege ich mir, welche Art von Datenbeziehung vorliegt.

Ich möchte den Rückgang im Juli hervorheben, also den Juli mit den restlichen Monaten vergleichen. Ok, die Beziehungskategorie fällt in den Bereich Daten vergleichen. Ich schaue in die Übersichtstabelle „Die vier Beziehungskategorien“, siehe Kapitel 5. Mir erscheint die Darstellung als Liniendiagramm am geeignetsten.

Natürlich wäre auch ein Säulendiagramm möglich, doch das Linien Diagramm ist in der Erscheinung dezenter. Im zweiten Schritt überlege ich mir, wie ich den Rückgang des Umsatzes im Juli am besten visuell hervorheben kann. Ich wende hier das Prinzip der gemeinsamen Region an, siehe Kap. 5, wahrnehmungspsychologische Grundlagen, indem ich den Bereich von Juni bis Juli einfärbe. Ich prüfe mein Diagramm ob die drei Regeln der effektiven Visualisierung eingehalten werden.

Die drei Regeln zur Erinnerung:

• So einfach wie möglich

• Das Wichtige hervorheben (ich ergänze die Grafik mit -30% in roter Schrift und einem roten Pfeil, nutze also aus den präattentiven Merkmalen die Farbe als Stilmittel), dadurch werden die Blicke des Publikums auf diesen Bereich gelenkt

• Der Designfeinschliff, damit das Publikum sofort erkennen kann, worum es in der Grafik geht

Dritter Schritt: Ich prüfe die Visualisierung mit der Checkliste für effektive Datenvisualisierung (siehe Anhang). Dabei habe ich noch erkannt, dass eine Referenzlinie hilfreich sein könnte, um die Höhe des Umsatzes im Juli (nach dem Rückgang) leichter von der Y-Achse ablesen zu können. Es ist wichtig, dass sich das Publikum so wenig wie möglich anstrengen muss, um die Informationen ablesen zu können.

TIPP: Nutze immer die Checkliste im Anhang. Dadurch ist gewährleistet, dass Deine Visualisierung den Grundregeln einer guten Darstellung entspricht und Du kannst mit gutem Gewissen in die Präsentation gehen.

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Bobby: Ein Vergleich mit dem Vorjahr zeigt uns, dass dieser Rückgang im Juli nicht auf saisonale Schwankungen zurückzuführen ist.

Der Rückgang im Juli ist nicht auf saisonale Schwankungen zurückzuführen.

Bobby: Was nun die Ursache ist und die Folge wenn sich dieser Trend fortsetzt, werde ich nun erläutern.

Erläuterung:

Schritt 1: Beziehungskategorie: Daten vergleichen → zeitlicher Verlauf → ich wähle das Liniendiagramm

Schritt 2: Überlegungen zu den drei Grundregeln guter Visualisierung. Linienart für das Vorjahr unterscheidet sich von jener des lfd. Jahres. Die Farbe der Beschriftung entspricht der Linienfarbe, das erleichtert die visuelle Zuordnung. Einfärben des wichtigsten Bereichs, hier sollte die Aufmerksamkeit des Publikums hin.

Schritt 3: Checkliste effektiver Datenvisualisierung durchgehen.

76 / 93 Der Mittelteil bis hin zum Aha Moment:

Bobby: In einem weiteren Schritt haben wir unsere Produktgruppen unter die Lupe genommen. Wie Sie alle wissen unterscheiden wir an oberster Stelle zwischen Produkten die einer Beratung bedürfen und solchen die ohne Beratung auskommen.

Wir haben die Umsätze getrennt nach Produktgruppen ausgewertet. Was fällt Ihnen sofort auf?

Der Umsatzrückgang resultiert ausschließlich aus der Produktgruppe

„Ohne Beratung“

Erläuterung: Beachte hier, ich wähle für die Produktegruppen eine andere Linienfarbe als für die Darstellung des Gesamtumsatzes.

Bobby: Richtig, der Umsatz befindet sich im Juli bei den Produkten mit Beratung auf konstant hohem Niveau, hingegen gibt es einen Rückgang bei den Produkten ohne Beratung um 85,7% (entspricht ca. 30% Rückgang vom Gesamtumsatz). Was könnte die Ursache dafür sein? Wie vertreiben wir die Produkte ohne Beratung?

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Bobby: Bingo, wir haben ein Problem mit unserem Online Shop. Wie Sie alle wissen haben wir seit zwei Jahren unseren Online Shop. Dieser ist eine Eigenentwicklung und wurde von einem Mitarbeiter programmiert, welcher leider nicht mehr in unserem Unternehmen tätig ist.

Laut IT-Abteilung tritt der Fehler fast jeden Monat auf.

Unsere Software hat folgenden Fehler:

Versetzen Sie sich nun in die Rolle des Kunden. Sie sind nun der Kunde und Sie kaufen über unseren Online Shop ein. Nach einer Stunde intensiven stöbern haben Sie 10 Artikel im Warenkorb gelegt. Natürlich haben Sie während des Sammeln der Produkte darauf geachtet, dass die Waren auf Lager sind. Sie wollen nun den Kauf abschließen, rufen den Warenkorb auf und plötzlich stellen Sie voller Entsetzen fest, das bei allen Produkten „Nicht auf Lager“ angezeigt wird. Es gibt auch keinen Hinweis, wann Nachschub kommt und geliefert werden kann. Sie sind verärgert, haben ihre wertvolle Zeit verschwendet, brechen wütend den Kauf ab und schwören sich nie mehr in diesem Shop einzukaufen.

Aber damit nicht genug. Wissen Sie warum dieser Fehler bisher nicht aufgefallen ist? Weil ein Mitarbeiter aus der IT, und ich betone, nur ein einziger Mitarbeiter, die Fähigkeit hat diesen Fehler beim Auftreten manuell zu lösen. Da dieser im Juli auf Urlaub war, konnte niemand diesen Fehler beheben.

Wenn wir diesen Fehler ab sofort nicht permanent unter Kontrolle haben und sich die Verkaufszahlen über den Online Shop bis zum Jahresende ähnlich verhalten wie im Juli, dann sinkt der erwartete Gesamtumsatz auf 1.020.000,--.

Ohne permanente Korrektur des Fehlers sinkt der kumulierte prognostizierte Gesamtumsatz auf 1.020.000, --

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Der budgetierte Umsatz liegt bei 1.200.000, --

Ohne Korrektur des Fehlers sinkt der erwartete Jahresumsatz um 180.000, -- bzw. um 15%

Bobby: Das hat zur Folge, dass wir unser Jahresumsatzziel um 180.000,-- verfehlen werden (-15%).

Jetzt ist der Aha Moment gekommen, nun versteht hoffentlich jeder, warum es zu dieser Abweichung kommen wird.

Erläuterung: Hier wähle ich das Säulendiagramm. Das erlaubt mir eine unverzerrte Darstellung der Abweichung von Budget zu Ist. Hätte ich diese Abweichung beim vorherigen Liniendiagramm dargestellt, würde das viel dramatischer aussehen als es in Wirklichkeit ist, siehe nachfolgende Grafik:

Warum? Weil das Liniendiagramm auf der y-Achse den Monatsumsatz abbildet und nicht den Jahresumsatz. Im Juli sinkt der Umsatz auf 70.000, -- das sind 30%.

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Wenn ich nun hier den Unterschied von Budget und IST einzeichne, würde die visuelle Darstellung die doppelte Auswirkung (30%) zeigen und nicht die 15%. Den Unterschied in diesem Diagramm aufzuzeigen wäre also falsch. Man nennt das Bias, also kognitive Verzerrung. Daher Achtung und immer überlegen: was will ich eigentlich darstellen?

Der Schlussteil - Lösungsvorschlag:

Bobby: Für eine permanente Lösung des Fehlers fehlt das nötige Know-How. Der Code wurde vom Ex Mitarbeiter nicht dokumentiert und sogar für einen erfahrenen Programmierer wäre es, aus Sicht der IT, unmöglich diese Software zu „retten“ und zukunftstauglich zu machen.

Da die Programmierung und das Betreiben eines eigenen Online Shops nicht in unser Kerngeschäft fällt, raten wir von einem Festhalten an der eigenen Lösung ab.

Die Plattform ist nicht mehr „state of the art“ und wir wissen nicht wie viele weitere Fehler noch zu Tage treten.

Das Online Geschäft wächst seit zwei Jahren kontinuierlich um ca. 13% per anno.

Mittlerweile macht es 35% vom Gesamtumsatz aus. Eine Prognose zeigt uns einen Anstieg bis zum Ende des nächsten Jahres auf 48%. Das Online Business wird somit erstmals im nächsten Jahr fast die Hälfte zum Gesamtumsatz beitragen.

Im laufenden Jahr trägt das Online Business 35% zum Gesamtumsatz bei. Wir erwarten für das nächste Jahr einen Anstieg auf 48% und somit fast der Hälfte des Gesamtumsatzes.

Erläuterung: Für die Darstellung von Anteilen am Ganzen eignet sich ein gestapeltes Säulendiagramm (100% Variante). Ein wesentlicher Effekt für unsere Kommunikation wird hier sehr schön dargestellt. Die kontinuierliche Steigerung des

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Online Business und die Abnahme des Offline Business am Gesamtumsatz im Zeitverlauf. Genau das wollen wir zeigen.

Wenn ich eine Legende verwende, dann platziere ich diese links oben. Hier fällt der Blick als erstes hin, wenn wir ein Diagramm betrachten. Somit wird sofort klar, worum es geht, ohne lang die Legende suchen zu müssen.

Bobby: Da ein neuer Online Shop nicht kurzfristig umgesetzt werden kann, empfehlen wir für das aktuelle Jahr mindestens eine weitere Person aus der IT mit der manuellen Fehlerbehebung vertraut zu machen. Parallel dazu empfehlen wir einen geeigneten Anbieter und Partner für einen professionellen Online Shop zu suchen. Aus unserer Sicht ist das die sinnvollste und mittelfristig auch die wirtschaftlichste Variante, um mit dem steigenden Online Business unsere ambitionierten Umsatzziele nicht nur zu erreichen, sondern in Zukunft weiter steigern zu können.

Unsere Empfehlung - auf den Punkt gebracht - als Abschlusssatz:

Bobby: Genehmigen Sie die Freigabe von Budget für die Investition in einen neuen Online Shop mit Anfang nächsten Jahres.

Anmerkung: In unserem Beispiel wäre zusätzlich noch eine Investitionsrechnung und eine Kosten-Nutzen-Analyse von Vorteil. Dadurch könntest Du die Entscheidung für die Investition noch einmal mit Zahlen untermauern. Das würde aber hier den Rahmen sprengen.

Die Präsentation ist somit zu Ende.

Im Anhang findest Du die Checkliste für eine effektive Datenvisualisierung. Diese solltest Du, wie erwähnt, bei jeder Visualisierung heranziehen und prüfen, ob Du alle wesentlichen Grundregeln einer guten Visualisierung eingehalten hast.

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