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3.2 Operationsdaten

3.2.3 Postoperative Ergebnisse

3.2.3.1 Stationärer Aufenthalt und Mobilisation

4 Patienten bedurften postoperativ einer Überwachung auf der Intensivstation (ITS) mit einer durchschnittlichen Dauer von 4 Tagen. Die Gründe hierbei lagen in kardiopulmonalen Auffälligkeiten (1 Tag ITS-Aufenthalt), einem akuten

Nie-3. Ergebnisse – Operationsdaten

renversagen mit Oligurie (vorbestehende Niereninsuffizienz II. Grades; 2 Tage), einem hämorrhagischen Schock bei postoperativer Nachblutung und dissemi-nierter intravasaler Koagulopathie (4 Tage) und einem hämorrhagischen Schock mit respiratorischer Insuffizienz nach intraoperativer Blutgefäßverlet-zung (9 Tage).

Der stationäre Aufenthalt betrug im Mittel insgesamt 14,3 ± 4,3 Tage. Der Pati-ent mit der am kürzesten im Krankenhaus verbrachten Zeit hielt sich 10 Tage dort auf, der Maximalwert betrug aufgrund einer Komplikation (schwere Blutge-fäßverletzung) 22 Tage. (Tab. 10)

Bei Entlassung waren 9 Patienten an 2 Unterarmgehstützen unter Teilbelastung mobilisiert, davon 2 mit 10 kg, 1 mit 20 kg, 6 mit 30 kg. 4 Patienten waren be-reits mit Vollbelastung, ebenfalls an 2 Unterarmgehstützen, mobilisiert.

2 Patienten waren im Rollstuhl mobil. Davon hatte sich bei einer Patientin 1 Woche postoperativ das Implantat gelockert (Rerevision erfolgte 6,5 Monate postoperativ), bei dem anderen gestaltete sich die Mobilisierung schmerzbe-dingt und vor dem Hintergrund einer zuvor lange bestandenen Gangunfähigkeit (Girdlestone-Situation für 6 Monate) verzögert.

Alle Patienten wurden angewiesen, aufgrund des dorsalen OP-Zuganges eine Innenrotation und Adduktion des Beines der operierten Seite sowie Flexion über 90° für 6 Monate zur Luxationsprophylaxe zu vermeiden.

3.2.3.2 Postoperative Komplikationen

Postoperative Frühkomplikationen (<6 Wochen postoperativ)

Bei einer Patientin kam es 1 Woche nach der Operation zu einer Hämatoment-leerung und Sekretion aus der Wunde. Zunächst erfolgte eine Entlastungspunk-tion, doch bei persistierender Sekretion und erneuter Hämatomentleerung wur-de 2 Wochen postoperativ eine Wundrevision vorgenommen, bei welcher das Serom ausgeräumt, die Wunde mit antiseptischer Wundspüllösung gespült und mit Antibiotikum getränkte Schwämme eingelegt wurden. Zusätzlich erfolgte für 7 Tage eine antibiotische Therapie intravenös.

3. Ergebnisse – Operationsdaten

Ein Patient entwickelte postoperativ eine Nachblutung. Er erlitt einen hämorr-hagischen Schock und eine disseminierte intravasale Koagulopathie. Dem Pa-tienten wurden Blutkomponenten und Gerinnungsfaktoren gegeben, bis keine Anämie und Thrombozytopenie mehr vorlag.

Eine Patientin mit vorbestehender Niereninsuffizienz II. Grades erlitt postopera-tiv ein oligurisches akutes Nierenversagen, welches durch Gabe eines Schlei-fendiuretikums erfolgreich behandelt wurde. Daneben wurden gegen einen postoperativen Hämoglobin-Abfall Blutkonserven transfundiert. Im weiteren Ver-lauf erfolgte 1 Woche postoperativ bei bekannter Kachexie und anhaltender Übelkeit und Appetitlosigkeit eine ZVK-Anlage und unterstützende parenterale Ernährung für 9 Tage.

Die Patientin, bei der es intraoperativ zur Gefäßverletzung gekommen war, erlitt einen hämorrhagischen Schock und erhielt Katecholamine. Eine Nachbeat-mung wurde 3 Tage lang durchgeführt. Ein im Rahmen der hypovolämischen Situation gelegter Shaldon-Katheter kam in einer Arterie (Truncus brachioce-phalicus) zu liegen, er musste gefäßchirurgisch entfernt werden. Zudem zeigte sich bei der Patientin postoperativ ein vorübergehendes neurologisches Defizit, das sich im weiteren Verlauf komplett rückläufig zeigte. Eine zwischenzeitlich getätigte CT-Untersuchung (MRT wurde von der Patientin abgelehnt) hatte kei-ne Auffälligkeiten aufgewiesen.

Bei einer Patientin kam es noch während des stationären Aufenthaltes 10 Tage postoperativ zu einer Dislokation einer Lasche des Individual-Implantats. Ein CT des Beckens wurde zur Lagebestimmung durchgeführt und von der Herstel-lerfirma des Implantats evaluiert. Mit einer Mobilisation im Rollstuhl wurde die Patientin auf eigenen Wunsch entlassen. Der weitere Verlauf dieses Falls wird bei den postoperativen Spätkomplikationen erläutert.

Die postoperativen Frühkomplikationen sind in Zusammenhang mit Aufenthal-ten auf der InAufenthal-tensivstation, der Dauer des stationären Aufenthalts und der Mobi-lisation bei Entlassung in Tabelle 10 aufgelistet:

3. Ergebnisse – Operationsdaten

1 akute Niereninsuffizienz 2 22 Rollstuhl (davor lange Gangunfähigkeit)

2 - nein 11 Teilbelastung 30 kg

3 - nein 16 Teilbelastung 10 kg

4 - nein 11 Teilbelastung 30 kg

5 - nein 14 Teilbelastung 10 kg

6 (intraop. Gefäßverletzung mit)

postop. hämorrhagischem Schock 9 22 Vollbelastung

7 - nein 10 Teilbelastung 30 kg

8 Hämatom (Wundrevision 2

Wo-chen postop.) nein 21 Vollbelastung

9 Nachblutung mit

hämorrhagi-schem Schock 4 12 Vollbelastung

10 Implantatlockerung (1 Woche

postop.) nein 13 Rollstuhl (Implantatlocke-rung 1 Woche postop)

11 - nein 12 Teilbelastung 30 kg

12 - nein 12 Vollbelastung

13 - nein 17 Teilbelastung 30 kg

14 - nein 10 Teilbelastung 20 kg

15 - 1 12 Teilbelastung 30 kg

Mittel-werte - 4 14,3

-Tab. 10: Postoperative Ergebnisse inkl. postoperativer Frühkomplikatio-nen. ITS = Intensivstation.

Postoperative Spätkomplikationen (>6 Wochen postoperativ)

Bei einer Patientin war es während des Rehabilitationsaufenthalts zu zwei spontanen Luxationsereignissen gekommen, so dass sie 1,5 Monate postope-rativ in die ENDO-Klinik rückverlegt wurde. Eine angelegte Antiluxationsorthese verhinderte eine neuerliche Luxation nicht. In der folgenden Revisionsoperation wurde ein möglicherweise als Hypomochlion wirkender Knochensporn vom ventralen Trochanter entfernt und der Prothesenkopf inkl. Halslängenadapter gewechselt.

3. Ergebnisse – Operationsdaten

24 Monate postoperativ ergab die röntgenologische Nachuntersuchung dieser Patientin einen Bruch der Implantatlasche im Os ischii. Da die Patientin keine klinische Symptomatik aufwies und röntgenologisch seitdem keine Progredienz erkennbar war, wurde die Situation belassen.

Eine weitere Patientin wurde 2 Monate postoperativ nach dreimaliger Luxation vorstellig. Durch eine Operation wurde ein Hämatom ausgeräumt, die Rotation des Modularschafts geändert, und ein längerer Prothesenkopf gewählt.

Jedoch fanden 2 weitere Luxationen jeweils bei Bagatellbewegungen statt, so-dass die Patientin 3,5 Monate später (5,5 Monate nach Einsetzen des Indivi-dualimplantats) erneut operiert wurde. Es wurde ein Antiluxationssicherungsring angepasst, eine Pfannenranderhöhung angeschraubt und die Glutealmuskula-tur (inkl. Tractopexie) mithilfe eines Dacron-Anbindungsschlauchs refixiert. Die Patientin wurde darauf hingewiesen, eine Flexion im Hüftgelenk über 80° zu vermeiden. Bei der letzten Nachuntersuchung gab die Patientin an, seither kei-ne erkei-neute Luxation erlitten zu haben.

Eine dritte Patientin wurde 2 Monate postoperativ nach 3 stattgehabten Luxati-onen vorstellig. Intraoperativ zeigten sich festsitzende Implantate und eine op-timale Stellung der Komponenten zueinander. Grund für die Luxationen waren schlechte Weichteilverhältnisse. Es erfolgte nach Hämatomentleerung ein Pro-thesenkopf- mit Halslängenadapter- und Pfanneninlay-Wechsel.

Einen weiteren Monat später war es erneut zu mehrfacher Luxation gekommen.

Aufgrund eines gesteigerten Infektionsrisikos wurde zunächst von einer opera-tiven Versorgung abgesehen. Diese fand schließlich nach weiteren Luxationen (Inlay und Kopf dorsal der Pfanne luxiert) einen weiteren Monat später statt.

Intraoperativ wurde erneut ein altblutiges Hämatom entleert, ein Constrained Liner einzementiert und der Prothesenkopf gewechselt. Das Individualimplantat zeigte sich weiterhin unverändert festsitzend.

2 Wochen später fand nach erneuter Luxation (Constrained Liner ausgebro-chen mit Kopf) ein Pfannenwechsel statt, ein Freedom® Constrained Liner wur-de eingesetzt und auch wur-der Prothesenkopf entsprechend gewechselt. Ferner erfolgte eine Tractopexie. Der Patientin wurde die Anpassung einer individuel-len Antiluxationsorthese empfohindividuel-len.

3. Ergebnisse – Operationsdaten

Eine vierte Patientin erlitt 34 Monate postoperativ einen Bruch zweier Schrau-ben und der Implantatlasche im Os ischii und bei einer weiteren Patientin war 47 Monate postoperativ die Wanderung einer Schraube und um 2 Schrauben ein Lysesaum erkennbar. Auch bei diesen beiden lag keine klinische Sympto-matik und keine radiologische Progredienz vor, so dass die jeweilige Situatio-nen belassen wurden.

Die Patientin, bei der 1 Woche postoperativ eine Dislokation einer Lasche des Individual-Implantates festgestellt worden war, stellte sich nach 6,5 Monaten aufgrund zunehmender immobilisierender Schmerzen erneut vor. Das Rönt-genbild zeigte eine weitere Wanderung des Implantats, es kam zur Revisi-onsoperation. In dieser zeigten sich nach Entfernen des Individual-Implantats zwei alte gebrochene Schrauben, die die Schrauben der Lasche deviiert haben könnten. Zudem litt die Patientin an Osteoporose. Die gebrochenen Schrauben wurden entfernt, die Schraubenlöcher und sonstige Spalten mit autologem Knochen gefüllt, und das Individual-Implantat wieder eingepasst – aufgrund ei-niger nur mäßiggradig ziehender Schrauben zementaugmentiert. Es wurde die gleiche Pfanne und der gleiche Kopf wie ursprünglich verwendet. Zusätzlich erfolgte wegen ischialer Reizung eine Verlagerung des N. ischiadicus.

Die entnommenen mikrobiologischen Proben ergaben Infektfreiheit.

Im Rahmen der letzten Nachuntersuchung der Patientin stellte sich das Implan-tat klinisch und radiologisch stabil dar.

Somit gab es intraoperativ bei 1 Patienten Komplikationen, früh postoperativ bei 5 (wobei sich eine Komplikation auf die gleiche Patientin mit intraoperativem Zwischenfall bezog), spät postoperativ bei 6 (wobei auch hier zwei Patientinnen bereits bei den früh postoperativen betroffen waren).

Ferner ist zu beachten, dass der weitere postoperative Verlauf bei einer Patien-tin nur 3 Wochen beobachtet werden konnte (keine weitere Kontaktherstellung möglich). Auf diesen Fall bezogen sich die intraoperative und eine frühpostope-rative Komplikation. Der Einfachheit halber wurde die Patientin in die Betrach-tungen inklusive des frühpostoperativen Zeitraums miteinbezogen.

3. Ergebnisse – Operationsdaten

Da sich teilweise intraoperative, Früh- und Spätkomplikationen auf gleiche enten bezogen, lag die allgemeine Komplikationsrate bei 60 % (9 von 15 Pati-enten), davon bezogen sich die Komplikationen dreier Patienten auf die Opera-tion im Allgemeinen, und von sechsen (40 % = implantatassoziierte Komplikati-onsrate) auf das eingesetzte Implantat.

Spätpostoperative Komplikationen bezogen sich alle auf das Implantat und tra-ten bei 4 von 14 Patientra-ten auf.

5 Patienten insgesamt mussten nachoperiert werden, davon 4 (27 % = implan-tatassoziierte Rerevisionsrate) aufgrund implanimplan-tatassoziierter Indikationen.

Die (spätpostoperative) Luxationsrate lag mit 3 von 14 Patienten bei knapp 20 %. Alle 3 Patienten erlitten rezidivierende Luxationen und erhielten eine (1 Patient), zwei (1) bzw. drei (1) Revisionsoperationen. In allen 3 Fällen erwies sich das Individual-Implantat jedoch als festsitzend.

Als Implantat-bezogenes Versagen gewertet wurde eine Revision oder ein Ent-fernen der individuellen azetabulären Komponente. Eine Patientin (7 % = Ver-sagensrate) mit aseptischer Implantatlockerung erhielt eine Revisionsoperation, in der 2 alte Schraubenreste entfernt und ansonsten das selbe Implantat wieder eingesetzt wurde; in keinem Fall wurde das Individualimplantat ausgebaut.

Somit lag die Überlebensrate bei 93 %.

Die postoperativen Spätkomplikationen sind mit der entsprechenden Follow-up-Dauer, notwendigen Rerevisionsoperationen und der Gehfähigkeit (mit Charn-ley-Präfixen) und den Röntgenbefunden bei der letzten Nachuntersuchung (siehe Kapitel „3.4 Radiologische Nachuntersuchungsergebnisse“) in Tabelle 11 aufgeführt:

3. Ergebnisse – Operationsdaten

Hilfsmittel A Implantat stabil, Trochanterfraktur

Hilfsmittel A Implantat stabil

9 22 - - einzelner

Geh-stock A

Implantat stabil, he-terotope Ossifikatio-nen Brooker-Grad 1 10 13 Implantatlockerung 1 (6.5) einzelner

Geh-stock B Implantat stabil

12 47 Wanderung einer

Schraube - einzelner

Luxatio-nen 2 (2, 5.5)

Unterarmgeh-stütze C Implantat stabil

Gehstö-cke/Rollator C Schrauben- und Laschenbruch

-Tab. 11: Postoperative Ergebnisse inkl. postoperativer Spätkomplikationen und Gehfähigkeit und Röntgenbefunde bei der letzten Nachuntersuchung

3. Ergebnisse – Ergebnisse klinischer und psychometrischer Testverfahren

sische ein mittlerer Wert von 52,6 Punkten. Die Mittelwerte der acht Subskalen sowie deren Standardabweichungen dieser Studie sind in Tabelle 12 aufgelis-tet:

Domänen/„Subskalen“ Mittelwert [Punkte] Standardabwei-chung ± [Punkte]

KÖFU 47,9 35,7

KÖRO 37,5 47,1

SCH 62,1 31,0

AGES 62,9 19,2

VITA 59,6 20,5

SOFU 74,0 35,1

EMRO 69,4 46,0

PSYCH 74,7 26,2

Gesundheitsveränderung (1 Jahr) 70,8 27,9

Tab. 12: Ergebnisse der 8 Domänen des SF-36 sowie der Zusatzfrage nach der Gesundheitsveränderung

Die im Rahmen der „Medical Outcomes Study“ bereitgestellten Normwerte für den SF-36 wurden mit den Ergebnissen dieser Studie in Abbildung 15 vergli-chen (Ware et al. 1995). Größere Unterschiede sind vor allem bei 3 Domänen (Subskalen) zu erkennen: Körperliche Funktion (KÖFO), Körperliche Rollen-funktion (KÖRO) sowie bei der Frage nach der Veränderung der Gesundheit.

Während die SF-36 Werte der Normstudie sowohl bei den Domänen KÖFO und KÖRO deutlich höher waren als die unserer Studie, fällt der Wert der Verände-rung der Gesundheit in dieser Studie höher aus als bei einer Normpopulation.

3. Ergebnisse – Radiologische Nachuntersuchungswerte

Aufgrund der beträchtlichen Ausdehnung des metallischen Materials und der großen Anzahl von im Schnitt 16 Schrauben, war die Beurteilung von Lyse-säumen, periprothetischen Osteolysen oder periazetabulären Knochenverände-rungen wie das Heilen einer Beckendiskontinuität zumeist nicht möglich. Zu-sätzlich lag die Operation oder Rerevisionsoperation bei der letzten Nachunter-suchung einiger Patienten erst wenige Monate zurück, so dass sich manche Veränderung radiologisch noch nicht sichtbar darstellte.

Ein unveränderlich stabiler Sitz des Implantats zeigte sich auf den Röntgenver-laufskontrollen von 11 Patienten zum Zeitpunkt der letzten Nachuntersuchung.

Bei zwei Patienten fanden sich heterotope Ossifikationen des Grades 1 nach Brooker.

Nur bei einer von 6 Patienten war eine Überbrückung der Beckendiskontinuität mit Knochen zu verzeichnen, bei einer war deutlich keine Heilung eingetreten, und bei vieren war die Beurteilung nicht möglich.

Bei einem Patient war eine Trochanterfraktur zu verzeichnen.

Lysesäume (< 2 mm) konnten nur in einem Fall (47 Monate postoperativ) beo-bachtet werden, sie befanden sich um 2 Schrauben herum. Bei dieser Patientin war zudem eine Wanderung einer dieser Schrauben erkennbar, beide Schrau-ben befanden sich im Os ischii (Abb. 16). Klinisch stellte sich keine Symptoma-tik dar.

3. Ergebnisse – Radiologische Nachuntersuchungswerte

Abb. 18: 6,5 Monate postop. / präop. Revision (li.), 2 Wochen postop. Revi-sion (mi.), 5 Monate postop. ReviRevi-sion (re.). Beckenübersicht a.p.

Roter Pfeil: fortgeschrittene Dislokation gut sichtbar.

Bei einer Patientin war zunächst 1,5 Monate postoperativ nach wiederholten Luxationen der Prothesenkopf inkl. Halslängen(offset)adapter gewechselt wor-den. 24 Monate postoperativ ergab die röntgenologische Nachuntersuchung einen Bruch der Lasche im Os ischii. Da die Patientin keine klinische Sympto-matik aufwies und röntgenologisch seitdem keine Progredienz erkennbar ist, wurde die Situation belassen. (Abb. 19)

Abb. 19: Präop. Revision (li.), unmittelbar postop. Revision (Kopf-Halsteil-Wechsel) (mi.), 3 Jahre postop. Revision (re.). Beckenübersicht a.p.

Grüner Pfeil: Kopf-Halsteil-Wechsel, roter Pfeil: Materialbruch.

3. Ergebnisse – Radiologische Nachuntersuchungswerte

Bei einer letzten Patientin fielen 34 Monate postoperativ der Bruch einer Lasche und zweier Schrauben im Os ischii auf (Abb. 20). Auch hier wurde die Situation aufgrund fehlender klinischer Symptomatik oder Progredienz belassen.

Abb. 20: Unmittelbar postop. (li.), 2,8 Jahre postop. (re.). Beckenübersicht a.p. Rote Pfeile: Materialbrüche.

Somit zeigten sich bei 2 Patienten Materialbrüche, bei 2 Patienten gewandertes Material, davon in einem Fall mit anschließender Reoperation.

Auf Vermessungen hinsichtlich der Beinlängendifferenz wurde aufgrund der Heterogenität der Affektion der Gegenseite (insuffiziente Hüftprothesen, Ko-xarthrose, hohe Hüftluxation, Hüftkopfnekrose) zumeist verzichtet. In den 3 Fäl-len mit physiologischem nativem HüftgeFäl-lenk auf der Gegenseite war die Bein-längendifferenz postoperativ im Rahmen der Messgenauigkeit klinisch und ra-diologisch auf ±1 cm ausgeglichen.

4. Diskussion – Limitationen

4 DISKUSSION

4.1 Limitationen

Zunächst soll auf die Grenzen und Nachteile der durchgeführten Studie einge-gangen werden. Da die Aussagekraft einer Analyse abhängig ist von vielen ob-jektiven, aber auch subjektiven Faktoren, gilt es, diese zur Einschätzung und Einordnung der Bedeutsamkeit zu kennen.

Da diese Studie retrospektiv erhoben wurde, fehlt die Exaktheit der Datenerhe-bung eines prospektiven Studiendesigns, bei der die Daten eigens und dem-nach passender zu den Anforderungen der Studie erhoben werden können (Lorenz and Rohde 1973).

Ein weiteres Problem stellt die geringe Patientenzahl mit 15 Patienten, die mit dem Individual-Implantat versorgt wurden, dar. Davon haben ferner 3 die Fra-gebögen nicht ausgefüllt und bei einer Patientin war aufgrund fehlgeschlagener Kontaktaufnahme keine Verlaufsbeobachtung (postoperative Spätkomplikatio-nen und radiologische Nachuntersuchungsergebnisse) durchzuführen. Ein ge-ringer Stichprobenumfang geht mit anfälligeren und demnach weniger aussa-gekräftigen Mittelwerten und Verhältniszahlen einher.

Ein Grund für den geringen Stichprobenumfang ist der Indikationsbereich der ausgedehnten Azetabulum-Defekte. Die Fallzahl mit dieser Indikationsstellung steigt einerseits insgesamt zwar aufgrund der steigenden Lebenserwartung, doch auch die Qualität der Primärversorgung und einfacheren Revisionsopera-tionen steigt. So ist diese Patientenzahl dennoch begrenzt.

Des Weiteren sind die hohen Kosten der Herstellung eines

Individual-Implantats ein nicht zu vernachlässigender Faktor, der die Fallzahl weiter ein-schränkt. Die Krankenkasse übernimmt nur in gut begründeten Einzelfällen die Kosten.

Und schließlich ist die Verwendung einer patientenspezifischen, 3D-gedruckten azetabulären Komponente im Vergleich zu anderen Möglichkeiten zur

Rekon-4. Diskussion – Limitationen

struktion ausgedehnter azetabulärer Defekte ein relativ neues Verfahren in der Hüftendoprothetik (Christie et al. 2001).

Auch die geringe durchschnittliche Follow-up-Dauer von 23,2 Monaten ist noch weiter ausbaufähig und ihre homogenere Zusammensetzung (die Standardab-weichung liegt bei 15,4 Monaten) wäre ebenfalls wünschenswert.

Die geringe Fallzahl und Follow-up-Dauer bedingt begrenzte Aussagemöglich-keiten dieser Untersuchung. Dennoch sind auch früh getätigte (retrospektive) Analysen eines neuen Verfahrens unerlässlich, um Tendenzen erkennen und Fehlentwicklungen frühzeitig entgegenwirken zu können.

5 Operateure haben die 15 Eingriffe durchgeführt. Relativierend wurde einer-seits bereits erwähnt, dass 3 jeweils nur einen durchführten, und zudem einer der fünf an allen Eingriffen teilnahm. Überdies trugen alle fünf jeweils den Facharzttitel und waren bereits mindestens seit fünf Jahren an der Helios EN-DO-Klinik Hamburg – einem ausgewiesenen Zentrum für Endoprothetik – be-schäftigt, mit einer Erfahrung von 400 Totalen-Hüftgelenksersatz-Operationen pro Jahr. Auch ist die Operationstechnik für das Einsetzen des Individual-Implantats aufgrund der CT-basierten Vorplanung, den individuellen Modellen und Bohrschablonen grundsätzlich unkomplizierter als bei Revisionseingriffen mit konfektionierten Implantaten. Auch die Evaluationen der CT-Datensätze und Konstruktionen der Individual-Implantate wurden von verschiedenen Mitarbei-tern der die Implantate herstellenden Firma vorgenommen. Und nicht zuletzt ist auch die Auswertung von Röntgenaufnahmen abhängig vom jeweiligen Be-trachter (Campbell et al. 2001).

Folglich können sowohl bei der Gestaltung des Implantats als auch bei der Im-plantationsoperation und schließlich bei der Auswertung bestimmter Ergebnisse interindividuelle Unterschiede nicht ganz ausgeschlossen werden.

Die teilweise hohe Komorbidität der Patienten kann gerade bei Komplikationen im Zusammenhang mit der Operation prothesenunabhängig Einfluss auf die Ergebnisse (Komplikationsrate) nehmen. Ein Beispiel hierfür ist das Auftreten der postoperativen akuten Niereninsuffizienz bei einer Patientin mit vorbeste-hender Niereninsuffizienz II. Grades.

4. Diskussion – Ergebnisvergleich mit der Literatur

Da vom Oxford Hip Score und vom SF-36-Fragenbogen zur Lebensqualität nur postoperativ Werte erhoben wurden, ist kein Vergleich von prä- und postopera-tivem Ergebnis möglich.

Und schließlich können trotz größter Bemühungen und Sorgfalt auch Leicht-sinnsfehler als Fehlerquelle nicht ausgeschlossen werden.

4.2 Ergebnisvergleich mit der Literatur

In unserer Studie untersuchten wir die Versorgung von ausgedehnten azetabu-lären Defekten (Paprosky-Typ 3A und B) mit einem patientenspezifischen, 3D-gedruckten Beckenteilersatz anhand von 15 Patienten. Da von diesem Patien-tengut in 6 Fällen eine Beckendiskontinuität (davon 3 bilateral) vorlag, wird sich damit in diesem Kapitel zusätzlich verstärkt auseinandergesetzt.

Bei dem Vergleich der Ergebnisse mit denen anderer Veröffentlichungen wur-den unterschiedliche Parameter bei der Definition von

Rerevisions-/Reoperations-, Komplikations- und Versagens- bzw. Überlebensrate wo mög-lich berücksichtigt.

Die Implantation von durch Evaluation von CT-Aufnahmen erstellten, patienten-spezifischen azetabulären Komponenten von Hüftendoprothesen ist zwar keine gänzlich neue, aber doch vergleichsweise moderne Therapiemethode

(Nieminen, Pakarinen, and Laitinen 2013). Neben den bereits erschienenen Publikationen zu Teilen dieser Arbeit (Citak et al. 2017; Citak et al. 2016) exis-tieren einige weitere Fachartikel zu diesem Thema (Christie et al. 2001; Joshi, Lee, and Christensen 2002; Holt and Dennis 2004; DeBoer et al. 2007; Taunton et al. 2012; Wind, Swank, and Sorger 2013; Friedrich et al. 2014; Berasi et al.

2015; Barlow et al. 2016; Baauw, van Hellemondt, and Spruit 2017; Kieser et al.

2018).

Als eine der ersten hatten Christie et. al 2001 über die Verwendung von patien-tenspezifischen Triflange Cups berichtet (Christie et al. 2001): Ihre Studie

bein-4. Diskussion – Ergebnisvergleich mit der Literatur

haltete 65 Patienten mit einer durchschnittlichen Follow-up-Dauer von 4,4 Jah-ren. In 39 Fällen lag eine Beckendiskontinuität vor. Aufgrund der positiven Er-gebnisse empfahlen Sie den Nutzen des Implantats, vor allem bei vorliegender Beckeninstabilität. Denn diese sollten nicht „einfach wie ein größerer, kompli-zierterer azetabulärer Defekt“, sondern wie eine Fraktur gehandhabt werden.

Dazu werde eine starre Fixierung benötigt, die durch die Triflange Cups gege-ben sei. Bei bisher verwendeten Platten und Cages zur Rekonstruktion sei die-se Bedingung aufgrund der notwendigen Flexibilität, um intraoperativ angepasst werden zu können, nicht erfüllt.

Ebenfalls über die Verwendung von „custom triflange acetabular components“

(CTAC) berichteten Holt und Dennis 2004 (Holt and Dennis 2004). Bei 26 Pati-enten ergab sich eine Überlebensrate von 88 % nach einer durchschnittlichen Follow-up-Dauer von 4,5 Jahren. Da 3 Patienten eine Beckendiskontinuität aufwiesen, und davon 2 ein Implantatversagen erlitten, empfahlen die Autoren generell die Verwendung des Implantats, jedoch sollten bei der Behandlung von instabilen Becken zusätzlich eine Platte zum Fixieren des posterioren Pfeilers genutzt werden.

2007 konnten DeBoer et. al eine Mittel- bis Langzeitstudie veröffentlichen, die Follow-up-Dauer betrug durchschnittlich 10 Jahre (DeBoer et al. 2007). In die-ser untersuchten sie 20 mit CTACs versorgte Hüftgelenke (alle mit Beckendis-kontinuität) nach. Sie erhielten äußerst positive Werte mit einer Revisionsrate von 0 % und in 90 % verheilten Diskontinuitäten. Hier muss allerdings das rela-tiv junge Patientengut mit durchschnittlich 56 Jahren bedacht werden.

Auch aus Deutschland konnten positive Erfahrungen bekannt gegeben werden:

Friedrich et. al untersuchten bis 2014 18 Patienten mit

Paprosky-Typ-3B-Defekten mit assoziierter Beckendiskontinuität (Friedrich et al. 2014). Sie erhiel-ten alle CTACs, das Follow-up betrug durchschnittlich 2,5 Jahre. Die Überle-bensrate betrug 89 %, der HHS-Mittelwert konnte von präoperativ 8 ±12 auf postoperativ 69 ± 13 Punkte erhöht werden, die implantatbezogene Komplikati-onsrate lag bei 28 %. Der präoperative HHS-Wert entspricht dem unsrigen, die

Paprosky-Typ-3B-Defekten mit assoziierter Beckendiskontinuität (Friedrich et al. 2014). Sie erhiel-ten alle CTACs, das Follow-up betrug durchschnittlich 2,5 Jahre. Die Überle-bensrate betrug 89 %, der HHS-Mittelwert konnte von präoperativ 8 ±12 auf postoperativ 69 ± 13 Punkte erhöht werden, die implantatbezogene Komplikati-onsrate lag bei 28 %. Der präoperative HHS-Wert entspricht dem unsrigen, die