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Zur objektiven und subjektiven Beurteilung der funktionellen Operationsergeb-nisse wurden in dieser Studie im Rahmen der Nachuntersuchung mehrere Me-thoden angewandt. Um einen aussagekräftigen Vergleich zwischen den Opera-tionsergebnissen individueller und konventioneller Hüftimplantate, sowie einen generellen Literaturvergleich zu ermöglichen, wurden standardisierte, internati-onal anerkannte Tests verwendet. Ein Hauptaugenmerk lag hierbei auf soge-nannten „patient-reported outcome measures“ („PROM“): Untersuchungsme-thoden, bei welchen der Fokus auf subjektiven Aussagen der Patienten liegt. Zu diesen Methoden gehören vom Patienten beantwortete Fragebögen wie der Oxford Hip Score (OHS), sowie der Short-Form Health Survey (SF-36). Der Harris Hip Score (HHS) dagegen ist ein „clinician-based outcome measure“, bei welchem ein Teil der Fragen nach Untersuchung des Patienten durch einen Arzt beantwortet werden. Alle drei Untersuchungsmethoden werden im Folgen-den vorgestellt. Eine detaillierte Version der drei Fragebögen, wie sie an die Patienten verschickt wurde, findet sich im Anhang.

2.4.1 Harris Hip Score

Der Harris Hip Score (HHS) wurde 1969 von dem Orthopäden W. H. Harris ein-geführt. Im Rahmen einer Publikation zur Evaluation von 39 endoprothetisch versorgten Hüftgelenken führte er ein Punkte-System ein, mit welchem die Qualität der Prothese postoperativ erhoben werden sollte (Harris 1969). Aus den vier Kategorien „Schmerz“, „Funktion“, „Bewegungsumfang“ und „Deforma-tion“ errechnet sich eine Punktzahl, die über die klinische Performance der En-doprothese informiert (Tab. 1). Hierbei werden die beiden Kategorien

„Schmerz“ und „Funktion“ stärker gewichtet, aus diesen beiden Kategorien

er-2. Material und Methoden – Klinische und psychometrische Testverfahren

geben sich 91 der 100 Punkte. Die Kategorie „Schmerz“ besteht nur aus einer, aufgrund ihrer Relevanz sehr stark gewichteten, Frage nach dem Grad der empfundenen Schmerzen, während die Kategorie „Funktion“ auf den alltägli-chen und pragmatisalltägli-chen Einsatz der Hüftprothese eingeht. Die Kategorien zur Körperfunktion („Bewegungsumfang“ und „Deformation“) werden von ärztlichem Fachpersonal erhoben und tragen lediglich 9 der 100 erreichbaren Punkte bei.

Je mehr Punkte erreicht werden desto höher der klinische Erfolg der Prothese, eine Punktzahl von 100 entspricht einem schmerz- und beschwerdefreien Pati-enten ohne Funktionseinschränkung.

Kategorie mit Subkategorie Punktezahl

Schmerz 44

maximal erreichbare Gesamtpunktzahl 100

Tab. 1: Kategorien des Harris Hip Score mit maximalen Punktezahlen

Der HHS hat sich als Methode zur Beurteilung der Beschwerden bei Hüftpatho-logien etabliert (Soderman and Malchau 2001). Die Korrelation bzw. Konkor-danz zwischen den subjektiven HHS-Angaben der Patienten und dem klinisch gemessenen Ergebnis eines Facharztes ist in der Regel hoch (Mahomed et al.

2001). Deckeneffekte („ceiling effects“) können gegebenenfalls einen Vorbehalt darstellen, welcher die Validität des HHS einschränkt: Wenn zu viele Patienten die maximale Punktzahl erreichen, sind die Ergebnisse, die der HHS liefert, un-ter Umständen nicht mehr aussagekräftig (Wamper et al. 2010). Dies ist auch an der Funktions-Einteilung von Harris nach Punktwerten ersichtlich, da bereits bei Scores von unter 70 von „unbefriedigender“ Funktion gesprochen wird (Tab.

2. Material und Methoden – Klinische und psychometrische Testverfahren

2). Eine Einteilung findet also nicht über die gesamte Spanne der erreichbaren Punkte statt, sondern lediglich über den Bereich nahe der oberen Grenze.

Punktebereich Funktion

90-100 Exzellent

80-89 Gut

70-79 Befriedigend

< 70 Unbefriedigend

Tab. 2: Einteilung der Ergebnisse des Harris Hip Scores

Aufgrund der breiten Verwendung und der guten Validität war der HHS jedoch dennoch unerlässlich für die Aussagekraft und Vergleichbarkeit dieser postope-rativen Untersuchungsergebnisse mit anderen Studien, weshalb er als standar-disierter Fragebogen inkludiert wurde.

Präfixe nach Charnley

Zur besseren Beurteilung des Parameters „Gehen“ (HHS, OHS) wurde auch der Zustand des kontralateralen Hüftgelenks mit einbezogen. Dies erfolgte durch die Präfixe nach Charnley (Charnley 1972) (Tab. 3):

Präfix Definition der Patientengruppe

A Kontralaterale Hüfte nicht betroffen, keine weitere Einschränkung der Gehfähigkeit

B Kontralaterale Hüfte ebenfalls betroffen, jedoch sonst keine weitere Einschränkung der Gehfähigkeit

C

Gehfähigkeit wird beeinflusst durch körperliche Einschränkungen wie rheumatoide Arthritis, Senilität, Halbseitenlähmung, kardiovaskuläre

oder respiratorische Beeinträchtigungen Tab. 3: Präfixe nach Charnley

2. Material und Methoden – Klinische und psychometrische Testverfahren

2.4.2 Oxford Hip Score

Der Oxford Hip Score (OHS) ist ein vergleichsweise kurzer, ebenfalls standardi-sierter und gelenkspezifischer Fragebogen, der aus nur 12 Fragen besteht, die im Unterschied zum HHS alle ausschließlich vom Patienten subjektiv beantwor-tet werden (Dawson et al. 1996). Auf jede der 12 Fragen kann der Patient zwi-schen 5 ordinal skalierten Antwortmöglichkeiten auswählen, die jeweils einem Punktwert von 1-5 zugeordnet sind, welcher daraufhin in die Gesamtwertung einfließt. Auf die Frage nach allgemeinen Schmerzen in der Hüfte bewegen sich die Antwortmöglichkeiten demnach im Bereich von „keine“ bis „starke“, wobei die schlechteste Antwort („starke“) mit dem höchsten Punktwert (5) und die bes-te Antwort („keine“) mit dem niedrigsbes-ten Wert (1) assoziiert ist. Daraus ergeben sich die in Tabelle 4 dargestellten erreichbaren Punkte mit der daraus resultie-renden Kategorisierung der Hüftprothese:

Punktebereich Funktion

12-18 Sehr gute Funktion

19-26 Gute Funktion

27-36 Mäßige Funktion

37-60 Schlechte Funktion

Tab. 4: Einteilung der Ergebnisse des Oxford Hip Scores

2.4.3 Short-Form Health Survey (SF-36)

Der Short-Form Health Survey (SF-36) unterscheidet sich als psychometrisches Testverfahren in zwei wesentlichen Punkten von den beiden anderen Fragebö-gen. Er ist zunächst ein allgemeiner, krankheitsunspezifischer Fragebogen zur Erfassung der subjektiven Gesundheit und der davon abhängigen Lebensquali-tät des Patienten.

Er erfasst außerdem, neben der physischen Gesundheit wie beide anderen Scores, zusätzlich das psychische Wohlbefinden, und besteht somit aus 2 Hauptkategorien („Summenskalen“) (Ware and Sherbourne 1992). Beide Hauptkategorien sind jeweils in 4 Subkategorien („Domänen“/„Subskalen“)

un-2. Material und Methoden – Klinische und psychometrische Testverfahren

terteilt, die Teilbereiche der psychischen (z.B. soziale Aspekte) bzw. physi-schen (z.B. Schmerzen) Gesundheit abfragen. Eine zusätzliche Frage wird in keine der beiden Hauptkategorien eingeordnet, sondern befasst sich mit der Veränderung der Gesundheit innerhalb des letzten Jahres (Tab. 5). Insgesamt besteht der Fragebogen aus den namensgebenden 36 Items.

Die Auswertung des SF-36 gestaltet sich etwas aufwendiger als die des HHS und OHS. Die Subkategorien sind jeweils in eine Skala von 0 (schlecht) bis 100 (bestes Ergebnis) eingeteilt. Aus den Ergebnissen der Subkategorien werden jeweils Scores für die beiden Hauptkategorien berechnet. Diese sind hingegen um einen Normwert von 50 zentriert. Ein Wert über 50 steht für ein überdurch-schnittliches Ergebnis und ein Wert unter 50 für ein unterdurchüberdurch-schnittliches.

Detaillierte Formeln für die Auswertung finden sich im „Handbuch für die deutschsprachige Version“ des SF-36 (Bullinger and Kirchberger 1999) . Eine deutsche Übersetzung, welche auch in dieser Studie verwendet wurde, existiert seit 1995 und wurde von der für die Übersetzung verantwortlichen For-schungsgruppe ebenfalls positiv auf ihre Validität und Vergleichbarkeit zu dem englischsprachigen Original überprüft (Bullinger 1995).

Da der SF-36 ein allgemeiner Fragebogen ist, trägt er auch über einzelne

Fachgebiete hinweg zur Vergleichbarkeit der Therapie-Verläufe und Erfolge bei.

Kategorien/„Summenskalen“ Domänen/„Subskalen“

Tab. 5: Short-Form Health Survey (SF-36), Aufgliederung der Struktur des Fragebogens mit Subkategorien

2. Material und Methoden – Radiologische Untersuchung

Im Gegenzug erlaubt der SF-36 allerdings keinerlei Rückschlüsse auf den spe-zifischen Therapie-Verlauf hüftendoprothetischer Operationen. Da der SF-36 in dieser Studie jedoch ergänzend zu HHS und OHS verwendet wurde, konnte diese Limitierung somit ausgeglichen werden.

In der Veröffentlichung einer Studie von 1999 wurde berichtet, dass der SF-36 bei einer Kohorte über-65-Jähriger (und von dieser vor allem jene, die in einem Seniorenheim leben) nicht aussagekräftig ist, da in dieser Kohorte die durch-schnittlichen kognitiven Fähigkeiten oft nicht für eine Teilnahme ausreichen: nur 1 von 5 Bewohnern einer Seniorenresidenz waren kognitiv in der Lage, den SF-36-Fragebogen zu beantworten (Andresen et al. 1999). Ausreichende kognitive Fähigkeiten sind somit – wie bei allen Fragebögen – eine Voraussetzung für die Verwendung dieser Untersuchungsmethode.