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In unserer Studie untersuchten wir die Versorgung von ausgedehnten azetabu-lären Defekten (Paprosky-Typ 3A und B) mit einem patientenspezifischen, 3D-gedruckten Beckenteilersatz anhand von 15 Patienten. Da von diesem Patien-tengut in 6 Fällen eine Beckendiskontinuität (davon 3 bilateral) vorlag, wird sich damit in diesem Kapitel zusätzlich verstärkt auseinandergesetzt.

Bei dem Vergleich der Ergebnisse mit denen anderer Veröffentlichungen wur-den unterschiedliche Parameter bei der Definition von

Rerevisions-/Reoperations-, Komplikations- und Versagens- bzw. Überlebensrate wo mög-lich berücksichtigt.

Die Implantation von durch Evaluation von CT-Aufnahmen erstellten, patienten-spezifischen azetabulären Komponenten von Hüftendoprothesen ist zwar keine gänzlich neue, aber doch vergleichsweise moderne Therapiemethode

(Nieminen, Pakarinen, and Laitinen 2013). Neben den bereits erschienenen Publikationen zu Teilen dieser Arbeit (Citak et al. 2017; Citak et al. 2016) exis-tieren einige weitere Fachartikel zu diesem Thema (Christie et al. 2001; Joshi, Lee, and Christensen 2002; Holt and Dennis 2004; DeBoer et al. 2007; Taunton et al. 2012; Wind, Swank, and Sorger 2013; Friedrich et al. 2014; Berasi et al.

2015; Barlow et al. 2016; Baauw, van Hellemondt, and Spruit 2017; Kieser et al.

2018).

Als eine der ersten hatten Christie et. al 2001 über die Verwendung von patien-tenspezifischen Triflange Cups berichtet (Christie et al. 2001): Ihre Studie

bein-4. Diskussion – Ergebnisvergleich mit der Literatur

haltete 65 Patienten mit einer durchschnittlichen Follow-up-Dauer von 4,4 Jah-ren. In 39 Fällen lag eine Beckendiskontinuität vor. Aufgrund der positiven Er-gebnisse empfahlen Sie den Nutzen des Implantats, vor allem bei vorliegender Beckeninstabilität. Denn diese sollten nicht „einfach wie ein größerer, kompli-zierterer azetabulärer Defekt“, sondern wie eine Fraktur gehandhabt werden.

Dazu werde eine starre Fixierung benötigt, die durch die Triflange Cups gege-ben sei. Bei bisher verwendeten Platten und Cages zur Rekonstruktion sei die-se Bedingung aufgrund der notwendigen Flexibilität, um intraoperativ angepasst werden zu können, nicht erfüllt.

Ebenfalls über die Verwendung von „custom triflange acetabular components“

(CTAC) berichteten Holt und Dennis 2004 (Holt and Dennis 2004). Bei 26 Pati-enten ergab sich eine Überlebensrate von 88 % nach einer durchschnittlichen Follow-up-Dauer von 4,5 Jahren. Da 3 Patienten eine Beckendiskontinuität aufwiesen, und davon 2 ein Implantatversagen erlitten, empfahlen die Autoren generell die Verwendung des Implantats, jedoch sollten bei der Behandlung von instabilen Becken zusätzlich eine Platte zum Fixieren des posterioren Pfeilers genutzt werden.

2007 konnten DeBoer et. al eine Mittel- bis Langzeitstudie veröffentlichen, die Follow-up-Dauer betrug durchschnittlich 10 Jahre (DeBoer et al. 2007). In die-ser untersuchten sie 20 mit CTACs versorgte Hüftgelenke (alle mit Beckendis-kontinuität) nach. Sie erhielten äußerst positive Werte mit einer Revisionsrate von 0 % und in 90 % verheilten Diskontinuitäten. Hier muss allerdings das rela-tiv junge Patientengut mit durchschnittlich 56 Jahren bedacht werden.

Auch aus Deutschland konnten positive Erfahrungen bekannt gegeben werden:

Friedrich et. al untersuchten bis 2014 18 Patienten mit

Paprosky-Typ-3B-Defekten mit assoziierter Beckendiskontinuität (Friedrich et al. 2014). Sie erhiel-ten alle CTACs, das Follow-up betrug durchschnittlich 2,5 Jahre. Die Überle-bensrate betrug 89 %, der HHS-Mittelwert konnte von präoperativ 8 ±12 auf postoperativ 69 ± 13 Punkte erhöht werden, die implantatbezogene Komplikati-onsrate lag bei 28 %. Der präoperative HHS-Wert entspricht dem unsrigen, die geringere Komplikationsrate Friedrichs könnte eine Begründung für den bei uns um 10 Punkte höher liegenden (ausgedehnte Standardabweichung von ± 23 Punkten) postoperativen Wert sein. Die Veröffentlichung von Friedrich et. al enthält auch Angaben zu der durchschnittlichen Operations-Zeit, die bei 3 Std.

4. Diskussion – Ergebnisvergleich mit der Literatur

35 min. lag. Dass dies 45 min. mehr entspricht, als der unsrigen, lässt sich dadurch begründen, dass in 44 % der Eingriffe zusätzlich die Schaftkomponen-te gewechselt wurde. Auch war das durchschnittliche AlSchaftkomponen-ter von 69 Jahren zum Operationszeitpunkt relativ hoch. Dies könnte auch einer der Gründe für die im Vergleich zu unserer Studie (14 Tage) höhere stationäre mittlere Aufenthalts-dauer von 22 Tagen sein.

Barlow et. al publizierten vor wenigen Jahren (Barlow et al. 2016) eine Untersu-chung über 63 Patienten, die eine CTAC erhalten hatten. Die durchschnittliche Follow-up-Dauer lag bei 4,3 Jahren, innerhalb derer die

Implantat-Überlebensrate 85 % betrug.

Die häufig niedrigeren Werte bezüglich der Überlebensrate, als die bei uns er-zielte (93 %), könnten generell – neben der unterschiedlichen Patientenzahl – durch die höhere Follow-up-Dauer der Studien erklärt werden.

Einen Studienaufbau, der dem unsrigen äußerst ähnlich ist, weist die folgende Veröffentlichung auf: Baauw, van Hellemondt und Spruit führten eine 2017 ver-öffentlichte Studie mit dem gleichen individuellen, 3D-gedruckten Implantat, wie das in dieser Untersuchung verwendete, zur Behandlung von Paprosky-Typ-3-Defekten durch (Baauw, van Hellemondt, and Spruit 2017). Auch bei ihnen fin-det sich eine relativ kleine Patientenfallzahl von 12 Patienten, und eine Follow-up-Dauer von durchschnittlich 23 Monaten. Die Überlebensrate lag in diesem Zeitraum bei 100 %, kein Implantat benötigte eine Revisionsoperation, was ei-nem höheren Wert als dem in dieser Untersuchung erzielten (93 %) entspricht.

Und auch die allgemeine Komplikationsrate betrug bei Baauw et. al mit 33 % weniger als die dieser Studie (60 %). Für beides könnte zunächst die in beiden Studien geringe Fallzahl mit entsprechend anfälligeren Mittelwerten und Ver-hältniszahlen eine Erklärung sein. Des Weiteren liegt in Baauws Studie eine geringere Anzahl an vorangegangenen Operationen (durchschnittlich 2,25 Voroperationen) als in dieser (4,0) vor. Zusätzlich lag bei der Patientin unserer Studie, bei der aufgrund einer aseptischen Lockerung revidiert werden musste, eine bilaterale Beckendiskontinuität vor.

Eine gleichzeitig vorliegende Beckendiskontinuität beider Hüften liegt allgemein relativ selten vor, Martin et. al berichteten von 6 Patienten (5 %) unter 133

ope-4. Diskussion – Ergebnisvergleich mit der Literatur

rierten Patienten mit Beckendiskontinuität innerhalb von 14 Jahren (Martin et al.

2016). Sie schrieben gerade bilateralen instabilen Becken ein höheres Risiko für Implantatversagen und eine geringere Heilungschance der knöchernen Un-terbrechung zu. Ihre Untersuchung belief sich auf 6 Patienten (12 Hüften), die sich zweizeitigen Revisionsoperationen mit konventionellen Implantaten unter-zogen. Bei nur 1 Patient (17 %) war letztendlich eine beidseitige Heilung der Beckendiskontinuität zu erkennen (9 von 12 Implantaten (75 %) erschienen fi-nal stabil).

Durch die beidseitige Instabilität der voneinander getrennten Knochenfragmen-te ergeben sich besondere biomechanische Probleme: Wenn die eine SeiKnochenfragmen-te gerade durch eine chirurgische Versorgung stabilisiert wurde, ist die andere Seite weiterhin mobil und bedingt erneut eine Destabilisierung der zuvor fixier-ten Seite. Zudem können die biologischen Faktoren, die zu der kombiniert bila-teralen Instabilität geführt haben und häufig auf defizitären Knochen zurückzu-führen sind, auch zu einer erschwerten knöchernen Heilung prädisponieren (Martin et al. 2016).

In unserer Studie bestand bei 6 Patienten eine Beckendiskontinuität, davon bei dreien kombiniert bilateral. Von diesen dreien versagte ein Implantat durch Lo-ckerung. Um eine Aussage über den Vergleich der Versagerrate bei bilateral instabilen Becken zwischen Martins Studie und der unsrigen zu treffen, ist die Patientenfallzahl mit diesem klinischen Problem (6 und 3) jedoch zu gering.

Somit kann keine aussagekräftige Einschätzung bezüglich des Erfolgs der Be-handlung von beidseitiger Beckendiskontinuität mit patientenspezifisch angefer-tigten gegenüber konventionellen Implantaten gegeben werden.

In Bezug auf die Versorgung unilateraler Beckeninstabilität mit konventionellen Implantaten beschreiben Rogers et. al 2012 die Ergebnisse von 62 Patienten mit chronischer Beckendiskontinuität (Follow-up-Dauer: 35 Monate) (Rogers et al. 2012). Die Defekte wurden mit ilioischialen Cages (ZCA® All-Poly Acetabu-lar Cup oder Burch-Schneider) oder Cup-Cage-Konstruktionen versehen. Die Rerevisionsrate lag dabei bei 16 %, die Überlebensrate bei 86 %. Betrachtet man die Patienten unserer Studie mit Beckeninstabilität, entsprechen unsere Ergebnisse denjenigen von Rogers et. al.

Von einem höheren Wert diesbezüglich berichten Sporer et. al in ihrer Untersu-chung über 20 Patienten mit chronisch instabilem Becken, die durch eine neue

4. Diskussion – Ergebnisvergleich mit der Literatur

Technik der azetabulären Distraktion mit Trabecular-Metal-Pfannen, teilweise mit unterstützenden Tantal-Augmenten, versorgt worden waren (Sporer et al.

2012): Die Überlebensrate lag nach einer durchschnittlichen Follow-up-Dauer von 4,5 Jahren bei 95 %.

Auch in früheren Studien (damals noch ohne Distraktions-Methode) mit einer Patientenzahl von 13 bzw. 28 hatten Sporer und Paprosky hierzu ähnliche Wer-te nach der Versorgung von Paprosky-Typ-3A-DefekWer-ten bzw. 3B mit instabilem Becken erhalten (Sporer and Paprosky 2006a, 2006b).

Goodman et. al (Goodman et al. 2004) erreichten wiederum eine geringere Überlebensrate mit 76 % bei der Versorgung von 61 Hüften (davon 10 mit Be-ckendiskontinuität) mit Rekonstruktionsringen, die allgemeine Komplikationsrate lag bei 56 %.

Solch eine hohe Komplikationsrate, wie sie in vielen der genannten Studien und auch in unserer Studie auftritt, hängen mit der Komplexität der Fälle zusam-men. Die Patienten in unserer Studie hatten durchschnittlich bereits 4 ± 2,5 Voroperationen des betroffenen Hüftgelenks, und Defekte des Paprosky-Typs 3A oder B, davon in 6 Fällen mit Beckendiskontinuität assoziiert. Auch das ho-he Alter bzw. die hoho-he Komorbidität spielen eine Rolle. Beispielsweise besteht dann bei Revisionsoperationen grundsätzlich schon ein erhöhtes Risiko der Ge-fäßverletzung (Fruhwirth et al. 1997), da vermehrt weniger elastisches Narben-gewebe vorliegt, und bei Migration des Vorimplantats zusätzlich eine größere Nähe zu pfannennahen Gefäßen vorliegen kann (Katthagen, Spies, and

Bachmann 1995). Bei der Patientin, bei der es intraoperativ zur Verletzung der A. femoralis kam, lag zusätzlich noch ein durch Radiatio vorbelasteter Situs vor.

Unsere Luxationsrate von 20 % liegt im Bereich, der in der Literatur genannt wird für Revisionsoperationen ähnlicher Knochendefektstadien, gerade bei mehrfach voroperierten Hüften (Baauw et al. 2015; Friedrich et al. 2014;

Christie et al. 2001; Berry et al. 1999). Durch die Eingriffe werden die pelvitro-chantäre Muskulatur, insbesondere die Abduktoren, entweder direkt oder indi-rekt durch Verletzung des N. gluteus superior geschwächt. Ein Beispiel hierfür stellen die beiden Patienten, die zunächst eine Girdlestone-Operation erhalten hatten und beide nach Implantation des Individual-Implantats wiederholte

Luxa-4. Diskussion – Ergebnisvergleich mit der Literatur

tionen aufwiesen, dar. Auch konnte durch den begrenzten Durchmesser der Pfannenform im Beckenteilersatz nicht in allen Fällen eine speziell luxations-prophylaktische Pfanne verwendet werden, 2 der 3 postoperativ luxierten enten waren mit einer Standardpfanne versorgt gewesen. Auch das hohe Pati-entenalter könnte durch beschränktere kognitive und körperliche Fähigkeiten oder mangelnde Compliance eine Rolle bei einer hohen postoperativen Luxati-onsrate spielen.

Der Frauenanteil unserer Studie belief sich auf 87 %. Auch in der Literatur fin-det sich bei Revisionsoperationen eine oft deutlich höhere Frauenquote (Berry et al. 1999; DeBoer et al. 2007; Goodman et al. 2004; Christie et al. 2001;

Baauw et al. 2015), und wird durch eine höhere Osteoporoserate und die höhe-re Lebenserwartung begründet. Auch alle 6 Patienten dieser Studie mit Be-ckendiskontinuität waren weiblich. Diese Korrelation deckt sich mit Berrys Er-kenntnis, dass Frauen ein signifikant höheres Risiko für Beckendiskontinuität aufweisen (Berry et al. 1999).

Die Literatur berichtet von einer generellen Verringerung der Operationszeit bei Nutzung von 3D-Druck-Verfahren (Martelli et al. 2016). Speziell bei Hüftrevisi-onsoperationen mit 3D-gedruckten Implantaten finden sich Zeiten von 2 Std.

58 min. (Berasi et al. 2015) über 3 Std. 30 min. (Joshi, Lee, and Christensen 2002; Friedrich et al. 2014) bis zu 5 Std. (DeBoer et al. 2007). Unser Wert ist mit 2 Std. 49 min. demnach in der Literatur der niedrigste. Da die Veröffentli-chungen in Bezug auf die Operationszeit nicht weiter ins Detail gehen, gestaltet sich eine Erklärung hierfür schwieriger. Auffällig und demnach wahrscheinlich ist eine höhere Anzahl an zeitgleichem Schaftkomponenten-Wechsel mit 44 – 100 % (Friedrich et al. 2014; DeBoer et al. 2007; Joshi, Lee, and Christensen 2002). Auch eine unterschiedliche Erfahrung bzw. Routine der Operateure bei Hüftrevisionen mit individuellen Beckenteilersätzen wäre denkbar. Weitere mögliche Einflüsse sind eine unterschiedliche Anzahl an Voroperationen und schwerwiegendere Azetabulum-Defekte (DeBoer et al. 2007; Friedrich et al.

2014) oder ein hohes Alter der Patienten zum Operationszeitpunkt (Friedrich et al. 2014; Joshi, Lee, and Christensen 2002). Die Dauer der Operation und ein zusätzlicher Schaftwechsel (Blutungen aus Markhöhle) korrelieren mit dem

4. Diskussion – Ergebnisvergleich mit der Literatur

Blutverlust, der zwischen 696 ml (Berasi et al. 2015) und 2200 ml (Joshi, Lee, and Christensen 2002) variiert. Dabei muss bedacht werden, dass es sich bei diesem um einen geschätzten, und meist unterschätzten (Meiser et al. 2001), Wert handelt, da von Kompressen oder Bauchtüchern aufgefangenes Blut nicht exakt gemessen wird.

Diese Beobachtungen der Korrelation von Operationszeit und Schaftwechsel werden in der Studie von Berasi et. al (Berasi et al. 2015) bestätigt: Er maß ei-ne Operationszeit von 2 Std. 58 min., was der unsrigen in etwa entspricht, und nur einmal (4 %) wurde zeitgleich – so wie auch bei uns nur in zwei Fällen (13 %) – zusätzlich ein Schaftwechsel vorgenommen.

Gerade ältere, multimorbide Patienten, wie sie bei solchen Revisionsoperatio-nen zumeist vorliegen, profitieren von einer geringeren Narkosedauer und ei-nem geringeren Blutverlust, da das kardiopulmonale System weniger stark be-lastet wird, so dass die allgemeine Komplikationsrate verringert werden kann.

Über die Zeitspanne des Prozesses zwischen CT-Aufnahme- bzw. Eingang der Datensatz-CD-ROM bei der Implantat-herstellenden Firma und dem Operati-onsdatum berichten die Veröffentlichungen wenig. Es ließen sich keine erhobe-nen Daten diesbezüglich finden, lediglich verallgemeinernde Sätze, die anmer-ken, dass dieser Prozess „generell einige Wochen“ (Christie et al. 2001;

DeBoer et al. 2007), „ungefähr 1 Monat“ (Taunton et al. 2012; Colen et al. 2013;

Kieser et al. 2018) bzw. „4-6 Wochen“ (Friedrich et al. 2014) oder „häufig 4-8 Wochen“ (Goodman and Engh 2016) bzw. „ungefähr 2 Monate“ (bei einem Pa-tienten mit Beckentumorresektion) (Wong et al. 2015) dauern könne.

Unsere demgegenüber weitaus größere Zeitspanne von 142 (±121) Tagen lässt sich schwer erklären. Überlegungen über die Ursachen wären: ungenaue

Schätzungen der Veröffentlichungen, verschiedene Implantat-herstellende Fir-men mit unterschiedlich schnell ablaufenden Arbeitsprozessen, oder dass in unserer Studie im Gegensatz zu den anderen Untersuchungen in den Zeit-spannen überdurchschnittlich viele arbeitsfreie Feiertage lagen, die Patienten keinen früheren Operationstermin wahrnehmen konnten (Urlaub, krankheitsbe-dingte Verzögerungen), oder es überdurchschnittlich häufig wiederholte Ände-rungswünsche der Operateure gab.

4. Diskussion – Ergebnisvergleich mit der Literatur

Zwischen dem Body-Maß-Index und der Operationszeit oder dem funktionellen Outcome konnte in unserer Studie kein Zusammenhang gefunden werden. Ein hoher BMI fordert das Operationsteam zwar zusätzlich, ist jedoch als Risikofak-tor für das Ergebnis nicht eindeutig nachgewiesen. Eine Überlegung besteht darin, dass zwar auf der einen Seite ein erhöhter Verschleiß des Implantats durch die höhere Belastung besteht, dieser aber auf der anderen Seite ausge-glichen wird durch eine allgemein verringerte Aktivität des Patienten.

Da unsere Stichprobe zu einem Großteil aus Frauen bestand, wurde keine Un-terteilung der klinischen und psychometrischen Ergebnisse nach Geschlecht vorgenommen. Die unterschiedliche Stichprobengröße zwischen männlichen und weiblichen Patienten hätte etwaige Ergebnisse deutlich verzerrt, die dem-zufolge nicht aussagekräftig gewesen wären.

Zwar gibt es einige Überschneidungen bei den Fragen der verschiedenen Fra-gebögen, vor allem des HHS und OHS, was eine etwas höhere Belastung für die Patienten bedeutete, die jedoch – in Anbetracht der dadurch entstehenden Vorteile – als hinnehmbar betrachtet wurden. So ließen sich beispielsweise un-sere Ergebnisse mit einer höheren Anzahl an Studien vergleichen, die nur ei-nen der von uns verwendeten Fragebögen verwendet hatten. Des Weiteren steigt die Validität von subjektiven Angaben der Patienten, wenn diese wieder-holt (gegebenenfalls sogar an unterschiedlichen Tagen) auf dieselben Fragen mit der gleichen Antwort aufwarten, eine Taktik, die beim Design von Fragebö-gen häufig für diesen Zweck verwendet wird. Eine Vergleichsstudie zwischen HHS und OHS von 2005 wies einen Korrelations-Koeffizienten nach Spearman von rs = 0.7, p < 0.001 (Kalairajah et al. 2005) auf.

Somit korrelierten die Ergebnisse des HHS und des OHS auch in unserer Stu-die wie erwartet miteinander. Dies ist ein weiterer Beleg dafür, dass es sich so-wohl beim HHS als auch beim OHS um valide Fragebögen handelt, mit der die Gesundheit und die Funktion eines Hüftgelenks nach der OP eines solchen gut erfasst werden kann. Des Weiteren zeigt es, dass die Compliance unserer Pa-tienten, was das gewissenhafte Ausfüllen der Fragebögen anbelangt, hoch war.

In sechs der Vergleichsstudien (Christie et al. 2001; Holt and Dennis 2004;

DeBoer et al. 2007; Wind, Swank, and Sorger 2013; Friedrich et al. 2014;

Berasi et al. 2015) finden sich präoperative HHS-Werte, die von 28-42 (Median:

4. Diskussion – Ergebnisvergleich mit der Literatur

39) reichten, postoperative HHS-Werte von 63-82 (Median: 78) und Differenzen zwischen prä- und postoperativ von 23-49 (Median: 39). Beeinflussende Fakto-ren wurden bereits diskutiert (unterschiedliche Follow-up-Dauer, Patientenalter, Ausmaß präop. Defektsituationen etc.). Auffällig ist hier somit, dass zwar so-wohl der in unserer Studie erreichte präoperative (25 Punkte) als auch der postoperative Mittelwert (64 Punkte) nahezu den niedrigsten Wert in der Ver-gleichsliteratur darstellt, doch der Differenzwert (39 Punkte) sich wiederum deutlich innerhalb der entsprechenden Spanne befindet. Die relative Verbesse-rung entspricht demnach der in der Literatur berichteten.

Nur eine Untersuchung verwendete den OHS: Kieser et. al verfolgten den Ver-lauf von 46 mit einem 3D-gedruckten azetabulären Implantat versorgten Patien-ten über eine Follow-up-Dauer von 38 MonaPatien-ten hinweg. Der OHS verbesserte sich hier von präoperativ 17 auf postoperativ 48 Punkten, der HHS wurde nur postoperativ, mit durchschnittlich 79 Punkten erhoben.

In Bezug auf die Beurteilung des Gesundheitszustandes weichen die patien-teneigene und die von medizinischem Fachpersonal befundene teils erheblich voneinander ab (Lieberman et al. 1996). Lieberman et. al wiesen aus diesem Grund auf die Wichtigkeit einer zusätzlichen, patientenbezogenen Untersu-chungsmethode hin. Der für diesen Zweck von uns gewählte SF-36 Fragebo-gen hat sich in dieser Hinsicht und auch in Verbindung mit der Hüfttotalendop-rothetik bereits bewährt (Nilsdotter et al. 2003).

Die Unterschiede zwischen den SF-36-Werten der Normpopulation und den Ergebnissen dieser Studie können wie folgt erklärt werden: Ein im Vergleich zur Normpopulation niedriger Wert sowohl bei „Körperlicher Funktion“ als auch

„Körperlicher Rollenfunktion“ (physische Summenskala) ist vor dem Hintergrund verständlich und nachvollziehbar, dass es sich bei der Stichprobe unserer Stu-die um Patienten handelt, Stu-die körperlich vorbelastet sind. Der erhöhte Wert bei der Veränderung der Gesundheit lässt sich ebenfalls durch die Operation am Hüftgelenk erklären. Es ist wahrscheinlich, dass sich bei den Patienten dieser Studie die Gesundheit durch die Operation in der darauffolgenden Zeit stärker verbesserte (sei es denn auch nur relativ) als bei einer gesunden Normpopula-tion, bei der kein Eingriff in der nahen Vergangenheit stattgefunden hatte. Dies deutet zusätzlich darauf hin, dass der Einsatz eines patientenspezifischen

Be-4. Diskussion – Vor- und Nachteile des individuell angefertigten Beckenteilersatzes

ckenteilersatzes eines seiner Ziele zu erreichen scheint, nämlich die Gesund-heit und das allgemeine Wohlbefinden des Patienten zu verbessern.

4.3 Vor- und Nachteile des individuell angefertigten