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Die Gründe für einen künstlichen Hüftgelenksersatz sind vielfältig: Bleiben kon-servative Behandlungsansätze bei Koxarthrose, hüftnahen Frakturen, asepti-scher Femurkopfnekrose, Dysplasien oder Erkrankungen des Hüftgelenks wie beispielweise Osteoporose, Osteomyelitis oder Tumor (The Swedish Hip Arthroplasty Register 2016) erfolglos und bestehen Schmerzen und Bewe-gungseinschränkungen, kann ein chirurgischer Eingriff in Form einer Hüftpro-thesenimplantation erfolgen. Da eine drohende Invalidität eine große Ein-schränkung für Patienten bedeutet, die Lebenserwartung und die Erwartungen in die heutigen Möglichkeiten der Medizin im Allgemeinen gestiegen sind, ist auch der Bereich der Orthopädie und im Besonderen die Hüftendoprothetik von der rasanten Entwicklung nicht verschont geblieben (Kurtz et al. 2007). Die Möglichkeiten einer chirurgischen Behandlung von Hüftgelenkserkrankungen haben sich stark weiterentwickelt: Die Implantation von Hüftgelenksendopro-thesen stellt mit aktuell ungefähr 233.500 pro Jahr in Deutschland die häufigste gelenkersetzende Operation dar (Statistisches Bundesamt 2018).

Doch durch diese modernen Möglichkeiten und den damit verbundenen hohen Erwartungen, ergeben sich gepaart mit dem demographischen Wandel, neue Probleme. War früher noch ein bestmögliches Ergebnis der Primärimplantation das Hauptanliegen, rücken heutzutage zunehmend auch Prothesenwechsel-Operationen in den Fokus. Trotz verbesserter Standzeiten durch optimierte Im-plantate und Operationstechniken nimmt die Häufigkeit dieser sogenannten Revisionsoperationen stetig zu: Sie ist von 2005 bis 2016 von 30.658 auf 35.464, was ca. 16% entspricht, angestiegen (Statistisches Bundesamt 2018).

Die häufigste Ursache für eine Revisionsoperation ist mit etwa 75% die asepti-sche Prothesenlockerung. Darauf folgen die septiasepti-sche Prothesenlockerung (8%), die tiefe Infektion ohne Lockerung, periprothetische Frakturen, senmaterialbrüche, wiederholte Luxationen, Fehlpositionierung der

Prothe-1. Einleitung – Allgemeiner Überblick

senkomponenten (u.a. Weichteilirritation), Schmerzen oder Allergien gegen das Prothesenmaterial (Malchau et al. 2002).

Dabei geht aus dem gut ausgebauten – und dem deutschen Endoprothesenre-gister (EPRD) als Vorbild dienenden – Schwedischen HüftprothesenreEndoprothesenre-gister hervor, dass am häufigsten beide Prothesenkomponenten gewechselt werden und am seltensten ein isolierter Wechsel des Schafts stattfindet (The Swedish Hip Arthroplasty Register 2016). Somit stellt die Pfanne, bzw. der azetabuläre Defekt, das größere Problem dar.

Das Azetabulum wird auch als Hüft(gelenks)-/Beckenpfanne bezeichnet und ist der vom Becken gebildete knöcherne Anteil des Hüftgelenks, bestehend aus Anteilen des Os ilium, Os ischii und Os pubis.

Der Verlust eines Primärimplantats geht häufig auch mit Knochensubstanzver-lust einher, der durch mechanische Überbelastung, abriebinduzierte Osteolyse, durch Prothesenwanderung oder während der Operation bei der Entfernung der Prothese entstehen kann (Rubash et al. 1998). Diese Situation stellt den Ope-rateur dann vor eine Herausforderung. Mit der azetabulären Rekonstruktion muss eine Wiederherstellung des anatomischen Pfannenlagers erreicht wer-den, um eine dauerhafte, stabile Fixierung eines Revisionsimplantats bewirken zu können. Mit dieser Kombination aus Rekonstruktion des Prothesenlagers und Wahl eines geeigneten Revisionsimplantats kann schließlich das Festlegen eines physiologischen Hüftrotationszentrums, der Gelenkbiomechanik und eine Beinlängenangleichung erfolgen (Garbuz et al. 1996).

Wie mit dem azetabulären Knochendefekt umgegangen wird hat einen wichti-gen Einfluss darauf. Zum Auffüllen des Knochendefekts gibt es Lösunwichti-gen mit Metall oder mit Knochen. Beim metallischen Auffüllen mit Augmenten besteht das Problem, dass bei einer erneuten Pfannenlockerung mit einer weiteren Zu-nahme der Defektgröße zu rechnen ist. Bei der Verwendung autogenen Kno-chens liegen die Nachteile einerseits bei den Komplikationen bei der Transplan-tat-Entnahme und andererseits bei einer begrenzten Verfügbarkeit, wodurch sich diese Art des Knochengewinns nur für das Auffüllen kleiner Defekte eignet.

Bei allogenem Material schränken eine aufwändige und teure Gewinnung und Lagerung den Gebrauch ein. Dennoch sollte in Hinblick auf weitere, folgende

1. Einleitung – Allgemeiner Überblick

Revisionen wenn möglich eine ossäre Defektaugmentation vorgezogen werden (Gravius et al. 2009).

Luxationen sind in der Hüftendoprothetik ein Problem, welches vor allem bei mehrfach voroperierten oder revidierten Hüften auftritt. Die Luxationshäufigkeit von primären Hüfttotalendoprothesen variiert in der Literatur zwischen 0,4 und 3,9% (Bourne and Mehin 2004; Zahar, Rastogi, and Kendoff 2013; Joshi et al.

1998). Bei mehrfach revidierten liegt die Häufigkeit sogar noch weitaus höher, die Literatur berichtet von bis zu 26 % (Williams, Gottesman, and Mallory 1982;

Fraser and Wroblewski 1981; Grigoris, Grecula, and Amstutz 1994).

Risikofaktoren für rezidivierende Luxationen können bspw. eine deplatzierte oder zu steile Pfannenposition, eine ungünstige Prothesenkopfgröße, geringer femoraler Offset oder schlechte Weichteil- mit daraus resultierenden verringer-ten Spannungsverhältnissen sein (Sanchez-Sotelo and Berry 2001). Die Luxa-tion tritt meist früh, bis 5 Wochen postoperativ, auf (Williams, Gottesman, and Mallory 1982; Garcia-Cimbrelo and Munuera 1992; Coventry et al. 1974). Je mehr Voroperationen vorliegen und je ausgedehnter der Defekt, desto an-spruchsvoller wird eine Luxationsprophylaxe.

Zwar gibt es entsprechend der Ausdehnung des Knochenverlusts bereits ver-schiedene Lösungen, wie zum Beispiel das Bilden eines hohen Hüftzentrums (Jerosch et al. 1997), oder das Nutzen von Jumbo cups (Patel et al. 2003) oder längsovaler Pfannenkomponenten (Civinini et al. 2007), Cages oder Pfannen-Cage-Konstruktionen (z.B. Stützringe) (Perka and Ludwig 2001; Rogers et al.

2012), nach Bedarf ergänzt durch strukturelle Allografts oder metallische Aug-mente, oder auch modernere patientenspezifische triflange cups (Berasi et al.

2015; Christie et al. 2001). Doch konnte bisher keiner dieser Ansätze zuverläs-sig zu einem befriedigenden Ergebnis führen, die vielfältigen Versorgungsmög-lichkeiten reflektieren die Schwierigkeit der Behandlung solcher Verhältnisse.

Ein ausgedehnter azetabulärer Defekt, vor allem bei ein- oder gar beidseitiger Unterbrechung der Beckenkontinuität (superior/inferiore oder anterior/posteriore Trennung des Hemipelvis durch die azetabulären Pfeiler), stellt immer noch ein großes Problem dar (Berry et al. 2016; Goodman and Engh 2016).

1. Einleitung – Klassifikation azetabulärer Defekte

In dieser Arbeit soll deswegen ein weiterer Ansatz, ein patientenspezifischer, 3D-gedruckter Beckenteilersatz, anhand der Nachuntersuchungsergebnisse an fünfzehn damit versorgten Patienten untersucht werden.