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2. Literaturübersicht

2.1 Pododermatitis bei Meerschweinchen

Studien bzw. Originalarbeiten zur Pododermatitis der Meerschweinchen sind im zu-gänglichen Schrifttum nicht zu finden. In der Literatur werden jedoch in mehreren Fachbüchern verschiedene Ursachen für das Auftreten von Ballenentzündungen (Pododermatiden) und Ballenabszessen bei Meerschweinchen diskutiert: Einige Au-toren sind der Ansicht, dass Ballenentzündungen und Ballenabszesse meist bei übergewichtigen Tieren auftreten (ANDERSON 1987; QUESENBERRY u.

CARPENTER 2004; WASEL 2008). Nach ANDERSON (1987) sind überwiegend tra-gende Meerschweinchen betroffen. BERGHOFF (2003) und WASEL (2008) zufolge sollte das Gewicht des ausgewachsenen Meerschweinchens 700 bis 1800 g be-tragen, wobei das Durchschnittsgewicht der männlichen Tiere bei ungefähr 1000 g, das der weiblichen Tiere bei 850 g liegt.

Als weitere prädisponierende Ursache wird eine unsachgemäße Haltung diskutiert (GÖBEL u. EWRINGMANN 2005; WILKINSON u. HARVEY 1996): Zu harter Boden (WILKINSON u. HARVEY 1996) sowie Drahtboden (FEHR 1992; QUESENBERRY 1994; WASEL 2008), feuchte oder unzureichende Einstreu (HAMEL 1990;

WILKINSON u. HARVEY 1996) und mangelhafte Bewegungsmöglichkeit (GÖBEL u.

EWRINGMANN 2005; HAMEL 1990; WASEL 2008) sollen das Auftreten von Ballen-entzündungen und Ballenabszessen fördern. Nach ISENBÜGEL u. FRANK (1985) eignen sich für die Unterbringung von Meerschweinchen die verschiedensten Stall- und Gehegeformen, wobei sich für die Privathaltung besonders gut leicht zu reini-gende Käfige mit Plastikschubladen oder Wannen eignen. Der Käfigboden sollte aus einem festen Untergrund bestehen; werden die Meerschweinchen auf Drahtböden gehalten, sollte den Tieren zumindest in einer Ecke durchgängiger Boden zur Verfü-gung stehen (QUESENBERRY 1994). Das Einstreumaterial sollte trocken, saug-fähig, staubfrei und frei von infektiösen Stoffen oder Schadstoffen sowie von Unge-ziefer sein. Es können sowohl Hobelspäne als auch Stroh, Heu oder zerrissenes

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pier verwendet werden (BERGHOFF 2003; WASEL 2008). Die Einstreuschicht sollte, um für eine ausreichende Polsterung des Bodens zu sorgen, mindestens vier cm dick sein, da ansonsten die Gefahr von Ballengeschwüren besteht (QUESENBERRY 1994; WASEL 2008). Da Meerschweinchen sehr viel Urin absetzen, ist eine häufige - mindestens jedoch einmal wöchentliche- Erneuerung der Einstreu erforderlich (WASEL 2008). Werden die Meerschweinchen auf Drahtböden gehalten, sollte ein Draht mit einer rechteckigen Maschengröße von 1,25 x 3,5 cm verwendet werden (BEYNON u. COOPER 1997). Bei der Haltung auf durchlochten Böden ist als Ein-streu in der Kotwanne ein wasserbindendes, die Ammoniakbildung verhinderndes und je nach Art auch deodorierendes Gesteinsgranulat empfehlenswert. Hierzu kann z.B. Katzenstreu genommen werden (HOLLMANN 1987, 1988). HOLLMANN (1988) empfiehlt eine Reinigung der Kotwanne im Turnus von drei Tagen.

Weiterhin wird angenommen, dass ein Mangel an essentiellen Fettsäuren und Ami-nosäuren sowie Vitaminen bei der Entstehung von Ballenentzündungen und Ballen-abszessen eine entscheidende Rolle spielt (HAMEL 1990; WASEL 2008). Nach QUESENBERRY (1994) sind Meerschweinchen, die an Vitamin C Mangel leiden, unwillig, sich zu bewegen, und es kommt damit zu einem erhöhten Druck auf die Pfo-ten. Außerdem kann die Ulzeration durch die Immunsuppression weiter fortschreiPfo-ten.

BERGHOFF (2003) und WASEL (2008) zufolge sollte die Nahrung mindestens 15 % Rohfaser, 18 % Rohprotein und 4 % Fett enthalten. Als Kraftfutter eignen sich kom-merziell erhältliche Pellets, die mit Grünfutter ergänzt werden sollten (BERGHOFF 2003; BEYNON u. COOPER 1997). Ein ausgewachsenes Tier benötigt täglich 10 bis 20 g Kraftfutter und 40 bis 70 g Saftfutter, bei Pellet- Alleinfutter 20 bis 60 g (ISENBÜGEL u. FRANK 1985). Heu sollte als Grundnahrungsmittel ad libitum zur Verfügung gestellt werden (BERGHOFF 2003). Da Meerschweinchen im Verlauf der Evolution der intermediäre Synthesemechanismus für Vitamin C verloren gegangen ist, müssen täglich mindestens 10 mg/ kg Körpermasse Vitamin C zugeführt werden.

Bei tragenden Tieren sollte die Zufuhr auf 30 mg/ kg Körpermasse täglich erhöht werden (BERGHOFF 2003; WASEL 2008). Ihren Vitamin B Bedarf decken die Meer-schweinchen durch Koprophagie von Blinddarmkot (BERGHOFF 2003; ISENBÜGEL u. FRANK 1985). Dieser Vorgang, auch als Caecotrophie bezeichnet, ist für

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schweinchen lebensnotwendig (HAMEL 2002). Frisches Wasser sollte ad libitum zur Verfügung stehen und täglich erneuert werden (HOLLMANN 1988). Der Wasserver-brauch eines erwachsenen Tieres liegt bei etwa 40 bis 180 ml täglich (KAMPHUES et al. 1999).

2.1.2 Klinisches Bild

Aus einer Hyperkeratose, die beim Meerschweinchen meist an den Vorderglied-maßen auftritt, kann sich sekundär eine Pododermatitis entwickeln (FEHR 1992). Im Anfangsstadium der Pododermatiden findet man eine dünne rötliche Haut (HAMEL 1990; ISENBÜGEL u. FRANK 1985), die Pfoten sind meist geschwollen (QUESENBERRY 1994). Im weiteren Verlauf können sich ulzerierte Massen mit ei-nem Durchmesser von bis zu drei cm bilden (ANDERSON 1987). Aufgrund des sehr schmerzhaften Erkrankungsbildes verlagern die Meerschweinchen ihr Gewicht auf die Hinterpfoten bzw. bewegen sich so wenig wie möglich (ANDERSON 1987).

Ballenabszesse bilden sich meist in Folge von Ballenentzündungen (BERGHOFF 2003). Dazu kommt es, wenn die Symptome der Ballenentzündung durch eine Sekundärinfektion kompliziert werden (HAMEL 1990; WILKINSON u. HARVEY 1996). Über kleinste Verletzungen können Erreger in die Wunde gelangen und zur Abszessbildung führen. Meist kommt es zu Infektionen mit Staphylokokken (QUESENBERRY 1994; WASEL 2008), oft Staphylococcus aureus (GÖBEL u.

EWRINGMANN 2005; SEBESTENY 1976) oder Streptokokken (HAMEL 1990;

WASEL 2008), wobei Infektionen mit Streptococcus zooepidemicus zu ausgeprägter Abszedierung führen können (BEYNON u. COOPER 1997).

Bei der chronischen Form der Pododermatitis bilden sich durch Bindegewebs-proliferation geschwulstartige fibröse Granulome aus (HAMEL 1990).

Die Infektion kann sich in fortgeschrittenen Fällen der Pododermatitis auf Sehnen und Knochen ausdehnen (QUESENBERRY u. CARPENTER 2004), röntgenologisch lassen sich nach FEHR (1992) periostale Reaktionen, Destruktion des Knochens bzw. eine Oseomyelitis darstellen. Nach ANDERSON (1987) kann es ebenfalls zu Amyloidosen in Nieren, Leber, Milz und Nebennieren kommen.

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2.1.3 Bekämpfung

Die Therapie ist in jedem Fall sehr langwierig (BERGHOFF 2003) und es müssen unbedingt sowohl die auslösenden Ursachen als auch die Haltungs- und Fütterungs-fehler beseitigt werden: Die Käfige müssen sauber und trocken gehalten werden, als Einstreu sollten Piniennadeln oder klein gerissenes Papier verwendet werden (HAMEL 1990; QUESENBERRY 1994). Nach QUESENBERRY (1994) sowie QUESENBERRY und CARPENTER (2004) muss Vitamin C zugefüttert werden.

Liegt eine Hyperkeratose der Ballen vor, sollte die Verhornung mit Feile bzw. Schere entfernt werden (FEHR 1992). Bei Ballenentzündungen wird die lokale Applikation einer antibiotikahaltigen Salbe mit oder ohne Zusatz von Kortikosteroiden, eines Pu-ders oder eines Reinigungsmittels (z.B. Dermisol® von Pfizer) empfohlen (ANDERSON 1987; BEYNON u. COOPER 1997). Ist der Gesundheitszustand an-sonsten gut, sollte möglichst auf die systemische Applikation von Antibiotika verzich-tet werden (BEYNON u. COOPER 1997). Müssen Antibiotika verabreicht werden, sollte dies nur nach mikrobiologischen Untersuchungen von Tupferproben der ulze-rierten Wunden erfolgen, da die beteiligten Keime oft weitreichende Resistenzen aufweisen (GÖBEL u. EWRINGMANN 2005). BERGHOFF (2003) empfiehlt tägliche Verbandswechsel mit Zink- Lebertransalbe über einen langen Zeitraum. Sind bereits Ballenabszesse zu beobachten, ist es wichtig, diese chirurgisch versorgen zu lassen (QUESENBERRY u. CARPENTER 2004; WASEL 2008). Der Abszess muss gespal-ten und die Abszesshöhle sorgfältig gereinigt werden. Dies geschieht zweckmäßi-gerweise in Sedation des Tieres (QUESENBERRY 1994; QUESENBERRY u.

CARPENTER 2004).

Die Behandlung fibröser Granulome ist schwierig. Eine chirurgische Versorgung bringt wegen der schlechten Heilungstendenz im Ballenbereich nicht immer den ge-wünschten Erfolg. Werden die Granulome herausgeschält, sollte auch hier die nach-folgende Wundbehandlung und Heilung durch Pfotenverbände unterstützt werden (HAMEL 1990).

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2.1.4 Prognose

Die Prognose bei Ballenabszessen variiert von vorsichtig (QUESENBERRY u.

CARPENTER 2004), bis ungünstig (WASEL 2008), da im Ballenbereich eine sehr schlechte Heilungstendenz besteht (ISENBÜGEL u. FRANK 1985); dies gilt insbe-sondere, wenn es bereits zu einer ausgeprägten Schwellung des Ballens gekommen ist (BEYNON u. COOPER 1997).

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