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Plädoyer für einen akteurszentrierten Ansatz

2. INTERNATIONALER WANDEL UND GESELLSCHAFTLICHE TRANSFORMATION

2.3 E NTWICKLUNG EINES A NALYSEDESIGNS

2.3.2 Plädoyer für einen akteurszentrierten Ansatz

Wie läßt sich nun die Prager Deutschlandpolitik der Zeit von 1989 bis 1997 in diesem Versöhnungsmo-dell verorten? Entsprechend der dargestellten Phasen liegt der Schwerpunkt des Annäherungsprozesses zu Beginn im außenpolitischen Bereich, d.h. der rechtlichen Regelung der offenen historischen Fragen sowie der innenpolitischen Vermittlung dieser außenpolitischen Annäherung. Das Ende des Kalten Krieges eröffnete erstmals die Möglichkeit für den Beginn einer solchen Annäherung zwischen Tschechen und Deutschen, und mit dem Ziel der Westintegration wurde die Annäherung an den deutschen Nachbarn zum integralen Bestandteil der Prager Deutschlandpolitik. Entsprechend dem Versöhnungsmodell und unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Untersuchung die ersten sieben Jahre dieses Prozesses umfaßt, muß sich die Analyse vor allem auf die politischen Akteure konzentrieren, um Aufschluß über den dyna-mischen Verlauf der tschechoslowakischen bzw. tschechischen Deutschlandpolitik zu erhalten.

Die Entscheidung für einen akteurszentrierten Ansatz bedeutet, daß Außenpolitik als aktives außen-politisches Handeln unterschiedlicher internationaler und nationaler Akteure verstanden wird, so daß internationale Entwicklungen als Ergebnis von Interaktionen internationaler, innerstaatlicher kollektiver oder individueller Akteure erklärt werden können. Im Gegensatz dazu fassen strukturorientierte Ansätze die außenpolitische Prozesse als Funktionen internationaler und nationaler Strukturveränderungen auf, auf welche die nationalen Systeme durch systemische und strukturelle Anpassungen reagieren können.85

Allgemein wird der Einfluß politischer Akteure in der Außenpolitikforschung kritisch beurteilt: „Na-mes and faces may change, policies and interests do not.“86 Außenpolitisches Handeln sei vielmehr durch den internationalen Kontext, das bürokratische Umfeld und innerstaatliche Interessen bedingt.87 Diesel-ben Kritiker räumen dem Akteursansatz jedoch unter bestimmten Bedingungen eine Berechtigung ein:

Erstens, wenn die außenpolitischen Akteure eine außergewöhnliche Definitionsmacht über die internatio-nale Situation besitzen. Eine solche Situation entsteht z.B. wie im vorliegenden Fall bei der Auflösung von internationalen Bündnissen und Blockstrukturen. Die politischen Akteure können dann bei der Ein-schätzung der internationalen Situation nicht auf erprobte Deutungs- und Handlungsmuster zurückgreifen, sondern müssen diese grundsätzlich neu definieren. Zweitens, wenn die außenpolitischen Akteure eine ungewöhnliche Entscheidungsmacht besitzen, d.h. der Entscheidungsprozeß durch diese dominiert wird,

84 Zur dieser Entwicklung in Polen vgl. Wolff-Poweska, Anna: Polen – 50 Jahre danach, in: Osteuropa, 45. Jg., Heft 5, 1995, S. 427-444.

85 Vgl. zur Debatte von Akteurs- und Strukturansätzen in den Theorien der Internationalen Beziehungen: Wendt, Alexander: The Agent-Structure Problem in International Relation Theorie, in: International Organization, Vol.

41, No. 3, 1987, S. 335-70.

86 Holsti, Ole R.: Foreign policy decision-makers viewed psychologically: a sketchy survey of „cognitive process approaches, Vortrag bei der „Conference on the Success and Failures of Scientific International Relations Re-search, California, 35-28 June 1973, zitiert in Hermann, M. G. 1978: Effects of Personal characteristics of Politi-cal Leaders on Foreign Policy, in East M.A./Salmore, S.A./ Hermann, C.F. (eds.): Why Nations Act. TheoretiPoliti-cal Perspectives for Comparative Foreign Policy Studies, Beverly Hills 1978, S. 49.

87 East Maurice A./Salmore, Stephen A./Hermann, Charles F. (eds.): Why Nations Act. Theoretical Perspectives for Comparative Foreign Policy Studies, Beverly Hills 1978.

da der bürokratische Apparat nicht erst eingeschaltet wird, weil er beispielsweise in Krisensituationen zu langsam agiert, oder weil er nur schwach entwickelt ist. Drittens, wenn die außenpolitischen Akteure einen großen innenpolitischen Spielraum genießen, da ihnen entweder großes Vertrauen entgegenge-bracht wird, wie beispielsweise nach erfolgreichen Wahlen, oder gegenläufige gesellschaftliche Kräfte nur schwach entwickelt sind.88

Die Situation kurz nach einem Regimewechsel entspricht in vielerlei Hinsicht denjenigen Bedingun-gen, die eine Fokussierung der Untersuchung auf einzelne außenpolitische Protagonisten nicht nur er-laubt, sondern regelrecht notwendig macht: Erstens erforderte das Ende der Bipolarität von den außenpo-litischen Eliten in Ost und West eine außenpolitische Neuorientierung und die Entwicklung neuer Strate-gien, bei denen sie sich weder an bewährten Erfahrungen noch an konventionellen Wertvorstellungen orientieren konnten. Zweitens war in diesen Phasen das operative Umfeld der mittel- und osteuropäischen Außenpolitiker nur eingeschränkt funktionstüchtig. Durch jahrzehntelange außenpolitische Unterordnung unter die sowjetische Hegemonialpolitik existierten hier nur in begrenztem Maße personelle und institu-tionelle Ressourcen und Expertenwissen. Drittens erfreute sich die neue politische Elite einer großen Popularität in der Bevölkerung. Diese Zustimmung hatte ihren Ursprung in der Rolle der neuen politi-schen Akteure als ehemalige Oppositionelle oder Regimekritiker. Selbst als dieser Vertrauensvorschuß später erodierte, verstellten die Probleme des Transformationsalltages zumeist noch immer den Blick auf außenpolitische Belange. Die Teilung der Tschechoslowakei am Ende des Jahres 1992 hat diese Situation des Neuanfangs sogar ein weiteres Mal verlängert. Wenn auch unter veränderten außen- und innenpoliti-schen Bedingungen, die außenpolitische Elite sah sich zu Beginn des Jahres 1993 erneut mit einer relativ großen Definitionsmacht ausgestattet.

Die Wahl eines akteurszentrierten Ansatzes wird auch durch die bisherigen Ergebnisse der Transfor-mationsforschung unterstützt. Innerhalb der größtenteils innergesellschaftlich ausgerichteten Forschung hat sich mit den Umbrüchen in Mittel- und Osteuropa eine Verschiebung der meta-theoretischen Konzep-tionen manifestiert. Nachdem in den sechziger Jahren funktionalistische und strukturalistische Theorien die Untersuchungen zu den gesellschaftlichen Transformationen anführten89, erfreuen sich in der jüngeren Transformationsforschung vor allem akteursorientierte Ansätze einer Konjunktur. Für den Demokratisie-rungsprozeß in Mittel- und Osteuropa wird die Fokussierung auf die politischen Akteure vor allem mit dem „institutionellen Vakuum“, das die unmittelbare Umbruchssituation kennzeichnet, begründet.90 Die sich bildenden Strukturen und Institutionen erscheinen als zu „blaß“ und von geringer politischer Rele-vanz.91 Im Ergebnis dieser Diskussion wird die Untersuchung der Prager Deutschlandpolitik von folgen-der These geleitet:

Hypothese 1: „Die tschechoslowakischen und tschechischen außenpolitischen Akteure haben dem nach-barschaftlichen Annäherungsprozess gegenüber der Bundesrepublik Deutschland eine ei-gene Kontur gegeben und damit eine gänzlich neue Dynamik hervorgebracht.“

Wie ist dieser akteursorientierte Ansatz für die Untersuchung der Prager Deutschlandpolitik in der Zeit von 1990 bis 1997 zu operationalisieren? Die Akteursansätze der Transformationsforschung, denen nach Einschätzung von Merkel/Sandschneider/Segert nach der unmittelbaren Umbruchsphase eine höhere Erklärungskraft zukommt als institutionellen und strukturellen Ansätze, beziehen sich zumeist auf die

88 M. Hermann (1978: 51f.)

89 Lipset, Seymore Martin: Some Social Requisites of Democracy: Economic Development and Political Legiti-macy, in American Political Science Review, No. 53, 1959; wiederabgedruckt in: ders.: Political Man, Baltimore 1980, S. 459-476. Vgl. auch: Zapf, Wolfgang (Hg.): Theorien des sozialen Wandels, Köln u.a. 1969.

90 Merkel, Wolfgang/Sandschneider, Eberhard/Segert, Dieter: Einleitung. Die Institutionalisierung der Demokratie, in: dies. (Hg.): Systemwechsel 2: Die Institutionalisierung der Demokratie, Opladen 1996, S. 11f..

91 Schwanitz, Simone: Transformationsforschung: Area Studie versus Politikwissenschaft? Arbeitspapiere des Osteuroa-Instituts der Freien Universität Berlin, Nr. 3, 1997, S. 5.

Arbeiten von O`Donnell/Schmitter und Schmitter92, die aus ihren langjährigen Beobachtungen von De-mokratisierungsprozessen unterschiedliche Transitionstypen und Transitionssequenzen bildeten, die sie mit unterschiedlichen Strategien und Interaktionen der Transitionsakteure verbanden. Andere rekurrieren auf den Ansatz Adam Przeworskis, der das Rational-Choice-Modell erfolgreich auf die Phase der Libera-lisierung zur Erklärung des Legitimitätsverfalls angewendet93 und später auf die Aushandlungsprozesse zwischen Regierungs- und Oppositionseliten erweitert hatte.94 Für die Analyse nachbarschaftlicher Annä-herungspolitik eigenen sich beide Ansätze jedoch nicht. Konzeptionell läßt sich nur schwer an O’Donnell und Schmitter anknüpfen, da sie ihre Ergebnisse induktiv gewonnen haben und kein Analysekonzept anbieten. Die Übertragung des Rational-Choice-Ansatzes Przeworskis auf einen nachbarschaftlichen Annäherungsprozeß würde hingegen wieder zu den Konzepten der Außenpolitikforschung führen, die mit ihren „Kosten-Nutzen-Kalkülen“ die moralischen und rechtlichen Probleme, die sich mit dem Umgang der Vergangenheit verbinden, nur unzureichend erfassen.

Anknüpfungspunkte für eine Analyse zum Einfluß der politischen Akteure – jenseits von Rational-Choice-Modellen und politischen Biographien – finden sich hingegen in der Außenpolitikforschung der sechziger und siebziger Jahre. Zu dieser Zeit wurde angesichts der wachsenden Informationsfülle die Rationalität politischen Handelns, die bis dahin in der außenpolitischen Analyse postuliert wurde, hinter-fragt. Das Problem, wie politische Akteure mit der Vielfalt und Unvollständigkeit von Informationen umgingen, wurde in der Außenpolitikforschung vor dem Hintergrund neuer informationstheoretischer und sozialpsychologischer Erkenntnisse neu überdacht. Steinbrunner entwickelte auf die Frage nach der Aus-wahl von Informationen und Handlungsoptionen ein kybernetisches Modell, in dem die Definition der Situation und die Wahl der politischen Entscheidungen in Übereinstimmung mit dem Wertesystem des außenpolitischen Akteurs stehen.95 In ähnlicher Weise erklärte Jervis durch sein Konzept der Perzeption, daß Entscheidungsträger dazu tendieren, neue Informationen bewährten Theorien und Erfahrungen anzu-passen, was zu Mißinterpretationen und Fehlentscheidungen führen kann.96 Die „Feindbildforschung“

etablierte die Annahme, daß Entscheidungsträger sich von ihren Partnern oft ein falsches Bild machen, um eine innere kognitive Konsistenz zu erhalten.97 Die hieraus hervorgegangenen Modelle basierten je-doch auf sehr komplexen Variablensystemen und fanden deshalb in der empirischen Forschung kaum Anwendung.98 Ein Konzept, das sich hingegen als sehr fruchtbar erwiesen hat, ist das des operational code von Alexander L. George99, die Weiterführung einer Idee aus Nathan Leites „A Study of Bolshe-vism“100, in der er untersuchte, wie Einstellungen und Annahmen politische Entscheidungsprozesse be-einflussen. Ein operational code ist: „A political leader’s belief about the nature of politics and political conflict, his views regarding the extent to which historical developments can be shaped, and his notions

92 O`Donnell/Schmitter (1986) und Schmitter (1992)

93 Przworski, Adam: Some Problems in the Study of the Transition to Democracy, in: O`Donnell/ Schmitter (1986/II), S 52.

94 Przworski, Adam: Democracy and the Market. Political and Economic Reforms in Eastern Europe and Latin America, Cambridge 1991.

95 Steinbruner, John D.: The Cybernetic Theory of Decision: New Dimensions of Political Analysis, Princeton/New Jersey 1974.

96 Jervis, Robert: Perception and Misperception in International Politics, Princeton/New Jersey: 1976.

97 Mandel, Robert: Psychological Approaches to International Relation, in: Hermann, M.G. (ed.): Political Psychol-ogy: Contemporary Problems and Issues, Beverly Hills 1986, S. 254-255.

98 Haftendorn, Helga: Außenpolitische Prioritäten und Handlungsspielraum. Ein Paradigma zur Ana1yse der Au-ßenpolitik der Bundesrepublik Deutschland, in: PVS, 30.Jg., Heft 1, 1989, 32-49.

99 George, Alexander L.: The Causal Nexus between cognitive Beliefs and Decision Making Behaviour: The ‚Op-erational Code‘ Belief System, in: Falkowski, L.S. (Hg.): Psychological Models in International Politics, Boulder 1979, S. 95-124.

100 Nathan Leites: A Study of Bolshevism, Glencoe/Illinois 1953.

of correct strategy and tactics.“101 Der operational code dient, wie die obigen Konzepte, als eine Art Prisma für die Wahrnehmung einer politischen Situation und die darauf folgende Reaktion. For-schungspraktisch ist dieses Konzept deshalb, da George hierfür nur zwei Kategorien, nämlich philosophi-cal und instrumental beliefs unterscheidet. Unter philosophiphilosophi-cal beliefs versteht George die Annahmen der Akteure über die Natur der Politik und die Rolle des Individuums in der Geschichte: Was ist das Wesen des politischen Lebens? Ist das politische Universum eines der Harmonie oder des Konfliktes? Wie ist der Charakter des Gegners? Inwieweit ist Geschichte Resultat von Zufällen oder von menschlicher Kontrolle?

Instrumental beliefs sind nach George die Annahmen der Akteure über das Verhältnis von Zweck und Mitteln. Damit sind Einstellungsmuster gemeint, die Antwort auf folgende Fragen geben: Wie konstituie-ren sich die Ziele politischen Handelns? Wie sollen diese Ziele dann verfolgt und umgesetzt werden? Wie werden Risiken politischen Handelns kalkuliert und kontrolliert?

Dieses einfache Kategoriensystem erwies sich für die Untersuchung des Zusammenhangs von indivi-duellen Einstellungsmustern und außenpolitischen Entscheidungen als sehr fruchtbar.102 Obwohl in der bisherigen Forschung nicht immer der Zusammenhang zwischen dem operational code und den außen-politischen Handlungen herausgearbeitet und die Grenzen das Ansatzes offenbar wurden, da „Denkbilder eine komplexere Struktur aus verschiedenen Schemata aufweisen als bisher angenommen“103, bietet das einfache Kategoriensystem des operational code einen praktikablen Ansatz für die Untersuchung der Prager Deutschlandpolitik. Außerdem wird durch den Fokus auf die politischen Vorstellungen der Akteu-re auch der besondeAkteu-ren Konstitution der Transformationseliten, die durch ihAkteu-re biographischen Prägungen ganz bestimmte Vorstellungen in ihr neues Amt mitbrachten, Rechnung getragen. Hypothese 1 kann daher weiter spezifiziert werden:

Hypothese 1a: „Die politischen Konzepte der außenpolitischen Akteure der ČSFR bzw. ČR haben dem nachbarschaftlichen Annäherungsprozeß gegenüber der Bundesrepublik Deutschland eine eigene Kontur gegeben und damit eine gänzlich neue Dynamik hervorgebracht.“

Trotz der exponierten Rolle von Einzelakteuren in Versöhnungsprozessen und Transformationszeiten bliebe die Untersuchung der Prager Deutschlandpolitik unglaubwürdig, wenn das sich wandelnde gesell-schaftliche und internationale Umfeld unreflektiert bliebe. Den außenpolitischen Visionen und Praktiken sind innen- und außenpolitisch Grenzen gesetzt. Die Freiheit der politischen Eliten, eine Situation zu definieren und zu beeinflussen, wird von einem sich konsolidierenden politischen Umfeld eingeholt. Der bürokratische Apparat wird wieder funktionstüchtig, und die gesellschaftspolitischen Träger, wie Parteien und Verbände entwickeln allmählich Standpunkte, die auch für die Außenpolitik relevant sind. Der Be-reich der Außenpolitik wird zunehmend der demokratischen Kontrolle unterworfen. Auch die internatio-nalen Strukturen verfestigen sich und schränken den außenpolitischen Handlungsspielraum ein. Im Zuge der internationalen und gesellschaftlichen Konsolidierung treten die Persönlichkeitsfaktoren wieder in den Hintergrund. Schon George hatte sein Konzept dahingehend eingeschränkt, daß „operational code beliefs are only variable-clusters within a rich, complex causal framework for explaining decision mak-ing.“104

101 George, Alexander, L.: The „Operational code“: A Neglected Approach to the Study of Political leadrs and Deci-sion Making“, in: International Studies, 13, 2 (June 1969), wiederabgedruckt in: Ikenberry G.J.: American For-eign Policy, Glenview u.a. 1989, S. 484.

102 Haftendorn, Helga: Zur Theorie außenpolitischer Entscheidungsprozesse, in Rittberger V. (Hg.): Theorien der Internationalen Beziehungen. Bestandsaufnahmen und Forschungsperspektiven, in PVS, Sonderheft, Band 21, Opladen 1990, S. 416 Fn 13.

103 Tuschhoff, Christian: Einstellung und Entscheidung. Perzeption im sicherheitspolitischen Entscheidungsprozess der Reagan-Adminstration, 1981-1984, Baden-Baden 1988, S. 9.

104 George (1979: 104)

Der eingeschränkte Erklärungsanspruch wird auch durch die methodisch-theoretische Diskussion in-nerhalb der Transformationsforschung unterstützt. Bei näherer Betrachtung der Transformationsforschung wird deutlich, daß hier weniger Struktur- und Akteursansätze miteinander konkurrieren, sondern sich bestimmte theoretische Konzepte für bestimmte Typen und Phasen der Transformation eignen. So kommt Merkel zum Schluß, daß beispielsweise Revolutionsanalysen den Fokus auf die Akteure nahelegen, wäh-rend funktionalistische und strukturelle Ansäze die Implosion von Systemen mit größerer Plausibilität erklären können.105 Mit zunehmender Konsolidierung der demokratischen Systeme erlangen auch wieder solche Konzepte an Bedeutung, die den politischen Interessenlagen und institutionellen Faktoren mehr Erklärungskraft einräumen. Für die Erklärung des außenpolitischen Handelns werden daher zwei weitere Hypothesen formuliert werden.

Hypothese 2a: „Der internationale Kontext ist selbst im Wandel und verändert die Bedeutung der nachbarschaftlichen Annäherungspolitik auf der außenpolitischen Agenda der ČSFR bzw. ČR..“

Hypothese 2b: „Die wachsende innenpolitische Konsolidierung unterwirft die außenpolitischen Akteu-re bei der Gestaltung ihAkteu-rer Deutschlandpolitik zunehmend der gesellschafts-politischen Kontrolle und schränkt ihren Handlungsspielraum zunehmend ein.“