• Keine Ergebnisse gefunden

89 Ergebnis dieser Analysen war, dass sowohl das FLO11-Transkript als auch die Flo11-vermittelte Adhäsion unter pH 8 im Vergleich zu pH 4,5 und pH 7 drastisch reduziert ist (Abbildung 43, Abbildung 44). Diese Effekte konnten im Wildtypstamm auch nicht durch eine zusätzliche FLO11-Kopie auf einem CEN-Plasmid kompensiert werden - weder unter Kontrolle seines nativen Promotors, noch entkoppelt durch den konstitutiv aktiven PGK1-Promotor.

Zusammenfassend stellt sich die Regulation wie folgt dar (Tabelle 7): Sowohl FLO11-Transkript (Abbildung 43) als auch Flo11-vermittelte Adhäsion (Abbildung 44) zeigen eine deutliche Reduktion unter alkalischem pH. Dies geht jedoch nicht mit einem ebenso starken Flo11-Verlust an der Zelloberfläche einher. Dieser ist vielmehr nur geringfügig reduziert (Abbildung 42). Dieses Ergebnis legt die Vermutung nahe, dass das Protein durch alkalischen pH direkt beeinflusst wird und seine adhäsiven Eigenschaften verliert.

Tabelle 7: Zusammenfassung Adhäsionsregulation unter pH 4,5, pH 7 und pH 8

Ergebnisse

90 Flo11-vermittelte Biofilmbildung die Zelloberflächen-Hydrophobizität kritisch ist, da sie die Reibung zwischen Kolonie und Agaroberfläche herabsetzt. Zudem üben Glucose-Mangelbedingungen einen positiven Effekt auf die Biofilmbildung aus, da unter diesen Bedingungen die FLO11-Transkription erhöht ist (Reynolds & Fink, 2001).

So zeigten Untersuchungen auf halbfestem Agar (0,3 % Agaranteil), dass die durch das Wachstum entstehenden Kräfte innerhalb der Kolonie zu einer Ausbreitung der Zellen über die Agaroberfläche beitragen, wobei der Biofilm konzentrische Kreise eines Glucose- und pH-Gradienten aufbaut, der die Differenzierung des Biofilms unterstützt.

Während im Zentrum des Biofilms ein sehr azider pH gemessen wird (pH 4,7), steigt er außerhalb des Biofilms an (pH 5,8) (Reynolds et al., 2008; Reynolds & Fink, 2001). In den folgenden Experimenten wurde nun im Detail untersucht, welcher Einfluss von neutralen und alkalischen pH-Bedingungen auf die Ausbildung adhäsiver Strukturen ausgeht, da, wie in Abbildung 41 und Abbildung 44 dargestellt wurde, die Adhäsion des Wildtypstamms an Polystyrol-Plastik unter pH 7 am stärksten ausgeprägt, unter pH 8 jedoch extrem reduziert war.

2.7.1 Ein unter neutralen Bedingungen ausgebildeter adhäsiver Kontakt ist in alkalischem Milieu stabil

Ziel des folgenden Versuchs war es, zu überprüfen, ob Hefezellen einen unter neutralen Bedingungen ausgebildeten adhäsiven Kontakt an Polystyrol-Plastik durch Änderung der Umgebungsbedingungen nach pH 8 verlieren oder ob die ausgebildeten adhäsiven Strukturen stabil sind. Der verwendete Wildtypstamm wurde in YNB+Ura bis zu einer OD600 = 0,7 angezogen und anschließend für weitere 3 h in YNB+Ura, pH 7 bzw.

pH 8, 25 mM HEPES gepuffert, in Polystyrol-Mikrotiterplatten weiterinkubiert. Danach erfolgte der Austausch des Mediums gegen pH 8 bzw. pH 7 gepuffertes Medium, gefolgt von einer weiteren dreistündigen Inkubation. Es zeigte sich, dass eine unter neutralen Bedingungen Flo11-abhängig ausgebildete Adhäsion an Polystyrol-Plastik durch Änderung der Umgebungsbedingungen in den alkalischen Bereich nicht reversibel ist (Abbildung 45). Ein unter neutralen Bedingungen ausgebildeter adhäsiver Kontakt scheint unter alkalischen pH-Bedingungen vielmehr positiv beeinflusst zu werden, möglicherweise durch die Bildung biofilmartiger Strukturen. So ist die Plastik-Adhäsion des Wildtypstamms unter den Versuchsbedingungen pH 7→pH 8 im Vergleich zu pH 7→pH 7 um 34 % erhöht. Die Wahl alkalischen Mediums als

91 Erstinkubationsbedingung führte hingegen zu einem extremen Adhäsionsverlust, ähnlich dem eines flo11Δ-Kontrollstamms unter pH 7 (Abbildung 45). Eine mögliche Erklärung für diese Effekte wäre zum einen eine Flo11-unabhängige Zell-Verklumpung in alkalischem Milieu, zum anderen deuten die gewonnenen Ergebnisse darauf hin, dass Flo11 unter pH 8-Bedingungen derart verändert wird, dass die Ausbildung eines adhäsiven Kontaktes an Polystyrol-Plastik nicht mehr möglich ist.

Abbildung 45: Ein unter neutralen Bedingungen ausgebildeter adhäsiver Kontakt ist in alkalischem Milieu stabil.

Die Stämme wurden in YNB+Ura-Medium bis zu einer OD600 = 0,7 angezogen und anschließend in YNB+Ura- Medium (pH 7 bzw. pH 8; 25 mM HEPES gepuffert) für weitere 3 h in Polystyrol-Mikrotiterplatten inkubiert.

Danach erfolgte ein Austausch des Mediums gegen pH 7 oder pH 8 gepuffertes Medium und eine weitere Inkubation für 3 h. Die Adhäsionsfähigkeit der Wildtyp-Zellen, die zweimal unter pH 7 inkubiert wurden, wurde gleich 100 % gesetzt. Die Testreihe zeigt den Durchschnitt von sechs Messwerten. Verwendete Stämme: WT (YHUM0909) und flo11Δ (YHUM0924).

2.7.2 pH 8-abhängige Sedimentation erfolgt Flo11-unabhängig

Um die Auswirkungen von alkalischem Milieu auf eine Flo11-unabhängige Zell-Verklumpung zu untersuchen, wurden ein Wildtyp- und flo11Δ-Stamm in YNB+Ura bis zu einer OD600 = 0,7 angezogen, auf eine OD600 = 2 aufkonzentriert und in YNB+Ura-Medium pH 7 bzw. pH 8 gepuffert (25 mM HEPES) für 3 h ruhend in Reagenzgläsern inkubiert. Nach kurzem Vortexen wurden die Zellen einem einstündigen Sedimentationstest unterzogen (Abbildung 46). Das Ergebnis dieser qualitativen Analyse war eine Flo11-unabhängige, durch alkalischen pH induzierte Sedimentation flockenartig verklumpter Zellen, die unter pH 7 nicht erkennbar war.

Ergebnisse

92

Abbildung 46: Hefezellen sedimentieren unter pH 8-Bedingungen Flo11-unabhängig.

Für diesen qualitativen Sedimentationstest wurden ein Wildtyp- (YHUM0909) und ein flo11Δ-Stamm (YHUM0924) in YNB+Ura-Medium bis zu einer OD600 = 0,7 angezogen und anschließend in YNB+Ura-Medium bei pH 7 bzw. pH 8 (25 mM HEPES gepuffert) für 3 h ruhend in Reagenzgläsern inkubiert. Nach kurzem Vortexen wurden die Zellen einem einstündigen Sedimentationstest unterzogen. Abgebildet ist die Zell-Sedimentation zu den Zeitpunkten Δt = 0 min, Δt = 30 min und Δt = 60 min.

2.7.3 Veränderung der Zelloberfläche durch alkalischen pH

Der Befund, dass die Inkubation unter pH 8-Bedingungen zu einer Flo11-unabhängigen Sedimentation führt, legt nahe, dass alkalischer pH die Hefezelloberfläche derart verändert, dass es zu einer Zellzusammenlagerung kommt, die unter pH 7-Bedingungen nicht induziert wird. Um dies zu überprüfen, wurden ein Wildtyp- und ein flo11Δ-Stamm einer Scan-Elektronenmikroskopie nach dreistündiger Inkubation unter pH 7- bzw. pH 8-Bedingungen unterzogen. So zeigte sich unter pH 7-Bedingungen für Wildtyp- (Abbildung 47 a & b) und flo11Δ-Stämme (Abbildung 47 c & d) eine typische Zell- und Oberflächenmorphologie vegetativ wachsender Hefezellen. Beide Stämme unterschieden sich unter diesen Wachstumsbedingungen optisch nicht voneinander und lagen für gewöhnlich separiert oder als knospende Zellen vor. Alkalischer pH führte sowohl beim Wildtypstamm als auch in der flo11-Deletionsmutante zu einer deutlichen Änderung der Oberflächen- und Zellmorphologie. So lag der Wildtypstamm unter pH 8-Bedingungen fast ausschließlich in Zellgruppen vor, die Gallert-artig überzogen waren (Abbildung 47 e & f). Diese Gallert-artige Struktur wurde lediglich bei den Wildtyp-zellen beobachtet und war beim flo11-Deletionsstamm nicht vorhanden, was für eine Flo11-abhängige Ausbildung dieser Struktur spricht. Der flo11-Deletionsstamm zeigte bei älteren Zellen eine überwiegend raue, strukturierte Oberfläche, während Knospen

93 und junge Tochterzellen eine glatte Oberflächenstruktur aufwiesen (grüne Pfeile).

Die Zellen lagen auch hier meist in paketähnlichen Strukturen vor (Abbildung 47 g & h). Die Zelloberfläche erschien am Zellübergang oft fransig eingerissen (rote Pfeile). Die Bildung einer polymeren Matrix, vergleichbar zu Biofilmen, schließen die gewonnenen Ergebnisse eher aus, da im flo11-Deletionsstamm keine ähnliche Gallert-artige Oberfläche wie im Wildtypstamm nachgewiesen werden konnte.

Abbildung 47: Zelloberflächenveränderung unter alkalischem pH

Scan-Elektronenmikroskopie: Der Wildtyp- (YHUM0909) und flo11Δ-Stamm (YHUM0924) wurden in YNB+Ura-Medium bis zu einer OD600 = 0,7 angezogen und anschließend in YNB+Ura-Medium bei pH 7 bzw. pH 8 (25 mM HEPES gepuffert) für 3 h inkubiert. Die Zell-Fixierung erfolgte mit Formaldehyd und Osmiumtetroxid. Grüne Pfeile markieren Knospen bzw. junge Tochterzellen. Rote Pfeile markieren die fransig eingerissene Zelloberfläche im Bereich des Zellübergangs.

Zusammenfassend ergibt sich aus den in Kapitel 2.6.4 und 2.7 gewonnenen Ergebnissen, dass Flo11 für die Adhäsion des Biofilms an Oberflächen unter pH 4,5 und pH 7 wichtig ist, unter pH 8-Bedingungen aber keine Flo11-abhängige Oberflächenadhäsion de novo ausgebildet werden kann. Eine bereits in neutralem Milieu etablierte Zell-Oberflächenadhäsion ist unter pH 8 jedoch stabil. Alkalische pH-Bedingungen induzieren allerdings eine Flo11-unabhängige Zell-Zell-Interaktion, die zu einer Zell-Verklumpung führt.

Diskussion

94

3 Diskussion

3.1 Regulation des adhäsiven Wachstums durch den Rim101-Signalweg