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Personalstruktur

Im Dokument Schwarzmarkt Lernhilfe. Masterarbeit (Seite 73-78)

5. Ergebnisse

5.3 Strukturelle Rahmenbedingungen

5.3.4 Personalstruktur

Im Folgenden wird die komplexe Personalstruktur der Projekte erörtert, die in eng an die Finanzierungs- und Förderstruktur gekoppelt ist.

5.3.4.1 Prekäre Arbeitsverhältnisse

Die hauptberuflichen Mitarbeitenden arbeiten primär Teilzeit (I05 S.7 Z.30, I08 S.1 Z.13-20, I10 S.11 Z.24-25, I12 S.10 Z.5-8, I13 S.2 Z.7-8), wobei sich das Stundenausmaß stark unterscheidet – von geringfügig (vgl.I08 S.11 20) bis 35 Wochenstunden (I13 S.2 Z.7-8). Genauso unterschiedlich fallen die Anstellungsverhältnisse aus – von Werkverträgen

(vgl.I01 S.2 Z.11), Praktika (vgl. I07 S.7 25-26) bis Dienstverträge nach SWÖ KV (vgl. I02 S.3 21-32). Ein Projektleiter merkt an: „Naja klar wär das jetzt recht nett, wenn alle 38 Stunden hätten und nicht lauter Teilzeitjobs.“ (I12 S.10 Z.6-8) Angesichts der vielen – auch administrativen – Aufgaben werden mehr Stunden als sinnvoll erachtet (vgl. I12 S.9 Z.24-29).

5.3.4.2 Professionelle und antiprofessionelle Orientierungen

Auch das Verhältnis zwischen hauptberuflichen und freiwilligen Projektbeteiligten gestaltet sich recht differenziert. Während der Anteil an freiwilligen LernhelferInnen bei manchen Projekten eher geringer ausfällt (vgl. I01 S.2 Z.7) oder gar keine Rolle spielt (vgl. I12 …), gibt es in anderen Fällen mehr (vgl. I08 S.1 Z.22-25, I13 S.1 Z.23) oder nur freiwillige LernbetreuerInnen (vgl. I10 S.10 Z.2), die meist von einem multiprofessionellen Team begleitet werden (vgl. I10 S.10 Z.3, I13 S.1 Z.20-23, I05 S.7 Z.21-30, I07 S.7 Z.5, I08 S.1 13-20). Die disziplinären Hintergründe sind dabei sehr bunt: Soziale Arbeit, Pädagogik, Psychologie, Lehramt, Bildungswissenschaften, Politikwissenschaft und Kunst(vgl. I07 S.7 Z.1-4, I10 S.10 Z.28, I10 S.11 Z.3), um nur einige Professionen zu nennen. Spannend ist, dass das hauptamtliche Personal nicht immer aus dem pädagogischen oder sozialarbeiterischen Umfeld kommt. Im Gegenteil, manche Projekte sind hier antipädagogisch oder auch antiprofessionell orientiert (zu anti-/pädagogischen Zugangsweisen in der Jugendarbeit siehe auch Krucsay, Gombots 2010). So betont ein Befragter,

„wir sind eben dezidiert keine professionellen Jugendarbeiter, sondern […] wir arbeiten im Team gemeinsam zusammen und haben halt so vielleicht aber auch einen direkteren Zugang zu den Kindern.“ (I02 S.5 Z.32, I02 S.6 1-3)

Eine andere Projektleiterin verweist auf die spezifischen Anforderungen der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen beziehungsweise Freiwilligen, für die Quereinsteigende genauso gut geeignet sein können wie Personen mit pädagogischer Grundausbildung (vgl. I12 S.10 Z.25-28). Der Expertin zufolge verlangt die Tätigkeit „ein diplomatisches Hineinhören und Ausbalancieren“ hinsichtlich der Bedürfnisse der Lerngruppen (I10 S.10 Z.12-13), wobei kein Lerntag gleich abläuft (vgl. I10 S.10 Z.21). Die Aufgaben werden als komplex und anstrengend beschrieben, was aber von außen nicht immer wahrgenommen wird: „ein ehemaliger Chef von mir hat immer gesagt: Na, so a schöne Arbeit, und das ist ja eh so

angenehm und lustig. Und ich hab gesagt: Du, magst dich mal raufstellen einen Nachmittag?

Ja, das ist nicht jedermanns Sache.“ (I10 S.10 Z.22-24)

In dieser Perspektive scheinen also weniger formelle Voraussetzungen wie eine bestimmte Ausbildung ausschlaggebend zu sein, sondern vielmehr das persönliche Engagement und ein spezifisches Handlungswissen, wie auch folgendes Zitat zeigt: „schwierig, sowas dann von einem Bewerbungsbogen weg abzulesen, weil oft siehst du die Person dann da, und du merkst, ja, die kann das und die macht das mit Herzblut“ (I10 S.11 Z.6-8). Dieser Fokus auf die persönlichen Kompetenzen der einzelnen Mitarbeitenden erlaubt es auch, flexibel auf die Anforderungen einer Lerngruppe oder eines Projektstandortes zu reagieren: „jeder macht dann was Eigenes daraus […], die Person, die drinnen ist, drückt eben den eigenen Stempel auf“ (I10 S.11 Z.17-18). Vor dem Hintergrund aktueller Ökonomisierungsdebatten (vgl. Zierer 2017) zeigt sich auch, dass sich Arbeitsprozesse in der Sozialen Arbeit nicht standardisieren lassen (vgl. ebd.). Das Team profitiert dabei vom vielfältigen Erfahrungsschatz und den Ressourcen der Mitarbeitenden, die sich unter anderem nach beruflichem Hintergrund unterschieden. Etwaige Lücken werden so intern kompensiert (vgl.

I10 S.11 Z.11-16). Ein Projekt sticht dabei durch einen rein ehrenamtlichen Vorstand hervor (vgl. I02 S.3 Z.15-16) und auch die konzeptuelle Arbeit sowie Entscheidungen werden von Ehrenamtlichen getragen (vgl. I02 S.2 Z.5-13). Mit der Förderung sind ein paar hauptamtliche Stunden dazugekommen (ebd.), aber die Innovationskraft wird nach wie vor den Freiwilligen zugeschrieben (vgl. I02 S.3 Z.4-9)

Im Sinne dieser antiprofessionellen Zugangsweise sind auch die Hintergründe der freiwilligen LernhelferInnen sehr bunt gemischt, was Alter, Bildungsniveau, berufliche Erfahrungen usw. betrifft. Neben SchülerInnen, Studierenden und Pensionierten engagieren auch Leute, die gerade ein Sabbatical machen oder auf Arbeitssuche sind (vgl.I05 S.5 Z.7-12): „Also ich sag auch, es ist nicht unbedingt notwendig bei der Arbeit, die wir machen, dass du jetzt wirklich einen pädagogischen Hintergrund brauchst.“ (I05 S.5 Z.12-13) Vielmehr geht es um das richtige Matching zwischen SchülerInnen und LernbetreuerInnen (vgl. I07 S.6 Z.23-24). Nichtsdestotrotz wird pädagogische Erfahrung, über welche die meisten Engagierten – in welcher Form auch immer – auch verfügen, als vorteilhaft empfunden (vgl. I01 S.3 Z.5, I02 S.5 25-28). Für Freiwillige ohne entsprechende Vorerfahrungen gibt es unterstützende Angebote (vgl. I02 S.5 Z.29-32). Der hohe Stellenwert der Freiwilligenarbeit zeigt sich auch darin, dass sich die freiwilligen

LernhelferInnen auf auf konzeptueller Ebene einbringen dürfen und sollen (vgl. I05 S.18 Z.3-5)

Demgegenüber vertreten andere Lernhilfeinitiativen eine „professionelle Zugangsweise“

(I12 S.5 Z.11), die sich durch den Einsatz von Fachleuten mit pädagogischem, psychologischem oder sozialarbeiterischem Background (vgl. I12 S.4 Z.21-22, I07 S.6 Z.19-21) und den weitgehenden Verzicht auf freiwillige LernhelferInnen auszeichnet (vgl. I12 S.5 Z.5-7). Dieser Umstand wird vor dem Hintergrund konkurrierender Angebote als Unique-Selling-Proposition (USP) hervorgehoben: „Das macht auch jetzt irgendwie so eine Kante in das ganze Gefüge hinein, weil da sind die Profis und da sind irgendwo die freiwilligen Helferleins.“ (I12 S.5 Z.3-4) Und weiter: „Ich hab Leute, die sind professionell ausgebildet, machen professionelle Arbeit und werden entsprechend dafür bezahlt.“ (I12 S.5 Z.2-3) Die Personalstruktur hängt eng mit der Finanzierungs- und Förderstruktur zusammen. So werden die Einrichtungen, die diese professionelle Orientierung verfolgen, subventioniert (vgl. I07, I12), womit auch Vorgaben bezüglich der Qualifikation einhergehen.

5.3.4.3 Freiwilligenmanagement

Das Freiwilligenmanagement gestaltet sich in den untersuchten Organisationen unterschiedlich. Alle Projekte, die mit Freiwilligen arbeiten, bemühen sich um eine professionelle Freiwilligenkultur, die durch sehr viel persönliches Engagement der Projektleitungen geprägt ist. Durch eine Willkommenskultur, Weiterbildungskultur, Betreuungskultur und Verabschiedungskultur wird den Engagierten Wertschätzung entgegengebracht und einen Beitrag zur Qualitätssicherung geleistet (vgl. I05 S.17 22-27, I05 S.18 3-5). Die Projekte profilieren sich auch über die Angebote für die freiwilligen LernhelferInnen, um die große Konkurrenz im Feld der außerschulischen Lernhilfe herrscht (vgl. I02 S.14 Z.1-5, I05 S.6 31-32, I05 S.17 29-32).

5.3.4.4 Freiwilligenakquise

Die ExpertInnen berichten, dass es in letzter Zeit schwieriger ist, Freiwillige zu gewinnen, was auf die vielen konkurrierenden Angebote zurückgeführt wird (vgl. I02 S.14 Z.1-5, I05 S.17 29-32). Daher müsse man sich „immer wieder was Neues einfallen lassen, weil klarerweise schaut jeder nach Freiwilligen, wir sind nicht die Einzigen“ (I05 S.6 Z.31-32).

Die Freiwilligen werden über verschiedene Kanäle gewonnen, zum Beispiel auf Freiwilligenmessen (vgl. I05 S.6 Z.22, I13 S.2 Z.15) und -plattformen (vgl. I05 S.6 Z.29)

oder über Social Media (vgl. I02 S.2 Z.26) und Mundpropaganda (vgl.I02 S.2 Z.27). Auch über andere Projekte (vgl.I02 S.2 17-25, I05 S.6 Z.26-28) oder Medien der Einrichtung (vgl.

I13 S.2 Z.15) können sozusagen Freiwillige für die Lernhilfe abgezweigt werden. Hier besteht ein Vorteil für eigebettete Initiativen. Auch Kooperationen werden als wichtige Quelle genannt (vgl. I03 S.15 Z.22-24, I08 S.2 Z.4-8).

5.3.4.5 Aufnahmeprozedere

Die Aufnahme läuft ähnlich ab, meist wird ein persönliches Gespräch geführt (vgl. I01 S.3 25-26, I05 S.6 Z.2-3), vereinzelt gibt es auch Einführungs- oder Informationsworkshops (vgl. I03 S.17 Z.25) oder eine Willkommensmappe (vgl. I05 S.5 Z.26-29). Interessierte haben auch die Möglichkeit, zu schnuppern(vgl.I05 S.6 Z.7). Die Freiwilligen werden dabei auch an die speziellen Anforderungen der Zielgruppe – beispielsweise aufgrund von Traumatisierungen – (vgl. I03 S.17 Z.26) herangeführt. Der Aufnahmeprozess wird als niederschwellig beschrieben: „meiner Meinung nach ist es komplett unkompliziert, also ich mach da sicher kein Trara draus“ (vgl. I05 S.6 Z.11).

5.3.4.6 Begleitende Angebote

Für die freiwilligen LernbetreuerInnen werden verschiedene unterstützende Angebote gesetzt. Während Reflexionsrunden und Teambesprechungen ein fixer Bestandteil sind (vgl.

I02 S.5 Z.31-32), werden Vier-Augengespräche (Intervision, Mitarbeitergespräche, Sprechstunden) bei Bedarf (vgl. I02 S.9 Z.21-22, I03 S.16 Z.28-31, I05 S.3 Z.20) und Workshops regelmäßig angeboten (vgl. I02 S.9 Z.17), etwa zum Thema „Rassismuskritik“

(I02 S.19 Z.19), „Safer Internet“ (I01 S.3 Z.14) oder „Umgang mit Konflikten“ (vgl. I02 S.9 Z.19). Der Austausch unter den LernhelferInnen wird dabei als sehr wichtig wahrgenommen (vgl. I03 S.17 Z.7). Ein Experte verweist auf den optionalen Charakter dieser Zusatzangebote, die nicht den Anschein einer zusätzlichen Verpflichtung haben sollen (vgl. I01 S.3 Z.10-12). Das Angebot wird auch laufend adaptiert, um die Freiwilligen bestmöglich zu erreichen (vgl. I03 S.17 Z.11-20). Neben Weiterbildungen werden auch Unfallversicherungen, Nachweise über die freiwillige Tätigkeit und gemeinsame Feiern genannt (vgl. I05 S.3 Z.19-22). Den ExpertInnen zufolge trägt das zur Zufriedenheit der Freiwilligen bei, die sich unter anderem in einer geringen Fluktuation äußert (vgl. I02 S.5 Z.1-2, I05 S.7 Z.4-8).

Im Dokument Schwarzmarkt Lernhilfe. Masterarbeit (Seite 73-78)