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B. Allgemeines zur Patientenverfügung

3. Patient

Gemäß § 2 Abs 2 PatVG ist Patient „eine Person, die eine Patientenverfügung errichtet, gleichgültig, ob sie im Zeitpunkt der Errichtung erkrankt ist oder nicht.“

„Patient“ gemäß PatVG ist ad definitionem also jede Person, unabhängig davon, ob diese (noch) gesund ist oder (bereits) krank ist und sich unter Umständen sogar bereits in der Sterbephase befindet.17 Entscheidend ist, dass die Person, die einen Patientenver-fügung wirksam errichten möchte, noch die nötige Entscheidungsfähigkeit besitzt.18 4. Medizinische Behandlung

§ 2 Abs 1 PatVG spricht von der möglichen Ablehnung einer bestimmten „medizinischen Behandlung“19.

13 ErläutRV 191 BlgNR 26. GP 1-2.

14 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 5; § 2 Abs 1 PatVG.

15 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht und Patientenverfügung (2015), § 2 PatVG, Rz 3.

16 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 2 PatVG, Rz 3.

17 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 2 PatVG, Rz 21.

18 § 3 PatVG.

19 § 2 Abs 1 PatVG.

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Nach dem Gesetzeswortlaut sowie den ErläutRV können nur medizinische Behandlun-gen, jedoch keine Pflegemaßnahmen mit einer Patientenverfügung rechtswirksam abge-lehnt werden.20

Der OGH führte in seiner Entscheidung zu 9 Ob 68/11g aus, dass esgerade bei einer so sensiblen und in höchstem Maß grundrechtsrelevanten Norm wie dem PatVG […] unge-wiss [ist], ob der Gesetzgeber nicht bewusst, den engeren Begriff der „medizinischen Behandlung“ gewählt hat […]“.21

Es muss daher streng zwischen Pflegemaßnahmen und Heilbehandlungen unterschie-den werunterschie-den.22

Pflegemaßnahmen unterliegen nicht dem Anwendungsbereich des Patientenverfügungs-gesetzes und kann ein Patient seine Grundversorgung mit Nahrung und Flüssigkeit bspw nicht mittels Patientenverfügung ablehnen.23

Die Sondenernährung wiederum ist eine pflegerische Tätigkeit, jedoch im mitverant-wortlichen Bereich (auf ärztliche Anordnung) iSd § 15 GuKG und daher als „medizini-sche Behandlung“ anzusehen und kann daher mittels Patientenverfügung rechtswirksam ausgeschlossen werden.24

Nach Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth ist der Begriff der „medizinischen Behandlung“

weit auszulegen und kommt dieser dem Begriff der „Heilbehandlung“ des § 110 StGB gleich.25

Unter Heilbehandlung gemäß § 110 StGB werden alle Maßnahmen verstanden, die me-dizinisch indiziert sind, wobei unter meme-dizinischer Indikation alle Maßnahmen verstan-den werverstan-den können, die nach verstan-den Erkenntnissen der Medizin vertretbare Mittel sind, um Krankheiten festzustellen sowie Heil- und/oder Linderungsfunktion haben.26

20 § 2 Abs 1 PatVG; ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 5.

21 OGH 08.10.2012, 9 Ob 68/11g.

22 RIS-Justiz RS0128217.

23 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 5.

24 OGH 08.10.2012, 9 Ob 68/11g.

25 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 2 PatVG, Rz 10.

26 Soyer/Schumann, Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, 2. Auflage, § 110 StGB, (Stand 1.8.2016, rdb.at), Rz 7.

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Auch, wenn eine Maßnahme nicht lege artis durchgeführt wird, spricht man von einer Heilbehandlung, sofern eine sorgfaltsgemäße Durchführung beabsichtigt ist.27

Unter den Begriff der Heilbehandlung fallen also nicht nur therapeutische Maßnahmen, sondern auch diagnostische oder prophylaktische Maßnahmen (wie etwa eine Röntgen-untersuchung oder eine Blutabnahme28 oder auch schmerzlindernde Behandlungen.29 Wenn auch der Behandlungsbegriff des § 110 StGB über jenen der Heilbehandlung hin-ausgeht und alle Behandlungen zu diagnostischen, therapeutischen, prophylaktischen oder schmerzlindernden Zwecken gleichermaßen umfasst, so können darunter wissen-schaftliche oder experimentelle Versuche an Menschen, die keiner derartigen Behand-lung des Betroffenen dienen, nicht verstanden werden.30

Ob ein Arzt, das Pflegepersonal oder eine Privatperson die entsprechende Behandlung durchführt bzw. durchführen soll, ist für die Anwendung des PatVG irrelevant, man geht in diesem Zusammenhang von einem funktionalen Begriffsverständnis aus.31

5. Höchstpersönliches Recht

Gemäß § 3 PatVG „kann eine Patientenverfügung nur höchstpersönlich errichtet wer-den.“32

Der Patient iSd § 2 PatVG kann sich bei Patientenverfügungserrichtung also nicht vertre-ten lassen.33

Sofern ein Dritter die Patientenverfügung lediglich überbringt, ist dies jedoch nicht schäd-lich.34

27 Soyer/Schumann, WK2 StGB, § 110, Rz 7.

28 LGZ Wien 44 R 24/12y, EFSlg 134.251.

29 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 2 PatVG, Rz 10.

30 RIS-Justiz RS0093203.

31 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 2 PatVG, Rz 13.

32 § 3 PatVG.

33 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 5.

34 Memmer/Till, Patientenverfügung und Rettungsdienst, ZfG 2016/1, 4 (4).

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6. Entscheidungsfähigkeit

„Der Patient muss bei Errichtung einer Patientenverfügung entscheidungsfähig sein.“35

§ 3 PatVG alt sprach von der nötigen Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Patienten, die vorliegen musste, damit eine wirksame Patientenverfügung errichtet werden konnte.

Nach der Novellierung knüpft man die Errichtung der Patientenverfügung nunmehr an die Entscheidungsfähigkeit des Patienten.36

Das PatVG alt definierte den Begriff der Einsichts- und Urteilsfähigkeit nicht näher bzw.

ging dieses von keinem eigenen Begriffsverständnis aus. Aus diesem Grund orientierte man sich an der allgemeinen Lehre sowie Rechtsprechung die sich zu diesem in der Rechtsordnung oftmals verwendeten Begriff gebildet hat.37 Die nötige Einsichts- und Ur-teilsfähigkeit wurde entsprechend allgemeiner Regeln des ABGB38 ab dem 14. Lebens-jahr vermutet.39

Eine Definition der nunmehr maßgeblichen Entscheidungsfähigkeit findet sich in

§ 24 Abs 2 ABGB. Dieser besagt, dass „entscheidungsfähig ist, wer die Bedeutung und die Folgen seines Handelns im jeweiligen Zusammenhang verstehen, seinen Willen da-nach bestimmen und sich entsprechend verhalten kann. Dies wird im Zweifel bei Voll-jährigen vermutet.“40

Der neue Wortlaut soll aber grundsätzlich dieselbe Funktion erfüllen, wie die bisherige Formulierung der „Einsichts- und Urteilsfähigkeit“.41

35 § 3 PatVG.

36 vgl § 3 PatVG alt und § 3 PatVG.

37 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 2 PatVG, Rz 6.

38 § 173 ABGB alt (Stand 01.01.2016).

39 Memmer/Till, ZfG 2016, 4 (4).

40 § 24 Abs 2 ABGB.

41Schweighofer, Entscheidungsfähigkeit in medizinischen und pflegerischen Belangen nach dem 2. Er-wSchG, EF-Z 2018/4, 153 (154).

§ 3 PatVG alt § 3 PatVG

Eine Patientenverfügung kann nur höchstpersönlich errichtet werden.

Der Patient muss bei Errichtung einer Patientenverfügung einsichts- und urteilsfähig sein.

Eine Patientenverfügung kann nur höchstpersönlich errichtet werden. Der Patient muss bei Errichtung einer Patientenverfügung entscheidungsfähig sein.

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Der Begriff der Entscheidungsfähigkeit findet sich in verschiedensten österreichischen Gesetzen wieder und sollte die Anpassung der Terminologie samt Definition dazu führen, dass klargestellt wird, welche Fähigkeit tatsächlich für ein rechtserhebliches Veralten mindestens erforderlich sein soll.42

Um entscheidungsfähig zu sein, müssen drei Voraussetzungen bzw. Fähigkeiten vorlie-gen:

 die (1) kognitive Fähigkeit,

 die (2) voluntative Fähigkeit, sowie

 die (3) Fähigkeit, sich „entsprechend zu verhalten“:43

(1) Ausschlaggebend für die kognitive Fähigkeit ist die Fähigkeit Grund und Bedeu-tung von vorzunehmenden Rechtshandlungen einzusehen. Ein Patient muss seine Erkrankung, den daraus resultierenden und notwendigen medizinischen Eingriff so-wie die Konsequenzen des Eingriffs verstehen können. 44

(2) Dem Patienten muss es möglich sein, seinen Willen entsprechend für oder gegen eine medizinische Behandlung bilden zu können. 45

(3) Der Patient muss die Fähigkeit besitzen seiner Einsicht sowie seiner Willensbildung nach entsprechend handeln zu können46.

7. Kein Mindestalter

In Deutschland wird für die Errichtung einer Patientenverfügung Volljährigkeit voraus-gesetzt47 (näher dazu Punkt Punkt J. 2.). Dies ist in Österreich keine Voraussetzung, da das PatVG keine Altersgrenze für die Errichtung vorsieht.48 Einzige Grenze ist die Ent-scheidungsfähigkeit, welche im Zweifel bei medizinischen Behandlungen bei mündigen

42 Schweighofer, EF-Z 2018/4, 153 (154).

43 ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 9.

44 Schweighofer, EF-Z 2018/4, 153 (154).

45 Schweighofer, EF-Z 2018/4, 153 (154).

46 Schweighofer, EF-Z 2018/4, 153 (154).

47 § 1901a BGB.

48 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 3 PatVG, Rz 3.

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Minderjährigen, also ab dem 14. Lebensjahr, vermutet wird49. Das Vorliegen der Ent-scheidungsfähigkeit ist jedoch einer Einzelfallprüfung zu unterziehen.50

Hier kommt es neben Alter, Reife, Gesundheitszustand, Persönlichkeit auch im Gegenzug dazu auf die Schwere der abgelehnten Behandlung an, sowie auch auf die mit der Ableh-nung verbundenen Risiken und Spätfolgen. Hier ist aufgrund der möglichen gravierenden Auswirkungen auf das Leben eines jungen Menschen ein strenger Maßstab zu legen.51

C. Arten der Patientenverfügung

1. Alte Rechtslage (Vor PatVG-Novelle 2018)

Bis zur Patientenverfügungsnovelle 2018 normierte das PatVG alt zwei verschiedene Ar-ten der PatienAr-tenverfügung, die verbindliche PatienAr-tenverfügung sowie die beachtliche Patientenverfügung. Man sprach dann von einer verbindlichen Patientenverfügung, wenn die Inhaltserfordernisse sowie die Formvorschriften der §§ 4 – 7 PatVG alt erfüllt waren. Waren diese nicht erfüllt oder wurde eine bereits abgelaufene verbindliche Paten-tenverfügung nicht gemäß § 7 PatVG alt erneuert, handelte es sich um eine beachtliche Patientenverfügung.52

Charakteristisch für die beachtliche Patientenverfügung war, dass für diese grundsätzlich Formfreiheit bestand. Diese konnte sowohl mündlich als auch schriftlich, ausdrücklich oder auch konkludent begründet werden. Eine Patientenverfügung war bspw auch beacht-lich, wenn überhaupt keine Aufklärung erfolgte. Diese hatte keine Ablaufdauer, und musste daher auch nicht wie die verbindliche Patientenverfügung nach einer bestimmten Zeit erneuert werden.53

49 § 173 Abs 1 ABGB.

50 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 3 PatVG, Rz 3-4.

51 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 3 PatVG, Rz 6.

52 Koller, Gibt es eine qualifiziert beachtliche, unmittelbar bindende Patientenverfügung? Überlegungen de lege lata und de lege ferenda, iFamZ 2012/1, 24 (24).

53 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 8 PatVG, Rz 1-4.

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Die beachtliche Patientenverfügung diente vorrangig als eine Art „Richtschnur“ und Ori-entierungshilfe für den behandelnden Arzt.54

Je mehr Voraussetzungen der verbindlichen Patientenverfügung die beachtliche Patien-tenverfügung erfüllte, umso beachtlicher war diese. Je beachtlicher die Patientenverfü-gung war, umso mehr musste diese bei Ermittlung des Patientenwillens eine Rolle spie-len.55

Der OGH zitierte in seiner Entscheidung zu 9 Ob 68/11g auch § 9 PatVG und sprach von einem beweglichen System mit dem die einzelnen Faktoren wie zB die Einschätzung der Krankheitssituation des Patienten im Errichtungszeitpunk oder Ausmaß der ärztlichen Aufklärung vor Errichtung der Patientenverfügung gegeneinander abgewogen wurden.

Der OGH nahm dazu an, dass den beachtlichen Patientenverfügungen dadurch eine un-terschiedliche Bindungsqualität zukommt.56

2. Neue Rechtslage (Nach PatVG-Novelle 2018)

Die Unterscheidung zwischen verbindlicher und beachtlicher Patientenverfügung wurde aufgrund ausgeübter Kritik der Enquete-Kommission mit der Patientenverfügungs-Ge-setz-Novelle 2018 aufgegeben 57:

„Die Verlängerung bestehender Fristenregelungen bzw. Vereinfachungen bei Verlänge-rungen sollen geprüft und ehebaldigst Neugestaltungen (2016) vorgenommen werden.

Weiters sollten Fragen zu Möglichkeiten einer generellen und spezialisierten Patienten-verfügung und hinsichtlich einer Zusammenführung von beachtlicher und verbindli-cher Patientenverfügung besprochen werden.“58

Der Begriff der „beachtlichen“ Patientenverfügung stieß in der Literatur immer wieder auf Kritik.59 Der missverständliche Terminus der „Beachtlichkeit“ führte auch dazu, dass nach der Entscheidung 9 Ob 68/11g des OGH eine lebenserhaltende Maßnahme

54 OGH 8.10.2012, 9 Ob 68/11g.

55 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 9 PatVG, Rz 1.

56 OGH 8.10.2012, 9 Ob 68/11g.

57 ErläutRV 337 BlgNR 26. GP 2.

58 Empfehlungen der Enquete-Kommission, AB 491 BlgNR 25. GP 9.

59 Rammelmüller, Zak 2019/4, 64 (66); Kopetzki, Neue Impulse für Patientenverfügungen, RdM 2018/5, 161.

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erzwungen werden konnte, sofern der Konsens zwischen Arzt und Vertreter des Patienten fehlte. Dies bei Vorliegen einer ausdrücklichen Behandlungsablehnung im Rahmen einer beachtlichen Patientenverfügung.60

Anstelle der Terminologie „beachtliche Patientenverfügung“ spricht das PatVG nun-mehr von „anderen Patientenverfügungen“. Gemäß § 8 PatVG sind dies nunnun-mehr alle Patientenverfügungen, die „nicht alle Voraussetzungen der §§ 4 bis 7 erfüllen“, diese sind aber „dennoch der Ermittlung des Patientenwillens zu Grunde zu legen“61:

Auch durch die Einführung des § 1 Abs 2 Satz 2 PatVG erfolgte nun eine wesentliche Klarstellung62:

60 9 Ob 68/11g = EF-Z 2013/22, 30 = EvBl 2013/60, 414 (Pfurtscheller) = iFamZ 2013/14, 50 (Ganner) = RdM 2013/74, 104 (Kopetzki) = SZ 2012/100 = Zak 2012/762, 415 (Kletečka); siehe auch Kopetzki, RdM 2018/119, 161.

61 vgl § 8 PatVG alt und § 8 PatVG.

62 Rammelmüller, Zak 2019/4, 64 (65).

3. Abschnitt

Beachtliche Patientenverfügung Voraussetzungen

3. Abschnitt Bedeutung anderer Patientenverfügungen Voraussetzungen

§ 8 PatVG alt § 8 PatVG

Eine Patientenverfügung, die nicht alle Voraussetzungen der §§ 4 bis 7 erfüllt, ist dennoch für die Ermittlung des Willens des Patienten beachtlich.

Eine Patientenverfügung, die nicht alle Voraussetzungen der §§ 4 bis 7 erfüllt, ist dennoch der Ermittlung des Patientenwillens zu Grunde zu legen.

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Daraus folgt, dass jede vorliegende Patientenverfügung der Ermittlung des Behandlungs-willens des Patienten zu Grunde zu legen ist. 63 Der Terminus „zu Grunde zu legen“

wurde bewusst gewählt, um den behandelnden Ärzten einen möglichst großen Spielraum zu lassen, um „ihren Beruf nach bestem Wissen und Gewissen ausüben zu können“.64 Nach wie vor sind nach § 9 PatVG „andere“ Patientenverfügungen gemäß § 8 PatVG

„bei der Ermittlung des Parteiwillens umso mehr zu berücksichtigen, je mehr sie die Voraussetzungen einer verbindlichen Patientenverfügung erfüllen.“65

„Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. inwieweit der Patient die Krankheitssituation, auf die sich die Patientenverfügung bezieht, sowie deren Folgen im Errichtungszeitpunkt einschätzen konnte,

2. wie konkret die medizinischen Behandlungen, die Gegenstand der Ablehnung sind, beschrieben sind,

3. wie umfassend eine der Errichtung vorangegangene ärztliche Aufklärung war, 4. inwieweit die Verfügung von den Formvorschriften für eine verbindliche

Patien-tenverfügung abweicht,

5. wie lange die letzte Erneuerung zurückliegt und

63 § 1 Abs 2 Satz 2 PatVG.

64 Rammelmüller, Zak 2019/4, 64 (66); ErläutRV 337 BlgNR 26 GP 2.

65 § 9 PatVG.

§ 1 PatVG alt § 1 PatVG

(1) Dieses Bundesgesetz regelt die Voraussetzungen und die Wirksamkeit von Patientenverfügungen.

(2) Eine Patientenverfügung kann verbindlich oder für die Ermittlung des Patientenwillens beachtlich sein.

(1) Dieses Bundesgesetz regelt die Voraussetzungen und die Wirksamkeit

von Patientenverfügungen.

(2) Eine Patientenverfügung kann den Willen eines Patienten, eine

medizinische Behandlung abzulehnen, verbindlich festlegen (§ 6). Im Übrigen ist jede vorliegende

Patientenverfügung der Ermittlung des Patientenwillens zu Grunde zu legen (§ 8).

(3) Die Voraussetzungen, das Bestehen, der Umfang, die Wirkungen, die Änderung und die Beendigung einer Patientenverfügung richten sich für Behandlungen in Österreich nach österreichischem Recht.

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6. wie häufig die Patientenverfügung erneuert wurde.“66 a) Die verbindliche Patientenverfügung

Eine verbindliche Patientenverfügung liegt dann vor, wenn die allgemeinen Voraus-setzungen erfüllt sind. Daher müssen die Kriterien der Entscheidungsfähigkeit sowie der Höchstpersönlichkeit zum Errichtungszeitpunkt vorliegen (§ 3 PatVG, vgl Punkt II. und III.), die besonderen Inhalts- sowie Formerfordernisse gemäß den §§ 4-7 PatVG einge-halten worden sein sowie darf die Patientenverfügung nicht gemäß § 10 PatVG unwirk-sam sein.67

(i) Inhalt gemäß § 4 PatVG

§ 4 PatVG normiert die besonderen Inhaltserfordernisse der verbindlichen Patientenver-fügung.68

Eine Patientenverfügung ist in der Regel dann unmittelbar verbindlich, wenn die medizi-nischen Behandlungen, die darin abgelehnt werden, inhaltlich eindeutig umschrieben werden und muss die in der Patientenverfügung definierte medizinische Situation der tat-sächlich eingetretenen Situation auch entsprechen.69 Damit kann laut Barth/Ganner hier nur der Fall gemeint sein, dass die vom Patienten definierte Behandlungsablehnung me-dizinisch indiziert und vorzunehmen wäre.70

Es reicht also grundsätzlich aus, wenn die abgelehnten medizinischen Behandlungen ein-deutig aus dem Zusammenhang der Patientenverfügung hervorgehen.71

Konkret kann daher bspw die Ablehnung einer Dialyse oder die Ablehnung einer Lang-zeit-Beatmungsbehandlung festgelegt werden.72

Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ist zu entnehmen, dass allzu allgemeine For-mulierungen, wie das Verbot eines „menschenunwürdigen Daseins“, der Wunsch nach

66 § 9 PatVG.

67 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, Vor § 4 PatVG, Rz 1.

68 § 4 PatVG.

69 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 6.

70 Barth/Ganner, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3 (2018), 393.

71 Barth/Ganner, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3, 392.

72 Barth/Ganner, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3, 392.

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der Unterlassung einer „risikoreichen Operation“, die Ablehnung einer „künstlichen Le-bensverlängerung“ oder das Verlangen nach einem „natürlichen Sterben“, jedenfalls zu unbestimmt sein würden. Etwaige Formulierungen können sodann nur bei der Ermittlung des Patientenwillens eine Rolle spielen.73

Die Eingriffsvoraussetzungen (bspw irreversibler Bewusstseinsverlust), die nach Verlust der Einwilligungsfähigkeit vorliegen müssen und die der Patient aber mit hinreichender Deutlichkeit beschreiben muss, werden von § 4 PatVG jedoch nicht umschrieben. Fehlt es der Patientenverfügung jedoch inhaltlich an der Namhaftmachung von Eingriffsvo-raussetzungen, besteht laut Bernat die Gefahr, dass die Patientenverfügung regelmäßig wegen zu unbestimmten Inhalts unwirksam ist.74

Pflegemaßnahmen unterliegen (wie bereits unter Punkt B.4. ausgeführt) nicht dem PatVG und kann die Ablehnung dieser nie Inhalt einer Patientenverfügung sein.75

Darüber hinaus muss gemäß § 4 PatVG ebenfalls eindeutig aus der Patientenverfügung hervorgehen, dass der Patient die aus der Ablehnung der medizinischen Maßnahme re-sultierenden Folgen richtig einschätzt.76 Dies muss auch vom Arzt in der Patientenverfü-gung festgehalten werden, um eine „unreflektierte Ablehnung von medizinischen Behand-lungen [zu] vermeiden.“77

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage führen hierzu aus, dass hierbei frühere Erkran-kungen des Patienten selbst oder eine Erkrankung seiner Angehörigen ein Anhaltspunkt bei der richtigen Folgeneinschätzung sein „können“. Auch nennen die Erläuterungen mögliche religiöse Gründe als Beispiel.78

Gemäß § 11 PatVG ändert es an der Wirksamkeit einer Patientenverfügung nichts, wenn der Patient inhaltlich weitere Anmerkungen wie zB mögliche Kontaktpersonen anführt.79

73 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 6.

74 Bernat in Kodek/Schwimann (Hrsg), ABGB Praxiskommentar / ABGB §§ 1-284 ABGB5 (2018), § 4 PatVG, Rz 1.

75 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 5.

76 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 6.

77 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 6.

78 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 6-7.

79 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 9.

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(ii) Aufklärung gemäß § 5 PatVG

Gemäß § 5 PatVG muss „der Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung […]

eine umfassende ärztliche Aufklärung

einschließlich einer Information über Wesen und Folgen der Patientenverfügung für die medizinische Behandlung vorangehen.

Der aufklärende Arzt hat

die Vornahme der Aufklärung und

das Vorliegen der Entscheidungsfähigkeit des Patienten

unter Angabe seines Namens und seiner Anschrift

durch eigenhändige Unterschrift zu dokumentieren und

dabei auch darzulegen, dass und aus welchen Gründen der Patient die Folgen der Patientenverfügung zutreffend einschätzt, etwa weil sie sich auf eine Behandlung be-zieht, die mit einer früheren oder aktuellen Krankheit des Patienten oder eines nahen Angehörigen zusammenhängt.“80

Welcher „Arzt“ aufklärender Arzt iSd § 5 PatVG sein kann, wird im PatVG nicht genauer definiert. Da im Rahmen von Patientenverfügungen auch oftmals der Abbruch lebenser-haltender medizinischer Behandlung einschließlich der künstlichen Ernährung und Beat-mung im Falle irreversibler Bewusstlosigkeit angeordnet wird, sollten laut Bernat als auf-klärender Arzt iSd § 5 PatVG nicht nur ein Arzt für Allgemeinmedizin, sondern auch Internisten sowie Intensivmediziner befugt sein, das ärztliche Aufklärungsgespräch zu führen.81

Ein Facharzt kann jedoch nur dann die ärztliche Aufklärung iSd § 5 PatVG durchführen, sofern durch die Behandlungsablehnung sein medizinisches Fachgebiet berührt wird.82 Eine allfällige Überschreitung des Sonderfachs hat zwar keine Auswirkungen auf die Pa-tientenverfügungsverbindlichkeit, kann jedoch Haftungsfolgen bzw. berufsrechtliche Folgen nach sich ziehen. Unter Umständen könnte eine derartige Überschreitung jedoch auch zur Unwirksamkeit einer Patientenverfügung führen, weil die ordnungsgemäße Auf-klärung angezweifelt werden könnte.83

80 § 5 PatVG.

81 Bernat in Kodek/Schwimann, ABGB Praxiskommentar / ABGB §§ 1-284 ABGB, § 5 PatVG, Rz 1.

82 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 5 PatVG, Rz 5.

83 Barth/Ganner, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3, 398.

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Ein Zahnarzt fällt nicht unter den Arztbegriff iSd ÄrzteG 1998 und kann daher kein rechtswirksam aufklärender Arzt iSd § 5 PatVG sein.84

Auf die ärztliche Aufklärung im Rahmen einer verbindlichen Patientenverfügung kann nicht verzichtet werden!85

Wird diese nicht eingeholt, liegen nicht alle Voraussetzungen für eine verbindliche Pati-entenverfügung vor und kann diese PatiPati-entenverfügung somit nur mehr eine „andere“

Patientenverfügung iSd § 8 PatVG sein, ist aber dennoch der Ermittlung des Patienten-willens zu Grunde zu legen.86

Wichtig ist, dass die erfolgte ärztliche Aufklärung über das Vorliegen der Entscheidungs-fähigkeit und die Abschätzung der Folgen für die jeweils abgelehnte Behandlung durch Namen und Anschrift des aufklärenden Arztes eigenhändig und schriftlich durch diesen bestätigt wird.87

Da die ärztliche Aufklärung vor der Errichtung bei einem Juristen erfolgen muss, emp-fiehlt es sich aus praktischen Gründen auch das jeweilige Datum an der Bestätigung an-zubringen.88

Diese oben genannten Punkte müssen nicht zwingend selbst Teil der Patientenverfü-gung sein (Achtung, anders bei der juristischen Beratung!), es reicht, wenn die ärztliche Bestätigung darüber der Patientenverfügung angeschlossen ist.89

(iii) Errichtung gemäß § 6 PatVG

§ 6 Abs 1 PatVG normiert, dass die Patientenverfügung dann verbindlich ist, wenn sie

„schriftlich unter Angabe des Datums 1. vor einem Rechtsanwalt oder 2. vor einem Notar oder

84 Barth/Ganner, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3, 398.

85 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 6.

86 § 8 PatVG.

87 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 5 PatVG, Rz 17-18.

88 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 5 PatVG, Rz 17.

89 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 5 PatVG, Rz 17-18.

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3. vor einem rechtskundigen Mitarbeiter der Patientenvertretungen (§ 11e des Kran-kenanstalten und Kuranstaltengesetzes, BGBl. Nr. 1/1957) oder

4. nach Maßgabe technischer und personeller Möglichkeiten vor einem rechtskundi-gen Mitarbeiter eines Erwachsenenschutzvereins

errichtet worden ist und der Patient über die Folgen einer verbindlichen Patientenver-fügung sowie die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs belehrt worden ist.“90

Laut OGH ist „für das Kriterium der Schriftlichkeit in § 6 Abs 1 PatVG auf § 886 ABGB zurückzugreifen“.91

Unter „Errichten“ iSd § 6 PatVG versteht man die Verpflichtung des Patienten, Textie-rung sowie den Inhalt den die Patientenverfügung zum Ausdruck bringen soll, in Gegen-wart einer von § 6 Abs 1 PatVG genannten Person zu unterzeichnen.92

§ 6 Abs 2 PatVG normiert überdies explizit, dass die Belehrung über die Folgen einer verbindlichen Patientenverfügung sowie die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs in der Patientenverfügung samt Namen, Adresse, Datum und eigenhändiger Unterschrift der in § 6 Abs 1 Z 1-4 PatVG genannten Person dokumentiert werden muss.93 Bei der anzu-gebenden Adresse handelt es sich um die berufliche Anschrift des in § 6 Abs 1 Z 1-4 PatVG angeführten Juristen.94

Auch enthält Abs 2 die mit der Patientenverfügungs-Gesetz-Novelle 2018 eingeführte Verpflichtung, die Patientenverfügung – sofern der Patient nicht widerspricht – in

Auch enthält Abs 2 die mit der Patientenverfügungs-Gesetz-Novelle 2018 eingeführte Verpflichtung, die Patientenverfügung – sofern der Patient nicht widerspricht – in