C. Arten der Patientenverfügung
2. Neue Rechtslage (Nach PatVG-Novelle 2018)
Die Unterscheidung zwischen verbindlicher und beachtlicher Patientenverfügung wurde aufgrund ausgeübter Kritik der Enquete-Kommission mit der Patientenverfügungs-Ge-setz-Novelle 2018 aufgegeben 57:
„Die Verlängerung bestehender Fristenregelungen bzw. Vereinfachungen bei Verlänge-rungen sollen geprüft und ehebaldigst Neugestaltungen (2016) vorgenommen werden.
Weiters sollten Fragen zu Möglichkeiten einer generellen und spezialisierten Patienten-verfügung und hinsichtlich einer Zusammenführung von beachtlicher und verbindli-cher Patientenverfügung besprochen werden.“58
Der Begriff der „beachtlichen“ Patientenverfügung stieß in der Literatur immer wieder auf Kritik.59 Der missverständliche Terminus der „Beachtlichkeit“ führte auch dazu, dass nach der Entscheidung 9 Ob 68/11g des OGH eine lebenserhaltende Maßnahme
54 OGH 8.10.2012, 9 Ob 68/11g.
55 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 9 PatVG, Rz 1.
56 OGH 8.10.2012, 9 Ob 68/11g.
57 ErläutRV 337 BlgNR 26. GP 2.
58 Empfehlungen der Enquete-Kommission, AB 491 BlgNR 25. GP 9.
59 Rammelmüller, Zak 2019/4, 64 (66); Kopetzki, Neue Impulse für Patientenverfügungen, RdM 2018/5, 161.
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erzwungen werden konnte, sofern der Konsens zwischen Arzt und Vertreter des Patienten fehlte. Dies bei Vorliegen einer ausdrücklichen Behandlungsablehnung im Rahmen einer beachtlichen Patientenverfügung.60
Anstelle der Terminologie „beachtliche Patientenverfügung“ spricht das PatVG nun-mehr von „anderen Patientenverfügungen“. Gemäß § 8 PatVG sind dies nunnun-mehr alle Patientenverfügungen, die „nicht alle Voraussetzungen der §§ 4 bis 7 erfüllen“, diese sind aber „dennoch der Ermittlung des Patientenwillens zu Grunde zu legen“61:
Auch durch die Einführung des § 1 Abs 2 Satz 2 PatVG erfolgte nun eine wesentliche Klarstellung62:
60 9 Ob 68/11g = EF-Z 2013/22, 30 = EvBl 2013/60, 414 (Pfurtscheller) = iFamZ 2013/14, 50 (Ganner) = RdM 2013/74, 104 (Kopetzki) = SZ 2012/100 = Zak 2012/762, 415 (Kletečka); siehe auch Kopetzki, RdM 2018/119, 161.
61 vgl § 8 PatVG alt und § 8 PatVG.
62 Rammelmüller, Zak 2019/4, 64 (65).
3. Abschnitt
Beachtliche Patientenverfügung Voraussetzungen
3. Abschnitt Bedeutung anderer Patientenverfügungen Voraussetzungen
§ 8 PatVG alt § 8 PatVG
Eine Patientenverfügung, die nicht alle Voraussetzungen der §§ 4 bis 7 erfüllt, ist dennoch für die Ermittlung des Willens des Patienten beachtlich.
Eine Patientenverfügung, die nicht alle Voraussetzungen der §§ 4 bis 7 erfüllt, ist dennoch der Ermittlung des Patientenwillens zu Grunde zu legen.
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Daraus folgt, dass jede vorliegende Patientenverfügung der Ermittlung des Behandlungs-willens des Patienten zu Grunde zu legen ist. 63 Der Terminus „zu Grunde zu legen“
wurde bewusst gewählt, um den behandelnden Ärzten einen möglichst großen Spielraum zu lassen, um „ihren Beruf nach bestem Wissen und Gewissen ausüben zu können“.64 Nach wie vor sind nach § 9 PatVG „andere“ Patientenverfügungen gemäß § 8 PatVG
„bei der Ermittlung des Parteiwillens umso mehr zu berücksichtigen, je mehr sie die Voraussetzungen einer verbindlichen Patientenverfügung erfüllen.“65
„Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. inwieweit der Patient die Krankheitssituation, auf die sich die Patientenverfügung bezieht, sowie deren Folgen im Errichtungszeitpunkt einschätzen konnte,
2. wie konkret die medizinischen Behandlungen, die Gegenstand der Ablehnung sind, beschrieben sind,
3. wie umfassend eine der Errichtung vorangegangene ärztliche Aufklärung war, 4. inwieweit die Verfügung von den Formvorschriften für eine verbindliche
Patien-tenverfügung abweicht,
5. wie lange die letzte Erneuerung zurückliegt und
63 § 1 Abs 2 Satz 2 PatVG.
64 Rammelmüller, Zak 2019/4, 64 (66); ErläutRV 337 BlgNR 26 GP 2.
65 § 9 PatVG.
§ 1 PatVG alt § 1 PatVG
(1) Dieses Bundesgesetz regelt die Voraussetzungen und die Wirksamkeit von Patientenverfügungen.
(2) Eine Patientenverfügung kann verbindlich oder für die Ermittlung des Patientenwillens beachtlich sein.
(1) Dieses Bundesgesetz regelt die Voraussetzungen und die Wirksamkeit
von Patientenverfügungen.
(2) Eine Patientenverfügung kann den Willen eines Patienten, eine
medizinische Behandlung abzulehnen, verbindlich festlegen (§ 6). Im Übrigen ist jede vorliegende
Patientenverfügung der Ermittlung des Patientenwillens zu Grunde zu legen (§ 8).
(3) Die Voraussetzungen, das Bestehen, der Umfang, die Wirkungen, die Änderung und die Beendigung einer Patientenverfügung richten sich für Behandlungen in Österreich nach österreichischem Recht.
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6. wie häufig die Patientenverfügung erneuert wurde.“66 a) Die verbindliche Patientenverfügung
Eine verbindliche Patientenverfügung liegt dann vor, wenn die allgemeinen Voraus-setzungen erfüllt sind. Daher müssen die Kriterien der Entscheidungsfähigkeit sowie der Höchstpersönlichkeit zum Errichtungszeitpunkt vorliegen (§ 3 PatVG, vgl Punkt II. und III.), die besonderen Inhalts- sowie Formerfordernisse gemäß den §§ 4-7 PatVG einge-halten worden sein sowie darf die Patientenverfügung nicht gemäß § 10 PatVG unwirk-sam sein.67
(i) Inhalt gemäß § 4 PatVG
§ 4 PatVG normiert die besonderen Inhaltserfordernisse der verbindlichen Patientenver-fügung.68
Eine Patientenverfügung ist in der Regel dann unmittelbar verbindlich, wenn die medizi-nischen Behandlungen, die darin abgelehnt werden, inhaltlich eindeutig umschrieben werden und muss die in der Patientenverfügung definierte medizinische Situation der tat-sächlich eingetretenen Situation auch entsprechen.69 Damit kann laut Barth/Ganner hier nur der Fall gemeint sein, dass die vom Patienten definierte Behandlungsablehnung me-dizinisch indiziert und vorzunehmen wäre.70
Es reicht also grundsätzlich aus, wenn die abgelehnten medizinischen Behandlungen ein-deutig aus dem Zusammenhang der Patientenverfügung hervorgehen.71
Konkret kann daher bspw die Ablehnung einer Dialyse oder die Ablehnung einer Lang-zeit-Beatmungsbehandlung festgelegt werden.72
Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ist zu entnehmen, dass allzu allgemeine For-mulierungen, wie das Verbot eines „menschenunwürdigen Daseins“, der Wunsch nach
66 § 9 PatVG.
67 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, Vor § 4 PatVG, Rz 1.
68 § 4 PatVG.
69 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 6.
70 Barth/Ganner, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3 (2018), 393.
71 Barth/Ganner, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3, 392.
72 Barth/Ganner, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3, 392.
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der Unterlassung einer „risikoreichen Operation“, die Ablehnung einer „künstlichen Le-bensverlängerung“ oder das Verlangen nach einem „natürlichen Sterben“, jedenfalls zu unbestimmt sein würden. Etwaige Formulierungen können sodann nur bei der Ermittlung des Patientenwillens eine Rolle spielen.73
Die Eingriffsvoraussetzungen (bspw irreversibler Bewusstseinsverlust), die nach Verlust der Einwilligungsfähigkeit vorliegen müssen und die der Patient aber mit hinreichender Deutlichkeit beschreiben muss, werden von § 4 PatVG jedoch nicht umschrieben. Fehlt es der Patientenverfügung jedoch inhaltlich an der Namhaftmachung von Eingriffsvo-raussetzungen, besteht laut Bernat die Gefahr, dass die Patientenverfügung regelmäßig wegen zu unbestimmten Inhalts unwirksam ist.74
Pflegemaßnahmen unterliegen (wie bereits unter Punkt B.4. ausgeführt) nicht dem PatVG und kann die Ablehnung dieser nie Inhalt einer Patientenverfügung sein.75
Darüber hinaus muss gemäß § 4 PatVG ebenfalls eindeutig aus der Patientenverfügung hervorgehen, dass der Patient die aus der Ablehnung der medizinischen Maßnahme re-sultierenden Folgen richtig einschätzt.76 Dies muss auch vom Arzt in der Patientenverfü-gung festgehalten werden, um eine „unreflektierte Ablehnung von medizinischen Behand-lungen [zu] vermeiden.“77
Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage führen hierzu aus, dass hierbei frühere Erkran-kungen des Patienten selbst oder eine Erkrankung seiner Angehörigen ein Anhaltspunkt bei der richtigen Folgeneinschätzung sein „können“. Auch nennen die Erläuterungen mögliche religiöse Gründe als Beispiel.78
Gemäß § 11 PatVG ändert es an der Wirksamkeit einer Patientenverfügung nichts, wenn der Patient inhaltlich weitere Anmerkungen wie zB mögliche Kontaktpersonen anführt.79
73 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 6.
74 Bernat in Kodek/Schwimann (Hrsg), ABGB Praxiskommentar / ABGB §§ 1-284 ABGB5 (2018), § 4 PatVG, Rz 1.
75 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 5.
76 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 6.
77 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 6.
78 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 6-7.
79 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 9.
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(ii) Aufklärung gemäß § 5 PatVG
Gemäß § 5 PatVG muss „der Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung […]
eine umfassende ärztliche Aufklärung
einschließlich einer Information über Wesen und Folgen der Patientenverfügung für die medizinische Behandlung vorangehen.
Der aufklärende Arzt hat
die Vornahme der Aufklärung und
das Vorliegen der Entscheidungsfähigkeit des Patienten
unter Angabe seines Namens und seiner Anschrift
durch eigenhändige Unterschrift zu dokumentieren und
dabei auch darzulegen, dass und aus welchen Gründen der Patient die Folgen der Patientenverfügung zutreffend einschätzt, etwa weil sie sich auf eine Behandlung be-zieht, die mit einer früheren oder aktuellen Krankheit des Patienten oder eines nahen Angehörigen zusammenhängt.“80
Welcher „Arzt“ aufklärender Arzt iSd § 5 PatVG sein kann, wird im PatVG nicht genauer definiert. Da im Rahmen von Patientenverfügungen auch oftmals der Abbruch lebenser-haltender medizinischer Behandlung einschließlich der künstlichen Ernährung und Beat-mung im Falle irreversibler Bewusstlosigkeit angeordnet wird, sollten laut Bernat als auf-klärender Arzt iSd § 5 PatVG nicht nur ein Arzt für Allgemeinmedizin, sondern auch Internisten sowie Intensivmediziner befugt sein, das ärztliche Aufklärungsgespräch zu führen.81
Ein Facharzt kann jedoch nur dann die ärztliche Aufklärung iSd § 5 PatVG durchführen, sofern durch die Behandlungsablehnung sein medizinisches Fachgebiet berührt wird.82 Eine allfällige Überschreitung des Sonderfachs hat zwar keine Auswirkungen auf die Pa-tientenverfügungsverbindlichkeit, kann jedoch Haftungsfolgen bzw. berufsrechtliche Folgen nach sich ziehen. Unter Umständen könnte eine derartige Überschreitung jedoch auch zur Unwirksamkeit einer Patientenverfügung führen, weil die ordnungsgemäße Auf-klärung angezweifelt werden könnte.83
80 § 5 PatVG.
81 Bernat in Kodek/Schwimann, ABGB Praxiskommentar / ABGB §§ 1-284 ABGB, § 5 PatVG, Rz 1.
82 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 5 PatVG, Rz 5.
83 Barth/Ganner, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3, 398.
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Ein Zahnarzt fällt nicht unter den Arztbegriff iSd ÄrzteG 1998 und kann daher kein rechtswirksam aufklärender Arzt iSd § 5 PatVG sein.84
Auf die ärztliche Aufklärung im Rahmen einer verbindlichen Patientenverfügung kann nicht verzichtet werden!85
Wird diese nicht eingeholt, liegen nicht alle Voraussetzungen für eine verbindliche Pati-entenverfügung vor und kann diese PatiPati-entenverfügung somit nur mehr eine „andere“
Patientenverfügung iSd § 8 PatVG sein, ist aber dennoch der Ermittlung des Patienten-willens zu Grunde zu legen.86
Wichtig ist, dass die erfolgte ärztliche Aufklärung über das Vorliegen der Entscheidungs-fähigkeit und die Abschätzung der Folgen für die jeweils abgelehnte Behandlung durch Namen und Anschrift des aufklärenden Arztes eigenhändig und schriftlich durch diesen bestätigt wird.87
Da die ärztliche Aufklärung vor der Errichtung bei einem Juristen erfolgen muss, emp-fiehlt es sich aus praktischen Gründen auch das jeweilige Datum an der Bestätigung an-zubringen.88
Diese oben genannten Punkte müssen nicht zwingend selbst Teil der Patientenverfü-gung sein (Achtung, anders bei der juristischen Beratung!), es reicht, wenn die ärztliche Bestätigung darüber der Patientenverfügung angeschlossen ist.89
(iii) Errichtung gemäß § 6 PatVG
§ 6 Abs 1 PatVG normiert, dass die Patientenverfügung dann verbindlich ist, wenn sie
„schriftlich unter Angabe des Datums 1. vor einem Rechtsanwalt oder 2. vor einem Notar oder
84 Barth/Ganner, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3, 398.
85 ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 6.
86 § 8 PatVG.
87 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 5 PatVG, Rz 17-18.
88 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 5 PatVG, Rz 17.
89 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 5 PatVG, Rz 17-18.
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3. vor einem rechtskundigen Mitarbeiter der Patientenvertretungen (§ 11e des Kran-kenanstalten und Kuranstaltengesetzes, BGBl. Nr. 1/1957) oder
4. nach Maßgabe technischer und personeller Möglichkeiten vor einem rechtskundi-gen Mitarbeiter eines Erwachsenenschutzvereins
errichtet worden ist und der Patient über die Folgen einer verbindlichen Patientenver-fügung sowie die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs belehrt worden ist.“90
Laut OGH ist „für das Kriterium der Schriftlichkeit in § 6 Abs 1 PatVG auf § 886 ABGB zurückzugreifen“.91
Unter „Errichten“ iSd § 6 PatVG versteht man die Verpflichtung des Patienten, Textie-rung sowie den Inhalt den die Patientenverfügung zum Ausdruck bringen soll, in Gegen-wart einer von § 6 Abs 1 PatVG genannten Person zu unterzeichnen.92
§ 6 Abs 2 PatVG normiert überdies explizit, dass die Belehrung über die Folgen einer verbindlichen Patientenverfügung sowie die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs in der Patientenverfügung samt Namen, Adresse, Datum und eigenhändiger Unterschrift der in § 6 Abs 1 Z 1-4 PatVG genannten Person dokumentiert werden muss.93 Bei der anzu-gebenden Adresse handelt es sich um die berufliche Anschrift des in § 6 Abs 1 Z 1-4 PatVG angeführten Juristen.94
Auch enthält Abs 2 die mit der Patientenverfügungs-Gesetz-Novelle 2018 eingeführte Verpflichtung, die Patientenverfügung – sofern der Patient nicht widerspricht – in ELGA (elektronische Gesundheitsakte) zur Verfügung zu stellen.95 Wie diese Zurverfü-gungstellung genau aussehen soll, ist in einer zu erlassenden Verordnung des Bundesmi-nisterin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz gem § 14d PatVG fest-zulegen.96
90 § 6 PatVG.
91 RIS-Justiz RS0128219.
92 Bernat in Kodek/Schwimann, ABGB Praxiskommentar / ABGB §§ 1-284 ABGB, § 6 PatVG, Rz 1.
93 § 6 Abs 2 PatVG.
94 ErläutRV 337 BlgNR 26. GP 3.
95 § 6 Abs 2 PatVG.
96 § 6 Abs 2 PatVG.
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Aufgrund der verpflichtenden Höchstpersönlichkeit muss in einem ersten Schritt die Identität des errichtenden Patienten überprüft werden.97
Gemäß § 10 Abs 4 RAO gilt für den Rechtsanwalt, dass dieser die Identität der Partei an Hand eines amtlichen Lichtbildausweises zu überprüfen hat. Überdies muss die Partei
„umfassend über die mögliche Gestaltung der Urkunde und deren Rechtswirkungen be-lehrt werden und muss sich der Rechtsanwalt vergewissern, dass die Partei die Tragweite und die Auswirkungen ihrer rechtsgeschäftlichen Verfügung verstanden hat“.98
Selbiges gilt gemäß § 5a NO für den Notar. 99
Laut Barth/Ganner kann idZ auch § 4c Abs 3 ErwSchVG analog angewendet werden.100 Den errichtenden Juristen trifft zusammengefasst die Belehrungs- sowie auch die Doku-mentationsfunktion. Auch ist dieser für die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen verantwortlich sowie auch für die klare Formulierung für den später behandelnden Arzt oder eine sonstige am Behandlungsgeschehen beteiligte Person (Textverantwortlich-keit).101
Die rechtskundige Person hat sich zusätzlich nochmals von der Entscheidungsfähigkeit zu überzeugen102.
Die juristisch zu leistende Aufklärung besteht einerseits in der Information des Patienten über die rechtlichen Folgen (vA Wirksamkeit) sowie über die Möglichkeit des jederzei-tigen, formfreien Widerrufs.103
Es empfiehlt sich auch ein Hinweis im Zusammenhang mit der Dauer der Wirksamkeit.104
97 Barth/Ganner, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3, 406.
98 § 10 Abs 4 RAO.
99 § 5a NO.
100 Barth/Ganner, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3, FN 1770.
101 Barth/Ganner, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3, 404; ErläutRV 1299 BlgNR 22. GP 7.
102 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 6 Rz 12; Memmer, Das Patientenverfügungs-Gesetz 2006, RdM 2006/6, 163 (170); Kunz/Gepart, Aufgaben der bei der Errichtung einer Patientenverfügung mitwirkenden Juristen - am Beispiel des Rechtsanwalts, FamZ 2006/2, 81 (85); Barth/Ganner, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3, 406.
103 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 6 PatVG, Rz 11-13.
104 Traar/Pesendorfer/Fritz/Barth, Sachwalterrecht, § 6 PatVG, Rz 11-13.
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Außerdem müssen die inhaltlichen und formellen Erfordernisse geprüft werden (Text-verantwortlichkeit).105
Man kann die Aufgaben des errichtenden Juristen somit wie folgt zusammenfassen:
Belehrungsfunktion
Textverantwortlichkeit
Beglaubigungsfunktion
Bestätigung über Belehrung.106
(iv) Wirkungen einer verbindlichen Patientenverfügung
Eine verbindliche Patientenverfügung kann mehrere Adressaten haben und somit auch unterschiedliche Wirkungen entfalten. Grundsätzlich kann die Patientenverfügung Wir-kungen gegenüber
dem behandelnden Arzt
Angehörigen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe
einer Krankenanstalt bzw. Versorgungseinrichtung
einem Vertreter des Patienten
dem Gericht
entfalten.107
(v) Geltungsdauer a. PatVG alt
Gemäß § 7 PatVG alt hatte die verbindliche Patientenverfügung eine allgemeine Gel-tungsdauer von fünf Jahren, berechnet ab Unterschrift des Patienten vor dem Juristen.
Ausgenommen davon normierte § 7 Abs 3 PatVG alt, dass die Patientenverfügung dann
105 Barth/Ganner, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3, 405; ErläutRV 1299 BlgNR 26. GP 3.
106 Kunz/Gepart, FamZ 2006/2, 81 (82).
107 Barth/Ganner, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3, Kapitel III, Punkt 2., Ziffern a-e.
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nicht durch Zeitablauf ihre Gültigkeit verliert, wenn der Patient einwilligungsunfähig wird.108
Eine am 12.03.2018 errichtete Patientenverfügung ist somit bis einschließlich 12.03.2023 verbindlich.
b. PatVG neu
Gemäß § 7 Abs 1 PatVG verliert die verbindliche Patientenverfügung nunmehr nicht nach dem Ablauf von fünf sondern von acht Jahren ab Errichtung ihre Verbindlichkeit, sofern kein kürzeres Ablaufdatum bestimmt wurde. Eine Erneuerung ist nach ärztlicher Aufklä-rung gemäß § 5 PatVG möglich. Die 8-Jahres-Frist oder die kürzer bestimmte Ablauf-dauer beginnt sodann neu zu laufen.109
Nach alter Rechtslage mussten zur Erneuerung der verbindlichen Patientenverfügung die Formerfordernisse des § 6 PatVG alt eingehalten werden, dies wurde nunmehr gestrichen und das Erneuerungsverfahren sohin vereinfacht.110
Es genügt nunmehr die bloße ärztliche Aufklärung iSd § 5 PatVG, eine juristische Bera-tung ist nicht zwingend erforderlich.111