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2. SCHRIFTTUM

2.3 Wirkung von ROS auf Spermien

2.3.2 Pathologische Effekte von ROS auf die Spermien

Der hohe Anteil an ungesättigten Fettsäuren gibt der Plasmamembran die Beweglichkeit, die sie für die Spermienbewegung und die Teilnahme an der Membranfusion bei der Befruchtung braucht. Gleichzeitig gibt sie ihr die strukturelle Integrität, die für die Le-bensfähigkeit benötigt wird. Ein Verlust der Integrität – hervorgerufen durch ROS – kann zu einer gesteigerten Membranpermeabilität und Regulationsverlusten der intrazellulären Ionenkonzentrationen führen, welche in die Kontrolle der Spermienbewegung mit eingebunden sind (BAUMBER 2000).

Normalerweise besteht ein Gleichgewicht zwischen den ROS, die produziert, und denen, welche durch Antioxidantien abgefangen werden. Steigt jedoch der Anteil reaktiver Sauerstoffradikale im Vaginalsekret oder im Sperma an, entsteht oxidativer Streß für die Spermien (DANDEKAR et al. 2002). Hierdurch verändert sich der zelluläre Meta-bolismus der Zelle, wobei Bewegung und Funktion der Spermien beeinflußt werden können (SIKKA 2001). Der oxidative Streß kann außerdem zu Schäden an DNS, Genen und Proteinen führen. Schäden an der DNS können entweder durch Oxidation von DNS-Basen und –SH-Gruppen von Proteinen oder durch kovalente Bindungen entstehen, durch die es zu Strangbrüchen oder „Cross-Linking“ kommen kann (ERNSTER und YAGI 1993). Zahlreiche Studien bei menschlichen Spermien haben gezeigt, daß die DNS der Samenzellen durch ROS geschädigt werden kann, wodurch es zu negativen Effekten auf die korrekte Weitergabe der Erbinformation kommt (SIKKA et al 1995).

Leider gibt es nur wenig veröffentlichte Informationen über den Einfluß von ROS auf Pferdesperma. Bei In-vitro-Versuchen mit Pferdespermien führte eine erhöhte Produktion von ROS zu einem Motilitätsverlust der Spermien, wohingegen kein meßbarer Abfall der Lebensfähigkeit oder der Akrosomintegrität der Spermien festgestellt werden konnte (BAUMBER et al. 2000). Hydrogenperoxide scheinen die am meisten toxischen ROS unter In-vitro-Konditionen zu sein (KIM und PARTHASARATHY 1998) und haben auch beim Pferddie gravierendsten zytotoxischen Effekte auf die Spermien (BALL et al. 2001).

Infektion Entzündung

↑Reaktive Sauerstoffradikale

(O2.-, H2O2, OH.)

Beschädigte Spermien

↓Antioxidantien (SOD, Katalase, Vitamine E, C,

β-Karotin)

↑Oxidativer Stress

↑Beschädigung an DNA, Proteinen,

Lipiden

↑Chemokine ↑LPO im Sperma

Veränderte Ca2+

Regulierung

Spermienfunktionsstörung

↓Fertilität

[↓GSH, NAD(H)]

(↑Fe3+)

Abb. 3: Schema der zusammenhängenden Mechanismen zwischen oxidativem Stress, Antioxidantien und Fruchtbarkeitsaussicht (modifiziert nach SIKKA et al. 1995)

Schrifttum

2.3.2.1 Effekt auf Mitochondrien

Bei unfruchtbaren Männern mit einem hohen Anteil an O2·- in den Samenproben ist die verringerte Spermienmotilität wahrscheinlich auf eine Behinderung der mitochondrialen Funktion der Spermien durch ROS zurückzuführen (AITKEN et al. 1992;

KESSOPOULOU et al.1992; ARMSTRONG et al. 1999).

SIKKA (2001) schreibt nach Versuchen mit menschlichen Spermien, daß das – im Gegensatz zum Kopf – sehr zarte Mittelstück der Spermien einen Hauptangriffspunkt der reaktiven SauerstofVGruppen darstellt, da es besonders viele Mitochondrien besitzt. Die Spermien verlieren in einem solchen Fall einen großen Teil ihrer Motilität, was wahrscheinlich durch einen starken Verlust von intrazellulärem ATP zu erklären ist, welcher zu Schäden am Axon führt. Neben dem Motilitätsverlust kommt es zu einer verringerten Lebensfähigkeit und vermehrten morphologischen Veränderungen am Mittelstück. Diese Defekte haben schädliche Auswirkungen auf die Kapazitation und die Akrosomreaktion (DE LAMIRANDE und GAGNON 1992). Es ist vor allem H2O2, welches direkt mit dem mitochondrialen ATP reagiert.

Ein weiterer möglicher Mechanismus, durch den ROS die Spermienmotilität beeinflussen können, ist eine Änderung der mitochondrialen Funktion: Die Motilität der Spermien beruht auf der Integrität der mitochondrialen Hülle. Der Hauptbestandteil dieser Hülle sind Phospholipide, welche durch ROS oxidiert werden können (ALVAREZ und STOREY 1982).

2.3.2.2 Lipidperoxidation

Lipidperoxidation (LPO) der Spermienmembranen kann durch ROS hervorgerufen wer-den. Bei der LPO kommt es zur Autooxidation ungesättigter Fettsäuren. Die Bildung der Lipidperoxide wird von einem Verlust der Spermienmotilität begleitet und die Spermien beginnen, aneinander zu kleben (KIM und PARTHASARATHY 1998). Die beiden bekannten Typen der Lipidperoxidation sind die nicht-enzymatische und die enzymatische (NADPH- und ADP-abhängige) Peroxidation. Der enzymatische Weg führt schließlich zu Malondialdehyd (MDA), welches als diagnostischer Meßwert für die Lipidperoxidation der Spermien gemessen werden kann. Die Umwandlungsprodukte der LPO, die

zytotoxischen Aldehyde, sind auch für die Spermien hoch toxisch und führen zu einem irreversiblen Motilitätsverlust (ALVAREZ et al. 1987; SELLEY et al. 1991).

Der hohe Anteil an Doppelbindungen erlaubt den ROS, die Kohlenstoffketten der ungesättigten Fettsäuren anzugreifen, wodurch ein Lipidradikal produziert wird. Diese Umwandlung ist der erste Schritt einer Kettenreaktion. Das geformte Alkylradikal wandelt sich in ein gebundenes Dien, welches mit Sauerstoff reagiert und ein Peroxylradikal (LOO·) bildet. Alkyl- und Peroxylradikale können wiederum mit den intakten ungesättigten Fettsäuren reagieren. Wenn der Prozeß der Lipidperoxidation erst einmal begonnen hat, laufen die Reaktionen je nach Dichte der ungesättigten Fettsäuren an der Membran entlang und führen zu ihrer Desorganisation und zur Verschlechterung ihrer funktionellen Eigenschaften. Das Vorhandensein von Übergangsmetallen führt durch das Starten neuer Reaktionsketten, die von Lipidhydroperoxiden ausgehen, zu einem Ansteigen der Lipidperoxidation. Die Kettenreaktion kommt erst zum Stillstand, wenn Radikalgruppen miteinander oder mit abfangenden Gruppen reagieren (GRIVEAU und LE LANNOU 1997). Die Veränderung der Membraneigenschaften ist nicht zuletzt deshalb extrem schädlich, da mit ihr die Fähigkeit der Spermien abnimmt, die Fusion – welche mit der Akrosomreaktion verbunden ist – (AITKEN et al. 1993) und die Oozytenpenetration (AITKEN et al. 1991, 1993) einzuleiten. Metaboliten der LPO können durch Glutathion-Peroxidase entfernt werden, was zu einem niedrigen NADH- und veränderten Ca+-Level der Zelle führt.

Spermien scheinen in gewissem Grade Reparaturmechanismen für durch ROS verursachte Schäden zu besitzen. Das Vorkommen dieser Mechanismen ist vereinzelt beobachtet worden. Die Art und Weise, wie diese Reparaturen durchgeführt werden, müßte noch genauer untersucht werden (DE LAMIRANDE und GAGNON 1992).

Schrifttum

Superoxid- Dismutase

Fe 2+ Fentonreaktion Protonation Fe 3+

Intrazelluläre Quelle z.B. NADPH-Oxidase

Extrazelluläre Quelle

z.B. neutrophile Granulozyten H2O2 Hydrogenperoxid O2-. Superoxid

HO. HO2.

Hydroxylradikal Hydroperoxydradikal

W

Übergangsmetall

Hitze Metallionen Säure

Initiation der Lipidoxidation

RH assertoffabspaltung R.

Lipid Lipidradikal O2

ROO.

Lipidperoxylradikal Antioxidative Mechanismen

ROOH Lipidperoxid

Lipidperoxidation in der Spermienplasmamembran

Vermehrung der Lipidperoxidation ROOH RO. Alkoxylradikal

ROO. Peroxylradikal

Lipidradikale R. RH O2

Malondialdehyd

Abb. 4: Schematische Darstellung der Wege der Lipidperoxidation bei Spermien (modifiziert nach SHARMA u. AGARWAL 1996)