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Ein passionierter Lehrer

Jürgen Hahn

Vorlesungen

Am 29. April 1947, vier Wochen nach seiner Berufung zum ordentlichen Professor, hält Heinrich Heyde seine Antrittsvorlesung vor Landwirtschaftsstudenten der Berliner Universität. Geheimrat Fischer, sein großes Vorbild und Vorgänger im Amt, führt ihn mit einem Geleitwort26 ein.

Das sorgfältig ausformulierte, maschinengeschriebene Manuskript dieser Vorlesung ist erhalten geblie-ben. Die Landmaschinenkunde nennt Heyde ein ... wichtiges, aber einer wissenschaftlichen Behandlung gegenüber doch noch sprödes Gebiet, dessen Schwierigkeit und besonderer Reiz in der Vielfalt der Be-dingungen läge [1]. In der Annahme, bei den mit Pflanze, Tier und Boden vertrauten angehenden Land-wirten für die Technik wohl doch erst das Eis brechen zu müssen, bezeichnet Heyde die Landmaschinen-lehre als ein

... neues Fach, ein Fach anderer Art als die biologischen. Es gäbe aber die ... Notwendigkeit, die Studen-ten der Landwirtschaft mit dem technischen Denken bekannt zu machen [1].

Man darf vermuten, dass Heyde die im Manuskript folgende Anmerkung mit Beispielen gefüllt hat, als er die Landtechnik als eine Disziplin charakterisiert, die

... trotz großer Entwicklungen in den zwanziger und dreißiger Jahren die größten Entwicklungen noch vor sich hat [1].

Dem Manuskript nach zu urteilen ist es ein Vortrag mit einem sehr pragmatischen Duktus, beeinflusst von den Schwierigkeiten der Nachkriegszeit. Nur einmal ist akademisches Pathos deutlicher zu spüren, nämlich als er dem verehrten Altmeister für sein Geleitwort dankt und verspricht,

... dass wir die Arbeit an seinem Lehrstuhl in seinem Geiste fortsetzen wollen, in der Absicht, wie Heyde fortfährt, ... in unbestechlicher Wahrheitsliebe und unermüdlichem Drang nach Erkenntnis die Probleme zu suchen und sie zu lösen, um ein klares, umfassendes Lehrgebäude unseres Gebietes zu erlangen [1].

Und wie zur Bekräftigung der Absicht, sogleich zur Geschäftsordnung überzugehen, sind an das Manu-skript Geschäftliche Bemerkungen angeheftet. Die Vorstellung der Mitarbeiter wird mit der Hoffnung verbunden, ... mit den Hörern bald in enger Fühlung bei der gemeinsamen Arbeit zu stehen. Dazu seien besonders Übungen, Kolloquien und Exkursionen geeignet. Sprechstunden sind jeweils im Anschluss an die Vorlesung vorgesehen [1].

Der Entwurf eines Lehrplans für Landmaschinenkunde ist auf zwei Wochenstunden im fünften und sechs-ten Semester ausgelegt [2]. Zur Lehrbuchsituation heißt es in den Notizen nur lakonisch: Literatur knapp.

Kein Wunder, zwei Jahre nach Kriegsende.

26Für das Geleitwort Fischers gibt es keine Aufzeichnungen, die erhalten geblieben sind. Die hohe Meinung des Geheimrats über seinen Nachfolger geht aber aus einem Brief hervor, in dem Fischer im Mai 1947 an Theodor Stroppel schreibt: ... Mein Nachfolger hat sich mit der ganzen Energie, die wir an ihm kennen, in die Arbeit hineingestürzt, und ich glaube bestimmt, dass er gute Erfolge haben wird. Er kennt unser Fach und die Welt, in der die Landmaschinen arbeiten müssen, sehr gut, ist sogar ein sehr tüchtiger Landwirt, und außerdem wird sein pädagogisches Talent von allen Stellen, an denen er es beweisen konnte, ganz besonders gelobt. [19].

Auch vor dem Amtsantritt als ordentlicher Professor und Direktor des Landmaschinen-Instituts an der Berliner Universität am 1. April 1947 besitzt Heinrich Heyde schon reiche Lehrerfahrungen.

Bereits von 1938 bis 1943 hat er an der Staatlichen Ingenieurschule Stettin Mechanik, Festigkeitslehre, Mathematik und Technisches Zeichnen gelehrt. Unmittelbar nach Kriegsende füllt er an der Bauschule für Wasserwirtschaft und Kulturtechnik in Suderburg bereitwillig die Lehrvakanzen und lehrt neben Ma-schinenkunde in den Unterrichtsfächern Landwirtschaftliche Betriebslehre sowie Bodenkunde und Pflan-zenbau.

Nach Berlin heimgekommen unterrichtet Heyde ein Jahr lang an einer Pankower Schule und legt Ende 1946 die pädagogische Prüfung für Lehrer an Höheren Schulen ab. Sein Ruf als erstklassiger Pädagoge trägt ihm das Angebot für ein Lehramt an der Pädagogischen Akademie der Gewerbelehrer ein, das er aber ausschlägt.

Mit Beginn des Sommersemesters 1946 kehrt Heyde als Lehrbeauftragter für das Landmaschinenwesen an der Technischen Universität Berlin gewissermaßen zu sein en wissenschaftlichen Wurzeln zurück, hat er doch hier in Charlottenburg ab 1923 studiert, Assistenten pflichten mit studentischer Ausbildung wahr-genommen und 1934 am Lehrstuhl für Mechanik promoviert.

Die TU Berlin ernennt ihn zum Wintersemester 1947 zum Honorarprofessor mit Lehrauftrag für das Landmaschinenwesen. Als die Berufungsentscheidungen für die Lehrstühle in Charlottenburg und Mitte anstehen, entscheidet sich der umworbene Heyde für den Ostteil der Stadt und konzentriert seine Lehrtä-tigkeit fortan auf sein Institut in der Invalidenstraße. Es ist wohl anzunehmen, dass es keine politische Entscheidung für den Osten, eher eine Konsequenz des bodenständigen Pankowers, ganz sicher aber eine Entscheidung für den verpflichtenden Platz im Fischer-Institut und für das Lehrgebiet Landmaschinen-kunde für Landwirte gewesen ist.

Dieser Entwicklungsweg wie auch der Enthusiasmus, mit dem sich Heyde über Jahrzehnte um Lehre und Nachwuchsentwicklung kümmert, führt zahlreiche Beobachter zu dem Schluss, hier handele es sich um einen Lehrer mit Passion und Ausschließlichkeit! Doch das hieße, den Rang Heydes als Forscher sowie die Forschung unter der Leitung von Heyde zu unterschätzen. Bei der Forschung in seinem Institut und bei jeder Doktorandenbetreuung sorgt er für Exaktheit in erster und letzter Instanz, also bei Konzeption und Endfassung. Seine Sachlichkeit und die Präzision in der Darstellung wissenschaftlicher Probleme werden in theoretischen Ausarbeitungen und bei der Heranbildung von Doktoranden ebenso sichtbar wie in den Lehrbüchern.

Dennoch, die Vorlesung ist Heydes Metier. Seine Hörer rühmen seinen leidenschaftlichen freien Vortrag des Lehrstoffs, die Verbindung von Geschichtsbezug und Aktualität und die ausgezeichnete Unterstüt-zung durch Diapositive im damals üblichen Format 100 x 85 mm. Kurvenverläufe entwickelt er gern als Tafelbild, um Verständnis und Mitschrift zu erleichtern.

Es ist nur ein scheinbarer Widerspruch zwischen der Heyde gelegentlich nachgesagten Hörsaalhaftung und dem Engagement für eine praxisverbundene Ausbildung der Studenten.

Heyde beeinflusst intensiv die von Assistenten durchzuführenden Übungen in der kleinen Maschi-nenhalle des Instituts (Werkstoffe, Verbrennungs-motore, Elektrotechnik) und auf dem Versuchsgut Blumberg bei Berlin (Maschineneinstellung und -einsatz). Er sorgt auch mit dem Ausbau von Blum-berg für bessere Voraussetzungen beim Übungsbe-trieb zum Maschineneinsatz. Hier hat 1949 der Aufbau einer Außenstelle auf dem Universitätsgut Blumberg begonnen. 1953 und 1954 werden eine große Werkstatt und zwei Maschinenschuppen er-richtet, die als dringendste Voraussetzung für die immer mehr in den Vordergrund tretende praktische Tätigkeit des Instituts angesehen werden.

Bei vergleichendem Einsatz können sie (die Studie-renden) Wissen und Urteilskraft vervollkommnen und das in den Vorlesungen geweckte Verständnis für die Eigenarten und Tendenzen der Landtechnik festigen [3] (Bild 1).

Prof. Dr. G. Kühn27, ein Schüler Heydes und späterer Mitherausgeber der Landmaschinenlehre schätzt an seinem Lehrer vor allem

... das Bemühen und die Fähigkeit, komplizierte technische Zusammenhänge verständlich zu erläutern und zur unbedingten Korrektheit zu erziehen [4].

Die glücklicherweise erhalten gebliebenen Vorlesungsmanuskripte Professor Heydes können heute durchaus als Spiegelbild seiner Denk- und Arbeitsweise gelten. Manuskript heißt hier tatsächlich noch Handschrift; nur die Gliederung gibt es in Maschinenschrift. Der handschriftliche Text ist zweispaltig geschrieben, mit strenger Dezimalklassifikation der Haupt- und Unterabschnitte und mit einer nahezu hundertprozentigen Flächenausnutzung. Die Schrifthöhe liegt zumeist bei 2 bis 3 mm, so dass auf einem Zentimeter manchmal durchaus drei bis vier Zeilen untergebracht werden (Bild 2).

27Prof. Dr. Gerhard Kühn (1932) war Student an der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin. Er wurde Assistent und Oberassistent und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Landmaschinen-Institut und promovierte 1964 bei Prof. Heyde mit dem Thema Trommel-Feldhäcksler mit zusätzlichen Dreschwerkzeugen. Nach Gründung der Ingeni-eurhochschule Berlin-Wartenberg wurde er im Jahre 1970 Hochschuldozent. 1973 berief ihn die Humboldt-Universität zum ordentlichen Professor für Landtechnik. Damit oblag ihm die landtechnische Ausbildung der Studenten an der Sektion Pflan-zenproduktion der Humboldt-Universität. Hohes Ansehen in der Fachwelt er warb sich Prof. Kühn auch durch die Mitheraus-gabe der Landmaschinenlehre sowie später als Herausgeber des zweibändigen Werkes Maschinen und Anlagen für die Pflan-zenproduktion.

Bild 1: Prof. Heyde bei Übungen mit Studenten an einer Kartoffellegemaschine (Aufnahme 1954)

Bezeichnend ist beispielsweise die Gründlichkeit, mit der die in der Nachkriegszeit über aus bedeutsame Antriebsquelle Holzgas-Generator behandelt wird. Im Unterabschnitt Gasförmige Brennstoffe widmet sich Heyde zu nächst den Eigenschaften und Chancen von Bihu-Gas, wie das Biologische Humus-Gas aus der anaeroben Vergärung landwirtschaftlicher Abfallstoffe seinerzeit genannt wird.

Bild 2: Auszug aus dem Vorlesungsmanuskript, Abschnitt Gasförmige Brennstoffe

Hier werden auch Erfahrungen aus dem Betrieb der Dresdner Biogas-Versuchsanlage vermittelt.

Listner28 diplomierte bereits 1956 auf diesem Gebiet.

Mit Ausführlichkeit und mehreren Diapositiven wird auf die Bereitstellung von Generatorgas und dessen Verwendung im Schleppermotor eingegangen. Der Brenn stoffbedarf des Generatorgasmotors wird mit etwa 1 kg Holz/PS · h (im Vergleich zu 0,2 kg Gasöl/PS · h) angegeben. Auch handfeste Hinweise zur Bedienung des Gasschleppers sowie auf eventuelle Störfälle fehlen nicht. So öffne man bei absinken dem Holzkohlespiegel infolge von lang andauernder hoher Belastung den Fülldeckel ... und lasse den Gaser-zeuger zirka 20 min. qualmen, so dass sich wieder Holzkohle im Feuerbett bildet [5].

28Doz. Dr. agr. habil. Günter Listner (1930) diplomierte 1956 am Landmaschinen-Institut bei Doz. Dr. Krüger über Die ar-beitswirtschaftliche Bedeutung der Biogaserzeugung. Die Dissertation zum Thema Untersuchungen über die Arbeitsqualität verschiedener Trommelfeldhäcksler in der Getreideernte (1965) bet reute Prof. Heyde. Hauptsächliche Wirkungsstätte Listners

Bild 3: Diapositive unterstützen in der Vorlesung: Der Holzgas-Generator

Bewertend wird auf den Kostenvergleich zu Dieselöl eingegangen und betont, dass

... zu Zeiten, in denen flüssige Kraftstoffe knapp und schwer zu beschaffen sind, der Holzgasgenerator unter Umständen erst die Möglichkeit ergibt, Fahrzeuge in Betrieb zu nehmen [5].

Betriebssicherheit und Zuverlässigkeit seien aber gegenüber dem Dieselmotor geringer. In insgesamt 15 bewertenden Aussagen werden solche zu Arbeitsbedingungen und Arbeitssicherheit offensichtlich hoch gewichtet. Genannt werden die Unfallgefahr durch giftige Gase und Stichflammen, Sichtbehinderung sowie schmutziger Betrieb [5]. Als die Anwendungsbreite der Holzvergaser später zurückgeht, nimmt Heyde diesen Abschnitt aus der Vorlesung [6].

Die alljährliche Aktualisierung der Vorlesung ist am Manuskript durch aus nachvollziehbar. Es gibt Ein-fügungen, bis auch die kleinste freie Fläche beschrieben ist. Das sind zumeist ergänzende Belege und Hinweise auf Publikationen mit Jahreszahlen aus den Fünfzigern. Auch später hat Heyde die Vorlesung jährlich aktualisiert, aber er verwendet nur noch die erweiterte Gliederung und die diabegleitenden Kar-teikarten. Er steht im Stoff, die Hörer spüren das und folgen gespannt auch den spontanen rhetorischen Ausflügen in die Nachbargebiete der Agrartechnik. Um stets tagfertig und gut vorbereitet zum Vortrag zu kommen, akzeptiert Heyde in der Regel nur den Dienstag als Vorlesungstag. Der Montag gibt ihm Gele-genheit zu gründlicher Vorbereitung [6].

In einer ersten umfassenden Bestandsaufnahme zur landtechnischen Lehre im Jahre 1956 schätzt Heyde nach Auflistung der theoretischen und praktischen Ausbildungsbestandteile als besonders wichtig ein, dass die Studierenden in Einsatzübungen die Gelegenheit zum Kennenlernen der Maschinen haben, ... mit denen sie es später in der Praxis zu tun haben [3].

Als es sich Mitte der fünfziger Jahre als notwendig erweist, die landtechnische Lehre über die bereits ein-bezogene Landarbeitslehre hinaus zu erweitern, urteilt Heyde vorausschauend:

Es bilden also die Verbreitung des allgemeinen Verständnisses für die Landtechnik sowie die Ausnutzung aller Möglichkeiten der technischen Ausbildung wesentliche Voraussetzungen für den schnelleren Fort-schritt in der Mechanisierung der Landwirtschaft, eine Aufgabe, an der gerade die Maschineninstitute der landwirtschaftlichen Fakultäten mit ihren pädagogischen Erfahrungen mitzuarbeiten berufen sind [3].

So fügt es sich glänzend, dass mit der Einführung des neuen Lehrfaches Mechanisierung im Herbst 1958 auch die Berufung von Sylvester Rosegger zum Professor mit Lehrstuhl und dessen Ernennung zum Di-rektor des Instituts für Mechanisierung an der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität einhergeht [7].

In seiner Ankündigung zum neuen Lehrfach Mechanisierung sagt Heyde, dass im Rahmen des nunmehr elfsemestrigen Studiums eine

... verstärkte Ausbildung auf den Gebieten der Ökonomie und Landtechnik vorgesehen ist ... Im letzten Semester ist die Durchführung von Kolloquien vorgesehen, darunter auch ein 4-stündiges Kolloquium über die Mechanisierung der Landwirtschaft [8].

Nach abgestimmten Vorlesungsprogrammen liest Professor Heyde weiterhin die landtechnischen Grund-lagen, Professor Rosegger die Mechanisierung. Erst mit der willkürlichen Entbindung Roseggers von seinen Pflichten als ordentlicher Professor und Direktor des Instituts für Mechanisierung am 30.9.1961 endet diese gedeihliche Zusammenarbeit [7]. Im Folgejahr wird eine Abteilung Maschineneinsatz gebil-det und K. Herrmann mit deren Leitung beauftragt.

Lehrbücher

Lehrbücher sind in der Nachkriegszeit zunächst Mangelware. Holldacks Maschinenlehre für Landwirte erscheint 1949 als Lehr- und Hilfsbuch für Unterricht und Praxis bei Paul Parey [9]. Im Jahre 1951 kom-men dann gleich drei Lehrbücher hinzu. Wahrscheinlich liegt es daran, dass nach der Währungsreform eine lebhafte Entwicklung auch in der Landmaschinentechnik einsetzt. Parey bringt Denckers Landwirt-schaftliche Stoff- und Maschinenkunde in 16. Auflage als populär gehaltenes Lehrbuch für Landwirt-schaftsschulen und Berater heraus [10]. Der bei Eugen Ulmer erschienene Preuschen versteht sich aller-dings eher als ein Nachschlagewerk für den interessierten Praktiker [11]. Ebenfalls bei Ulmer erscheint im Jahre 1951 Fischers Landmaschinenkunde für Studierende und Landwirte in zweiter Auflage [12]. Der bereits achtzigjährige Autor hat vier Jahre zuvor Lehramt und Institutsleitung an seinen Nachfolger Hein-rich Heyde übergeben und sich der Überarbeitung seines Lehrbuches derart gründlich gewidmet, dass ...

nicht viel mehr als die allgemeine Einteilung übernommen ... wird [12]. Es heißt, dass Heyde, der gerade die Mechanik für Ingenieure heraus gebracht hat, nicht geringen Einfluss auf die Überarbeitung genom-men habe. In einer persönlichen Widmung vom 27. April 1951 dankt ihm Geheimrat Fischer ... für man-cherlei Anregung und Berichtigung.

Dennoch, die Landwirtschaftsstudenten im Ostteil Deutschlands haben kaum Zugang zur begehrten West-literatur. Man behilft sich vielfach mit Lehrbriefen für das Hochschul-Fernstudium, die im preisgünstigen Manuskriptdruck von der Abteilung Fernstudium Agrarwissenschaften der Leipziger Universität heraus-gegeben werden [13]. Das fachlich-didaktische Niveau ist hoch, zum Teil deutlich besser als das der vor-handenen Lehrbücher.

Heyde gibt später, als Band I der Landmaschinenlehre bereits erschienen ist, eine Wegleitung zum Lehr-buch heraus, die gleichfalls als Lehrbrief für das Hochschulfernstudium der Landwirtschaftswissenschaf-ten verfügbar ist [14].

Die Vorarbeiten zur 1. Auflage der Landmaschinenlehre fallen in die frühen sechziger Jahre. Die politi-schen und agrarpolitipoliti-schen Veränderungen sind bekanntermaßen radikal; die DDR hat sich mittlerweile eingemauert; die Landwirtschaft ist kollektiviert. Die Anforderung en der Zielgruppe dieses Lehrbuches haben sich erheblich gewandelt. So bringt Fischer Die wichtigsten Grundlehren der Maschinenkunde noch auf 24 Seiten unter, Heyde widmet den Technischen Grundlagen 100 Seiten mehr und setzt sich beispielsweise ausführlich mit Werk- und Baustoffen in der Landwirtschaft auseinander. Es sollte eben auch ein Nachschlagewerk für Praktiker sein.

Band I der Landmaschinenlehre - Leitfaden für Studierende der Landwirtschaft erscheint schließlich 1964 im Verlag Technik Berlin [15]. Der Herausgeber Heinrich Heyde hat die Mitarbeit von sechs Koautoren zu koordinieren. Den stärksten äußeren Einfluss auf Inhalt und Gestaltung nimmt sicher der lehrbucher-fahrene F. Ruhnke29. Für die wichtige zeichnerische Umsetzung und die redaktionelle Unterstützung des Herausgebers sorgt E. Ramin30, der auch den Abschnitt über Maschinenelemente verfasst. Der Vorrang von Strichzeichnungen gegen über Fotos ist ein qualitätsbestimmendes Merkmal dieses Lehrbuchs ge-genüber vergleichbaren, denn er ist sichtbarer Ausdruck für das Prinzip des Herausgebers, der verallge-meinern den Darstellung der Wirkungsweise den Vorzug vor dem aus geführten Beispiel zu geben.

Heyde lässt es sich nicht nehmen, das mechanisch Grundlegende in Band I selbst zu schreiben oder nach-drücklich zu beeinflussen. Auch die Abschnitte zu Düngung, Aussaat und Pflege im Band I entstammen Heydes Feder. Seinerzeit plant er auch noch einen Band III über Landtechnische Mechanik und Mess-, Steuer- und Regeltechnik, der allerdings niemals entsteht [15].

Band I der Landmaschinenlehre erscheint im Jahre 1973 letztmalig in nunmehr dritter, stark veränderter Auflage. Der Herausgeber hat jetzt 11 Mitautoren um sich geschart. Er selbst ist ja bereits seit fünf Jahren im Ruhestand und das Vorwort zur dritten Auflage mit dem Verweis auf die Konsequenzen der 3. Hoch-schulreform in der DDR trägt nicht mehr seine Hand- und Unterschrift. Heydes Grundlagenabschnitte werden trotz gegenteiliger Bestrebungen nur wenig gekürzt. Kapitel zu landtechnischen Grundverfahren, Messen, Steuern und Regeln in der Landtechnik, Selbstfahrende Landmaschinen, Landwirtschaftliche Trocknung, das Landmaschinenprüfwesen und die landtechnische Instandhaltung sind hinzugekommen.

Gewahrt bleibt aber weitestgehend die Maxime des Herausgebers,

... Prinzipien und Ordnungssysteme sowie die vom Arbeitszweck beeinflusste Entwicklung der Maschi-nen, ihre Werkzeuge und Bauform in den Vordergrund zu stellen [15].

29Dr. Franz Ruhnke (1910-1975) hatte Lehrverpflichtungen am Institut für Landmaschinenlehre der Universität Leipzig und an der Ingenieurschule für Landtechnik Friesack. Er war ein sehr geschätzter Autor bzw. Mitautor zahlreicher landtechnischer Lehrschriften.

30Dr. Ernst Ramin (1936) war von 1959 bis 1965 als Mitarbeiter Prof. Heydes an vielen Lehr- und Publikationsaufgaben des Instituts beteiligt. Ab 1970 war er als Fachdirektor für Abfallwirtschaft in Berlin tätig und promovierte 1979 in Leipzig mit dem Thema Untersuchungen für die Planung von Einrichtungen zur Hausmüllbeseitigung. Einer seiner Gutachter war Profes-sor Heyde.

Auf vorhandene Maschinentypen näher einzugehen könnte verhindern, dass ... ein Lehrbuch ein Begleiter durch das ganze Berufsleben ... würde. Technische Einzelheiten aktueller Art fände man, um sich auf dem Laufenden zu halten, in Katalogen, Betriebsanleitungen, Prüfberichten und Fachzeitschriften [15].

Heydes Plädoyer für das allgemeine technische Grundwissen ist stets leidenschaftlich. Er wünscht sich ...

Maschinensysteme und den zweckmäßigen Einsatz der technischen Hilfsmittel sowie die Kosten der Me-chanisierung in einem besonderen Lehrbuch ..., um den Umfang der ‘Landmaschinenlehre’ ... in tragba-ren Gtragba-renzen zu halten [15].

Band II der Landmaschinenlehre erscheint im Jahr 1967, vier weitere Auflagen sollten bis zum Jahr 1982 folgen. Der Erstherausgeber Prof. Dr. Heyde hat bereits zur zweiten, stark bearbeiteten Auflage 1976 aus Altersgründen die federführende Mitherausgeberschaft an G. Kühn übertragen, der ... in Zusammenarbeit mit den Autoren auch die Bearbeitung bzw. Durchsicht der 3. bis 5. Auflage vornahm [16].

Mehr als im Band I wird hier der agrar- und hochschulpolitische Paradigmenwechsel am Ende der sech-ziger Jahre spürbar. Wird in der ersten Auflage noch der Diplomlandwirt angesprochen, vollzieht sich später durch den ... schrittweisen Übergang zur industriellen Großproduktion pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse [16] auch eine Pflanze-Tier-Trennung in der landtechnischen Lehrliteratur. Band II behandelt Maschinen der Viehwirtschaft nicht mehr; zu den Kapiteln Bodenbearbeiten, Düngen, Säen, Pflege, Ern-ten und AufbereiErn-ten kommen die Sondergebiete Hangmechanisierung und Agrarflugtechnik hinzu.

In der 2., stark bearbeiteten Auflage treten auch Bewertungsaspekte hinzu, indem ... die theoretischen Zusammenhänge des Einflusses der beim Betrieb veränderlichen technischen Werte auf Arbeitsgebiete sowie Flächen- und Mengenleistung landtechnischer Arbeitsmittel und die beeinflussbaren technischen Einstellgrößen vorrangig beachtet werden [16].

Maschinenbeschreibungen werden nun allerdings doch umfänglicher zugelassen. Insgesamt kann das den hohen Rang dieses bedeutsamen Leitfadens für Studierende der Landwirtschaft allerdings kaum schmä-lern, zumal Heyde im Vorwort zum 1. Band zugestand, ... gelegentlich auf einen bestimmten Maschinen-typ als Beispiel zu verweisen [15].

Der vor gesehene 3. Band über Maschinen und Anlagen der Tierproduktion ist in der Reihe Landmaschi-nenlehre nicht mehr erschienen. Thum füllt später diese Lücke [17].

Dessen ungeachtet sollte der zweibändige Heyde für lange Zeit das landtechnische Standardbuch für landwirtschaftliche Lehreinrichtungen bleiben, auch außerhalb der DDR.