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1 Einleitung

1.4 Bakterieller Biofilm

1.4.3 Parodontalpathogene Bakterien

In der Mundhöhle existieren mehr als 500 verschiedene Bakterienspezies (Haffajee und Socransky 1994, Moore und Moore 1994, Urbán et al. 2010). Von diesen ist jedoch nur ein sehr geringer Anteil für die Pathogenese der Parodontitis verantwortlich. Als besonders parodontalpathogen werden lediglich ein Dutzend Bakterienspezies eingestuft. Zu diesen gehören unter anderem Aggregatibacter actinomycetemcomitans (Aa), Porphyromonas gingivalis (Pg), Treponema denticola (Td), Prevotella intermedia (Pi) und Tannerella forsythensis (Tf). Ihre besondere Bedeutung erlangen diese Bakterien durch ihre destruktive Potenz, die zum einen auf ihre Dominanz in der ökologischen Nische (der parodontalen Tasche) und zum anderen auf ihre spezifischen Virulenzfaktoren zurückzuführen ist. Unter dem Begriff „Virulenzfaktor“ versteht man Moleküle, durch die es einer Bakterienspezies möglich ist, sich innerhalb eines Wirtsorganismus zu etablieren und dort zu persistieren (Holt et al. 1999).

Darüber hinaus konnte in mikrobiologischen Untersuchungen gezeigt werden, dass sich die subgingivale Mikroflora signifikant zwischen parodontal gesunden und parodontal erkrankten Stellen unterscheidet (spezifische Plaquehypothese) (Slots 1976 und 1977). Im Folgenden werden die fünf oben genannten parodontal-pathogenen Bakterien vorgestellt. Alle im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Bakterien sind hinsichtlich ihres Zellwandaufbaus (grampositiv versus gram-negativ) und ihres Wachstums (mikroaerophil versus anaerob) in der Tabelle 1 aufgeführt.

mikroaerophil:

Bei Aggregatibacter actinomycetemcomitans handelt es sich um ein kleines, nicht bewegliches, gramnegatives, mikroaerophiles Stäbchen, das zur Spaltung von Saccharose befähigt ist und in Kultur ein charakteristisches Sternmuster ausbildet (Fives-Taylor et al. 1999). Zu seinen bekanntesten Virulenzfaktoren zählt die Produktion Gewebe schädigender Stoffwechselprodukte, wie beispielsweise Kollagenase und Leukotoxin. Zambon et al. (1983) konnten Unterschiede hinsicht-lich der Oberflächenantigene und Leukotoxinproduktion feststellen und führten daher die drei Genotypen a, b und c ein, zu denen später noch d, e, f und g hinzugefügt wurden (Asikainen et al. 1991, Gmür et al. 1993, Takada et al. 2010).

Der Genotyp b besitzt das größte parodontalpathogene Potenzial und wird des-halb auch als hoch toxischer Klon bezeichnet. Er synthetisiert besonders potentes Leukotoxin und ist vor allem bei aggressiven Formen der Parodontitis

nachweis-bar. Genotyp a hingegen ist häufiger bei chronischer Parodontitis anzutreffen.

Genotyp c wird insbesondere bei parodontal gesunden Verhältnissen vorgefunden (Asikainen 1986, Haffajee und Socransky 1994). Während der Genotyp b keinem Komplex zugeordnet werden kann, besteht für den Genotyp a eine enge Verbin-dung zum grünen Komplex (Abb. 9).

Abb. 9: Mikrobielle Komplexe (nach Socransky und Haffajee 1998)

Hinsichtlich der Pathogenität konnte in Untersuchungen gezeigt werden, dass nicht allein die Anwesenheit des Keims ein Risiko für Attachmentverluste darstellt, sondern dass auch eine ausreichende Anzahl an Bakterien vorhanden sein muss, damit es zu parodontaler Destruktion kommt. Für den Genotyp b liegt dieser Grenzwert bei 3 x 104 (Haffajee und Socransky 1983).

1.4.3.2 Porphyromonas gingivalis (Pg)

Porphyromonas gingivalis ist ein gramnegatives, obligat anaerobes, asaccharo-lytisches, nicht bewegliches, kokkoides Stäbchen, das auf Blutagar zunächst weiße bis creme-farbige, später braune bis schwarze Kolonien bildet und klinisch meist zusammen mit Tannerella forsythensis und Treponema denticola zu finden

ist. Zusammen bilden diese drei Bakterien den so genannten „roten Komplex“

(Holt und Ebersole 2005).

Porphyromonas gingivalis produziert eine Reihe von Enzymen, Proteinen und Endprodukten, die die Zerstörung von Wirtsproteinen bewirken und Schutz vor Elimination durch Abwehrmechanismen des Wirtes bieten.

Die von Porphyromonas gingivalis gebildeten Virulenzfaktoren sind von Holt et al.

(1999) ausführlich beschrieben worden und in Tabelle 2 zusammengefasst.

Ausgewählte Virulenzfaktoren von Porphyromonas gingivalis

 Lyse und intrazelluläres Killing

 Immunglobulinproteasen

 Fibrinolysin

 Superoxiddismutase

 NADH-Oxidase

 Freie Sauerstoffradikale

Tab. 2: Virulenzfaktoren von Porphyromonas gingivalis (nach Holt et al. 1999)

In Untersuchungen konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass Aggregatibacter actinomycetemcomitans meist nur lokalisiert im Bereich von parodontalen Läsionen zu finden ist, während Porphyromonas gingivalis über die gesamte Dentition verteilt vorliegt (Asikainen und Chen 1999).

Der kritische Grenzwert für ein signifikant erhöhtes Risiko für Attachmentverluste liegt für Porphyromonas gingivalis bei 6 x 105 (Haffajee und Socransky 1983).

1.4.3.3 Treponema denticola (Td)

Treponema denticola ist ein sehr bewegliches, obligat anaerobes, gramnegatives Bakterium und gehört zu den Spirochäten. Auf Grund des obligat anaeroben Wachstums und der besonderen Anforderungen an Nährmedien gestaltet sich die kulturelle Anzüchtung von Spirochäten äußerst schwierig (Sakamoto et al. 2005).

Wie bereits beschrieben, gehört Treponema denticola zum „roten Komplex“ und nimmt damit eine herausragende Stellung bei der Pathogenese parodontaler Erkrankungen ein.

Bei gesunden parodontalen Verhältnissen ist die Konzentration von Treponema denticola sehr gering und liegt häufig unterhalb der Nachweisgrenze. Von der Gingivitis bis zur Parodontitis ist eine kontinuierliche Zunahme an Spirochäten zu verzeichnen, so dass sie in tiefen parodontalen Läsionen bis zu 50% der ge-samten Bakterienzahl ausmachen können (Listgarten 1976). Außerdem wurde beschrieben, dass Spirochäten neben weiteren Faktoren wie Immunschwäche, Mangelernährung und emotionalem Stress Ursache für nekrotisierende und ulzerierende Parodontalerkrankungen (NUG und NUP) sein können (Listgarten und Socransky 1964, Listgarten 1965).

1.4.3.4 Tannerella forsythensis (Tf)

Tanerella forsythensis ist ein gramnegatives, strikt anaerobes, spindelförmiges Stäbchen, das erstmalig von Tanner et al. (1979) beschrieben wurde. Tannerella forsythensis gehört zum „roten Komplex“ und kann besonders häufig bei schweren parodontalen Verlaufsformen nachgewiesen werden (Tanner et al. 1984, Socransky et al. 2002). So konnten zahlreiche Studien belegen, dass Tannerella forsythensis signifikant häufiger in fortgeschrittenen parodontalen Läsionen vorkommt als bei parodontal gesunden Verhältnissen (Haffajee et al. 1998, Ximenez-Fyvie et al. 2000). Zu den Virulenzfaktoren von Tannerella forsythensis gehören trypsinartige Proteasen, Sialidasen und Lipopolysaccharide (Braham und

1.4.3.5 Prevotella intermedia (Pi)

Bei Prevotella intermedia handelt es sich um ein gramnegatives, anaerobes, unbewegliches, kurzes oder filamentöses Stäbchen, das zur Familie der schwarz-pigmentierten Bacteroides gehört. Prevotella intermedia wurde in zahlreichen Studien mit der aggressiven Parodontitis in Verbindung gebracht (Kornman und Robertson 1985, Asikainen et al. 1987, Lopez et al. 1996, Albandar et al. 1997).

Darüber hinaus gilt Prevotella intermedia als ein wichtiges Pathogen in der Pathogenese der akuten nekrotisierenden Gingivitis (Loesche et al. 1982), der Schwangerschaftsgingivitis (Kornmann und Loesche 1980), der chronischen Parodontitis (Slots und Listgarten 1988) und der generalisierten aggressiven Parodontitis (Kamma et al. 1994). Prevotella intermedia zeigt eine Reihe von Virulenzfaktoren, die auch bei Porphyromonas gingivalis vorkommen: Proteasen, Kollagenasen, Lipase, Esterase und Lipopolysaccharide.