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Die oberfl¨achenverst¨arkte Hyper-Raman-Streuung (SEHRS) als ein nichtlinearer Zwei-photonenprozess folgt anderen Symmetrieauswahlregeln als die einphotonenangeregte SERS[1,2,186]und erm¨oglicht zus¨atzliche Einblicke in die Wechselwirkungen an Molek¨ ul-Silber-Grenzfl¨achen[10–12] (siehe auch Abschnitt 2.1 und Kapitel 4). Daher ist SEHRS eine die in den Abschnitten 5.2 und 5.3 beschriebenen SERS- und SERRS-Experimente erg¨anzende M¨oglichkeit zur Untersuchung von Carotin auf Silbernanopartikelober-fl¨achen. Im Folgenden werden SEHRS-Spektren diskutiert, die bei einer Wellenl¨ange von 1064 nm angeregt wurden, sodass sich auch hier ein Resonanzeffekt ergibt, da die zweite Harmonische dieser Wellenl¨ange und damit auch die Hyper-Raman-Streuung im Bereich der Absorptionsbande der Carotine liegen.

SEHRS-Spektren der Carotine konnten, ebenso wie die bei 1064 nm angeregten

5.4 Oberfl¨achenverst¨arkte Hyper-Raman-Streuung der Carotinoide

1500 1000 1500 1000

a)

SEHRS-Signal 1519

1591 1354 1322 1284 1258 1209 1173 1153 1004 957

1051 785

1591 1519 1392 1353 1321 1282 1260 1210 1176 1134

1155 1006 957

1190 1051 1004 962 788

1000 counts

Raman-Verschiebung [cm -1

]

* *

1521 1388 1269 1192 1157 1005 958

Abb. 5.6:(a) SEHRS-Spektren und (b) SERRS-Spektren von 7’-Apo-7’-(4-mercaptomethylphenyl)-β-carotin (jeweils oberes Spektrum) und β-Carotin (jeweils unteres Spektrum). Endkonzentration der Carotine in den L¨osungen: 3·10−7mol L−1, Anregungsparameter: (a) 1064 nm, maximale Pho-tonenflussdichte: 6·1028Photonen cm−2s−1, Integrationszeit: 120 s, (b) 532 nm, Photonenflussdichte:

7·1023Photonen cm−2s−1, Integrationszeit: 0,1 s. Die Spektren in (a) sind Mittelwerte aus jeweils 10 basislinienkorrigierten Spektren. Banden, die in (b) mit einem Stern markiert sind, sind dem Ethanol im L¨osungsmittel zuzuordnen.

SERS-Spektren, nur nach Zugabe von MgSO4 zu den Silbernanopartikeln erhalten werden. Zudem muss die Nanopartikelkonzentration f¨ur SEHRS-Experimente verrin-gert werden (siehe Abschnitt 7.2). Daher wurden, um einen direkten Vergleich zwi-schen Ein- und Zweiphotonenanregung zu erm¨oglichen, quasisimultan mit den SEHRS-Spektren (Abb. 5.6 a) von denselben Probel¨osungen SERRS-Spektren mit Anregung bei 532 nm aufgenommen (Abb. 5.6 b). Zudem werden normale Raman- und Hyper-Raman-Spektren der festen Carotine ohne Silber zum Vergleich herangezogen (Abb. 5.7). Eine Ubersicht ¨¨ uber alle Banden in den SEHRS- und SERRS-Spektren aus Abb. 5.6 und deren Zuordnung ist in Tabelle 5.2 gegeben.

Aufgrund der verschiedenen Endgruppen der beiden Carotine und der in den

Ab-Kapitel 5 - Oberfl¨achenverst¨arkte resonante Hyper-Raman-Streuung am Beispiel von Carotinoiden

Tabelle 5.2:Bandenpositionen in cm−1und Zuordnungen[36,111,123] ur die SEHRS- und SERS-Spektren von 7’-Apo-7’-(4-mercaptomethylphenyl)-β-carotin undβ-Carotin.

7’-Apo-7’-(4-mercapto-methylphenyl)-β-carotin

β-Carotin

SEHRS SERS SEHRS SERS Zuordnunga

1591 1591 1591 ν (C7=C8, C7’=C8’);

f¨ur SEHRS außerdem:ν (C9=C10, C9’=C10’, C11=C12, C11’=C12’, C13=C14, C13’=C14’)

1519 1519 1525 1521 ν (C11=C12, C11’=C12’,

C13=C14, C13’=C14’, C15=C15’) 1392 1388 δ (C19H3, C20H3)

1354 1353 δ (C20H3, C20’H3, C14-H)

1336 δ (C20H3, C20’H3, C14-H, C7-H, C7’-H, C8-H),

ν (C7=C8, C11=C12, C15=C15’)

1322 1321 δ (C7-H, C7’-H, C8-H),

ν (C7=C8, C11=C12, C15=C15’)

1284 1282 δ (CH2 in Ionon-Ring)

1258 1260 1271 1269 δ (C11-H, C11’-H)

1209 1210 ν (C12-C13, C15=C15’)

1173 1176 1190 1192 ν (C8-C9, C8’-C9’) 1153 1155 1155 1157 ν (C10-C11, C10’-C11’,

C14-C15, C14’-C15’)

1134 δ (CH2 in Ionon-Ring)

1051 1051 Ionon-Ring

1004 1006 1004 1005 δ (CH3)

957 957 962 958 δ (Ionon-Ring)

785 788 ν (C-C und C-CH3 in Ionon-Ring)

aν Streckschwingung,δDeformationsschwingung, zur Nummerierung der Kohlenstoffatome siehe Abb. 2.3 auf S. 31.

schnitten 5.2 und 5.3 festgestellten st¨arkeren Wechselwirkung des Carotinthiols mit der Silberoberfl¨ache k¨onnte man zwischen den SEHRS-Spektren der beiden Carotine qua-litative Unterschiede erwarten. Tats¨achlich sind die C-C-Streckschwingungsbande und die C-H-Deformationsschwingungsbande, die im Spektrum des nicht funktionalisierten

5.4 Oberfl¨achenverst¨arkte Hyper-Raman-Streuung der Carotinoide Carotins bei 1190 cm−1 bzw. 1271 cm−1 zu finden sind (Abb. 5.6 a, unteres Spektrum), im Spektrum des Carotinthiols verschoben zu 1173 cm−1 bzw. 1258 cm−1 (Abb. 5.6 a, oberes Spektrum). Diese Verschiebungen sind ebenso wie in den SEHRS-Spektren (Abb. 5.6 a) auch in den SERRS-Spektren (Abb. 5.6 b) und in den Raman- und Hyper-Raman-Spektren der Feststoffe (Abb. 5.7) zu beobachten. Daher sind sie weder bedingt durch eine spezielle Mehrphotonenauswahlregel, noch lassen sie sich durch eine unter-schiedliche Wechselwirkung mit der Silberoberfl¨ache begr¨unden. Vielmehr belegen sie den grunds¨atzlichen strukturellen Unterschied der beiden Carotine. Interessanterweise sind beides Schwingungen in der Polyenkette der Molek¨ule, die sich prinzipiell in den beiden Carotinen nicht unterscheidet. Der Austausch der Endgruppe durch die Funk-tionalisierung ¨ubt also einen indirekten Einfluss auf die SEHRS-Spektren aus, indem der zus¨atzliche Phenylring im Carotinthiol eine Ver¨anderung im mesomeren System der Polyenkette verursacht. Ein direkter Einfluss, etwa durch zus¨atzliche Banden des Phenylrings in den Spektren, konnte nicht beobachtet werden, weder in den

SEHRS-1750 1500 1250 1000 750 1750 1500 1250 1000 750 1750 1500 1250 1000 750 a)

Raman-Signal 876

1589 1521 1261 1207 1174 1153 1133 1004 953

Raman (1064 nm)

1518 1257 1178 1152 1004

5000 counts c)

Raman (532 nm)

Raman-Signal 1519

1590 1446 1390 1320 1261 1177 1155 1006 958 876

5000 counts

Raman-Verschiebung [cm -1

]

1586 1515 1447 1392 1353 1269 1210 11881154 1007 870

5000 counts

1695 1559 1518 1364 1318 1154 1003 959

1000 counts

Raman-Verschiebung [cm -1

]

1517 1448 1271 1210 1190 1155 1007 959 870

Abb. 5.7:(a) Nicht-resonant angeregte Raman-Spektren, (b) Hyper-Raman-Spektren und (c) reso-nant angeregte Raman-Spektren von Feststoffproben von 7’-Apo-7’-(4-mercaptomethylphenyl)-β-ca-rotin (jeweils oberes Spektrum) undβ-Carotin (jeweils unteres Spektrum). Anregungsparameter: (a) 1064 nm, maximale Photonenflussdichte: 3·1027Photonen cm−2s−1, Integrationszeit: 20 s, (b) 1064 nm, maximale Photonenflussdichte: 1·1028Photonen cm−2s−1, Integrationszeit: 600 s, (c) 532 nm, Pho-tonenflussdichte: 1·1023Photonen cm−2s−1 (oberes Spektrum), 5·1023Photonen cm−2s−1 (unteres Spektrum), Integrationszeit: 1 s.

Kapitel 5 - Oberfl¨achenverst¨arkte resonante Hyper-Raman-Streuung am Beispiel von Carotinoiden

oder SERRS-Spektren, noch in den Spektren der festen Proben. Dies ist vermutlich auf die große Resonanzverst¨arkung und den allgemein großen Streuquerschnitt der Banden des Carotinger¨usts, vor allem der Polyenkette, zur¨uckzuf¨uhren.

Beim Vergleich der SEHRS- und SERRS-Spektren f¨allt zun¨achst eine Schulter bei 1051 cm−1 auf, die f¨ur beide Carotine in den SEHRS-Spektren (Abb. 5.6 a) auftritt, nicht aber in den SERRS-Spektren (Abb. 5.6 b). Eine Bande an dieser Position ist nicht in einphotonenangeregten Raman-Spektren, aber in Infrarotabsorptionsspektren von β-Carotin zu finden und kann einer Schwingung des Iononrings zugeordnet wer-den.[111] Das Auftreten dieser Bande in den SEHRS-Spektren veranschaulicht die Tat-sache, dass die Symmetrieauswahlregeln f¨ur Hyper-Raman-Streuung, insbesondere f¨ur zentrosymmetrische Molek¨ule wieβ-Carotin, den Auswahlregeln der Infrarotabsorption theoretisch ¨ahnlicher sind als denen der Raman-Streuung.[1]

Ein weiterer Unterschied zwischen den SEHRS- und SERRS-Spektren besteht in der Bande bei 1591 cm−1, die im SERRS-Spektrum des Carotinthiols (Abb. 5.6 b, oberes Spektrum) eine separate Bande ist, w¨ahrend sie in den SEHRS-Spektren als Schul-ter der Bande bei 1520 cm−1 auftritt und gleichzeitig an relativer Intensit¨at, vergli-chen mit der Bande bei 1520 cm−1, zunimmt (Abb. 5.6 a). Dies kann zum einen auf eine Verschiebung der Bande hindeuten, zum anderen ist es m¨oglich, dass die Schul-ter in den SEHRS-Spektren Beitr¨age von zus¨atzlichen Banden mit geringerer Raman-Verschiebung beinhaltet. Die Bande bei 1591 cm−1 kann einer C=C-Streckschwingung zugeordnet werden, neben der in normalen Raman-Spektren vonβ-Carotin eine weite-re C=C-Stweite-reckschwingung bei ungef¨ahr 1580 cm−1 auftritt.[36]Es ist demnach m¨oglich, dass die Bande bei 1580 cm−1 in den SERRS-Spektren zwar zu schwach ist um erkenn-bar zu sein, in den SEHRS-Spektren aber selektiv verst¨arkt wird. Die Beitr¨age verschie-dener Moden bzw. die genaue Position von Schultern in Raman-Spektren lassen sich mit Hilfe der in der zweiten Ableitung des Spektrums enthaltenen Information ¨uber die Kr¨ummung in jedem Punkt des Spektrums identifizieren.[187] Die zweite Ableitung des SEHRS-Spektrums von Carotinthiol deutet auf eine weitere Bande bei 1564 cm−1 hin (Abb. 5.8). Eine solche Bande kann einer infrarotaktiven, aber Raman-inaktiven C=C-Streckschwingung zugeordnet werden,[111]die neben anderen infrarotaktiven Ban-den in Hyper-Raman-Spektren vonβ-Carotin bei Anregung mit k¨urzeren Wellenl¨angen die intensivste Bande darstellt.[123,188]

Die Hyper-Raman-Spektren von β-Carotin ohne Silbernanopartikel weisen nicht nur eine Schulter, sondern eine deutliche Bande bei 1559 cm−1 auf, sowohl bei

Mes-5.4 Oberfl¨achenverst¨arkte Hyper-Raman-Streuung der Carotinoide

1600 1400 1200 1000 800

0

1564 1518

2.AbleitungdesSEHRS-Signals

Raman-Verschiebung [cm -1

]

1591

Abb. 5.8:Zweite Ableitung des SEHRS-Spektrums von 7’-Apo-7’-(4-mercaptomethylphenyl)-β-caro-tin in Abb. 5.6 a. Die Berechnung der zweiten Ableitung erfolgte durch zwei aufeinander folgende erste Ableitungen des Spektrums unter Verwendung einer Savitzky-Golay-Gl¨attung[160]mit einem Polynom 2. Grades ¨uber jeweils 5 Datenpunkte.

sungen im Feststoff (Abb. 5.7 b, unteres Spektrum) als auch in w¨assriger L¨osung (Abb. 5.9 b). Die Hyper-Raman-Spektren des Carotinthiols hingegen (Abb. 5.7 b, obe-res Spektrum und Abb. 5.9 a) zeigen weder diese Bande noch eine Schulter wie in den SEHRS-Spektren. Auch die zweite IR-aktive Bande, die in den SEHRS-Spektren beider Carotine bei 1051 cm−1 auftritt, ist bei Betrachtung der Hyper-Raman-Spektren der Carotinl¨osungen im Spektrum des nicht funktionalisierten Carotins (Abb. 5.9 b) inten-siver als im Spektrum des Carotinthiols (Abb. 5.9 a), das eher einem einphotonenan-geregten Raman-Spektrum entspricht. Dies zeigt, dass die h¨ohere Symmetrie des nicht funktionalisierten Carotins und die theoretisch mit der h¨oheren Symmetrie einherge-henden sich gegenseitig ausschließenden Auswahlregeln f¨ur Raman- und Hyper-Raman-Spektren in Abwesenheit der Silbernanopartikel eine gr¨oßere Rolle spielen als f¨ur SEHRS. Bei Adsorption an die Silbernanopartikel wird hingegen die Symmetrie beider Carotine ver¨andert, sodass die SEHRS-Spektren der beiden Carotine zueinander eine gr¨oßere ¨Ahnlichkeit haben als zu dem jeweils entsprechenden Hyper-Raman-Spektrum.

In den Resonanz-Raman-Spektren (Abb. 5.7 c) und SERRS-Spektren (Abb. 5.6 b) sind derartige unterschiedliche Symmetrieeinfl¨usse nicht zu beobachten. Das stimmt ¨uberein mit einem fr¨uheren Vergleich der Resonanz-Raman-Spektren einer gr¨oßeren Grup-pe nat¨urlich vorkommender Carotinoide, bei dem ebenfalls nur ein geringer Einfluss

Kapitel 5 - Oberfl¨achenverst¨arkte resonante Hyper-Raman-Streuung am Beispiel von Carotinoiden

1600 1400 1200 1000 800

a)

Hyper-Raman-Signal

Raman-Verschiebung [cm -1

] b)

50 counts

1516 1180 1153 1005 956

1260

1594 1558 1515 1363 1317 1154 1006

1042

Abb. 5.9: Hyper-Raman-Spektren von (a) 7’-Apo-7’-(4-mercaptomethylphenyl)-β-carotin (3· 10−5mol L−1) und (b) β-Carotin (3 · 10−4mol L−1) in w¨assriger L¨osung. Anregungswel-lenl¨ange: 1064 nm, maximale Photonenflussdichte: 6·1028Photonen cm−2s−1, Integrationszeit: 120 s.

Die dargestellten Spektren sind Mittelwerte aus jeweils 10 basislinienkorrigierten Spektren.

unterschiedlicher Endgruppen beobachtet wurde.[114] Somit bietet die Hyper-Raman-Streuung spezifischere Strukturinformationen f¨ur die Analyse von Carotin als die ein-photonenangeregte Raman-Streuung.

5.5 Einfl¨ usse von Resonanz- und Oberfl¨