• Keine Ergebnisse gefunden

4. Österreichische Entwicklungen

4.6. Novelle 1985

Diese Novelle verfolgte zwei bestimmte Ziele. Einerseits sollte der internationale Handel mit Drogen sowie auch die Suchtgiftkriminalität durch höhere Strafen reduziert werden.

Die seinerzeitigen Strafdrohungen des SGG wurden auf das zwei- bzw dreifache erhöht.

Auf der anderen Seite sollte Kleinkriminellen ein Vorrecht auf eine Behandlung anstatt Strafe geboten werden. Die Absicht des Täters war nicht auf Gewinn gerichtet. Sie finanzierten sich durch den Verkauf von suchterzeugenden Substanzen ihren Drogenkonsum.130

Das „Hilfe statt Strafe“ Prinzip lässt sich am besten aus dem neu eingefügten § 23a SGG herauslesen. Diese Bestimmung sieht die Möglichkeit eines Strafvollzugsaufschubs vor, um dem süchtigen Verurteilten eine entsprechende medizinische Behandlung zu billigen.

Der Betroffene hat sich somit einer Entwöhnungsbehandlung zu unterziehen. Jedoch nicht nur der Besuch dieser Behandlung steht im Vordergrund, sondern auch der Wille des Süchtigen bis zum Schluss durchzuhalten. Der Strafaufschub wird deshalb nicht von Anfang an zur Gänze gewährt, sondern ist bedingt am Behandlungsfortschritt.131

129 Sten Prot vom 03.07.1980, 43. S. des NR XV. GP, 4179f; Strametz, Drogenstrafrecht Österreich 23; AB 420 BlgNR XV. GP, 4.

130 AB 586 BlgNR XVI. GP, 4ff; Strametz, Drogenstrafrechts in Österreich 33f.

131 AB 586 BlgNR XVI.GP, 7.

27 4.7. Suchtmittelgesetz

1.Jänner 1998

Aufgrund des nicht unmittelbaren, sofortigen Beitritts Österreichs zum Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe und zum Wiener Drogenübereinkommen von 1988, war es auf internationaler Ebene, aber auch im Rahmen der EU, herber Kritik, in Bezug auf die nicht vorhandene Solidarität, ausgesetzt. Um dieser Kritik zu entkommen wurde das SMG geschaffen.132

Ursprünglich war das SMG als eine Novelle des Suchtgiftgesetzes gedacht, da eine legistische Umsetzung der Psychotropenkonvention von 1971 und dem UN-Übereinkommen von 1988 notwendig war. Da eine Lesbarkeit wie auch Übersichtlichkeit nicht mehr gewährleistet werden konnte, entschloss man sich für eine komplette Neufassung, was schlussendlich auch zu einer Änderung des Titels führte. Ab diesem Zeitpunkt sprach man nicht mehr vom SGG sondern vom SMG.133

Das Suchmittelgesetz stellt ein neues Gesetz dar, weshalb in diesem Fall nicht von einer Novellierung des Suchtgiftgesetzes zu sprechen ist.134 Das SMG hat zwar bestimmte Teile des Suchtgiftgesetzes übernommen, aber auch neue Regelungen geschaffen. Adaptionen wurden im gesundheitspolitischen Bereich vorgenommen. Das SMG stellte somit die erste umfassende Modifikation der Drogengesetzgebung seit über mehr als einem Jahrzehnt in Österreich dar.135 Suchtmittel stellen den Sammelbegriff für Vorläuferstoffe, Suchtgifte und psychotrope Stoffe dar. Der Begriff Suchtmittel findet somit erstmals Eingang in das österreichische Drogenstrafrecht. Ein Regelregime für psychotrope Stoffe gab es bis dato nicht, sondern nur für die Suchtgifte.136 Jedoch bot § 1 SGGNov 1985 die Möglichkeit psychotrope Substanzen mittels VO, Suchtgiften gleichzustellen.137

Das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe trat am 1.

Jänner 1998 unter dem Titel Suchtmittelgesetz in Kraft.138

132 Schwaighofer, Das neue Suchtmittelrecht: Ergänzungsband; Einführung, Verordnungen, Erlässe; Neue Gesetze, Band 13a (1998) 102.

133 Knell, Suchtgiftkriminalität 6; AB 652 BlgNR XX.GP, 1f.

134 AB 652 BlgNR XX.GP, 1f.

135 Schwaighofer, Das neue Suchtmittelrecht 102.

136 ErlRV 110 BlgNR XX. GP, 21.

137 Knell, Suchtgiftkriminalität 11.

138 Bundesgesetz über Suchtmittelgesetz - SMG sowie Änderung des AIDS-Gesetzes 1993, des

Arzneimittelgesetzes, des Arzneiwareneinfuhrgesetzes, des Chemikaliengesetzes, des Hebammengesetzes, des Rezeptpflichtgesetzes, des Sicherheitspolizeigesetzes, des Strafgesetzbuches und der

Strafprozeßordnung 1975, BGBl I 112/1997.

28 Aufgrund der Unterschiedlichkeit der Stoffe musste zwischen diesen differenziert werden.

Mit demselben Datum139 traten somit auch diverse Durchführungsverordnungen, wie zB Suchtgiftverordnung, Psychotropenverordnung, Vorläuferstoffeverordnung, Psychotropen-Grenzmengenverordnung und Suchtgift-Psychotropen-Grenzmengenverordnung in Kraft, welche detailierte Regelungen vorsahen bzw vorsehen und ua auch auflisteten bzw auflisten, welche Substanz der jeweiligen Kategorie hinzuzurechnen ist.140

Das SMG hat auch die hohen Strafdrohungen im Rahmen der 1985iger Novelle des SGG übernommen. Österreich zählte deshalb ab 1985 zu den Höchststrafländern in Europa.141

4.7.1. Begriffsdefinition iSd SMG 4.7.1.1. Suchtgifte § 2 SMG

Suchtgifte iSd SMG 1998 sind alle Zubereitungen und Stoffe, welche durch die ESK von 1961 erfasst und zusätzlich mittels VO des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales142 als solche bezeichnet wurden. Gem § 2 Abs 2 SMG gelten auch Zubereitungen und Stoffe als Suchtgifte, welche die Psychotropenkonvention in ihren Anhängen I und II erfasst und mittels VO des Gesundheitsministeriums, Suchgiften gleichsetzt.143 Der § 2 Abs 3 SMG räumt dem Bundesministerium eine Verordnungsermächtigung ein.

Zubereitungen und Stoffe die neu in Erscheinung treten, können den Suchtgiften gleichgestellt werden. Schließlich sieht § 2 Abs 4 vor, dass auch Mohnstroh und die Cannabispflanze den Beschränkungen des Abs 1 unterstellt werden.144 Hier ist jedoch zu beachten, dass bereits diese Bestimmung mit der SGGNov 1977 in das österreichische Drogenstrafrecht Eingang gefunden hat. Diese soeben angeführte Begriffsdefinition gilt auch heute noch. Hinsichtlich des Abs 4 kam es beim Abschluss des SMG auch zu abweichenden Stellungsnahmen. Die Grünen äußerten sich dahingehend, dass die Kriminalisierung von Cannabis nicht begründbar sei, somit nur ideologisch geschah.

Zahlreiche internationale Untersuchungen kamen zum Ergebnis, dass der Konsum von

139 1.1.1998.

140 Schwaighofer, Das neue Suchtmittelrecht 102; Verordnung über Suchtgiftverordnung, BGBl II 374/1997;

Verordnung über Psychotropenverordnung, BGBl II 375/1997; Verordnung über Vorläuferstoffeverordnung, BGBl II 376/1997; Verordnung über Suchtgift-Grenzmengenverordnung, BGBl II 377/1997; Verordnung über Psychotropen-Grenzmengenverordnung, BGBl II 378/1997.

141 ErlRV 346 BlgNR XXI.GP.

142 heute Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend.

143 Schwaighofer, Das neue Suchtmittelrecht 104f; § 2 Abs 1 und Abs 2 SMG.

144 Fabrizy, Das österreichische Suchmittelrecht: Suchtmittelgesetz idF SMG-Novelle 2008, Verordnungen, ausführliche Kommentierung4 (2009) 5f; § 2 Abs 3 und Abs 4 SMG.

29 Marihuana und Haschisch geringere Gesundheitsschäden als Tabak und Alkohol zeitige, womit die Einordnung unter harten Drogen, wie zB Heroin, Kokain nicht gerechtfertigt scheint. Eine Neubewertung weicher Drogen sei unumgänglich. SPÖ, ÖVP und FPÖ bekräftigten das Prinzip „Heilen statt Strafe“. Die Grünen forderten im Ausschussbericht vom 16. April 1997 zum SMG auch die Ermöglichung des medizinischen Einsatzes von Cannabis. Ihre Etablierung im medizinischen Bereich geht auf eine jahrhundertlange Geschichte zurück. Die Nichteinnahme von Rausch- und Genussmitteln sei nicht Aufgabe des Strafrechts, sondern bedarf einer öffentlichen Aufklärung und Bewusstseinsbildung sowie explizite Bestimmungen im Jugendschutzgesetz.145 Anhand dieser Stellungnahmen ist ersichtlich, dass bereits mit Inkrafttreten des SMG Legalisierungsgedanken vorhanden waren. Inwiefern sich das Suchtmittelrecht im Hinblick auf diese geäußerte Kritik bis heute weiterentwickelt hat bzw weiterentwickeln wird, wird unter dem Schwerpunkt Legalisierung von Cannabis behandelt.

4.7.1.2. Psychotrope Stoffe § 3 SMG

Psychotrope Stoffe sind Substanzen, welche nicht zu den Suchtgiften im Sinne des Suchtgiftgesetzes 1951 oder der ESK von 1961 zählen. Sie besitzen Abhängigkeitspotential. Durch ihre Zuführung können sich Halluzinationen bilden. Auch eine Beeinträchtigung der motorischen Funktionen, des Verhaltens, des Denkens, der Wahrnehmung oder auch der Stimmung können sich durch ihre Einnahme ergeben.

Aufgrund dieser Begleiterscheinungen stellt dies eine missbräuchliche Verwendung dar.146 Die Psychotropenkonvention von 1971 gliedert die psychotropen Stoffe in vier Anhänge.

Zu beachten ist, dass das Gefährdungspotential dieser Stoffe für die Zuteilung in den jeweiligen Anhang verantwortlich ist. Aufgrund dessen unterscheiden sich auch die Kontrollmaßnahmen hinsichtlich Besitz, Einfuhr, Ausfuhr, Herstellung, Verwendung, Handel und Verteilung.147

Die bereits vier angesprochenen Anhänge lassen sich in:

· Halluzinogene

· Psychostimulanzien

· Sedativa

145 AB 652 BlgNR XX. GP, 28f, Sten Prot vom 16.04.1997, 70. S. des NR XX. GP, 33ff.

146 Kodek/Fabrizy, Das neue österreichische Suchtmittelgesetz 58f; § 3 Abs 1 SMG.

147 Schwaighofer, Das neue Suchtmittelrecht 103.

30

· und Tranquilizer unterteilen.148

Zu den Halluzinogenen zählen beispielsweise LSD und Cannabinoid Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC). THC auch bekannt als Wirkstoff der Cannabisprodukte. Als Psychostimulanzien wäre zB Ecstasy zu nennen. Zu der Gruppe der Sedativa zählen zB Barbiturate. Diazepam gehört der Kategorie Tranquilizer an. Diese Substanzen haben aufgrund ihrer Wirkung – sei sie angstlösend, muskelentspannend oder auch beruhigend – eine teilweise medizinische Relevanz, womit die therapeutische Einsetzung dieser Arzneien keinerlei Einschränkungen erfahren darf.149 Im Abs 2 des § 3 wird wiederum die Möglichkeit vorgesehen, dass das BMG auch andere Substanzen mittels Verordnung psychotropen Stoffen gleichsetzen kann, sofern ein übereinstimmendes Gefahrenpotential gegeben ist.150

4.7.1.3. Drogenausgangsstoffe § 4 SMG

Drogenausgangsstoffe, früher als Vorläuferstoffe bezeichnet, stellen Chemikalien dar. Zu ihnen zählen etwa, Essigsäureanhydrid, Schwefel- und Salzsäure. Sie werden großräumig bei der unerlaubten Fabrikation von psychotropen Substanzen oder Suchtgiften eingesetzt.

Das UN-Übereinkommen von 1988 trug der Erfordernis Rechnung, auch den Verkehr mit diesen Stoffen zu überwachen bzw zu kontrollieren. Dies konnte durch das bereits international bestehende System an Kooperation und Koordination gewährleistet werden.

Zu diesem Zeitpunkt bestanden auch bereits auf der Ebene der damaligen Europäischen Gemeinschaft Regelungen, welche den Art 12151 des UN-Übereinkommens von 1988 Rechnung trugen. Diese Bestimmungen hatte Österreich aufgrund seines EU-Beitritts am 1. Jänner 1995 teils unmittelbar anzuwenden.152

148 Kodek/Fabrizy, Das neue österreichische Suchtmittelgesetz 59, 190f.

149 Kodek/Fabrizy, Das neue österreichische Suchtmittelgesetz 59, 190f.

150 Fabrizy, SMG-Novelle 20084 8; § 3 Abs 2 SMG.

151 siehe 2.11.

152 Schwaighofer, Das neue Suchtmittelrecht 104; ErlRV 110 BlgNR XX.GP, 22.

31 LIBERALISIERUNGSGEDANKE IM 21. JAHRHUNDERT

5. Grundrecht auf Rausch

Im Vordergrund dieses zweiten Hauptbereiches steht der Liberalisierungsgedanke im Hinblick auf Drogen. Da im nächsten Kapitel die Bürgerinitiative „Herausnahme von Cannabis aus dem Suchtmittelgesetz“ vom August 2014 behandelt wird, stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, gibt es ein Grundrecht auf Rausch? Kann der Konsum von Drogen als zulässig erachtet werden?

Menschen sind, sei es im beruflichen als auch im privaten Leben ständig von einer Vielzahl von staatlichen Regelungen direkt bzw indirekt betroffen. Die Grundlage der Regelungen wird nicht ernsthaft hinterfragt. Es stellt sich jedoch die Frage, inwieweit der Staat die Legitimation besitzt, Maßnahmen zu setzen.153 Grundrechte werden auch als staatsgerichtete Abwehrrechte bezeichnet. Durch die verfassungsrechtliche Kodifikation subjektiver Rechte im 19. Jhdt verfolgte man das Ziel, den Einzelnen vor unverhältnismäßigen Eingriffen des Staates zu bewahren. Im Endeffekt sollte dies zu einer Sicherung der Freiheitsräume führen.154

Der Paternalismus stellt eine Herrschaftsform dar. Es handelt sich hierbei um eine vormundschaftliche Beziehung zwischen Herrscher und beherrschter Person. Die selbstzerstörerische und selbstgefährdende Haltung einer Person soll dadurch eliminiert werden.155 In Österreich beinhaltet die Drogengesetzgebung paternalistische Elemente.

Konsumenten sollen somit vor Selbstschädigung bewahrt werden. Darüber hinaus will sie öffentliche Störungen sowie Gefährdungen anderer reduzieren.156 Die Antipaternalisten nennen drei Argumente warum eine Ausübung von Zwang nicht notwendig erscheint:

1. Sie argumentieren dahingehend, dass Aufgaben, welche vorwiegend einen selbst betreffen, besser auch von dem gelöst werden sollten, den sie betreffen.

2. Das zweite Argument greift die Autonomie eines Menschen auf. Jeder sollte autonom Entscheidungen treffen können.

153 Knell, Suchtgiftkriminalität 102f.

154 Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht9 (2012) RZ 692.

155 Hill, Verbotene Früchte: Cannabiskonsum – Ein soziales Problem (2002) 101.

156 Knell, Suchtgiftkriminalität 104.

32 3. Als dritter Punkt wird die Machtanhäufung bei staatlichen Einrichtungen genannt,

womit eine Machtvermehrung der Regierung einhergeht.157

Ausnahmeregelungen sehen die Antipaternalisten nur im Bezug auf Kinder und

„Inkompetente“ vor. Personen, die aufgrund ihres Alters oder Umstandes, Entscheidungen selber nicht treffen können. Ein Grundrecht auf den eigenen Körper gibt es in Österreich nicht. Im Wege der Gesamtanalogie könnte man dennoch zur Auffassung gelangen, dass ein solches Recht besteht. Erkrankt eine Person, kann ihr grundsätzlich nicht vorgeschrieben werden, dass sie einen Arzt aufsuchen oder Medikamente einnehmen muss.158 Was ist aber wenn sich die Person an einer ansteckenden Krankheit infiziert, beispielweise HIV oder an einer Seuche wie Ebola? Auch in diesem Fall besteht keine Pflicht sich behandeln zu lassen. Verwaltungsvorschriften können nur vorsehen, dass sich die betreffende Person in Quarantäne begibt.159

Das österreichische Strafrecht sei in diesem Zusammenhang auch zu erwähnen. Es ist bemüht das Selbstbestimmungsrecht eines Patienten zu schützen. Weiters hat es sich zur Aufgabe gemacht das Leben eines Patienten vor einer nicht rechtmäßigen Beendigung zu bewahren.160 In § 110 StGB finden wir eine ausführliche Regelung für das Selbstbestimmungsrecht eines Patienten, die wie folgt lautet: „Wer einen anderen ohne dessen Einwilligung, wenn auch nach den Regeln der medizinischen Wissenschaft, behandelt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.“161 Damit soll den Patienten gewährleistet werden, dass Ärzte nicht aus ihrem ärztlichen Selbstverständnis heraus, welches sich häufig aus dem Gedanken des Paternalismus ableiten lässt, medizinische Behandlungen an ihnen ohne weiteres vornehmen können. Wird keine Einwilligung seitens des Patienten erteilt, kann es zu einer strafrechtlichen Ahndung kommen.162 Wie bereits angeführt kann einer Person die erkrankt ist, grundsätzlich niemand, also auch nicht der Staat vorschreiben, dass sie sich einer Behandlung unterziehen muss. Dadurch wird der betreffenden Person eine freie Verfügungsgewalt über sich, also ihren eigenen Körper eingeräumt. Sie entscheidet frei, dh autonom was mit ihrem Körper geschieht bzw geschehen soll. Wichtig ist es aber, dass

157 Huang-Yu, Drogenstraftaten und abstrakte Gefährdungsdelikte; Juristische Reihe Tenea, Band 40 (2003) 66; Knell, Suchtgiftkriminalität 105.

158 Knell, Suchtgiftkriminalität 105.

159 Tuberkulosegesetz, Epidemiegesetz 1950; AIDS-Gesetz 1993; Geschlechtskrankheitengesetz.

160 Platzer, Autonomie und Lebensende: Reichweite und Grenzen von Patientenverfügungen (2009) 286.

161 § 110 Abs 1 StGB.

162 Platzer, Autonomie und Lebensende 286.

33 man ihr Informationen zugänglich macht, sie aufklärt bzw Ratschläge erteilt, da sie mangels entsprechenden Wissens überfordert sein wird.163

Anhand des vorhin Erörterten stellt sich die Frage ob das Recht am eigenen Körper auch auf den Drogenkonsum angewandt werden kann. Im Rahmen der Entscheidungsfreiheit eines Menschen, obliegt es ihm, sich bewusst oder auch unbewusst selbst zu schädigen.

Resultat kann ein bleibender Schaden bzw bleibende Schäden oder sogar der Tod sein.164 Cannabis zählt laut aktueller Studien zu den am wenigsten gefährlichsten Suchtstoffen. Im Gegensatz dazu ist Alkohol ein gesellschaftliches unterschätztes Rauschgift.165 Alkohol verzeichnet alleine in einem Jahr rund 8.000 Tote. Während bei illegalen Drogenkonsum 200 Menschen an den Folgen des Konsums sterben. 100 Menschen sterben direkt nach einer reinen Alkoholvergiftung und 50 von den 200 genannten an einer reinen Opiatvergiftung.166 Da es hier auch darum geht selbst zu entscheiden wie man mit seinem Körper verfährt, wie es auch auf dem medizinischen Gebiet üblich ist, kann nicht nachvollzogen werden, warum der Staat dazu legitimiert ist einem vorzuschreiben, welche Art von Suchtmitteln konsumiert werden dürfen und welche absolut zu meiden sind. Ob es sich hier wirklich um Hilfsmaßnahmen seitens des Staats handelt, wenn er Verbote bzw Strafen festsetzt, ist fraglich. Als unterstützende Maßnahme könnten auch Therapien oder als präventive Maßnahme Aufklärungsgespräche abgehalten werden.167

Im Strafrecht ist der Schutz von Rechtsgütern vordergründig und somit eines seiner wichtigsten Aufgaben. Das Rechtsgut Leben wird vom Strafrecht an die Spitze gestellt.168 Eine Straftat begeht, wer sozialschädliches Verhalten setzt. Dies bedeutet, dass die Werte des Kollektivs oder des Einzelnen in einer solch schwerwiegenden Weise beeinträchtigt werden, dass ein harmonisches Miteinander gefährdet werden kann, wenn das Strafrecht dem nicht entgegenwirkt.169 Eine Berauschung kann grundsätzlich nicht unter eine Straftat subsumiert werden, da dadurch nicht der Frieden des Zusammenlebens gestört wird. Wird

163 Knell, Suchtgiftkriminalität 105.

164 Knell, Suchtgiftkriminalität 106.

165 Alkohol führt schneller zum Tod als Heroin abrufbar unter

<http://www.welt.de/wissenschaft/article137859532/Alkohol-fuehrt-schneller-zum-Tod-als-Heroin.html>

(23.05.2015).

166 8000 Alkoholtodesopfer pro Jahr in Österreich abrufbar unter

<http://sciencev1.orf.at/sciencev1.orf.at/science/news/12192.html> (23.05.2015).

167 Knell, Suchtgiftkriminalität 106.

168 Kienapfel/Höpfel/Kert, Grundriss des Strafrechts: Allgemeiner Teil14 (2012) Z 4 RZ 1.

169 Arzt, Der Besondere Teil des materiellen Strafrechts, in Roxin/Arzt/Tiedeman (Hrsg), Strafrecht und Strafprozessrecht; Start ins Rechtsgebiet6 (2013) 45 (45); Knell, Suchtmittelkriminalität 105.

34 der Konsum von Drogen unter Strafe gestellt, werden somit dem Einzelnen seine Freiräume genommen. Strafrechtliche Maßnahmen sind nicht obsolet, in Fällen der Fremdschädigung sind sie obligatorisch.170

Mit der Verneinung des Rechts auf Rausch, bezugnehmend auf Cannabis, wird einem mündigen Bürger seine Entscheidungsfreiheit genommen. Im Vergleich dazu schenkt ihm der Staat vollstes Vertrauen beim Alkoholkonsum. Im Wege der Gesamtanalogie abgeleiteten Rechts auf Rausch, stellt sich hiermit die Frage inwiefern die Vorschriften des SMG überhaupt gerechtfertigt sein können. Sie nehmen einen die freie Entscheidungsmöglichkeit bzw Autonomie und treiben Menschen in eine Illegalität des Drogenkonsums bzw -handels, die keineswegs notwendig wäre.171 Die Reduktion des Rausch- bzw Genussmittelkonsums sollte daher nicht Aufgabe strafrechtlicher Verfolgung sein. Öffentliche Aufklärungs- bzw Bewusstseinsbildungsmaßnahmen wären der richtigere und bessere Weg.172

Solch einen Ansatz verfolgen auch zwei Grazer Politiker. Während das „Kiffen“ ein Fall für das Strafrecht ist, bekommt der minderjährige Raucher eine Verwaltungsstrafe.

Haschischkonsumenten aber auch Dealer werden oft nur mit kleinsten Mengen erwischt, dass oft nicht einmal ein Strafverfahren eingeleitet wird. FP-Chef Mario Eustaccio und VP-Nationalratsabgeordneter Bernd Schönegger vertreten eine klare Meinung: „Kiffen“

muss künftig sofort abgestraft werden können, und das am besten mit einer Geldbuße. Um dies zu verwirklichen ist es aber erforderlich, dass der Cannabis-Konsum aus dem SMG rausgenommen wird. Vorgeschlagen wird ein Stufenmodell. Wird man das erste Mal beim Konsum von Cannabis erwischt, soll eine Geldstrafe von künftigen Konsum illegaler Drogen abhalten, beim zweiten Mal soll eine höhere Geldstrafe verhängt werden und wird man ein drittes Mal ertappt, soll es zu einer Anzeige kommen. Solch ein Stufenmodell würde der Polizei endlich eine wirkliche Handhabe einräumen. Die jeweiligen Übertretungen sollen auch in Form eines Punktesystems in die sog EKIS-Datenbank eingetragen werden. Zu viele Punkte könnten Jugendliche darin hintern den Führerschein zu machen. Die beiden Politiker machen sich nicht für eine gesetzliche Aufweichung stark, sie wollen der Polizei lediglich ein effektives Hilfsmittel zur Verfügung stellen.173

170 Knell, Suchtgiftkriminalität 106.

171 Knell, Suchtgiftkriminalität 109.

172 AB 652 BlgNR XX. GP, 30.

173 Kronen Zeitung, 30.04.2015, 22.

35 6. Petition – Herausnahme von Cannabis aus dem SMG

04. August 2014

Mit einer parlamentarischen Bürgerinitiative haben die österreichischen StaatsbürgerInnen die Möglichkeit, direkt konkrete Anliegen an die Gesetzgebung zu richten. Für eine Behandlung im Nationalrat müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen gegeben sein: Das diesbezügliche Anliegen muss schriftlich eingereicht und eindeutig beschrieben werden.

Die Petition muss von mindestens 500 österreichischen StaatsbürgerInnen, welche namentlich zu nennen sind, unterstützt werden. Eine Unterschrift ist aber nur dann gültig, wenn die/der UnterstützerIn das Wahlalter von 16 Jahren erreicht hat. Darüberhinaus muss der/die ErstunterzeichnerIn in einer Wählerevidenz, also in der Liste der Wahlberechtigten einer österreichischen Gemeinde eingetragen sein.174 All diese Voraussetzungen sind bei der Bürgerinitiative vom 04. August 2014 erfüllt. Das Anliegen wurde bis zum Einlangen im Nationalrat von 602 BürgerInnen unterzeichnet.175

Konkret wurde gefordert:

Die Legalisierung von Cannabis orientiert sich am Brandweingesetz, womit diesem Vorbildwirkung zukommt. Wird Cannabis für den eigenen Konsum angebaut und hergestellt, ist man keiner strafrechtlichen Ahndung ausgesetzt. Um der Cannabisproduktion eine Steuer aufzuerlegen, muss eine Meldung an das Finanzamt erfolgen. Die Cannabissteuer beträgt Euro 2,00 pro Gramm getrockneter Cannabisblüten.

Der „homegrower“ darf somit erst nach Abführung der Gebühr, deren Höhe anhand der angemeldeten Menge selbst errechnet wird, mit der Produktion beginnen. Wird der Grenzwert von 500 Gramm pro Jahr und Person nicht überschritten, bedarf es keiner Erzeugerlizenz. Der Besitz aus einer rechtmäßig erzeugten Eigenproduktion ist erlaubt.

Ansonsten ist der Besitz von 10 Gramm rauchfertigen Blüten zulässig. Wird Cannabis über den persönlichen Konsum hinaus vertrieben, wie zB an medizinische Einrichtungen oder andere Konsumenten, bedarf es hierfür einer weiteren Lizenz. Diese beträgt das Doppelte von jener, welcher der „homegrower“ zu entrichten hat. Um die bestehenden Strukturen zu nützen, kann die Abgabe von Cannabis auch im Rahmen des Tabakwarenhandels oder Apotheken erfolgen. Diese Vertriebsstellen werden angehalten, Euro 1.000,- pro Jahr an Lizenzgebühr zu entrichten. Im Rahmen des Straßenverkehrs wird gefordert dass dem § 5 Abs 1 StVO ein dritter Satz hinzugefügt wird. Dieser soll lauten: „Bei einem THC-Gehalt

174 § 100 GOGNR.

175 BI 53 XXV. GP, 1f.

36 (psychoaktives THC) des Blutes von 10 ng/ml oder darüber gilt der Zustand der einer Person jedenfalls als von Cannabis beeinträchtigt.176 Wird ein THC-Gehalt von beispielsweise zwei ng/ml nachgewiesen, kann nach dem momentanen Stand der Wissenschaft kein eindeutiger Schluss dahingehend gezogen werden, ob eine

36 (psychoaktives THC) des Blutes von 10 ng/ml oder darüber gilt der Zustand der einer Person jedenfalls als von Cannabis beeinträchtigt.176 Wird ein THC-Gehalt von beispielsweise zwei ng/ml nachgewiesen, kann nach dem momentanen Stand der Wissenschaft kein eindeutiger Schluss dahingehend gezogen werden, ob eine