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8. Legale gefährliche Substanzen bzw Freizeitaktivitäten

8.1. Alkohol und Nikotin

Österreich zählt zu den traditionellen Weinbauländern. Täglich „ein Glas Wein“ zu trinken, wird als gesund bezeichnet. Den ÖsterreicherInnen wird somit vermittelt, dass das Trinken von Alkohol dem Körper gut tue. Oft werden größere Mengen an Alkohol in der Öffentlichkeit, sprich an Veranstaltungen sogar exzessiv konsumiert und der nachfolgende Rausch zur Schau gestellt.247 Das Gesundheitsbewusstsein der ÖsterreicherInnen regt zum Nachdenken an. Rund 1,1 Millionen ÖsterreicherInnen sind alkoholabhängig oder laufen Gefahr, in eine Alkoholabhängigkeit zu schlittern. Diese Zahl ist erschreckend. Im EU-Vergleich befindet sich Österreich auf den zweiten Platz. Trinken wird als Volkssport und Alkohol als eine Kulturdroge angesehen. Dies zieht sich quer durch alle Schichten und Generationen. Pro Kopf und Jahr werden von ÖsterreicherInnen 12,2 Liter Alkohol getrunken, das sind 26,5248 Gramm Reinalkohol pro Tag. Der OECD-Schnitt liegt jedoch pro Kopf und Jahr bei neun Liter. Führend ist Frankreich mit 12,3 Liter.249 Die österreichische Jugend liegt auf den Platz 10. Rund 31 Prozent der weiblichen 15-Jährigen und 39 Prozent der 15-jährigen Burschen haben mindestens zweimal über den Durst getrunken. Dem Alkohol gegenüber besteht somit keine Abneigung.250 Zirka 2,5 Millionen Todesfälle lassen sich weltweit jährlich auf den missbräuchlichen Alkoholkonsum

244 nicht dem SMG unterstellte Substanzen.

245 sofern nicht die Bestimmungen des Jugendgesetzes greifen.

246 ErlRV 1518 BlgNR XXIV. GP, 1f.

247 Bzik, Jugendschutz in der Steiermark 58.

248 Institut Suchtprävention, Factsheet Sucht: Abhängigkeit und Substanzkonsum, Version 2.3, 02.09.2014, 8.

249 Alkohol: 1,1 Millionen Österreicher sind abhängig oder gefährdet abrufbar unter

<profil.at/home/alkohol-1-1-millionen-oesterreicher-363435> (20.05.2015).

250 Österreich: Land der jugendlichen Raucher abrufbar <kurier.at/lebensart/gesundheit/oesterreich-land-der-jugendlichen-raucher/36.845.923> (20.05.2015).

50 zurückführen. Vorstufe zum Tod können zahlreiche gesundheitsschädigende Effekte sein, zB Schlaganfall, Krebserkrankungen oder Leberzirrhose.251 Bei Männer und Frauen verkürzt sich die Lebenserwartung um durchschnittlich zwischen 17 bis 20 Jahre. An einer reinen Alkoholvergiftung versterben jährlich rund 100 Personen.252 Auch negative Folgen für die Gesellschaft lassen sich nicht ausschließen, womit vor allem tätliche Angriffe, Gewalt, Verkehrsunfälle, Mord etc gemeint sind.253

Wie sich Alkohol im Straßenverkehr auswirkt, siehe 6.5.

Weltweit führt der Tabakkonsum jährlich zu fast 6 Millionen Todesfällen. 5 Millionen davon sind auf den unmittelbaren Konsum zurückzuführen und rund 600.000 betreffen Nichtraucher.254 Die Einstellung der ÖsterreicherInnen gegenüber der legalen Zigarette erscheint ebenso fragwürdig wie der Konsum von Alkohol. Mit 36,3 Prozent wird Österreich als „Aschenbecher“ der EU bezeichnet. Österreich belegte im Guinness World Record 2008 Platz eins, dicht gefolgt von Griechenland und Ungarn. Erschreckend ist, dass der Griff zur Zigarette immer früher erfolgt. Das Einstiegsalter in Österreich liegt bereits bei elf Jahren.255 Bereits jeder vierte der 15-jährigen ÖsterreicherInnen greift wöchentlich, zumindest einmal pro Woche zum Glimmstängel. Dies belegt eine Studie der OECD aus 2013, womit Österreich Platz eins unter den OECD-Ländern einnimmt.256

Rauchen stellt laut OECD das größte Gesundheitsrisiko dar.257 Den Substanztod im engeren Sinn, sprich eine Überdosierung, als Todesursache festzulegen scheint nicht zweckmäßig zu sein. Genau null Prozent an ÖsterreichInnen versterben an einer Überdosis Nikotin. Krankheiten bzw Tabakfolgeschäden zählen zu den häufigsten Todesursachen.

Runde 9.700 ÖsterreichInnen verlieren jährlich dadurch ihr Leben. Auch RaucherInnen sind einer Verkürzung der Lebenszeit ausgesetzt, welche zwischen 14 und 20 Jahren geschätzt wird.258

251 OECD, Die OECD in Zahlen und Fakten, Wirtschaft, Umwelt, Gesellschaft, 2014 244.

252 Institut Suchtprävention, Abhängigkeit und Substanzkonsum, Version 2.3, 30.

253 OECD, 2014 244.

254 OECD, 2014 242.

255 Österreich ist „Weltmeister“ unter den Rauchern abrufbar unter

<derstandard.at/1262209224548/Oesterreich-ist-Weltmeister-unter-den-Rauchern> (27.05.2015).

256 Jugendliche über Rauchverbot, da raucht man erst abrufbar unter

<http://www.salzburg.com/nachrichten/kinder/eltern/sn/artikel/jugendliche-ueber-rauchverbot-dann-raucht-man-erst-recht-136077/> (05.07.2015).

257 OECD, 2014, 242.

258 Institut Suchtprävention, Abhängigkeit und Substanzkonsum, Version 2.3, 30.

51 Mit dem generellen Rauchverbot in der österreichischen Gastronomie ab 1. Mai 2018 sollen Tabakfolgeschäden reduziert werden.259 Jahrlange diskutierte man darüber. Man versuchte es mit einem partiellen Rauchverbot. Mit der Tabakgesetznovelle 2009 sollte der Nichtraucherschutz weiter ausgebaut werden.260 Besitzer von Lokalen, die eine Fläche von mehr als 50 Quadratmeter erreichten, mussten Raucher- und Nichtraucherbereiche schaffen. Kleinere Lokalbesitzer konnten entscheiden, Raucher- oder Nichtraucherlokal.261 Diese neu geschaffene Bestimmung war der Schritt Richtung eines besseren Österreichs.

Über die Jahre gesehen, wusste man, dass auch Österreich um ein generelles Rauchverbot nicht herumkommen wird. Die letztgültige Bestimmung hat sechs Jahre lang gehalten.

Medizinische Studien belegen, dass das Passivrauchen eine sehr große Gefahr darstellt.

Passivraucher atmen die gleichen krebserregenden und giftigen Substanzen wie Raucher ein. Rauch lagert sind an den Wänden, Vorhängen, Möbeln etc ab, dass man auch dann, wenn im Zimmer gerade nicht geraucht wird, von den schädlichen Stoffen umgeben ist.262 2013 wurde die Tabak-Kontroll-Skala (TCS) veröffentlicht. Sie brachte erschreckende Werte ans Tageslicht. Österreich bildet in Europa das Schlusslicht im Bezug auf effektiven Nichtraucherschutz. Angebote zur Raucherentwöhnung, Zigarettenpreise, Rauchverbote, Werbeverbote, etc bildeten die Kriterien für die Bewertung. 31 von möglichen 100 Punkten wurden an Österreich vergeben. Großbritannien befindet sich auf dem ersten Platz. Sie hatten 74 Punkte erzielt.263 Österreich befand sich jedoch bereits im Jahr 2007 und im Jahr 2010 auf dem letzten Platz. Diese Ergebnisse hatten das Land nicht wirklich beeindruckt, denn erst jetzt versucht man mit einem generellen Rauchverbot, welches ab 1.Mai 2018 in Kraft treten soll, durchzustarten.264 Betroffen von diesem generellen Rauchverbot sind aber nicht nur Gaststätten. Um unter gleichen Wettbewerbsbedingungen zu arbeiten, sind all jene Räume davon betroffen, die etwa für die Herstellung, Verarbeitung wie auch die Verabreichung oder die Einnahme von Speisen und Getränken herangezogen werden. Veranstalter die ein Vereinslokal, eine Mehrzweckhalle oder auch

259 PK-NR 796 vom 08.07.2015.

260 Bundesgesetz über Änderung des Tabakgesetzes, BGBl I 120/2008.

261 AB 656 BlgNR XXIII. GP, 1; Ab 2018 kein Qualm in Lokalen mehr abrufbar unter

<derstandard.at/2000014110146/Entwurf-zu-Rauchverbot-steht> (28.05.2015).

262 ErlRV 672 BlgNR XXV. GP, 1.

263 Joossens/Raw, The Tabacco Control Scale 2013 in Europe, March 2014, 8.

264 Österreich laut Studie Europas Schlusslicht beim Nichtraucherschutz abrufbar unter

<derstandard.at/1395363575264/Oesterreich-laut-Studie-Europas-Schlusslicht-beim-Nichtraucherschutz>

(28.05.2015); PK-NR 796 vom 08.07.2015.

52 ein Zeltfest nutzen, haben sich künftig mit dem neuen Nichtraucherschutz auseinanderzusetzen.265

Generelles Rauchverbot hin oder her, warum bis 2018 warten? Sollen in der Zwischenzeit noch mehr Menschen an den negativen Folgen des Rauchens erkranken? Einerseits müssen wir froh sein, dass ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie kommt, anderseits stellt sich wirklich die Frage, ob eine so lange Übergangsfrist wirklich notwendig ist? Die dreijährige Übergangsfrist ist reger Kritik ausgesetzt. Eva Glawischnig von den Grünen bezeichnet es als „inakzeptabel“266. Als „einen Pfusch der in die Verlängerung geht“267, äußern sich die Neos dazu. Die alten Bestimmungen bzw Rechtsvorschriften waren von Anfang an nicht zukunftsfähig. Auch von der Initiative Don´t Smoke wird die Frist von drei Jahren als „ein Wermutstropfen“268 gesehen. Darüber hinaus kritisieren sie den nicht verpflichtenden Einbau von Absauganalgen in Hotel-Raucherräumen.269 Bezugnehmend auf Hotel-Raucherräume ist Folgendes zu sagen: In Zukunft ist es den Hoteliers gestattet Räumlichkeiten zu schaffen, in denen geraucht werden darf, vorausgesetzt es werden weder Speisen noch Getränke serviert. RaucherInnen ist der Konsum von Speisen und Getränken in derartigen Räumlichkeiten nicht gestattet.270

Warum fügt man überhaupt Ausnahmeregelungen ein? Notwendig wäre meines Erachtens eine Vereinheitlichung dieser Regelung. Hoteliers sollen nicht ausgenommen werden.

Entweder ist man in dieser Branche tätig oder nicht. Man hat sich den expliziten Bestimmungen zu fügen. Etwaige Ausnahmeregelungen schaffen nur Misstrauen und Missgunst. Obwohl laut dem Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk eine Diskriminierung ausgeschlossen ist – da eine Unterscheidung zwischen Hotels, deren Zweck auf die Zimmervergabe gerichtet ist und Gastro-Betrieben, die Speisen und Getränke servieren, sachlich gerechtfertigt ist – ist mit Klagen seitens der Wirte zu rechnen, die eine Ungleichbehandlung bejahen bzw verneinen sollen.271 Auch das Rauchen in Schanigärten

265 ErlRV 672 BlgNR XXV. GP, 2.

266 Ab 2018 kein Qualm in Lokalen mehr abrufbar unter <derstandard.at/2000014110146/Entwurf-zu-Rauchverbot-stet> (28.05.2015).

267 Ab 2018 kein Qualm in Lokalen mehr abrufbar unter <derstandard.at/2000014110146/Entwurf-zu-Rauchverbot-stet> (28.05.2015).

268 Ab 2018 kein Qualm in Lokalen mehr abrufbar unter <derstandard.at/2000014110146/Entwurf-zu-Rauchverbot-stet> (28.05.2015).

269 Ab 2018 kein Qualm in Lokalen mehr abrufbar unter <derstandard.at/2000014110146/Entwurf-zu-Rauchverbot-stet> (28.05.2015).

270 ErlRV 672 BlgNR XXV. GP, 3.

271 Ab 2018 kein Qualm in Lokalen mehr abrufbar unter <derstandard.at/2000014110146/Entwurf-zu-Rauchverbot-steht> (28.05.2015).

53 bleibt weiterhin erlaubt.272 Warum? Ging es nicht darum einen besseren Nichtraucherschutz zu schaffen?

8.2. „Legal Highs“

„Legal Highs“, auch Designerdroge oder Research Chemicals bezeichnet, stellen legale Alternativen zu illegalen Substanzen dar. An der Molekularstruktur chemischer Verbindungen werden gezielt Veränderungen vorgenommen um diese als eine legale Alternative anbieten zu können. Diese werden über das Internet oder diversen Shops verkauft, aber auch auf der Straße an den Mann gebracht. Häufig werden diese Produkte mit Namen wie „Miaow“, „aura diamond“ und „Blow“ in bunten Kartons, ohne näher auf deren Inhaltsstoffe einzugehen, trügerisch als Düngemittel, Badesalz oder Räucherwerk offeriert. Auf der Verpackung wird „scheinhalber“ der Hinweis angebracht, dass dieses Produkt nicht für den Verzehr geeignet ist. Durch deren Bezeichnung und Aufmachung werden in den einschlägigen Shops vor allem Jugendliche angelockt. Zu der Hauptzielgruppe zählen aber auch KonsumentInnen, die am Ausprobieren solch eines Mittels Interesse haben. Die Inhaltsstoffe lösen einen beruhigenden und angenehmen Rauschzustand aus, der einem Cannabisrausch gleicht. Da deren Auswirkungen auf den Körper noch nicht umfassend erforscht sind, müssen gesetzliche Regelungen geschaffen werden um etwaige Gesundheitsrisiken hintanzuhalten.273 Diesem Erfordernis trägt das im Jänner 2012 in Kraft getretene „Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz“ (NPSG) Rechnung.274 Im Gegensatz zum SMG beschäftigt sich das NPSG nur mit der Angebotsseite. So sieht § 4 Abs 1 NPSG vor: „Wer […] Neue Psychoaktive Substanzen mit dem Vorsatz erzeugt, einführt, ausführt oder einem anderen überlässt oder verschafft, dass sie von dem anderen oder einem Dritten zur Erreichung einer psychoaktiven Wirkung im menschlichen Körper angewendet wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft“.275 Da aber der Handel mit der Badesalz-Droge hauptsächlich über das Internet floriert, stellt sich die Frage ob dem momentanen Boom der Partydroge überhaupt beizukommen ist. Schon mit ein paar Klicks und ohne Alterskontrolle ordern sich die Jugendlichen ihre gewünschten Stoffe, welche vergleichsweise preiswerter als in Shops

272 ErlRV 672 BlgNR XXV. GP, 2.

273 ErlRV 1518 BlgNR XXIV. GP, 1f.

274 Bundesgesetz über Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz, BGBl I 146/2011.

275 § 4 Abs 1 NPSG.

54 sind. Bestellungen wie auch Bezahlung und Versand finden online statt.276 EMCDDA277 hat im Rahmen einer Untersuchung festgestellt, dass einer von vier 15 bis 16-Jährigen illegale Substanzen konsumiert.278 Erschreckend ist auch die Zunahme von „Legal Highs“.279 Neue psychoaktive Substanzen sind europaweit auf dem Vormarsch. Im Rahmen der Eurobarometer-Studie gaben 7 Prozent der jungen ÖsterreicherInnen an, bereits „Legal Highs“ konsumiert zu haben. 5 Prozent davon haben solch ein Mittel vor einem Jahr und 2 Prozent innerhalb der letzten 12 Monate zu sich genommen. Niemand aber hatte „Legal Highs“ im letzen Monat konsumiert.280

8.2.1. Bestrafung des Konsumenten

Der Erwerb des Konsumenten wird nicht kriminalisiert. Das Experimentierverhalten vieler Jugendlicher stellt kein Verhalten dar, welches mit strafrechtlichen Mitteln sanktioniert werden sollte. Bei neu in Erscheinung tretenden Stoffen ist das Gefährdungs- und Suchtpotential kaum einschätzbar. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass das Einnehmen solcher Mittel nicht dem SMG oder der Suchtgift- oder Psychotropenverordnung unterstellt werden sollte. Kann die angebotsseitige Kontrolle den Konsum solcher Stoffe nicht stoppen und kann aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse ein entsprechendes Risikopotential wie bei Suchtmitteln iSd SMG nachgewiesen werden, müssen entsprechende Schritte281 vorgenommen werden um diesen Stoff als Suchtmittel zu deklarieren. Im Vordergrund des NPSG steht aber der Präventionsgedanke. Die Jugend soll besser informiert und über etwaige Risiken aufgeklärt werden.282 Im Eurobarometer-Bericht kam zum Ausdruck, dass 29 Prozent der ÖsterreicherInnen in keiner Weise umfassend aufgeklärt sind. 36 Prozent hingegen beschafften sich Informationen aus dem Netz.283

An dieser Stelle stellt sich die Frage warum Jugendliche nicht nach dem NPSG belangt werden? Warum wird nicht eigens ein Tatbestand vorgesehen? Einerseits wird dies mit der

276 Neues Gesetz soll Badesalz-Droge bekämpfen abrufbar unter

<krone.at/Oesterreich/Neues_Gesetz_soll_Badesalz-Drogen_bekaempfen-Legal_Highs-Story-297594>

(26.05.2015).

277 siehe 3.

278 European Commission, Young People and Drugs, 2.

279 European Commission, Young People and Drugs, 7.

280 European Commission, Young People and Drugs, T6.

281 siehe 8.2.2.

282 ErlRV 1518 BlgNR XXIV. GP, 4f.

283 European Commission, Young People and Drugs, T10.

55 Experimentierfreudigkeit und andererseits mit den mangelnden wissenschaftlichen Gutachten gerechtfertigt. Weiters werden auch gesundheits- und sozialpolitische Gründe angeführt – „Hilfe statt Strafe“. Junge Leute sollen nicht als Kriminelle abgestempelt werden, die Zukunft soll ihnen nicht verbaut werden, ihnen muss eine zweite Chance gegeben werden. Was aber wenn die Jugendlichen genau wissen was sie da machen – nämlich etwas „Verbotenes“. Wie bereits erwähnt, haben sich 36 Prozent der österreichischen Jugendlichen laut dem Eurobarometer-Bericht aus dem Jahr 2014 hinreichend über „Legal Highs“ via Internet informiert. Andere wiederum haben sich Infos aus dem Freundschaftskreis geholt oder über Werbekampangen bezogen.284 Lediglich 29 Prozent haben sich mit dem Thema gar nicht auseinandergesetzt. Anhand dieser Zahlen ist ersichtlich, dass der Großteil der Jugendlichen mit dem Thema vertraut ist. Wie genau ihr Informationsstand ist, kann den Daten des Eurobarometers nicht entnommen werden.

Jedoch ist 86 Prozent bewusst, dass ein regelmäßiger Konsum von Designerdrogen ein hohes Risiko für die Gesundheit darstellt.285 Die österreichische Jugend weiß was Designerdrogen sind, dass sie gesundheitsgefährdend sind – warum soll nicht auch ein, wie im SMG, vergleichbarer Diversionstatbestand eingeführt werden? Wäre eine gesetzliche Verankerung dahingehend vorhanden, würde man nicht blind „Legal Highs“ konsumieren.

§ 18 Abs 3 Steiermärkisches Jugendgesetz lautet: „Bis zum vollendeten 18. Lebensjahr sind der Erwerb, Besitz und Konsum von Drogen und ähnlichen Stoffen, die nicht unter das Suchtmittelgesetz fallen, die jedoch allein oder in Verbindung mit anderen Stoffen eine Betäubung, Aufputschung oder Stimulierung herbeiführen können, verboten, außer deren Anwendung wird ärztlich angeordnet.“286 Diese Bestimmung stellt einen Auffangtatbestand dar. Jugendliche können sich nicht ganz ihrer Verantwortung entziehen.

Werden sie beim Konsum von „Legal Highs“ oder deren Erwerb ertappt, müssen sie mit verwaltungsrechtlichen Konsequenzen rechnen. Das Steiermärkische Jugendgesetz sieht in

§ 27 drei Möglichkeiten einer Strafe vor: eine alleinige Geldstrafe; ein alleinige(s) Beratungsgespräch, Schulung, Gruppenarbeit oder die Verrichtung einer Sozialleistung;

eine Kombination aus beiden. Diese Bestimmung hat den Charakter einer Diversion.

Anstatt sofort eine Geldstrafe von max Euro 300,- aufzuerlegen, kann nach dem Prinzip

„Hilfe statt Strafe“ vorgegangen werden.287 Eine solche Maßnahme wie zB eine

284 European Commission, Young People and Drugs, T9.

285 European Commission, Young People and Drugs, T20.

286 § 18 Abs 3 StJG.

287 ErlRV 1884/1 BlgLT XVI. GP, 19; § 27 Abs 3 StJG.

56 Gruppenarbeit soll den Jugendlichen helfen besser zu verstehen, welche Ziele der Jugendschutz verfolgt und in weiterer Folge soll ihnen verständlich gemacht werden, dass der Konsum etc von Drogen oder ähnlichen Stoffen verboten ist bzw gesundheitsschädliche Risiken birgt. Im Rahmen einer Sozialleistung wird dem Jugendlichen eine gewisse Anzahl an Stunden auferlegt, welche sie/er beispielweise in einem Pflegeheim oder in einer Tierschutzeinrichtung zu absolvieren hat. Diese Art von Strafe ist dann zu wählen, wenn es als pädagogisch zweckmäßig angesehen wird.288 Die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe ist nicht vorgesehen. Wird den auferlegten Pflichten wie zB dem Beratungsgespräch nicht Folge geleistet, kann nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VVG) vorgegangen werden (Beugestrafe).289

Inwiefern solch eine Handhabung zielführend ist, ist strittig. Meines Erachtens würde ein Straftatbestand mit Diversionscharakter insb im Hinblick auf „Legal Highs“

erfolgsversprechender sein, als eine bloße verwaltungsrechtliche Sanktion. Der Respekt gegenüber dem StGB und seinen Nebengesetzen ist größer als gegenüber verwaltungsrechtlichen Straftatbeständen.

Die Exekutive hat, obwohl die KonsumentInnen nach dem NPSG nicht zur Verantwortung gezogen werden können, jedoch die Möglichkeit psychoaktive Substanzen einzuziehen, wenn auch keine Straftat des § 4 NPSG vorliegt. Somit geht § 5 Abs 1 NPSG über den § 26 StGB hinaus, welcher nur dann eine Einziehung vorsieht, wenn eine Tathandlung des

§ 4 Abs 1 NPSG erfüllt ist. Kann der Erwerber glaubhaft darlegen, dass er diese Stoffe nicht zur Bewusstseinsveränderung konsumiert hat, werden diese nicht beschlagnahmt.290

8.2.2. Schnelllebigkeit

Wie bereits erwähnt besteht keine Abneigung der österreichischen Jugend gegenüber der Designerdroge. Umso notwendiger erscheint es, deren Konsum zu unterbinden. „Legal Highs“ sind sehr schnelllebig, womit jederzeit neue Substanzen am Markt auftreten können. Händler greifen rasch auf andere Substanzalternativen zurück, wenn die bis dato Verwendeten gem § 3 NPSG unter Strafsanktion gestellt werden. § 3 Abs 1 NPSG räumt dem Bundesminister bzw dem Gesundheitsministerium eine Verordnungsermächtigung

288 Bzik, Jugendschutz in der Steiermark 14.

289 ErlRV 1884/1 BlgLT XVI. GP, 19.

290 § 5 Abs 1 NPSG; ErlRV 1518 BlgNR XXIV. GP, 14.

57 ein, um neue auf den Markt kommende Substanzen als psychoaktive Stoffe zu bezeichnen.

Sie müssen eine Gefahr für Gesundheit und Körper darstellen und aufgrund ihrer Wirkungsweise missbräuchlich in einem größeren Verkehrskreis verbreitet werden. Das Gefährdungspotential muss nicht wissenschaftlich dargelegt werden. Erfahrungsberichte genügen, da diese neu in Erscheinung tretenden Chemikalien nicht umgehend wissenschaftlich analysiert werden können. Sinn und Zweck dieser Bestimmung ist es, auf solch eine Art und Weise bezeichnete Substanzen und daraus resultierenden Zubereitungen, §§ 4 und 5 NPSG anzuwenden.291

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass § 3 NPSG uns zwar hilft den Missbrauch mit solchen Stoffe einzudämmen, jedoch beseitigen kann er ihn nicht. Eine individuelle Erfassung jeder einzelnen Substanz per Verordnung würde zu einer zeitlichen Verzögerung führen, da der verordnungsmäßigen Aufnahme auch eine chemische Identifizierung des jeweiligen Stoffes vorauszugehen hat.292