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3.1 Genetische Basis von respiratorischem Wachstum, mitochondrialem

3.1.2 Charakterisierung der identifizierten pet-Stämme durch funktionelle Tests…. 46

3.1.2.5 Neue Komponenten, die essentiell für die respiratorische Kompetenz

Die durchgeführten Untersuchungen bringen alle im Rahmen dieser Arbeit erfassten, bisher uncharakterisierten RRG-Gene klar mit der mitochondrialen Funktion in Beziehung. Die funktionellen Eigenschaften der entsprechenden Deletionsmutanten sind in Tab. 3-4 zusammengefasst. Auch publizierte Lokalisationsstudien deuten auf eine mitochondriale Rolle hin. Die Proteine Rrg1, Rrg2 und Rrg5 bis Rrg10 wurden in Hochdurchsatzstudien

mittels GFP-Fusion (Huh et al., 2003) und/oder mitochondrialen Proteomanalysen (Sickmann et al., 2003; Reinders et al., 2006) als mitochondrial lokalisiert. Rrg3 trägt laut Vorhersage des MITOPROT Programms (Claros & Vincens, 1996) mit hoher Wahrscheinlichkeit (0,9484) eine mitochondriale Präsequenz. Lediglich die intrazelluläre Lokalisation von Rrg4 ist unklar, da ein Rrg4-GFP-Fusionsprotein nicht innerhalb der Zelle visualisiert werden kann (Huh et al., 2003).

Table 3-4. Funktionelle Eigenschaften der neu beschriebenen RRG-Deletionsmutanten.

Standard

Aufgeführt sind systematische und Standardnamen der RRG-Gene und Referenzen zur mitochondrialen Lokalisation der Genprodukte. Dabei bedeutet (1) Claros & Vincens, 1996, (2) Huh et al., 2003, (3) Sickmann et al., 2003 und (4) Reinders et al., 2006. + beschreibt Rettung durch Paarung mit ∆mip1 oder Cytoduktion. Als wt werden wildtypähnliche mitochondriale mtDNA-Nukleoide nach der Cytoduktion bezeichnet. o.A. steht für ohne Angabe (nach Merz &

Westermann, 2009).

Die Deletionsmutanten ∆rrg1, rrg2, rrg4, rrg5, rrg6, rrg8 und rrg9 gehören der Klasse I an und besitzen dementsprechend kein intaktes mitochondriales Genom. DAPI-Färbungen zeigten Defekte in der Organisation der mtDNA, die auch kurze Zeit nach Einbringen von wildtypischer mtDNA durch Cytoduktion in ∆rrg1, ∆rrg2, ∆rrg6, ∆rrg8 und

∆rrg9-Zellen sichtbar waren. Die in reduzierter Anzahl vorliegenden Nukleoide waren größer als im Wildtyp, und einige Zellen hatten komplett ihre mtDNA verloren (Daten nicht gezeigt).

Diese Beobachtungen legen nahe, dass Rrg1, Rrg2, Rrg6, Rrg8 und Rrg9 eine Rolle für den Erhalt der mtDNA spielen. Sofortiger und kompletter Verlust der mtDNA nach Cytoduktion in der ∆rrg5-Mutante lässt darüber hinaus auf eine essentielle Funktion von Rrg5 in diesem Prozess schließen (vgl. 3.1.2.2).

Das Protein Rrg2 besitzt ein Pentatricopeptid-Motiv (PPR-Motiv). Proteine, die ein solches Motiv tragen, sind zumeist in Plastiden und Mitochondrien lokalisiert, wo sie an verschiedenen Punkten der Genexpressionskontrolle beteiligt sind (Andrés et al., 2007). Ein Fehlen mitochondrialer Translationsaktivität und ein früher Verlust der mtDNA, wie sie hier beobachtet wurden, stimmen mit einer Rolle von Rrg2 in der Kontrolle der mitochondrialen Genexpression überein.

∆rrg3 ist eine Klasse III pet-Mutante, die ein mitochondriales [rho+]-Genom aufrecht erhalten und vollständige mitochondriale Proteinsynthese betreiben kann. Rrg3 weist eine hohe Homologie zu Mitgliedern der Lipoat-Proteinligase Familie (Morris et al., 1994) auf.

Deshalb ist denkbar, dass dieses Protein die Anbindung von Liponsäure-Kofaktoren an mitochondriale Multienzymkomplexe wie die Pyruvat-Dehydrogenase, die α-Ketoglutarat-Dehydrogenase, die Glycin-Decarboxylase oder andere vermittelt. Zudem ist die Lipoat-Proteinligaseaktivität wichtig für die Reifung des mitochondrialen tRNA-prozessierenden Enzyms RNase P (Schonauer et al., 2008). Es wäre interessant zu untersuchen, ob Rrg3 in diesem Prozess eine spezifische Rolle spielt.

Die Mutante ∆rrg4 wurde kürzlich als eine von 86 Deletionsmutanten identifiziert, die eine erhöhte Assemblierung von Rad52 aufweisen. Dieses Protein ist eine Schlüssel-komponente der nukleären DNA-Reparatur über homologe Rekombination, weshalb das RRG4-Gen als IRC19 (increased recombination centers) bezeichnet wurde (Alvaro et al., 2007). Alvaro et al. (2007) identifizierten auch andere Gene mit Bezug zur mitochondrialen Funktion (u. a. CBT1, COX16, MRP17, MRPL1, MRPS16 und YMR31) und schlagen vor, dass eine erhöhte oxidative Schädigung aufgrund beeinträchtigter Atmungskettenfunktion spontane DNA-Läsionen im Kern stimulieren könnte. Dadurch bestünde eine funktionelle Verbindung zwischen mitochondrialer Atmung und DNA-Reparaturprozessen im Kern.

Aktuelle Ergebnisse stellen eine genetische Beziehung zwischen RRG5 und den Prohibitinen her (Osman et al., 2009). Die Prohibitine Phb1 und Phb2 sind zwei homologe Proteine, die in multimeren, hochmolekularen ringförmigen Komplexen in der mitochondrialen Innenmembran vorliegen und regulatorische Funktionen im Rahmen der Zellproliferation sowie der Dynamik und Funktion von Mitochondrien einnehmen. Darüber hinaus wurde in der entsprechenden Deletionsmutante ∆ylr091w eine veränderte Lipidzusammensetzung der mitochondrialen Membranen beobachtet, wobei insbesondere der Anteil an Cardiolipin (CL) und Phosphatidylethanolamin (PE) reduziert war (Osman et al., 2009). Beides sind Phospholipide mit großer Bedeutung für die mitochondriale Struktur und Integrität (Osman et al., 2009). Eine veränderte Lipidzusammensetzung kann sowohl die

Stabilität der Atmungskettensuperkomplexe (Pfeiffer et al., 2003) als auch die Prozessierung der Fusionskomponente Mgm1 und damit die mitochondriale Fusion beeinträchtigen (Osman et al., 2009). Beides – vollständige Assemblierung der ATP-Synthase und mitochondriale Fusion – sind Prozesse, die für eine Aufrechterhaltung der mtDNA benötigt werden (Paul et al., 1989; Westermann, 2008). Möglicherweise handelt es sich also bei Rrg5 um eine Komponente des mitochondrialen Lipidstoffwechsels, die dadurch eine entscheidende Funktion für den Erhalt der mitochondrialen DNA einnimmt.

Das RRG6-Gen wurde kürzlich in einem Screen nach Komponenten mit Beteiligung an der ER-Formgebung identifiziert und HER2 (Hmg2-induced ER remodelling) genannt.

Seine Rolle und molekulare Funktion in diesem Prozess ist bisher unbekannt (Federovitch et al., 2008). Da Rrg6 sowohl in GFP-Fusionsstudien als auch Proteomanalysen mitochondrial lokalisiert wurde (Huh et al., 2003; Sickmann et al., 2003; Reinders et al., 2006), ist es wahrscheinlicher, dass seine primäre Funktion in Beziehung zum Erhalt der respiratorischen Kompetenz steht. Das Protein zeigt hohe Homologien zur bakteriellen Glutamyl-tRNA-Amidotransferase und eine Rolle in der mitochondrialen Proteinsynthese stimmt mit der Beobachtung überein, dass die mitochondriale Translation blockiert ist (Tab. 3-2).

∆rrg7 ist eine Klasse II-Mutante, die ihre respiratorische Inkompetenz vermutlich unabhängig vom Genotyp erwirbt. Das RRG7-Gen kodiert für ein mitochondriales Protein (Huh et al., 2003), das Homologe in Pilzen und anderen niedrigen Eukaryoten besitzt. Seine Funktion in der mitochondrialen Biosynthese ist gegenwärtig unklar.

Bei ∆rrg10 handelt es sich um eine Klasse III pet-Mutante, die in der Lage ist, ihr mitochondriales [rho+]-Genom aufrecht zu erhalten. Das RRG10-Gen kodiert für ein kleines Protein von nur 85 Aminosäuren. Die Analyse des mitochondrialen Translationsmusters zeigte eine Reduktion von Cox1, was vermuten lässt, dass Rrg10 eine spezifische Rolle in der Transkription oder Reifung der mitochondrialen mRNA und/oder der Translation oder Assemblierung dieses mitochondrialen Genprodukts spielt.