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3.1 Genetische Basis von respiratorischem Wachstum, mitochondrialem

3.1.1 Durchmusterung einer Hefedeletionsbibliothek nach Mutanten mit

3.1.1.1 Vergleichende Gendeletionsanalyse

In zwei vorangegangenen Arbeiten wurden käuflich erwerbbare Deletionsbibliotheken nicht-essentieller Hefegene verwendet, um pet-Mutanten bzw. pet-Gene umfassend zu identifizieren. Durch Dimmer et al. (2002) wurden so 341 pet-Mutanten innerhalb der homozygot diploiden Bibliothek gefunden. Luban et al. (2005) isolierten 355 pet-Mutanten aus der MATa-Deletionsbibliothek. Obwohl beide Stammsammlungen aus den praktisch isogenen Stämmen BY4743 bzw. BY4741 (Brachmann et al., 1998) konstruiert worden waren, stimmten die gewonnenen Datensätze nur partiell überein: Nur etwa 2/3 (240) der pet-Gene waren in beiden zu finden (Abb. 3-1 A). Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollte deshalb ein dritter Datensatz gewonnen werden, um die beobachteten Abweichungen und ihre

molekularen Grundlagen in weiterführenden Experimenten zu untersuchen. Hierfür wurde die

~4800 Hefestämme umfassende MATα-Deletionsbibliothek (BY4742; ebenfalls isogen zu den beiden anderen verwendeten Bibliotheken; Giaever et al., 2002; Kastenmayer et al., 2006) analog zu den beiden vorangegangenen Durchmusterungen auf Vollmediumplatten mit Glyzerin als Kohlenstoffquelle (YPG) ausgebracht. Nach 6 d wurde die Fähigkeit zu respiratorischem Wachstum beurteilt. In der MATα-Deletionsbibliothek waren demnach 319 respiratorisch inkompetente Mutanten enthalten, was 319 pet-Genen entspricht (Tab. A1).

Durch einen Vergleich mit den Ergebnissen von Dimmer et al. (2002) und Luban et al. (2005) wurden 176 Gene ermittelt, die in allen drei Durchmusterungsverfahren als pet-Gene identifiziert wurden (Abb. 3-1 B). Hierbei handelt es sich offensichtlich um pet-pet-Gene, deren Deletionen stets zur respiratorischen Inkompetenz führen. Im Folgenden werden diese als hoch penetrant bezeichnet. Darüber hinaus waren 125 Gene in zwei von drei Datensätzen bzw. 237 Gene in nur einem Datensatz zu finden. Dabei ist zu beachten, dass 19 der Gene aus den beiden letztgenannten Gruppen nicht in allen, sondern nur in einer oder zwei der durchmusterten Bibliotheken enthalten waren.

Abbildung 3-1: Verteilung nukleärer pet-Gene in den untersuchten Deletionsbibliotheken.

(A) Die im Vorfeld dieser Arbeit durchgeführten Durchmusterungen von Deletionsbibliotheken nach pet-Mutanten (Dimmer et al., 2002 und Luban et al., 2005) zeigen eine Übereinstimmung von nur 2/3. (B) Unter Einbeziehung des im Rahmen dieser Arbeit erhaltenen Datensatzes wird eine noch größere phänotypische Plastizität deutlich. Gleichzeitig lässt sich eine Gruppe von 176 Genen als hoch penetrante pet-Gene erfassen, deren Deletion in allen Fällen zur Ausprägung eines pet-Phänotyps führt (nach Merz & Westermann, 2009).

Um einen besseren Einblick in die molekularen Grundlagen der respiratorischen Inkompetenz zu erhalten, wurden alle hier identifizierten 319 pet-Gene gemäß ihres Auftretens in den drei Detektionsfrequenz in den Durchmusterungen kommerziell erwerblicher Deletionsbibliotheken:

2 von 2 1 von 2 3 von 3 2 von 3 1 von 3 64

63 92

38 23

176

82

vorliegende Arbeit 319 pet-Gene Dimmer et al.

341 pet-Gene

Luban et al.

355 pet-Gene

101 240 115

Dimmer et al.

341 pet-Gene

Luban et al.

355 pet-Gene

(A) (B)

pet-Screens sowie der intrazellulären Lokalisation und Funktion ihrer Genprodukte gruppiert (Tab. A2). Hierfür wurden Daten aus der Saccharomyces Genome Database (SGD; Issel-Tarver et al., 2002) oder aus manuellen Annotationen verwendet. Abb. 3-2 fasst die Ergebnisse graphisch zusammen. 73,3% der hoch penetranten pet-Gene (129 von 176) kodieren mitochondrial lokalisierte Proteine. Im Fall der zwei- von dreimal detektierten Gene ist der Anteil an mitochondrial lokalisierten Genprodukten auf 52,1% reduziert. Eine noch deutlichere Senkung des Anteils auf 14,7% ist für die nur in einer Durchmusterung identifizierten pet-Gene zu verzeichnen (Abb. 3-2 A). Es besteht also eine deutliche Korrelation zwischen der Penetranz des pet-Phänotyps und der mitochondrialen Funktion.

Unter Berücksichtigung der Funktionen der durch die 176 hoch penetranten pet-Gene kodierten Proteine wird deutlich, dass ein Großteil für den Erhalt und die Expression des mitochondrialen Genoms (78) sowie die Assemblierung der Atmungskette (24) benötigt wird (Abb. 3-2 B). 13 ORFs sind vermutlich nicht proteinkodierend, weil sie mit anderen bekannten Genen überlappen. Damit beträgt die Anzahl der proteinkodierenden hoch penetranten pet-Gene de facto 163.

Acht der hoch penetranten pet-Gene (YDR065w, YGR150c, YJL046w, YLL033w, YLR091w, YMR293c, YOR305w und YPR116w) kodieren für bisher uncharakterisierte Proteine. Außerdem wurden zwei zusätzliche ORFs (YNL213c und YJL062w-a) identifiziert, die nur in der vorliegenden MATα-Bibliothek enthalten waren, aber durch anderweitige Studien (Wysocki et al., 1999; Kastenmayer et al., 2006) als pet bestätigt sind. Alle zehn entsprechenden Deletionsstämme wurden mittels PCR verifiziert. Damit wurde eine Gruppe von zehn interessanten Genen identifiziert, die RRG1 bis RRG10 genannt wurden. Bei ihren Produkten handelt es sich um neue Faktoren, die für den Erhalt der respiratorischen Kompetenz benötigt werden (required for respiratory growth).

Annähernd alle hier identifizierten Deletionsmutanten hoch penetranter pet-Gene (95%) zeigten auch in anderen Analysen des gesamten Genpools an Hefedeletionsmutanten (Steinmetz et al., 2002; Prokisch et al., 2004) reduzierte Fitness auf nicht-fermentierbarer Kohlenstoffquelle. Im Unterschied zu Steinmetz et al. (2002), wo ein vergleichsweise großer Satz an potentiell atmungsrelevanten Genen gefunden wurde (466 Gene; 43,1% mit mitochondrialen Genprodukten), ist die hier vorgenommene vergleichende Gendeletions-analyse wesentlich selektiver (176 Gene; 73,3% mit mitochondrialen Genprodukten).

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Abbildung 3-2: Funktionelle Gruppierungen der nukleären pet-Gene. (A) Die intrazelluläre Lokalisation der von pet-Genen kodierten Proteine wurde mit dem Auftreten ihrer Gene in den drei Durchmusterungen der Deletionsbibliotheken ins Verhältnis gesetzt (vgl. Tab. A2). Dadurch wird eine Korrelation zwischen mitochondrialer Funktion und Häufigkeit der Detektion deutlich.

Der Anteil an mitochondrialen Proteinen ist innerhalb der Gruppe der hoch penetranten pet-Gene (3/3) am größten. (B) Überblick über die zellulären Funktionen der von hoch penetranten pet-Genen kodierten Proteine. Die zugrundeliegenden Daten entstammen der Saccharomyces Genome Database (SGD; Issel-Tarver et al., 2002) und manuellen Annotationen (nach Merz &

Westermann, 2009).

3.1.1.2 Aussagekraft der Ergebnisse

Die vergleichenden Untersuchungen lieferten 163 proteinkodierende, hoch penetrante pet-Gene und spiegelten zudem eine erstaunliche Plastizität des pet-Phänotyps wider. Für die zugrundeliegenden Unterschiede im Wachstumsverhalten von Deletionsstämmen aus verschiedenen Bibliotheken sind grundsätzlich zwei verschiedene Ursachen denkbar. Zum

fragliche ORFs (13)

einen können Bibliotheken falsche Stämme enthalten (wie teilweise von uns und anderen Arbeitsgruppen beobachtet). Zum anderen könnten einige Deletionsstämme über die Zeit auch Eigenschaften erwerben bzw. Funktionen verlieren. Um dies zu unterscheiden, wurden als Stichprobe die Genotypen von 39 Mutanten aus der MATα-Bibliothek mittels PCR überprüft. Generell ist es wahrscheinlicher, dass ein spezifischer Phänotyp verdeckt wird, als dass er zufällig neu entsteht. Inkorrekte Mutanten sollten deshalb besonders häufig innerhalb der Gruppe von Stämmen zu finden sein, die in zwei von drei Bibliotheken pet sind.

Demzufolge waren 19 der 39 zufällig ausgewählten Mutanten solche, die in der MATα-Bibliothek respiratorisch kompetent waren, aber in der homozygot diploiden und der MATa-Bibliothek pet. Sechs davon (∆yal012w, ∆ybl038w, ∆ydl202w, ∆ydr268w, ∆yor205c,

∆ypl029w) besaßen ausschließlich das Wildtypgen, sieben (∆ydr231c, ∆ydr332w, ∆yjl036w,

∆yjr090c, ∆ymr066w, ∆ypr047w, ∆ypr124w) trugen sowohl Wildtyp- als auch Deletionsallel und weitere sechs Mutanten (∆yal047c, ybr163w, ydr323c, ykl148c, yml081c-a,

∆yml129c) wiesen den korrekten Deletionsgenotyp auf. Zusätzlich wurden auch zehn Mutanten überprüft, deren pet-Phänotyp nur in der MATα-Bibliothek, nicht aber in den beiden anderen zu detektieren war und weitere zehn Mutanten, die in allen drei Screens pet waren.

Alle 20 Deletionsstämme besaßen den korrekten Genotyp. Das heißt, dass jedes Mal, wenn eine falsche Deletion detektiert wurde, der pet-Phänotyp durch die Präsenz des Wildtypallels verdeckt wird. Im Gegensatz dazu waren alle getesteten, respiratorisch inkompetenten Mutanten genotypisch richtig. Daraus kann gefolgert werden, dass ein gewisser Anteil an Unstimmigkeiten zwischen den pet-Screens bzw. den zugrundeliegenden Bibliotheken tatsächlich auf falsche Stämme zurückzuführen ist. Gleichzeitig zeigt sich aber deutlich, dass eine relativ große Anzahl an bewiesenermaßen korrekten Mutanten Wachstumsunterschiede aufweist. Die vorgenommenen PCR-Analysen demonstrieren also eine phänotypische Plastizität von Mutanten. Des Weiteren ist die beobachtete Korrelation zwischen pet-Phänotyp und mitochondrialer Lokalisation ein klarer Hinweis darauf, dass die Variabilität nicht nur aufgrund falscher Stämme zustande kommt, sondern biologische Prozesse widerspiegelt.

3.1.2 Charakterisierung der identifizierten pet-Stämme durch funktionelle