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5.3 Zeitpunkt und Verlauf der Besiedlung von MRSA beim Mastschwein

5.3.2 MRSA-Dynamiken während der Mastdurchgänge

Schon bereits in den Verlaufsuntersuchungen des ersten Mastdurchganges, die in der Abbildung 21 (Kapitel 4.5.2) dargestellt werden, konnten in den zwölf Beständen sehr unterschiedliche Dynamiken der MRSA Besiedlung festgestellt werden.

Ebensolche unterschiedlichen Besiedlungsverläufe konnten auch im zweiten Mastdurchgang, der in Abbildung 22 (Kapitel 4.5.3) dargestellt wird, gefunden werden. Die bestandsspezifischen Maßnahmen führten insgesamt zu keinem signifikanten Unterschied der Verläufe von erstem und zweitem Mastdurchgang, daher folgt die Betrachtung allgemein. Neben Beständen, die durchweg 100%

MRSA-positive Nachweise an jedem Beprobungszeitpunkt bei jedem der zwölf ausgewählten Mastschweine erbrachten, gab es ebenso Bestände bei denen keine MRSA identifiziert werden konnten. Diese beiden Beispiele deuten darauf hin, dass es ganz entscheidend für den weiteren Verlauf ist, mit welchem MRSA-Status Tiere in die Mast eingestallt werden. Wenn bereits bei der Einstallung 100% der ausgewählten Stichprobe an Tieren einen positiven MRSA-Nachweis erbrachten, blieben die Tiere meist während des gesamten Mastdurchganges besiedelt. Ein möglicher Grund dafür könnte sein, dass die Keimmenge sich während einer Mastperiode stetig potenziert und daher die „Einstiegsmenge“ ein entscheidender Faktor für die Verbreitung sowie die Dynamik ist. Bestände, bei denen bei der Einstallung weniger als 100% der Tiere mit MRSA besiedelt waren, wiesen nach zweiwöchiger Mastdauer eine meist deutlich höhere MRSA-Nachweisrate als bei der Einstallung auf. Dies könnte auf die stetige Keimvermehrung und die guten Lebensbedingungen für MRSA in Stäuben mit hohem organischen Anteil zurückzuführen sein. Des Weiteren wurde bei den meisten Beständen in den ersten zwei Wochen der Mast eine antibiotische Behandlung der Tiere als sogenannte Einstallprophylaxe durchgeführt. Diese führt unweigerlich zu einer Selektion von MRSA, da diese Keime gegenüber den meisten üblich eingesetzten Wirkstoffen eine Resistenz aufweisen.

Dies könnte ebenso eine Erklärung dafür sein, dass die MRSA-Besiedlung von Tieren, die schon bei der Einstallung mit MRSA besiedelt waren, weiter gefestigt wird. Auch TENHAGEN et al. (2009) sehen bezüglich des Einsatzes von Antibiotika eine Selektion von vorhandenen MRSA wahrscheinlicher als eine de Novo Entstehung. Der Einfluss der antibiotischen Behandlung wird in Punkt 5.3.3 nochmals im Detail diskutiert.

Weiterhin kann in einigen Beständen ein Rückgang der MRSA-Nachweise bei der Beprobung nach sechs Wochen verzeichnet werden. Es ist zu vermuten, dass die Konkurrenzflora, die zuvor mit der antibiotischen Behandlung zurückgedrängt wurde, sich wieder optimal vermehren kann und sich mit den MRSA-Keimen erneut in Konkurrenz begibt. Gleichzeitig zeigt dies, dass Schweine nicht konstant mit MRSA besiedelt bleiben, sondern ihren Status wechseln oder gar längerfristig

MRSA-negativ bleiben können. Als Beispiel hierfür kann die Verlaufsuntersuchung von Bestand 5 genannt werden (Tabelle 19). Auch NATHAUS et al. (2010) und ZWAMBAG et al. (2009) können diesen Wechsel des MRSA-Status in ihren Studien bei Ferkeln beobachten.

Trotz großer Unterschiede in der Dynamik der Besiedlung der Schweine im Verlauf einer Mastperiode ergibt sich folgendes Bild:

Wie in Abbildung 24 dargestellt, unterliegen Mastläufer in den ersten zwei Wochen der Mast einem erhöhten Risiko von MRSA besiedelt zu werden. Dies konnte auch statistisch belegt werden. Nach diesem Anstieg an MRSA-positiven Nachweisen stellte sich ein mehr oder weniger hohes Niveau von MRSA positiven Nachweisen bzw. Tieren in der Betrachtung über beide Durchgänge hinweg ein. Des Weiteren muss festgehalten werden, dass die Nachweishäufigkeiten nicht nur von Bestand zu Bestand sehr unterschiedlich waren, sondern auch von Mastdurchgang zu Mastdurchgang schwankten. Ob die Anzahl der zwölf untersuchten Bestände ein repräsentatives Bild vermitteln, bleibt offen und sollte durch weitergehende Untersuchungen geklärt werden.

5.3.3 Einfluss einer antibiotischen Behandlung

Es konnten an allen drei Beprobungsterminen signifikante Unterschiede zwischen Beständen mit und ohne Einsatz von Antibiotika statistisch ermittelt werden. In Beständen, die eine antibiotische Behandlung zu Beginn des Mastdurchganges durchführten, konnten signifikant häufiger MRSA-Nachweise registriert werden. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung konnte diesen Zusammenhang in einer Studie belegen. Dabei waren Mastgruppen bei denen Antibiotika eingesetzt wurden, häufiger MRSA-positiv als Mastgruppen, bei denen keine Antibiotika eingesetzt wurden (ANON. 2009a). Auch VAN DUIJKEREN et al. (2008) können diesen Zusammenhang in ihrer Studie beobachten und sehen den Einsatz von Antibiotika als einen Risikofaktor für eine Besiedlung mit MRSA.

TENHAGEN et al. (2009) gehen allerdings davon aus, dass der Einsatz einer antibiotischen Behandlung einen Einfluss auf das MRSA-Geschehen im Sinne einer

Selektion dieser sehr resistenten Keime nimmt und somit eine Verbreitung dieser begünstigen. Gegen eine de novo Entstehung sprechen laut den Autoren die sehr begrenzte Zahl unterschiedlicher MRSA-Typen in den Beständen.

In den vorliegenden Untersuchungen konnte ebenfalls gezeigt werden, dass die verschiedenen Wirkstoffklassen einen unterschiedlichen Einfluss auf den MRSA-Nachweis nehmen. So konnte beobachtet werden, dass bei Einsatz von β-Lactamen und Polypeptid-Antibiotika signifikant häufiger MRSA-positive Tiere identifiziert wurden. Die Kombination von zwei Antibiotika führte ebenfalls zu einem häufigeren Nachweis von MRSA. Gerade die Kombination von Amoxicillin als Vertreter der β-Lactame und Colistin als Vertreter der Polypeptid-Antibiotika, die häufig in Schweinebeständen Anwendung findet, scheint eine hervorragende Selektionsgrundlage für MRSA zu bieten. Zum einen wird die sensitive Gram-positive Flora durch die β-Lactame reduziert bzw. eliminiert und zum anderen werden die sensitiven Gram-negative Bakterien durch die Polypeptid-Antibiotika reduziert bzw.

eliminiert. Nur resistente Keime wie MRSA können diese Kombination unbeschadet überleben. VAN DUIJKEREN et al. (2007) messen dem Einsatz von β-Lactamen und Tetrazyklinen die größte Bedeutung im Hinblick auf eine Selektion von Methicillin-resistenten S. aureus zu. In den eigenen Untersuchungen ergab der Einsatz von Tetrazyklinen keinen signifikanten Einfluss auf die Nachweishäufigkeit von MRSA.

Dies beruht vermutlich auf der geringen Fallzahl von zwölf Beständen.

Abschließend kann festgestellt werden, dass antibiotische Behandlungen einen Einfluss auf die MRSA Dynamiken innerhalb der Bestände haben. Wie groß dieser Einfluss ist und welche Rolle die unterschiedlichen Wirkstoffe spielen, sollte Gegenstand gezielter und vergleichender Studien sein.

5.4 MRSA und bestandsspezifische Interventionsmaßnahmen

In der vorliegenden Studie wurden verschiedene bestandsspezifische Interventionsmaßnahmen in acht der zwölf Bestände durchgeführt, um die MRSA-Besiedlung der Tiere auf Dauer zu reduzieren bzw. im besten Fall zu eliminieren.

Im statistischen Vergleich der beiden Durchgänge konnten keine signifikanten Unterschiede der Nachweishäufigkeiten erbracht werden. Dies lässt darauf schließen, dass keine der Maßnahmen eine potentielle Reduktion von MRSA erbringen konnte. Da dieser Vergleich bei bestandsspezifischen Maßnahmen nur eine grobe Einschätzung erlaubt und keine Aussage auf Ebene der einzelnen Maßnahmen zulässt, wurde zusätzlich auch jede einzelne Maßnahme anhand des ersten und zweiten Mastdurchganges auf Bestandsebene auf signifikante Unterschiede geprüft.

In Bestand 3 wurden pflanzliche und ätherische Öle der Firma Hölscher und Leuschner (Emsbüren) mittels eines Hochdruckreinigers alle zwei Tage im Abteil versprüht. Der Einsatz dieses Ölgemischs führt laut Hersteller nachweislich zu einer Reduktion der Staubkonzentration in der Stallluft um 60% und zu einer signifikanten Keimreduktion in der Stallluft. Das Prinzip beruht auf der Bindung von Staub durch die feinst-vernebelten Öle sowie einer bakteriziden Wirkung der Inhaltsstoffe (www.hl-agrar.de). Am zweiten Beprobungstermin nach zweiwöchiger Mastdauer konnten signifikant weniger MRSA-Nachweise erbracht werden. Dies deutet auf eine mögliche Reduktion aufgrund der Maßnahme hin. Im weiteren Verlauf stieg allerdings der Anteil der MRSA-positiven Tiere bis zum Ende der Mast an, so dass letztlich die Tiere überwiegend mit MRSA nasal besiedelt waren. So kann zusammenfassend gesagt werden, dass die gewünschte Reduktion von MRSA ausblieb. Dennoch kann nicht geklärt werden, ob diese Maßnahme generell keinen Erfolg in der Reduktion von MRSA in Mastställen bringt, da der Landwirt einräumte zwar anfänglich regelmäßig, dann aber unregelmäßig die Öle versprüht zu haben.

Ebenso muss daraufhin gewiesen werden, dass die Empfehlung des Herstellers die Besprühung mindestens einmal täglich durchzuführen somit in keiner Weise entsprochen wurde. Ob der Einsatz von diesem ätherischen Ölgemisch nicht doch eine potentielle Möglichkeit zur Reduktion von MRSA im Stall sein könnte, muss in weiterführenden Studien geklärt werden.

Im Bestand 4 wurden Effektive Mikroorganismen der Firma EMRAKO (Rahden-Varl) als Maßnahme zur Reduktion von MRSA eingesetzt. Dabei wurde das Produkt EMIKO® EF-Schwein als Ergänzungsfuttermittel eingesetzt. Das Prinzip der

Reduktion sollte über eine Verdrängung von MRSA als sogenannte „competitive exclusion“ stattfinden. Die gewünschte Reduktion blieb jedoch völlig aus, es wurde ebenso wie im ersten Mastdurchgang auch im zweiten Mastdurchgang in nahezu allen Proben MRSA identifiziert. Das Prinzip mit anderen Bakterien eine Verdrängung von MRSA zu erreichen, sollte trotzdem als eine mögliche Maßnahme zur Reduzierung von MRSA weiterhin angesehen werden. Die Fragestellung für weitergehende Studien diesbezüglich, muss daher lauten, welche Bakterien können diesen gewünschten Einfluss bewirken.

Eine intensivere Reinigung und Desinfektion wurde in den Beständen 1, 7, 8 und 12 durchgeführt. Diese sollte vor allem zu einer Eliminierung von MRSA in der direkten Umgebung führen. In allen vier Beständen konnten schon vor der Einstallung trotz der Intensivierung dieser Maßnahmen MRSA nachgewiesen werden. Dies könnte ein Hinweis auf eine eventuelle Resistenz gegen über den eingesetzten Desinfektionsmitteln sein. Dies kann aber in Gänze nicht belegt werden, da die Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen von Bestand zu Bestand durch unterschiedliche Arbeitsstile nicht völlig vergleichbar sind. Bei den beprobten Tieren konnten in den obengenannten Beständen durchweg MRSA gefunden werden.

In Bestand 6 und 9 wurde ein neues Stallgebäude zur Untersuchung des zweiten Mastdurchganges genutzt. In Bestand 6 konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den zwei Mastdurchgängen verzeichnet werden. Die gewünschte Annahme, dass MRSA-negative Tiere in einer negativen Umgebung MRSA-negativ bleiben, konnte nur in Bestand 9 erreicht werden. Dieser Bestand wechselte zusätzlich die Herkunft der Mastläufer. Die Tiere blieben mit Ausnahme eines Tieres bis zum Ende der Mast MRSA-negativ. Dies bedeutet, dass durchaus die Chance besteht MRSA-freie Bestände zu schaffen. Es bleibt zu erforschen wie man bereits im Bereich der Zucht- und Aufzuchtbestände eine MRSA-Freiheit erlangen kann, da gezeigt werden konnte, dass der Status der Tiere zur Einstallung ganz entscheidend für die weitere Besiedlungsdynamik ist.

Die Eindämmung von bereits zirkulierenden MRSA in einem Bestand erscheint bislang schwierig und sollte Thema von weiteren Studien sein. Solange noch nicht alle Übertragungswege von Methicillin-resistenten S. aureus geklärt sind, empfehlen

HARTUNG et al. (2009), die gängigen Hygieneprinzipien konsequent einzuhalten und im Sinne einer „bio-security“ den Eintrag und Austrag von MRSA in und aus den Beständen zu verhindern. Darunter fallen beispielsweise ein verminderter Tiertransport genauso wie die Verhinderung von Kontakten zu anderen Tieren und Tierarten, die Einhaltung von Quarantänen neu einzustallender Tiere und das konsequente Tragen von Schutzkleidungen. Ebenso könnten Biofilter oder Biowäscher, eine gute Möglichkeit zur Verhinderung des Austrags von Luft-getragenen Bakterien darstellen (HARTUNG et al. 2009).