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Stunden nach Versuchsbeginn

4.5. Mikrobielle Proteinsynthese

4.5.1. Einflussfaktoren auf die mikrobielle Proteinsynthese

4.5.1.1. Mikrobielle Proteinsynthese in Abhängigkeit von Schwefel

Trotz der laut Literatur im Bereich der optimalen Proteinsynthese liegenden NH3 -N-Konzentrationen bei N- zeigte sich eine im Mittel signifikant reduzierte Syntheseleistung im Vergleich zu N+. Laut WHANGER et al. (1978) ist das Verhältnis von Stickstoff zu Schwefel für die Proteinsynthese wichtig. Laut GfE soll das optimale N : S Verhältnis 15 : 1 betragen, ZINN et al. (1997) geben einen Bereich von 13 : 1 bis 21 :1 an. In der vorliegenden Studie wiesen die Rationen N- und N+ ein N : S Verhältnis von 7,8 : 1 bzw. 15,7 : 1 auf. Eine Unterversorgung mit Schwefel bei N -und eine dadurch reduzierte mikrobielle Proteinsynthese kann somit ausgeschlossen werden, ebenso eine Limitierung der Proteinsynthese durch die steigende N-Versorgung bei N+. Die GfE (2001) gibt zudem an, dass das N : S Verhältnis nicht enger sein sollte, als 10:1, um negativen Auswirkungen auf die Thiaminversorgung von Wiederkäuer und Pansenbakterien vorzubeugen. Laut FRANK (1998) hat Thiamin wachstumsfördernden Einfluss auf einige Bakteriengruppen. Im Futter enthaltenes Sulfat wird vorübergehend in Sulfit (BRAY 1969) und schließlich über Sulfid zu H2S überführt (WEIGAND 1974). Sulfite in einer zu hohen Dosis führen zu einer Stoffwechselhemmung (GUNNISON et al. 1981) und Reduzierung der Protozoenanzahl (HOEHLING 2000), aber auch zu einer Aufspaltung von Thiamin (LEICHTER & JOSLYN 1969; SCHEUNERT & TRAUTMANN 1987), ein hemmender Effekt auf das Bakterienwachstum durch sinkende Thiaminkonzentration könnte also vermutet werden. Die Ration N- in den eigenen Versuchen lag mit 7,8 : 1 unter diesen Empfehlungen. Ql et al. (1992a) zeigten allerdings, dass N : S Verhältnisse von 6,3 – 14,2 : 1 keine Auswirkungen auf die Aufnahme von T, die Milchleistung und –zusammensetzung hatte und in einer späteren Studie berechneten Ql et al. (1992b) eine optimales N : S Verhältnis für Angora Ziegen von 7,2 : 1.

4.5.1.2. Mikrobielle Proteinsynthese in Abhängigkeit von Phosphor

Über die Nahrung aufgenommener Phosphor stellt ebenfalls einen limitierenden Faktor für das mikrobielle Wachstum dar. LESSMANN (1985) stellte unter Phosphor-Depletion eine Reduzierung von 14,4 auf 10,1 g mikrobiell gebundenem N/Tag fest.

Bei Untersuchungen des N : P Verhältnisses wurden in den ruminalen Mikroorganismen in vitro Verhältnisse von 7 : 1 (MERRY et al., 1982) und 6 : 1 (VAN NEVEL & DEMEYER, 1977) festgestellt, bzw. in Abhängigkeit von der Größe der Mikroben im Mittel 5,3 : 1 (DURAND & KAWASHIMA, 1980). Laut der GfE (2003) werden zudem 1,9 g P/kg T der Ration als Grundversorgung für trockenstehende Ziegen empfohlen. Mit 2,9 g P/kg T je Ration wurden die Empfehlungen der GfE und für N- ein N : P Verhältnis von 5 : 1 erfüllt. Für N+wurde ein Verhältnis von 9,8 : 1 erreicht. Im Hinblick auf den höheren N-Gehalt, aber unveränderten Phosphorgehalt ist es möglich, dass die mikrobielle Proteinsynthese bei N+ trotz vergleichsweise höherer Syntheseleistung sogar eingeschränkt war. Legt man MERRY et al. (1982) zugrunde, wurden bei N+ 3,9 g P/Tag bzw. gemäß DURAND & KAWASHIMA (1980) 5,3 g P/Tag gebunden. Für N- betrugen die Werte 2,2 g P/Tag bzw. 2,96 g P/Tag und wurden über die Ration erfüllt. Würde die über N+ zugeführte Menge von 2,9 g P/kg T bei einer mittleren täglichen T-Aufnahme von 1035 g die einzige Eintragsquelle von P in den Pansen darstellen, wäre eine ungehinderte mikrobielle Proteinsynthese fraglich. KAY (1960) belegte einen zusätzlichen P-Eintrag in den Pansen über die Speicheldrüsen von 3,59 – 9,91 g/Tag. TOMAS (1973) stellte eine Sezernierung von 4,38 g P/Tag (2,19 g P/Tag von einer Gld. parotis) fest, POTTHAST et al. (1976) 2,71 – 5,06 g P/Tag. ROSENHAGEN (1985) stellte bei Schafen eine Sekretion von 2 g P/Tag fest. Bei Versuchen mit Schafen unter P-Depletion bzw. Repletion (BREVES 1985) und einer P-Versorgung von 1 g P/Tag bzw. 4,3 g P/Tag wurden im Speichel täglich sekretierte Mengen von anorganischem Phosphat von 2,3 g bzw. 5,9 g P gemessen. WIDIYONO (1997) beschrieb bei Versuchen mit intravenöser Phosphatinfusion bei der unbehandelten Kontrollgruppe (NaCl-Infusion) Gehalte von anorganischem Phosphat im Speichel von 3,9 g P/l. Bei anderen Fütterungsversuchen erhielten SUNAGAWA (2002) in einer zweistündigen

Fütterungsperiode Speichelflussvolumina zwischen 531 und 828 ml. Fasst man beide Studien zusammen, so ergäbe sich in zwei Stunden eine Sekretion an anorganischem Phosphat von 2,1 bis 5,2 g P. Zudem fließt ca. 1 g P/Tag gelöst in der Pansenflüssigkeit ab (LESSMANN 1985). Zusammengefasst beträgt der tägliche Eintrag von P in den Pansen somit 2,9 g (Futter) zzgl. 2,71 – 9,91 g (Speichel).

Abzgl. 1 g P/Tag Abfluss ergeben sich bei einer T-Aufnahme von im Mittel 1.035 g/Tag bei N+ mindestens 4,61 g P/Tag. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen nach MERRY et al. (1982) erfüllt wurden und eine Limitierung nicht vorlag. DOMINGUE et al. (1991) fanden in einem Vergleich mit Schafen zudem heraus, dass Ziegen eine um 15 % höhere Speichelsekretion aufweisen. Die tatsächlich über den Speichel abgegebene Menge an P unter Normalversorgung könnte folglich auch höher liegen. Somit kann im vorliegenden Versuch von einer nicht durch defizitäre Phosphorversorgung beeinflussten mikrobiellen Proteinsynthese ausgegangen werden.

4.5.1.3. Mikrobielle Proteinsynthese in Abhängigkeit von der Energieversorgung

Die mikrobielle Proteinsynthese hängt außerdem von dem Verhältnis von im Pansen verfügbarer Energie zur Stickstoffmenge ab (CLARK et al. 1992; TAMMINGA 1994;

BACH et al. 2005). RIEMEIER (2004) zeigte an Rindern Syntheseraten von 7,7 – 8,8 g mikrobiell synthestisiertes Protein/MJ ME. LEBZIEN et al. (1996b) zeigten dafür einen Variationsbereich von 7,1 – 14,0 g mikrobiell synthetisiertes Protein. Mit 7,26 g/MJ ME bei N- und 16,42 g/MJ ME bei N+ lag N+ sogar oberhalb der dort für Rinder postulierten Werte und zeigte eine deutlich effizientere N-Umsetzung als bei N-. Da die Rationen isoenergetisch konzipiert waren (10,5 MJ ME/kg uS), kommt sowohl ein Einfluss des Energiegehaltes als auch ein Energiemangel als limitierender Faktor für ein eingeschränktes Bakterienwachstum nicht in Frage, da die Tiere über ihren von der GfE (2003) empfohlenen Erhaltungsbedarf hinaus versorgt waren. Abgesehen von dem reinen Energiegehalt ist auch die Beschaffenheit und Pansenverfügbarkeit

des Energieträgers von Bedeutung für die mikrobielle Proteinsynthese. DELGADO-ELORDUY (2002) zeigten ein Absinken der NH3-N-Absorption bei Erhöhung des ruminal abbaubaren Stärkeanteils. Ähnliches stellte REYNOLDS (1997) mit intra-ruminalen und intra-abomasalen Stärkeinfusionen fest. Da sich der Stärkegehalt und die Zusammensetzung in beiden Fütterungsgruppen nicht voneinander unterschieden, kann ein unterschiedlicher Einfluss auf die mikrobielle Proteinsynthese allerdings ausgeschlossen werden.

4.5.1.4. Mikrobielle Proteinsynthese in Abhängigkeit vom N-Gehalt der Ration

Gemäß DE JONG et al. (1997) ist durch zweimalige Fütterung pro Tag und die folglich schwankende N-Versorgung eine Beeinträchtigung der mikrobiellen Proteinsynthese zu erwarten. Daher empfehlen die Autoren als Sicherheitsmarge eine positive RNB, um zwischen den Fütterungen eine ausreichende Versorgung der Mikroorganismen zu gewährleisten. Im vorliegenden Versuch wurde einem zu starken Absinken der Futter-N-Versorgung durch die viermalige Fütterung pro Tag entgegen gewirkt.

Die Reduzierung des N-Gehaltes in der Ration führte zu einer Verringerung der mikrobiellen Proteinsynthese um 56 %, von 172 g/Tag bei N+ auf 76 g/Tag bei N-. LESSMANN (1985) bestimmte bei Schafen in einem Phosphor-Depletionsversuch zwischen depletierter Gruppe und Kontrollgruppe Produktionsraten zwischen 63 und 90 g Protein/Tag bei einem Rations-Rp-Gehalt von 12,66 %/. GIVENS & RULQUIN (2004) geben für Silage-basierte Rationen Syntheseraten zwischen 12,5 und 30,6 g mikrobiellen Proteins/100 g scheinbar verdauter oS an. STERN & HOOVER (1979) fassten 64 Untersuchungen über die Proteinsynthese sowohl bei Schafen als auch bei Rindern zusammen und errechneten eine mittlere mikrobielle Proteinsynthese von 16,1 g/100 g scheinbar verdauter oS. In Abhängigkeit der Rationszusammensetzungen und Versuchskonzepte variierten die Einzelwerte von 6,3 g bis 30,7 g/100 g verdauter oS. Ähnliche Werte wurden von ROBINSON et al.

(1998) und HENNING et al. (1993) in jüngeren Studien beschrieben. Sie betrugen 10,6 g/100 g scheinbar verdaute oS bei Fütterung von Gras und Gerstensilage an Milchrinder bzw. 9,4 g/100g scheinbar verdaute oS bei Schafen mit Weizenstroh und Fischmehl-Fütterung. Die im vorliegenden Versuch erreichten Proteinsyntheseraten von 11,38 g/100 g scheinbar verdauter oS bei N- bzw. 23,88 g/100 g scheinbar verdauter oS lagen somit im zu erwartenden Bereich und decken sich in N+ mit den von HUME et al. (1970) geschilderten Abschätzungen, dass die maximale Proteinsynthese 20g/100g scheinbar verdauter oS überschreiten könne. Das Agricultural Research Council (1980) empfiehlt eine Syntheserate von 18,8 g/100g scheinbar verdauter oS. POPPI (1990) allerdings zeigte, dass bereits eine Syntheserate von 16 g /100 g scheinbar verdauter oS mit deutlichen ruminalen N-Verlusten einhergeht.

4.5.2. Kinetik des mikrobiellen N-Umsatzes

Die aus der Approximierung gewonnenen Kenngrößen der N-Umsetzungen geben näheren Aufschluss über die quantitativen Umsetzungen der Pansen-Mikroorganismen. Die Ratenkonstante k des mikrobiellen N betrug bei N- 0,0176 Std

-1 und bei N+ 0,0305 Std-1 und war somit im Mittel um 42 % bei N- reduziert. Aufgrund der hohen Abweichung von Tier 3 und der insgesamt kleinen Tieranzahl stellte sich dieser Unterschied aber nicht als gesichert dar. Bei Betrachtung weiterer Messdaten scheint es dennoch wahrscheinlich, dass der Unterschied in k ursächlich zu einem verringerten mikrobiellen N-Umsatz beiträgt. Gleiches gilt für den mikrobiellen N-Pool V, der bei N- zwar um 18,9 % reduziert ist, sich aber aufgrund der Abweichungen von Tier 3 nicht statistisch absichern ließ. Der von beiden Kenngrößen direkt abhängige N-Umschlag ließ sich hingegen mit einer Verringerung um 55,7 % bei N- gegenüber N+ absichern (p < 0,05). Somit müssen k und V als Kriterien für eine Verminderung der mikrobiellen Proteinsynthese berücksichtigt werden.