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Überblick über bekannte fütterungsbedingte Einflüsse auf die mikrobiellen Fermentations- und Syntheseprozesse

1.2. Besonderheiten des Wiederkäuers im Nährstoff-Stoffwechsel

1.2.3. Überblick über bekannte fütterungsbedingte Einflüsse auf die mikrobiellen Fermentations- und Syntheseprozesse

Es ist bekannt, dass sich sowohl Energie-, Stickstoff- als auch Phosphatmangel hemmend auf die mikrobielle Fermentations- und Syntheseleistung ausüben.

Stickstoff wird beim Zellwachstum für den Aufbau mikrobiellen Proteins benötigt, ebenso wie für den Aufbau von Nukleinsäuren. Für die Synthese von Nucleinsäuren stellt auch Phosphat einen limitierenden Faktor dar. Mangelt es an einem der beiden Elemente, so ist die mikrobielle N-Assimilation und Bakterienvermehrung reduziert und der Abbau von Futterpartikeln verlangsamt sich (LESSMANN 1985). Da auch für mikrobielle Stoffwechselprozesse Energie benötigt wird, wirkt ein Energiemangel in der Fütterung reduzierend auf Fermentationsprozesse und Zellwachstum (PACHECO et al. 2008; KEBREAB et al. 2002; CLARK et al. 1992).

Herrscht hingegen ein Überschuss an beispielsweise leicht fermentierbaren Kohlenhydraten, insbesondere in Kombination mit strukturarmer Fütterung, besteht die Gefahr einer Pansenacidose. Durch einen geringen Strukturgehalt wird die Wiederkauaktivität herabgesetzt und es erfolgt ein reduzierter Speichelfluß in den Pansen. Der dadurch bedingt reduzierte Puffer-Zufluss führt bei einer vermehrten Produktion von kurzkettigen Fettsäuren zu einer mangelnden Stabilisierung und Absenkung des Pansen-pH; Konsequenz ist eine vermehrte Besiedlung mit Milchsäurebakterien. Sobald der pH aufgrund eines zu schnellen Kohlenhydratabbaus dauerhaft auf unter 5,5 (EADIE et al. 1970) bzw. 6,0 (KOTARSKI et al. 1992) absinkt, sind Protozoen infolge der Milieuveränderung nicht mehr überlebensfähig und die Populationsdichte verringert sich. Ebenfalls ist die cellulolytische Aktivität von Bakterien bei tiefen pH-Werten reduziert (BYERS 1974).

Demgegenüber steht, dass proportional zur Abbaurate der Kohlenhydrate, die Wachstumsrate der Pansenmikroorganismen zunimmt, sofern ausreichend Stickstoff für eine erhöhte Synthese zur Verfügung steht (RUSSELL et al. 1986). Versuche mit einer Basisration mit zuckerbasierter Supplementierung zeigten eine Reduzierung der Ammoniak-Konzentrationen (OBARA & DELLOW 1994; CARRUTHERS & NEIL 1997). LEE et al. (2002) und HRISTOV et al. (2005) zeigten ähnliches unter Zufütterung wasserlöslicher Kohlenhydrate. ROOKE et al. (1987) legten als Erklärung eine höhere Ausnutzung des NH3-N und vermehrte Assimilation in mikrobielles Protein aufgrund der leichter verfügbaren Energie nahe. Alternativ wird auch eine Verringerung der Nutzung von Aminosäuren als Energiequelle für die Pansenmikroben vorgeschlagen (NOCEK & RUSSELL 1988). Entsprechend ist zu

folgern, dass eine moderate Stärkeversorgung ohne zu tiefes Absinken des pH sowohl zu einem vermehrten Bakterienwachstum, als auch einem vermehrtem Abbau von Strukturkohlenhydraten folgt. Sinkt der pH durch eine Überversorgung mit Stärke zu tief, wird der Abbau von Strukturproteinen gehemmt (JOANNING 1981;

BRINK & STEELE 1985). Ein Grund hierfür kann die reduzierte Protease- und Desaminase-Aktivität sein, die bei pH-Veränderungen von 6 - 7 auf 5,5 erfolgt, wie ERFLE et al. (1982) in vitro herausfanden. Andere Autoren gehen aber vielmehr von einem indirekten Effekt des pH aus, z.B. über eine pH-induzierte Veränderung der mikrobiellen Gemeinschaft und Reduzierung proteolytisch aktiver Organismen (RUSSEL & HESPELL 1981).

1.2.3.1. Folgen von Veränderungen in der N-Versorgung

1.2.3.1.1. Auswirkungen der N-Versorgung auf die ruminalen SCFA-Konzentrationen

Die Produktion kurzkettiger Fettsäuren ist vom Gehalt an Struktur- und Nicht-Strukturkohlenhydraten abhängig. Strukturkohlenhydrate, die überwiegend aus Cellulose und Hemicellulosen bestehen, machen den größten Anteil der Kohlenhydrate in der Wiederkäuerration aus. Die Geschwindigkeit des Kohlenhydratabbaus wird allerdings oft über Veränderungen des Rationsgehaltes an Nichtstruktur-Kohlenhydraten (vor allem Stärke) gesteuert. Stärke wird extrazellulär enzymatisch durch amylolytische Bakterien zersetzt (FRENCH 1973). Für die nicht-Amylose- und Amylopektin-haltigen Bestandteile der Stärke kommen weitere Enzyme zum Einsatz (CONE 1991), da die Stärkegranula an der Oberfläche unterschiedliche Beschaffenheiten aufweisen können (z.B. oberflächliche Lipidschichten; GALLANT & GUILBOT 1973; MORRISON & CONVENTRY 1989), durch die Abbaurate und Verfügbarkeit bestimmt werden (LARSSON & MIEZIS 1979). Als Produkte entstehen neben CO2 und CH4 die flüchtigen Fettsäuren, überwiegend Acetat, Propionat und Butyrat in von der Rationszusammensetzung abhängigen Verhältnissen. LESSMANN (1985) zeigte bei gleichbleibendem

Rations-N-Gehalt unter Phosphordepletion eine verringerte Proteinsynthese, allerdings keinen Einfluss auf die mittleren Konzentrationen der SCFA (Depletion: 71,9 mmol/l und Repletion: 68,6 mmol/l) oder ihre Verhältnisse zueinander (Depletion: 66:21:13 bzw. Repletion 68:19:13). LEE et al. (2002) supplementierten bei Bullen Rationen mit nahezu identischem Rp-Gehalt mit wasserlöslichen Kohlenhydraten. Bei der zugefütterten Gruppe folgte ein signifikanter Abfall der Ammoniakkonzentrationen im Pansen, aber keine Veränderung in der Gesamtkonzentration der SCFA. Allerdings war die mittlere Konzentration von Acetat bei der Kontrollration (40,4 vs. 37,7 mmol/l) höher, dagegen war die Konzentration von Propionat bei der supplementierten Gruppe höher (12,4 vs. 13,7 mmol/l).

1.2.3.1.2. Auswirkungen der N-Versorgung auf den ruminalen Proteinumsatz

Bei einer unzureichenden Versorgung mit N kann der Abbau von Strukturkohlenhydraten gehemmt werden (NOCEK & RUSSELL 1988). Hemi-Cellulose spaltende Bakterien wachsen nur langsam und nutzen NH3 als Quelle für ihr Wachstum und produzieren ähnlich den amylolytischen Bakterien kurzkettige Fettsäuren, entsprechend werden sowohl Bakterienwachstum als auch cellulolytische Prozesse durch eine Minderversorgung mit N reduziert. Dies kann zum einen hervorgerufen werden durch einen absolut zu geringen Gehalt von N im Futter oder einen zu geringen Anteil von pansenabbaubarem Protein (RDP). Bei Unterversorgung von pansenverfügbarem N können die Ammoniakspiegel auf die unter die von SATTER & SLYTER (1974) und SATTER & ROFFLER (1975) für optimale Pansenfermentation empfohlenen 3,6 mmol/l absinken. RIEMEIER (2004) zeigte an Rindern niedrigere Werte bei einer RNB von -0,6, 90 Minuten nach der Fütterung. PIATKOWSKI et al. (1990) geben hierfür einen Bereich von 4-6 mmol/l an, HUME et al. (1970) geben als Optimalbereich hingegen 6,3 – 8,1 mmol/l an. Als kritische Untergrenze werden von SATTER & ROFFLER (1975) 1,4 mmol/l angegeben, demgegenüber stehen die Ergebnisse von SCHAEFER et al. (1980),

dass bei Konzentrationen von 1,5 mmol/l noch immer 95 % des maximalen Bakterienwachstums möglich sind. LEE et al. (2002) erreichten bei einer Ration mit 10,3 % Rp/T und Zufütterung von wasserlöslichen Kohlenhydraten sogar Werte von knapp 1 mmol/l, ohne Einbußen in der mikrobiellen Proteinsynthese im Vergleich zur Kontrollration (9,9 % Rp/T, 1,9 mmol NH3/l) aufzuweisen. Die gemessenen Werte für die Effizienz der mikrobiellen Proteinsynthese lagen mit 15,9 bzw. 17,8 g mikrobielles Protein (MP)/ kg verdaute oS allerdings deutlich unter den Empfehlungen von 30 g MP/kg oS für Rinder (Agricultural Research Council (ARC), 1980). Die Autoren schlussfolgern eine N-Limitierung in ihrem Versuch. STERN & HOOVER (1979) fassten 64 Untersuchungen über die Proteinsynthese bei sowohl Schafen als auch Rindern zusammen und errechneten eine mittlere mikrobielle Proteinsynthese von 16,1 g/100 g verdaute oS. In Abhängigkeit der Rationszusammensetzungen und Versuchskonzepte variierten die Einzelwerte von 6,3 g bis 30,7 g/100 g verdauter oS und liegen somit deutlich höher. HUME et al. (1970) schilderte, dass die maximale mikrobielle Proteinsynthese/100 g verdauter oS 20 g überschreiten könne. Die mikrobielle Proteinsynthese hängt außerdem von dem Verhältnis von im Pansen verfügbarer Energie und Stickstoffmenge ab (CLARK et al. 1992). RIEMEIER (2004) zeigte an Rindern Syntheseraten von 7,7 – 8,8 g mikrobiell synthetisiertes Protein/MJ ME. LEBZIEN et al. (1996b) zeigten dafür einen Variationsbereich von 7,1 – 14,0 g /MJ ME mikrobiell synthetisiertes Protein.

Zu hohe Ammoniakspiegel sind ein Hinweis darauf, dass die mikrobielle Proteinsynthese nicht ausreicht, um den zur Verfügung stehenden Ammoniak zu nutzen (FARRIES & KRASNODEBSKA 1972). KIRKPATRICK & KENNELLY (1989) zeigten, dass auch die N-Quelle (Rapsextraktionsschrot versus Sojaextraktionsschrot) einen Einfluss auf Pansenfermentation und mikrobielle Proteinsynthese hatte. Steigender Rp-Gehalt hatte steigernden Einfluss auf die ruminalen NH3-Spiegel. Eine Erhöhung beider Rationen von 16,5 auf 19 % Rp/T führte zu einer Erhöhung der mittleren NH3-Konzentrationen von 10,9 auf 13,2 mmol/l bei Rapsextraktionsschrot und von 11,2 auf 17,7 mmol/l bei Sojaextraktionsschrot.

MERCER et al. (1980) fütterten Schafen isoenergetisch und mit gleichen Rations-N-Gehalt mit Fischmehl, Erdnussmehl und Harnstoff als N-Quellen. Die höchste

Konzentration von Ammoniak im Pansen wurde mit 17,9 mmol/l unter Harnstoffsupplementierung erreicht. Es ist allgemein akzeptiert, dass Harnstoff zu nahezu 100 % in den Ammoniakpool im Pansen überführt wird. Laut SATTER &

SLYTER (1974) haben höhere Konzentrationen keinen hemmenden Einfluss auf die bakterielle Proteinsynthese, ab einem gewissen Gehalt aber auch keinen synthesesteigernden Einfluss. HUME et al. (1970) zeigten bei Schafen durch eine Steigerung der N-Aufnahme von 2 auf 9 g/Tag einen linearen Anstieg der Proteinsynthese von 32 auf 50 g/Tag, eine weitere Erhöhung des Rp-Gehaltes auf 16 g/Tag führte allerdings zu keiner weiteren Erhöhung. Auch im Bezug auf Harnstoffkonzentrationen im Plasma, Milch und im Harn kann der Einfluss unterschiedlicher N-Gehalte in der Ration nachvollzogen werden. PFEFFER et al.

(2009) reduzierten bei Ziegen und Kühen die N-Versorgung von adäquaten Gehalten um 27 % bei Ziegen bzw. 18 % bei Kühen und stellten signifikante Reduzierungen im Milch- und Urin-Harnstoff-Gehalt (Ziegen: 7,2 auf 1,6 g/Tag, Kühe: 264 auf 148 g/Tag) nicht aber in der Milchleistung fest. Ebenso stellten sie fest, dass der Transfer von Urea zu faecalem N, Nicht-Harnstoff-N im Urin und Milch-/Körperprotein nicht vom Gehalt in der Ration beeinflusst wurde. Allerdings war die Effizienz der N-Ausnutzung aus Harnstoff bei Ziegen mit 66 % deutlich höher als bei Rindern mit 49

%, unabhängig den Rp-Gehalt der Ration. Ziegen wiesen in dem Versuch eine N-Retention von 3,9 bzw. 1,6 g/Tag auf, Kühe hingegen eine Mehrausscheidung von 2 und 7 g/Tag.

1.2.3.1.3. Auswirkungen der N-Versorgung auf die mikrobielle Diversität

Der Einfluss unterschiedlicher Stickstoffstufen auf die mikrobielle Gemeinschaft ist bislang kaum näher erforscht. Sicher ist, dass die Zusammensetzung des Futters maßgeblichen Einfluss auf die Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft im Pansen hat. So zeigten sich Veränderungen bei sinkendem pH, wenn die cellulolytische Aktivität von Bakterien reduziert wird (BYERS 1974). Ebenso nimmt proportional zur Abbaurate der Kohlenhydrate, die Wachstumsrate der

Pansenmikroorganismen zu, sofern ausreichend Stickstoff für eine erhöhte Synthese zur Verfügung steht (RUSSELL et al. 1986). Veränderungen in der Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft liegen somit nahe.

1.3. Ansatzmöglichkeiten zur Reduzierung der N-Ausscheidungen auf Ebene